Zeitschrift für Palliativmedizin 2021; 22(02): 57-58
DOI: 10.1055/a-1322-9276
Editorial

DGP – Bewährtes weiterführen, aber auch Neues wagen

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Prof. Dr. Claudia Bausewein

Sehr geehrte, liebe DGP-Mitglieder,

mit großer Freude habe ich das ehrenvolle Amt als Präsidentin der DGP übernommen. Ich möchte mich auch auf diesem Weg noch einmal für das entgegengebrachte Vertrauen, aber auch die vielen Glückwünsche bedanken!

Die DGP befindet sich in einer sehr guten Verfassung: dazu gehören über 6000 Mitglieder, von denen sich nahezu jede*r fünfte in den 12 Sektionen, 11 Landesvertretungen und über 18 Arbeitsgruppen engagiert. Durch eine solide Planung und großes Engagement nicht nur bei der Durchführung der Kongresse steht die DGP auch finanziell auf soliden Füßen. Die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle arbeiten auf höchstem Niveau und versuchen den Belangen der Mitglieder genauso gerecht zu werden wie schnell auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren oder mit großer Kompetenz Veranstaltungen und Kongresse zu planen und zu veranstalten. Die Koordinierungsstelle schafft eine enge Verbindung in die Politik und trägt wesentlich zur Verbreitung der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen bei. Schließlich haben wir einen kompetenten und engagierten Vorstand, der in den letzten Jahren bereits eng und effektiv zusammengearbeitet hat und jetzt mit zwei neuen und jungen Vorstandsmitgliedern frischen Wind bekommt. Daher möchte ich zunächst allen danken, die dazu beitragen, dass die DGP so gut dasteht und besonders Prof. Lukas Radbruch für seine Kraft und Energie, die er der DGP in den letzten sechs Jahren zur Verfügung gestellt hat.

Mein Ziel als Präsidentin ist es, die bisherige erfolgreiche Arbeit des Vorstands fortzuführen, aber auch immer wieder hinzuhören, welche Themen Sie als Mitglieder der Gesellschaft bewegen, wo wir Bewährtes weiterführen, aber auch Neues wagen sollen.

Die nächsten Monate werden sicher weiter von der Corona-Pandemie, aber auch der jetzt wieder intensiver werdenden Diskussion um den assistierten Suizid geprägt sein. Für ersteres brauchen wir einen langen Atem, nicht nur persönlich und im privaten Bereich, sondern auch im Bemühen, die Bedingungen für schwerkranke und sterbende Menschen in der Zeit der Pandemie möglichst gut zu gestalten und immer wieder auf die Rolle und die Notwendigkeit der Palliativversorgung hinzuweisen. Es wäre schön, wenn wir die Erfahrungen und Anpassungen der Palliativversorgung in der Pandemie kritisch hinterfragen und prüfen, welche Ansätze aus dem medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und spirituellen Bereich wir auch nach der Pandemie nutzen, um die Palliativversorgung weiterzuentwickeln.

Bei der Diskussion um den assistierten Suizid sollten wir den beim letzten Kongress der DGP eingeschlagenen konstruktiven Dialog innerhalb der Gesellschaft weiterführen und intensivieren, weg von Polarisierungen hin zu einer differenzierten Auseinandersetzung auch über die Rolle der Palliativversorgung. Der Vorstand der DGP hat sich entschlossen, in den nächsten Wochen eine Handreichung für den Umgang mit Suizidwünschen zu entwickeln, die mit verschiedenen Gremien innerhalb der DGP abgestimmt und allen Mitgliedern dann zur Verfügung gestellt werden soll.

Die Diskussion um den assistierten Suizid deckt auch immer wieder auf, dass die Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung in der Bevölkerung weiter zu wenig bekannt sind und es nach wie vor viele Ängste und Unwissenheit über das Lebensende gibt. Daher plant der Vorstand eine Öffentlichkeitskampagne, um noch mehr über die Palliativversorgung zu informieren. Hier wollen wir auch mit den beiden neu gegründeten AGs ‚Junge Palliative‘ und ‚Digitales‘ überlegen, wie wir unsere Social-Media-Aktivitäten weiter intensivieren können.

Eine weitere Herausforderung wird der bevorstehende bundesweite SAPV-Rahmenvertrag und dessen Umsetzung sein. Noch wird über die Modalitäten gerungen, aber insbesondere die Rolle der psychosozialen und weiteren Berufsgruppen kann als wesentliches Element der Palliativversorgung nicht oft genug betont werden.

Die Charta zur Betreuung Schwerkranker und Sterbender und die Nationale Strategie begleiten uns seit über 10 Jahren. Wegen der Pandemie musste die Feier zum Jubiläum letztes Jahr ausfallen, soll aber im November 2021 nachgeholt werden. Dies sollte für uns auch noch einmal Anlass sein, die Inhalte der Charta noch besser bekannt zu machen und in die Gesellschaft zu tragen. Die Koordinierungsstelle unterstützt Sie dabei gerne!

Die Palliativ- und Hospizversorgung ist in Deutschland in den letzten Jahr(-zehnten) zu einem festen Bestandteil der Gesundheitsversorgung geworden. Damit haben wir viel erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun! Es gibt immer noch (zu) viele Menschen, die Palliativversorgung benötigen und sie nicht erhalten – Menschen mit chronischen Organerkrankungen, Bewohner*innen in stationären Alten- und Pflegeheimen, Menschen mit Migrationshintergrund … Es muss unser Ziel sein, die allgemeine Palliativversorgung weiter zu stärken und Hausärzt*innen, Krankenhausärzt*innen, Pflegende im ambulanten und stationären Bereich, psychosoziale Mitarbeiter*innen und andere Gesundheitsberufe zu unterstützen, eine gute und flächendeckende Versorgung von schwerkranken und sterbenden Menschen zu ermöglichen. Wir müssen aber auch eine hohe Qualität in der spezialisierten Versorgung sicherstellen. Der Blick über die eigenen Grenzen, zu den Vorreitern der Palliativversorgung in England und Australien, zeigt, dass sich spezialisierte Palliativeinrichtungen an nationalen Aktivitäten zur Einführung klinischer Assessments in der Routineversorgung beteiligen, um eine gemeinsame Sprache zur Beschreibung der Patientensituationen zu entwickeln und so den Bedürfnissen der Patient*innen besser zu begegnen, den Zugang zu Palliativversorgung zu verbessern und durch diese Outcome-Messung die Qualität der Palliativversorgung zu erhöhen. Ich würde mir wünschen, dass wir uns auch in Deutschland auf diesen Weg begeben und auf diese Weise die Palliativversorgung gemeinsam weiterentwickeln!

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit im Vorstand, mit der Geschäftsstelle, der Koordinierungsstelle und besonders mit Ihnen und grüße Sie herzlich

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Prof. Dr. Claudia Bausewein
Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin



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Article published online:
23 February 2021

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