Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(03): 267-280
DOI: 10.1055/a-1322-9936
Übersichtsarbeit

Wechselwirkungen zwischen neuroendokrinem System und Immunsystem bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen

Crosstalk between the Neuroendocrine and Immune Systems in Chronic Inflammatory Systemic Diseases
Florian Günther
1   Klinik und Poliklinik für Rheumatologie/Klinische Immunologie, Asklepios Klinikum, Bad Abbach, Deutschland
,
Martin Fleck
1   Klinik und Poliklinik für Rheumatologie/Klinische Immunologie, Asklepios Klinikum, Bad Abbach, Deutschland
,
Rainer Straub
2   Internal Medicine, University Hospital Regensburg, Regensburg, Deutschland
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Hormonelle und neuronale Signalwege können die Manifestation einer chronisch-entzündlichen Systemerkrankung entweder begünstigen oder verhindern. Bei bereits manifester Erkrankung modulieren Hormone und Neurotransmitter den Krankheitsverlauf, in dem sie die Krankheitsaktivität erhöhen oder abschwächen. Beispiele hierfür sind der entzündungshemmende Einfluss der körpereigenen und exogenen Glukokortikoide und die entzündungsfördernden Effekte von Stress bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen. Bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen ringt das aktivierte Immunsystem mit dem Gehirn und anderen Organsystemen um Energie, was zu vielfältigen Erkrankungsfolgen und Folgeerkrankungen führt: „sickness behaviour“ mit Fatigue-Symptomatik und depressiven Symptomen, Schlafstörungen, Anorexie, Fehl- und Mangelernährung, Knochenabbau, Muskelabbau und kachektische Fettsucht, Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie (begleitet von einer Resistenz gegenüber dem Insulin-like growth factor 1), Dyslipidämie, Veränderungen der Steroidhormonachsen, Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse, erhöhter Sympathikotonus, herabgesetzte Aktivität des parasympathischen Nervensystems, arterielle Hypertonie und Volumenbelastung, Entzündungsanämie und zirkadiane Rhythmik der Symptomausprägung. Diese für die Patienten gravierenden Folgeerkrankungen, welche den chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen inhärent sind, sollten konsequent therapiert werden.


#

Abstract

Hormonal and neuronal pathways either support or inhibit the manifestation of chronic inflammatory systemic diseases before the onset of the disease. After the onset of the disease, hormones and neurotransmitters may stimulate or inhibit the disease. Hormones and neurotransmitters modulate the course of the disease after disease onset. Examples are: 1) cortisol inhibits systemic chronic inflammatory disease, and 2) stress stimulates systemic chronic inflammatory disease. The active immune system in systemic chronic inflammatory diseases competes with the brain and other organ systems for energy-rich fuels, which leads to several disease sequelae. Chronic disease sequelae are sickness behaviour/fatigue/depressive symptoms, sleep disturbances, anorexia and malnutrition, bone loss, muscle wasting and cachectic obesity, insulin resistance with hyperinsulinaemia (accompanied by resistance to insulin-like growth factor–1), dyslipidaemia, alterations in the steroid hormone axes, disturbances of the hypothalamic-pituitary-gonadal (HPG) axis, elevated sympathetic tone, hypertension and volume overload, decreased parasympathetic tone, inflammation–related anaemia, and circadian rhythms of the symptoms. Disease sequelae are inherent to the disease and must be consistently treated.


#

Einführung

Wie in der Rede anlässlich der Verleihung des Nobelpreises des Rheumatologen Philip S. Hench am 11. Dezember 1950 dargestellt, wirkt sich eine Schwangerschaft günstig auf den Krankheitsverlauf der rheumatoiden Arthritis (RA) aus, was Hench bereits 1938 publizierte [1]. Mit dieser Beobachtung wurde zum ersten Mal ein Zusammenhang zwischen immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen und Hormonen hergestellt, welcher durch den überragenden Erfolg der Glukokortikoide in der Therapie der entzündlichen Gelenkerkrankungen im Laufe der 1950er Jahre bestätigt wurde [2].

Betrachtet man den hormonellen und neuronalen Einfluss auf das Immunsystem und auf immunvermittelte Erkrankungen, ergeben sich 3 verschiedene Blickwinkel. Zum einen kann die hormonelle und neuronale Beeinflussung vor dem Krankheitsbeginn einsetzen, und zwar entweder in einer den Krankheitsprozess fördernden oder hemmenden Weise. Zum anderen können Hormone und Neurotransmitter den Krankheitsverlauf modulieren, nachdem die Erkrankung aufgetreten ist. Darüber hinaus werden das endokrine System und das Nervensystem durch eine manifeste chronisch-entzündliche Systemerkrankung beeinflusst, woraus schwere Folgeprobleme resultieren ([Abb. 1]). Beispiele zu den drei genannten Kategorien werden in dieser Übersichtsarbeit vorgestellt.

