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DOI: 10.1055/a-1295-9371
Plädoyer für die Maskenpflicht
Face masks, respiratory patients and COVID-19.
Eur J Respir 2020;
DOI: 10.1183/13993003.03325-2020
Etwa 545 Millionen Menschen leiden weltweit unter chronischen Atemwegserkrankungen. In der Corona-Pandemie besteht die Möglichkeit, sich von der Maskenpflicht befreien zu lassen. In den allermeisten Fällen sei dies kontraproduktiv, meint die Respiratory Effectiveness Group.
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Über die Handhygiene und das Social Distancing hinaus, stellen Mund-Nase-Bedeckungen ein fundamentales Instrument gegen die Verbreitung des SARS-CoV-2 dar, stellt die Gruppe um Soriano fest. Neben der reduzierten Infektionsgefahr für andere und auch den Träger spricht die noch nicht vollständig belegte Inokulationstheorie für weniger schwere Verläufe von COVID-19, da Masken die Viruslast mindern. Dies gelte auch für Patienten mit Atemwegserkrankungen.
Zahlreiche Länder haben die Maskenpflicht in ihre Präventionsprogramme implementiert. Diese greift, wenn ein notwendiger Abstand nicht eingehalten werden kann. Verweigerern können erhebliche Geldstrafen drohen. Aber es gibt Ausnahmen, zu denen auch Patienten mit Atemwegserkrankungen gehören. In den USA zirkulieren bereits „Face Mask Exemption Cards“. Die Arbeitsgruppe fragt, ob die Sonderstellung pneumologischer Patienten medizinisch gerechtfertigt ist. Klar sei, dass bei Patienten, die keine Maske tolerieren, das Risiko für schwere COVID-19-Verläufe gesteigert ist. Die Inakzeptanz einer Maske führen die Wissenschaftler im Wesentlichen auf affektive Komponenten und die Maskenart zurück. Bei Menschen in akuten Stadien ihrer Atemwegserkrankung besteht die Empfehlung, sich nicht in der Öffentlichkeit aufzuhalten. Bei nicht akuten Fällen könnten Angst vor der Maske und Beengungsgefühle maßgebliche Treiber für die empfundene Atembehinderung sein. Eine Steigerung des Atemwiderstands bestehe, das Ausmaß hinge aber von der Maskenbeschaffenheit ab. Neue Produkte für Menschen mit eingeschränkter Lungenfunktion könnten hilfreich sein. Die WHO habe festgestellt, dass bei atmungsaktiven und korrekt benutzten Masken keine gesundheitlichen Probleme auftreten.
Masken sind als alleiniges Instrument ein unzureichender Infektionsschutz, aber gebündelte Maßnahmen sind mit Zeitverzögerung effektiv. Dies zeigt auch der COVID-19: Government Response Stringency Index, der in Oxford entwickelt wurde. Ein Kompositum aus 9 bepunkteten Indikatoren (z. B. Schulschließungen, Reisebeschränkungen, Abwesenheit vom Arbeitsplatz, Versammlungsverbote) ergibt die Härte der Länderstrategie. Der Index zeigt einen Zusammenhang coronabedingter Todesfälle und der Strenge politischer Maßnahmen, die mit einer Verzögerung wirksam waren. Um Patienten mit nicht akuten Atemwegserkrankungen und ihre Begegnungen zu schützen, sollten Erkrankte bestärkt werden, eine Maske zu tragen sowie ggf. ihre Alltagsaktivitäten anzupassen und damit die Zeit mit Maske zu reduzieren.
COVID-19 ist eine neue, verheerende, aber potenziell vermeidbare Erkrankung, fassen die Autoren zusammen. Kernpriorität müsste eine Kombination von Maßnahmen mit möglichst geringer sozialer und wirtschaftlicher Erschütterung und adäquater Infektionskontrolle haben. Auch bei den vielen Patienten mit Atemwegserkrankungen seien Masken essentielle Komponenten zum eigenen und Transmissionsschutz. Ihren Vorschlag, Betroffene nicht zwingend von der Verpflichtung zu befreien, bezeichnen Soriano et al. als „cautionary step“, also als Vorsichtsmaßnahme.
Dr. med. Susanne Krome
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Publication History
Article published online:
12 February 2021
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