Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2020; 14(04): 236-237
DOI: 10.1055/a-1293-1294
Gesellschaftsnachrichten
Mitteilungen der Deutschen Adipositas Gesellschaft

Gemeinsames Statement der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) und der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG zu der Forderung von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner nach verbindlicher Umsetzung der DGE-Qualitätsstandards für die Schulernährung in allen Bundesländern

Stefanie Gerlach
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Gabriel Torbahn
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Susann Weihrauch-Blüher

veröffentlicht anlässlich der Pressekonferenz zum Adipositas-Kongress, 08.10.2020

Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG begrüßen die Ende September vorgebrachte Forderung von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner, die DGE-Qualitätsstandards verpflichtend als Maßnahme der gesundheitlichen Verhältnisprävention in den Lebenswelten Kindertagesstätte und Schule in allen Bundesländern umzusetzen [1], [2]. Diese Entscheidung kann jedoch weder im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft noch im Bundesgesundheitsministerium getroffen werden. Bundesministerin Klöckner und Bundesminister Spahn hatten bereits 2018 anlässlich der Vorstellung der Studie zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gemeinsam für flächendeckende DGE-Qualitätsstandards im Rahmen des Bundeskongresses Schulverpflegung für die Umsetzung der DGE-Qualitätsstandards geworben [3]. Zuständig für die Umsetzung ist allerdings der Bereich Kultus und föderalismusbedingt die Landesebene. So ist die fortgesetzte Unterstützung durch BMEL und BMG zwar sehr zu begrüßen, aber leider nicht ausreichend:

Denn nach aktuellem Stand wurde eine verbindliche Umsetzung der DGE-Qualitätskriterien erst in 3 von 16 Bundesländern realisiert (Berlin, Saarland, Hamburg) – trotz 12 Jahren BMEL-Schützenhilfe durch „InForm“, insbesondere der Finanzierung von Vernetzungsstellen für Kita- und Schulverpflegung in allen Bundesländern, die seit 2019 für weitere 3 Jahre auf nun 2 Millionen Euro pro Jahr verdoppelt wurde, und der Einrichtung und des Ausbaus des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule (NQZ).

Wie im Koalitionsvertrag verankert, unterstützt der Bund die Länder, damit die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als Mindeststandards flächendeckend in Schulen, Kitas und in der Gemeinschaftsverpflegung eingeführt werden [4].

Dass Ministerin Klöckner jetzt dazu übergeht, sich für eine „verpflichtende“ Umsetzung in allen Bundesländern auszusprechen [2], [5], [6], werten DAG und AGA als verstärkenden Druck der Bundesebene auf die Länder und damit als einen positiven Schritt in die richtige Richtung; es bleibt jedoch bei einem Appell.

Für die Verschärfung der Kommunikation seitens der Ministerin mag eine Rolle spielen, dass der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz der Ernährungspolitik von Ministerin Klöckner im August 2020 ein „miserables“ Zeugnis ausgestellt [7] und unter anderem eine hochwertige und kostenlose Kita- und Schulverpflegung gefordert hatte. Im Bereich Übergewicht stehe Deutschland nur mittelmäßig da, so die Bilanz des Beirats mit Hinweis auf die „hohen volkswirtschaftlichen Belastungen“ durch Zunahme ernährungsbedingter Krankheiten [7].

Es bleibt die Frage, warum eine so zentrale Maßnahme der Gesundheitsförderung nicht auf Bundesebene einer einheitlichen Regelung zugeführt und das Gebot des Föderalismus an dieser Stelle nicht gelockert werden kann, um die Umsetzung zu beschleunigen.

Seit vielen Jahren fordern die DAG und AGA eine verbindliche Regelung der Kita- und Schulverpflegung. Um dieser und anderen Forderungen zur Prävention der Adipositas Nachdruck zu verleihen, hat sich die DAG bereits 2011 der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK) angeschlossen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den WHO-Empfehlungen zur Prävention und Eindämmung Nichtübertragbarer Krankheiten politisch zum Durchbruch zu verhelfen.

Die zentralen Forderungen von DANK finden sich im „Grundsatzpapier der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK)“ aus dem Jahre 2016. DANK gehören mittlerweile 26 wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften, Forschungseinrichtungen, gesundheitsorientierte Verbände und gemeinnützige Vereine an.

Die DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder sowie für die Schulverpflegung umfassen Empfehlungen zur Gestaltung eines bedarfsgerechten Speiseangebots und zur Zubereitung der Speisen sowie rechtliche Bestimmungen. Zentral ist die Reduktion von Zucker, Salz und ungeeigneten Fetten, während ungesüßte Getränke und Lebensmittel mit einer hohen Nährstoff- und einer niedrigen Energiedichte vermehrt auf dem Speiseplan stehen sollen [8], [9], [10]

Eine bundesweite konsequente und zügige Umsetzung der DGE-Qualitätsstandards ist notwendig im erfolgreichen Kampf gegen kindliches Übergewicht.

Stefanie Gerlach, Gabriel Torbahn, Susann Weihrauch-Blüher



Publication History

Article published online:
30 November 2020

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