Zoom Image
Abb. 1 Zeitabhängige wechselseitige Beeinflussung von neuroendokrinem System, Immunsystem und chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen vor und nach Krankheitsmanifestation. Durch langfristige perinatale Programmierung neuroendokriner Zentren im Gehirn wird die zukünftige Reaktionsweise der Stressachsen festgelegt. Die Einflussnahme des Nervensystems, des endokrinen und des Immunsystems kann vor und nach Beginn einer Erkrankung stattfinden. Darüber hinaus kann die Erkrankung selbst das Nervensystem, das endokrine und das Immunsystem beeinflussen. Abkürzungen: NEI: neuro-endokrin-immunes System.

Die für die Wechselwirkungen zwischen neuroendokrinem System und Immunsystem relevanten endokrinen und neuronalen Achsen sind grafisch zusammengefasst ([Abb. 2]). Es ist wichtig anzumerken, dass die Modulation der Immunreaktionen in peripheren Geweben, z. B. in den sekundären lymphatischen Organen, im Knochenmark und im Gastrointestinaltrakt, durch entfernt liegende endokrine Drüsen und Nervenzentren teilweise erst nach Umwandlung von Hormonen und Neurotransmittern erfolgt. Die Umwandlung kann dabei lokal im entzündeten Gewebe stattfinden. Ein Beispiel dieses Bereiches der Endokrinologie, der sogenannten Intrakrinologie [3], ist die intrazelluläre Umwandlung des Nebennierenrindenhormons Dehydroepiandrosteron in Androgene und Östrogene.

Zoom Image
Abb. 2 Relevante neuroendokrine Signalwege entzündlich rheumatischer Erkrankungen. Neuroendokrine Signalwege verbinden über Hormone, Nervenbahnen und Neurotransmitter das zentrale Nervensystem mit der Peripherie. Einige wichtige Zielzellen in entzündetem Gewebe und lymphatischen Organen sind dargestellt. Efferente Bahnen des autonomen Nervensystems umfassen sympathische und parasympathische Neurone mit Noradrenalin (neben Neuropeptid Y, Adenosintriphosphat und endogenen Opioiden) als wichtigstem Neurotransmitter des sympathischen und Acetylcholin als wichtigstem Neurotransmitter des parasympathischen Nervensystems. Substanz P und das Calcitonin Gene-Related Peptide kommen in Vesikeln gespeichert im sensiblen Nervensystem vor. Abkürzungen: ACTH: Adrenocorticotropes Hormon; ASD: Androstendion; CRH: Corticotropin-releasing hormone; DHEA: Dehydroepiandrosteron; FSH: Follikel-stimulierendes Hormon; GH: Growth hormone; GHRH: Growth hormone-releasing hormone; GnRH: Gonadotropin-releasing hormone; IGF-1: Insulin-like growth factor 1; LH: Luteinisierendes Hormon; NK: natürliche Killerzellen; POMC: aus Proopiomelanocortin gebildete Peptide (neben dem ACTH); RAAS, Renin-angiotensin-Aldosteron System; T3: Triiodthyronin; T4: Thyroxin; TRH: thyrotropin-releasing hormone; TSH: Thyroidea-stimulierendes Hormone (oder Thyreotropin).

#

Hormoneller und neuronaler Einfluss vor dem Krankheitsbeginn

Im Folgenden werden fünf Beispiele angeführt, die den hormonellen und neuronalen Einfluss auf die Entstehung autoimmuner Erkrankungen aufzeigen:

Frauen sind häufiger betroffen als Männer

Das erste Beispiel hierfür sind die im Vergleich zu Männern deutlich höheren Inzidenz- und Prävalenzzahlen autoimmuner Erkrankungen bei Frauen. Dieses bekannte Ungleichgewicht spricht dafür, dass Hormone (z. B. Östrogene) noch vor Krankheitsbeginn, möglicherweise unter Einbeziehung epigenetischer Faktoren, eine krankheitsfördernde Rolle besitzen [4] [5]. Dieser Geschlechtsunterschied wird insbesondere im reproduktionsfähigen Alter der Frau beobachtet [5] [6] [7]. Östrogene und Progesteron stimulieren B-Zellen und Typ 2 T-Helferzellen in allen Konzentrationen (zwischen 10−11 und 10−8 mmo/l), hemmen T-Helferzellen vom Typ 1 und Typ 17 (Konzentrationen zwischen 10−9 und 10−7 mmo/l), hemmen Makrophagen (zwischen 10−9 und 10−7 mmo/l) und stimulieren regulatorische T-Zellen [5]. Im Gegensatz hierzu hemmen Androgene die meisten immunologischen Signalwege, was auch durch das Überwiegen von Männern unter den Sepsispatienten veranschaulicht wird [8]. Ein wichtiges Zielmolekül der anti-inflammatorischen Wirkung der Androgene ist die Protein-Tyrosin Phosphatase 1B (Ptpn1), welche in vielen immunologischen Signalwegen proinflammatorisch wirkt [9].

