Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(02): 120-121
DOI: 10.1055/a-1295-6049
Für Sie notiert

Berufliche Leistungsfähigkeit bei axialer Spondyloarthritis

Contributor(s):
Judith Lorenz
Hollick RJ. et al.
Outcomes and treatment responses, including work productivity, among people with axial spondyloarthritis living in urban and rural areas: a mixed-methods study within a national register.

Ann Rheum Dis 2020;
79: 1055-1062
DOI: 10.1136/annrheumdis-2020-216988.
 

    Ein erheblicher Anteil der Patienten mit einer axialen Spondyloarthritis (axSpA) kann seinen Beruf nur eingeschränkt oder gar nicht mehr ausüben. Beeinflusst der Wohnort der Betroffenen ihre Arbeitsfähigkeit? Dieser und anderen Fragen gingen britische Forscher mithilfe einer registerbasierten Studie nach.


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    Die Wissenschaftler werteten die Daten von 2390 Personen mit einer axSpA aus, welche zwischen 2012 und 2017 an 83 britischen Zentren in das „British Society for Rheumatology Biologics Register for Ankylosing Spondylitis“ (BSRBR-AS) aufgenommen worden waren. Von allen Patienten lagen umfangreiche demografische und klinische Informationen vor. Zusätzlich hatten sie im Zuge der Registeraufnahme unter anderem Angaben zu ihrer Arbeitssituation sowie zu etwaigen Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit gemacht. Die Problematik der krankheitsbedingten beruflichen Einschränkungen vertieften die Forscher anschließend mithilfe semistrukturierter Interviews. Insgesamt 30 Patienten befragten sie hierbei telefonisch unter anderem zu verschiedenen Krankheitsbelastungen (Aktivität, Funktion, Fatigue, Medikation) sowie zur Arbeitsplatzbeschaffenheit. Ferner interessierte sie, inwiefern die Erkrankung das Arbeitsleben beeinflusste und inwiefern sich berufliche Einschränkungen bspw. auf die Lebensqualität und die Karrierechancen auswirkten. Bei ihrer Analyse legten die Wissenschaftler ein besonderes Augenmerk auf die Unterschiede der Land- und der Stadtbevölkerung.

    Ergebnisse

    579 Studienpatienten (24%) lebten in ländlichen Regionen. Sie waren älter als die Patienten aus der Stadt, übten häufiger einen körperlich belastenden Beruf aus und litten tendenziell häufiger an einer krankheitsbedingten beruflichen Leistungsminderung. Von 421 Registerpatienten, welche auf Biologika eingestellt worden waren, lagen Informationen zum Behandlungsergebnis nach 12 Monaten vor. Die in der Stadt und die auf dem Land lebenden Patienten dieser Subgruppe zeigten ein ähnliches Ansprechen auf diese Therapie. Nach Adjustierung bezüglich verschiedener Kofaktoren beobachteten die Forscher bei den ländlich lebenden Patienten überproportional häufig Einschränkungen der Arbeitsproduktivität. Berücksichtigten sie zusätzlich die Krankheitsaktivität, die Fatigue, den Jobtyp sowie die körperliche Leistungsfähigkeit, schwächte sich der Zusammenhang zwischen dem ländlichen Wohnort und dem nicht vollen Ausschöpfen der beruflichen Leistungsfähigkeit allerdings ab. Die Analyse der Telefoninterviews ergab: Für die Mehrheit der axSpA-Patienten war die Arbeitsfähigkeit sehr wichtig, da sich die Beschäftigung positiv auf ihre Identität und ihre sozialen Interaktionen auswirkte und finanzielle Sicherheit gab. Nahezu drei Viertel der Befragten beschrieben allerdings krankheitsbedingte Einschränkungen der körperlichen und mentalen Arbeitsfähigkeit, bspw. aufgrund einer geringeren Mobilität, Schmerzen oder Fatigue. Diese Belastungen beeinflussten Entscheidungen der Patienten in Bezug auf die Art der Arbeit, die Arbeitszeiten sowie die angestrebte berufliche Laufbahn. Flexible Arbeitgeber, Anpassungen des Arbeitsplatzes sowie Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen ermöglichten vielen Patienten, ihre Arbeit weiter ausüben zu können. Allerdings erhielten nicht alle Befragten diese Unterstützung und viele stießen auf Gleichgültigkeit oder Unverständnis, was nicht selten zur Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen führte. Viele Befragte gaben ferner an, Fragen des Arbeitslebens nur selten mit ihrem betreuenden Rheumatologen zu diskutieren und wünschten sich hier mehr ärztliche Unterstützung.

    Fazit

    Ländlich lebende axSpA-Patienten, so die Autoren, erfahren deutlichere Arbeitseinschränkungen als Patienten aus urbanen Regionen. Angesichts der komplexen Zusammenhänge zwischen klinischen und kontextuellen Faktoren und der Arbeitsunfähigkeit sehen sie einen großen Forschungsbedarf im Hinblick auf die Auswirkungen chronischer Erkrankungen auf das Arbeitsleben. Sie empfehlen, axSpA-Patienten unter dem Aspekt der Lebensqualität gezielte Hilfen im Hinblick auf ihre Arbeitsfähigkeit anzubieten.

    Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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    Publication History

    Article published online:
    08 April 2021

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