Die Konzentration von Androgenen oder Östrogenen vor dem Krankheitsbeginn hat somit einen Einfluss auf die Manifestation B-Zell- oder T-Zell- vermittelter rheumatischer Erkrankungen. In manchen Fällen, wie zum Beispiel der RA oder der multiplen Sklerose, kann dieselbe autoimmune Erkrankung entweder B-Zell- oder T-Zell- (Th1 oder Th17) vermittelt sein. B-Zell – vermittelte Erkrankungen beginnen bei Frauen meist im reproduktionsfähigen Alter mit hohen Östrogenkonzentrationen, während Th1/Th17 – vermittelte Erkrankungen häufig mit abnehmenden Östrogenkonzentrationen oder in der Menopause einsetzen [4] [5]. Dieser unterschiedliche Effekt der Östrogene kann sogar beim selben Patienten mit entweder B-Zell- oder T-Zell- vermittelter autoimmuner Erkrankung auftreten [10].


#

Mangelnde Androgensynthese begünstigt die RA

Das zweite Beispiel bezieht sich direkt auf die Androgensynthese. In allen Organen (Hoden, Ovarien, Nebennierenrinde) und verschiedenen Geweben, in welchen die Synthese von Androgenen abläuft, ist das Zytochrom B5A ein entscheidender Kofaktor zur Herstellung der Androgene. Eine 2015 veröffentlichte Studie konnte zeigen, dass eine hohe Konzentration von Zytochrom-B5A infolge eines Einzel-Nukleotid-Polymorphismus im Zytochrom-B5A-Gen und eine dadurch vermittelte Steigerung der Androgenproduktion bei Frauen das Risiko, an einer seropositiven RA zu erkranken, deutlich reduziert (Risikofaktor 0,53, Vertrauensbereich: 0,37–0,75) [11].


#

„Die kleine Nebenniere“ und Autoimmunerkrankungen

Das dritte Beispiel bezieht sich auf den Fallbericht eines Patienten mit Cushing-Syndrom, bei dem transsphenoidal ein ACTH-produzierendes Mikroadenom der Hypophyse reseziert wurde. Etwa dreieinhalb Jahre nach der Operation entwickelte sich aus einer flüchtig auftretenden, subakuten symmetrischen polyartikulären Synovitis eine seropositive und erosiv verlaufende RA [12]. Diese Beobachtung führte zusammen mit Forschungsergebnissen an Ratten, bei denen das Corticotropin-Releasing-Hormon nicht richtig hergestellt wird [13], zu der Theorie der „kleinen Nebenniere“, die der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen nicht Einhalt gebieten kann [14].

In einer 2015 veröffentlichten Studie konnte mittels Computertomographie gezeigt werden, dass das Gesamtvolumen der Nebenniere bei Patienten mit manifester Autoimmunerkrankung deutlich geringer ist als bei gesunden Kontrollpersonen [15]. Obwohl diese interessanten Ergebnisse die Theorie der „kleinen Nebenniere“ zu unterstützen scheinen, ist nicht klar, ob die oben beschriebenen Veränderungen Ursache oder Folge einer autoimmunen Erkrankung sind. Allerdings wissen wir aus vielzähligen Tierversuchen, dass die Nebennieren im Entzündungsprozess oder nach chronischem Stress viel größer werden, und daher der Befund der kleinen Nebenniere am Menschen mit chronischer Entzündung sehr auffällig ist [15]. So sprechen einige Befunde zum dritten Beispiel dafür, dass eine geringere Funktion der Nebenniere eine Autoimmunerkrankung auslösen kann.


#

Hemiplegie schützt die betroffene Seite

Das vierte Beispiel verdeutlicht den Einfluss neuronaler Faktoren auf die Entstehung autoimmuner Erkrankungen. Mehrere Studien an hemiplegischen Patienten zeigen, dass eine vor Krankheitsbeginn bestehende Hemiplegie die paretische Seite vor der Manifestation einer chronisch-entzündlichen Systemerkrankung wie einer RA, einer Vaskulitis, einer Gicht oder Sklerodermie schützt [16] [17] [18] [19]. Hierbei spielen die Aktivierung des sensiblen und sympathischen Nervensystems eine wichtige Rolle. Beide neuronalen Systeme haben einen proinflammatorischen Effekt und begünstigen die Manifestation einer chronisch-entzündlichen Systemerkrankung [20]. Das Ausschalten dieser proinflammatorischen neuronalen Systeme schützt die gelähmte Seite eines Patienten vor der Manifestation einer entzündlichen Autoimmunerkrankung.


#

Kindliche Traumata und Entstehung von Autoimmunkrankheiten

Das fünfte Beispiel bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen kritischen Lebensereignissen in der Kindheit und einer juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA). Eine neuere Studie mit 686 Patienten mit JIA und 1042 Kontrollpersonen konnte nachweisen, dass bei Kindern mit einer polyartikulären JIA schwerwiegende Lebensereignisse wie eine Trennung der Eltern (Risikofaktor 2,66) oder der Tod eines Elternteils (Risikofaktor 6,75) häufiger aufgetreten waren, als bei gesunden Kontrollpersonen [21]. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in vorangegangenen Studien beschrieben (zusammengefasst in Literatur [22].

Auch bei Erwachsenen spielen belastende Lebenserfahrungen in Hinblick auf die Entstehung autoimmuner Erkrankungen eine Rolle [23]. Belastende Lebenserfahrungen in jüngeren Jahren können die Reaktivität der Stressachsen für lange Zeit beeinflussen. Auf diese Weise kann bei der RA und der JIA eine Verknüpfung zwischen Gehirn und den vermittelnden hormonellen/neuronalen Faktoren auf der einen Seite und einer veränderten Immunantwort auf der anderen hergestellt werden. [Tab. 1] fasst die bisherigen Ausführungen zum Zusammenhang zwischen endokrinen oder neuronalen Faktoren und chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen zusammen.

Tab. 1 Hormonelle und neuronale Einflüsse vor Krankheitsbeginn.

Hormoneller und neuronaler Einfluss

Krankheitsbezogene Auswirkungen

Hohe Östrogenkonzentration (einschließlich Progesteron)

Begünstigt B Zell - vermittelte und hemmt Th1/Th17 – vermittelte Autoimmunerkrankungen

Niedrige Östrogenkonzentration (einschließlich Progesteron)

Begünstigt Th1/Th17-vermittelte Autoimmunität

Niedrige Androgenkonzentration (z. B. Klinefelter)

Begünstigt im Allgemeinen Autoimmunerkrankungen

Hohe Androgenkonzentration (Cytochrom B5A)

Protektiver Effekt bei Frauen bezüglich einer seropositiven RA

Niedrige Cortisolkonzentration

Begünstigt die Entwicklung einer seropositiven RA

Hemiplegie (niedriger Einfluss des sensiblen oder sympathischen Nervensystems)

Schützt auf der hemiplegischen Körperseite vor der Entwicklung verschiedener Autoimmunerkrankungen

Kindliche Belastungssituationen

Erhöhen das Risiko, an einer juvenilen idiopathischen Arthritis zu erkranken

Posttraumatische Belastungsstörung

Erhöht das Risiko, an einer RA zu erkranken

RA: rheumatoide Arthritis; Th: T-Helferzelle.


#
#

Der Einfluss von Hormonen und Neurotransmittern nach Krankheitsbeginn

Dieser Einfluss wird unter Zuhilfenahme von 6 Beispielen demonstriert.

Endogene Glukokortikoide wirken anti-inflammatorisch

Das erste und bekannteste Beispiel zum Einfluss von Hormonen auf den Krankheitsverlauf entzündlicher Systemerkrankungen nimmt Bezug auf die Glukokortikoide. Glukokortikoide stellen eine tragende Säule der krankheitsmodifizierenden Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen dar [24]. In ähnlicher Weise haben die von den Nebennieren synthetisierten körpereigenen Glukokortikoide einen hemmenden Einfluss auf die entzündliche Aktivität der RA, wie durch die Blockade der endogenen Glukokortikoidsynthese in der Nebenniere bei RA gezeigt werden konnte [25]. Glukokortikoide, Östrogene und Progesteron fördern im Rahmen der T-Zell-vermittelten Immunantwort die durch Typ-2-T-Helferzellen und regulatorische T-Zellen ausgelöste Immunreaktion [14]. Dieses Phänomen ist höchstwahrscheinlich in der Schwangerschaft von entscheidender Bedeutung, in der es den semi-allogenen Embryo vor dem Immunsystem der Mutter schützt [26]. Darüber hinaus ist die dadurch erreichte Änderung des Zytokinmusters zum einen für die schwangerschaftsassoziierte Abschwächung der Aktivität entzündlicher Erkrankungen wie der RA oder der multiplen Sklerose von Bedeutung, kann zum anderen beim u. a. Typ-2-T-Helferzelle-vermittelten systemischen Lupus erythematodes im zweiten Schwangerschaftstrimester (nicht im dritten Trimester, in dem hohe Hormonzentrationen vorliegen) aber auch zu einer Zunahme der Krankheitsaktivität führen [26].

Glukokortikoide üben in vitro auf beinahe alle Immunzellen und am Immungeschehen beteiligten Zellen einen entzündungshemmenden Effekt aus. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Konzentration von Cortisol mindestens bei 10−7 mol pro Liter liegt, und wenn diese Erhöhung in vivo für einen längeren Zeitraum vorliegt (Tage bis Wochen). Wenn im Gegensatz die Konzentration der Glukokortikoide in vivo nur für eine kurze Zeitspanne ansteigt (Stunden), können hieraus durch die Umverteilung und Migration von Immunzellen immunstimulatorische Effekte resultieren [27] [28].


#

Ovulationsinduktion beeinflusst SLE

Das zweite Beispiel, das den Einfluss von Hormonen auf den Verlauf entzündlich rheumatischer Erkrankungen veranschaulicht, bezieht sich auf die Ovulationsinduktion durch Gonadotropin, GnRH (Gonadotropin Releasing Hormon) oder Clomifen, wodurch bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) oder Antiphospholipidsyndrom Schübe ausgelöst und Früh- und Spätaborte resultieren können [29].


#

Zirkadiane Rhythmen beeinflussen die Entzündungslage

Als drittes Beispiel sei der zirkadiane Rhythmus genannt, der hinsichtlich der Symptomausprägung bei Patienten mit einer RA oder anderen entzündlichen Systemerkrankungen eine große Rolle spielt. Die Tatsache, dass der zirkadiane Rhythmus vom Nukleus suprachiasmaticus im Gehirn gesteuert wird, zeigt die wichtige Bedeutung der Verbindung zwischen zentralen neuroendokrinen Systemen und dem Immunsystem, beziehungsweise zu immunologisch vermittelten Krankheitssymptomen wie Schmerz oder Schwellung [30]. Die Abnahme der antientzündlichen Hormone (Cortisol) und die Zunahme der entzündungsfördernden Hormone (Wachstumshormon, Melatonin, Prolaktin) während der ersten Nachthälfte bewirken eine nächtliche Zunahme der Immunaktivierung [30]. Diese Beobachtungen führten bei der RA zur Chronotherapie (Details weiter unten), die nicht nur die morgendliche Symptomatik abmildert, sondern auch die entzündliche Aktivität reduziert [31] [32].


#

Vitamin D – ein Steroidhormon

Im vierten Beispiel wird auf die Bedeutung des Vitamin D, eines Steroidhormons, bei entzündlichen Autoimmunerkrankungen Bezug genommen. Die Vorstufe des Vitamin D ist das Steroid-Grundgerüst des Cholesterins, welches in das aktive Vitamin D umgewandelt wird. Epidemiologische Daten zeigen, dass ein niedriger Vitamin D (25-Hydroxyvitamin D3 [25(OH)D3]) Serumspiegel ein Risikofaktor für das Auftreten von Autoimmunerkrankungen wie der RA, dem systemischen Lupus erythematodes, dem Diabetes mellitus Typ 1 oder der multiplen Sklerose darstellt [33]. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass niedrige Vitamin D-Spiegel bei RA und SLE mit einer höheren Krankheitsaktivität assoziiert sind [33].

Vitamin D beeinflusst sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem. Primär wird durch Vitamin D die angeborene Immunantwort verstärkt und die erworbene Immunreaktion supprimiert [34]. Darüber hinaus schwächen normwertige Serum-Vitamin D-Spiegel die Th1-abhängige Immunreaktion ab, und die Einnahme von Vitamin D oder UV-abhängige Synthese von Vitamin D sind mit einem reduzierten Risiko, an einer RA zu erkranken, assoziiert. Bei RA-Patienten aus Nordeuropa, wo die UV-Exposition geringer und die Inzidenz der RA höher ist, wurden bei geringerer Sonnenscheindauer deutlich niedrigere Konzentrationen von 1,25(OH)2D3 im Serum als bei Patienten aus Südeuropa festgestellt [35]. Diese Beobachtungen weisen auf eine wichtige Rolle des Vitamin D bei Autoimmunerkrankungen hin. Studien an Patientin mit SLE konnten aufzeigen, dass eine Medikation mit Vitamin D die endotheliale Dysfunktion, ein Risikofaktor der Atherosklerose, reduziert [36].


#

Das Nervensystem beeinflusst das laufende Krankheitsgeschehen

Das fünfte Beispiel lenkt den Fokus auf das Nervensystem. Erneut wird auf die Hemiplegie Bezug genommen, da Patienten mit einer manifesten entzündlich rheumatischen Erkrankung nach einem Schlaganfall eine deutliche Verbesserung der Symptome auf der gelähmten Körperseite erfahren [37] [38].

In einem Fallbericht entwickelte ein Patient mit einer Psoriasisarthritis eine mutilierende Arthritis in sämtlichen Fingern beider Hände mit Ausnahme des vierten Fingers links. Dieser besondere Finger war nach einer traumatischen Nervendissektion sensibel denerviert [39]. Das letztgenannte Beispiel legt einen proinflammatorischen Effekt der Substanz P nahe, eines Neurotransmitters nozizeptiver Nervenfasern. Substanz P wird lokal nach Stimulation durch verschiedene proinflammatorische Faktoren freigesetzt und ist in der Lage, eine breite Immunantwort zu induzieren. Darüber hinaus fördert Substanz P die Chemotaxis und wirkt vasodilatativ. Die sensible Denervation in diesem Beispiel verhindert, dass Substanz P seine Wirkung entfalten kann.


#

Stress verändert die Krankheitsaktivität

Im sechsten Beispiel soll der negative Effekt von Stress auf bereits manifeste chronisch-entzündliche Systemerkrankungen aufgezeigt werden. Bei gesunden Menschen und Kontrolltieren in experimentellen Studien geht Stress mit einer systemischen Inflammation einher, was durch ansteigende Zytokine und Entzündungsparameter im Serum objektiviert werden kann [40]. Stress stimuliert Entzündungsprozesse über eine Aktivierung des Nuclear factor kappa B (NF-ĸB) [41], die Induktion einer endothelialen Dysfunktion, eine beschleunigte Zellalterung, eine Umverteilung von Zellen im Körper und eine β-adrenerge Stimulation der Myelopoese [42] [43].

Darüber hinaus stimuliert Stress Entzündungsprozesse über eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des Gehirns mit Schlafstörungen und eine Verschärfung einer Hyperalgesie, welche wahrscheinlich über eine vermehrte Ausschüttung der proinflammatorischen Substanz P vermittelt wird [42]. Während viele dieser Mechanismen im Zusammenhang mit akuten Belastungsphasen bekannt sind, konnten Forschungsarbeiten die entzündungsfördernden Bedeutung des chronischen Stresses nachweisen [44].

Da die proinflammatorischen Effekte von Stress bei gesunden Menschen und Tieren auftreten, ist zu erwarten, dass einige der oben genannten Mechanismen auch bei Patienten mit entzündlichen Systemerkrankungen unter Stress ausgelöst werden. Bei RA Patienten erhöht Stress bei bereits aktiviertem Immunsystem und stimulierten proinflammatorischen Mechanismen die Konzentration entzündungsfördernder Zytokine, wie z. B. IL-1β, wodurch die Aktivierung proinflammatorischer Signalwege erleichtert wird [45]. Dazu trägt eventuell folgender Mechanismus bei:

Bei RA Patienten mit homozygoter Missense-Mutation (Phe127Cys) im TNFalpha-induzierten Protein 3 (TNFAIP3, eines der wichtigsten Suszeptibilitätsgene bei der RA, [46]) kann die proinflammatorische Signalkaskade über den IL-1-Rezeptor, den TNF-Rezeptor, die toll-like-Rezeptoren (TLR) und andere Rezeptoren leichter aktiviert werden, da TNFAIP3 ein starker Inhibitor dieser Signalwege über NF-kB ist [47]. Wenn Stress, vermittelt z. B. über IL 1β, die NF-ĸB Signalwege aktiviert, führt eine Missense-Mutation im Gen für TNFAIP3 bei RA Patienten zu einer stärkeren proinflammatorischen Immunreaktion. Das Zusammentreffen dieser beiden Faktoren wird als das „two hit model“ stressinduzierter Immunaktivierung und Inflammation bezeichnet [42]. [Tab. 2] fasst zusammen, wie endokrine und neuronale Faktoren bei bereits manifesten entzündliche Systemerkrankungen die Inflammation und Autoimmunität entweder verstärken oder abschwächen können.

Tab. 2 Hormonelle und neuronale Einfluss bei manifesten chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen.

Hormoneller und neuronaler Einfluss

Krankheitsbezogene Auswirkungen

Hohe Glukokortikoid-Konzentration

Hemmender Effekt auf autoimmune und entzündliche Prozesse

Anstieg mehrerer Steroidhormone in der Spätschwangerschaft

Hemmender Effekt auf autoimmune und entzündliche Prozesse

Ovulationsinduzierende Medikamente

Provokation von Schüben beim SLE

Zirkadianer Rhythmus der Hormonsekretion ausgehend von einem Hirnzentrum

Undulierende Symptomatik der RA und anderer entzündlicher Systemerkrankungen mit morgendlichem Beschwerdemaximum

Niedriger Vitamin D – Serumspiegel

Verminderte Selbsttoleranz/Verstärkung der adaptiven Immunreaktion

Hemiplegie nach Krankheitsbeginn

Deutliche Reduktion der Aktivität mehrerer entzündlich rheumatischer Krankheiten

Sensible Denervation (Verlust der Substanz P)

Sistieren der Gelenkentzündung bei Psoriasisarthritis

Belastende Lebensereignisse

Aktivitätszunahme entzündlicher Systemerkrankungen; “two hit model”

RA: rheumatoide Arthritis; SLE: systemischer Lupus erythematosus.


#
#

Manifeste chronisch-entzündliche Systemerkrankungen beeinflussen das Hormon- und das Nervensystem und führen zu Folgeerkrankungen

In den letzten Jahren haben wir begonnen zu verstehen, dass das neuroendokrine System in die Energieregulation des gesamten Körpers eingreift [48]. Langanhaltende Veränderungen in der Energieregulation bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen resultieren jedoch in zahlreichen unerwünschten Folgeerscheinungen [48]. Betrachten wir zunächst, wie es sich mit dem Energieverbrauch in Gesundheit und Krankheit verhält.

Zwei Organsysteme sind egoistisch und kontrollieren die Energieausgaben

Zwei Organsysteme, welche über ein Gedächtnis verfügen, steuern die Energieverteilung im Körper. Das erste Organ ist das Gehirn, welches, wie in [Abb. 2] dargestellt, verschiedene energiefreisetzende Signalwege aktivieren kann. Die wichtigsten Signalwege sind die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (hypothalamus-pituitary-adrenal axis, HPA-Achse) und das sympathische Nervensystem (SNS), unterstützt von den Schilddrüsenhormonen, dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und dem Wachstumshormon. Das Gehirn kontrolliert den Tonus und ist für die akute Aktivierung dieser hormonellen und neuronalen Systeme zuständig. Da das Gehirn bei der raschen „Fight-or-Flight“-Reaktion eine wesentliche Rolle spielt, dominiert es unter diesen Umständen alle anderen Organe und Organsysteme auf der höchsten hierarchischen Ebene [49]. Unter „Fight-or-Flight“-Bedingungen wird das Gehirn „egoistisch“, um energiereiche Substrate wie Glukose für sich selbst zu beschaffen.

Das zweite Organsystem ist das Immunsystem, das über eigene Signalwege energiereiche Verbindungen freizusetzen vermag. Während in einer Akutsituation gewöhnlich die HPA-Achse und das SNS aktiviert werden, haben bei einer chronischen Immunantwort pro-inflammatorische Zytokine wie TNF, IL-1β und IL-6 über die Hemmung des Insulin-Signalwegs einen direkten Einfluss auf die Energiefreisetzung. Insulin ist das wichtigste Hormon für die Speicherung von Energie. Proinflammatorische Zytokine fördern unter anderem die Insulinresistenz, hemmen die Vagusfunktion und führen zu einem direkten Abbau der Energiereserven (z. B. TNF-induzierter Muskelabbau) [49]. Das Immunsystem übernimmt die höchste hierarchische Kontrollposition, wenn der Körper sich mit einer Infektion oder Wundheilung auseinandersetzt. Im Rahmen von Infektionen, Verletzungen oder bei chronischer Immunstimulation wird das Immunsystem „egoistisch“ und beschafft sich so energiereiche Verbindungen wie Glukose, freie Fettsäuren und Aminosäuren.

Gehirn und Immunsystem kontrollieren die Mobilisierung energiereicher Verbindungen in Situationen des „Fight-or-Flight“ beziehungsweise im Infektgeschehen. Beide Organe besitzen ein Gedächtnis, wodurch die Zeit hoher Aktivität und hohen Energieverbrauchs verkürzt werden kann. In [Abb. 3] ist der Gesamtenergieverbrauch unter thermoneutralen Bedingungen im Bett (sitzend), in einem Zustand mit Dominanz des Gehirns („Fight-or-Flight“) und bei dominierendem Immunsystem (Infektion), dargestellt [50]. Das Gehirn kann den durch körperliche Aktivität verursachten Energieverbrauch kontrollieren (PAEE in [Abb. 3]), während das Immunsystem den spezifischen Energieverbrauch von aktivierten Immunzellen kontrolliert (IS in [Abb. 3]). In letzterem Fall wird der durch körperliche Aktivität verursachte Energieverbrauch gesenkt ([Abb. 3], rechte Säule). Beim Vorliegen einer chronisch-entzündlichen Systemerkrankung ringt das Immunsystem mit dem Gehirn und anderen Organen bzw. Organsystemen um Energie. Das Ringen des Immunsystems um Energie stellt dabei eine Herausforderung für den restlichen Körper dar, so dass die bekannten Folgeerkrankungen chronisch-entzündlicher Systemerkrankungen auch als Folge eines Energieengpasses interpretiert werden können (Kasten 1).

Zoom Image
Abb. 3 Komponenten des täglichen Energieverbrauchs gemessen in KJ (1 Kcal = 4,18 KJ). Der Grundumsatz (basal metabolic rate, BMR) ermittelt durch indirekte Kalometrie, wird unter thermoneutralen Bedingungen wach im Bett liegend, typischerweise morgens und nüchtern, gemessen. Dieser umfasst den Energieverbrauch sämtlicher Organe in Ruhe. Bei sitzender Lebensweise ist der Energieverbrauch durch körperliche Aktivität (physical activity-induced energy expenditure, PAEE) und durch den thermischen Effekt (thermic effect of food intake, TEF) während und nach der Nahrungsaufnahme gering. In Situationen, in denen das Gehirn den Gesamtenergieverbrauch dominiert, ist der PAEE über das übliche Maß hinaus erhöht (veranschaulicht durch das doppelte Pluszeichen). Hieraus kann ein sehr hoher Energieverbrauch bis zu 30 000 KJ pro Tag (z. B. bei Tour de France – Rennradfahrern) resultieren. Im Infektgeschehen oder bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen, in denen das Immunsystem (IS) dominiert, sind PAEE und TEF deutlich herabgesetzt. Mit den gegenwärtig verfügbaren Techniken kann der Energieverbrauch des Immunsystems nicht unabhängig von der BMR gemessen werden, dennoch wird er in dieser Graphik angezeigt (rote Fläche), als ob er getrennt von der BMR gemessen worden wäre.

#

Chronische Folgeprobleme aufgrund von Energieumstellungsreaktionen

Das sogenannte Krankheitsverhalten („sickness behavior) und die Tagesmüdigkeit als Folge zirkulierender Zytokine und zentraler aktivierter Immunzellen stellen typische Reaktionen des Gehirns auf eine Aktivierung des Immunsystems dar. Das „sickness behavior“ wiederum kann bei vulnerablen Patienten in eine manifeste Depression übergehen [51]. In engem Bezug zum „sickness behavior“ stehen Schlafstörungen mit einer Zunahme des Non-REM-Schlafs, Veränderungen der Dauer einzelner Schlafstadien, reduzierter Schlafeffizienz und reduzierter Gesamtschlafzeit. Diese Veränderungen sind die Folge stimulierter proinflammatorischer Mechanismen und können durch eine anti-TNF-Therapie rückgängig gemacht werden [52]. Dabei können Schlafstörungen den Energieverbrauch wiederum erhöhen, wodurch das Ringen um Energie zwischen Gehirn, Immunsystem und anderen Organsystemen verstärkt wird.

Zusätzlich liegt bei Patienten mit einer chronisch-entzündlichen Erkrankung häufig eine Anorexie und eine Fehl- und Mangelernährung vor, was in der Vergangenheit wiederholt nachgewiesen werden konnte. Ursächlich hierfür ist eine entzündungsbedingte Hemmung der Aktivität des Nervus Vagus, des Gastrointestinaltraktes und des Appetits und der Nahrungsaufnahme. Bei vorhandener Energieknappheit und Ringen um die Energieressourcen ist das Verhalten, welches auf die Nahrungsaufnahme ausgerichtet ist, stark unterdrückt. Die Bedeutung der Anorexie kommt bei langanhaltenden Entzündungsprozessen zum Tragen, und der Körper wird dann von gespeicherten Energiereserven und im Knochen gespeicherten Stoffen wie Calcium, Phosphat und Magnesium abhängig. Vor diesem Hintergrund ist bei chronischer Entzündung zu verstehen, dass das Immunsystem in Hinblick auf den Knochenabbau wichtiger ist als das endokrine System [53]. Unter normalen Bedingungen sind Hormone wie das Calcitonin, das Parathormon, Vitamin D, Androgene, Östrogene und IGF-1 wichtige Regulatoren des Knochenumsatzes. Bei ablaufenden Entzündungsprozessen sind Zytokine wie IL-1β, TNF, IL-6 und IL-17 aufgrund ihrer Stimulation des RANKL-induzierten Knochenabbaus von größerer Bedeutung. Bei erhöhten Zytokinspiegeln nimmt die Bedeutung von Hormonen für den Knochenstoffwechsel ab [53].

Kasten 1

Folgeerkrankungen chronisch-entzündlicher Systemerkrankungen *.

Krankheitsverhalten („sickness behavior“)/Müdigkeit bzw.
Fatigue/depressive Symptome
Schlafstörungen
Anorexie
Mangelernährung
Knochenabbau
Muskelabbau – kachektische Fettsucht
Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie (und Resistenz
gegenüber dem Insulin-like growth factor 1)
Dyslipidämie (inflammatorisches HDL)
Veränderungen der Steroidhormonachsen
Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Gonadenachse
Erhöhter Sympathikotonus und Verlust lokaler sympathischer
Nervenfasern
Arterielle Hypertonie, Volumenbelastung
Erniedrigter parasympathischer Tonus
Entzündungsanämie
Zirkadiane Rhythmik der Symptomausprägung

* Der Bezug zum Energieverbrauch des Immunsystems wird im Text hergestellt.

Die mit chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen assoziierte Anorexie erklärt auch die erniedrigte fettfreie Körpermasse und die erhöhte Körperfettmasse bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen, was als „kachektische Fettsucht“ bezeichnet wird [54]. Die kachektische Fettsucht kann z. T. als direkt immunvermittelter Muskelabbau (glukogene Aminosäuren werden in der Glukoneogenese dem aktivierten Immunsystem zugeführt) erklärt werden, zum Teil als Folge eines Androgenmangels (siehe unten), zum Teil durch eine reduzierte Energiezufuhr und verminderte körperliche Aktivität ([Abb. 3]).

Das oben beschriebene Ringen um Energie bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen erklärt auch, warum der Body-Mass-Index in umgekehrt proportionalem Verhältnis mit der Krankheitsaktivität steht. Ein hoher Body-Mass-Index zeigt an, dass eine entzündliche Erkrankung weniger schwer ausgeprägt ist (das Immunsystem benötigt weniger Energie) und eine milder verlaufende entzündliche Systemerkrankung geht mit einem niedrigeren kardiovaskulären Risiko einher. Die Atherosklerose ist für sich genommen bereits eine entzündliche Erkrankung, wobei die atherosklerotische Entzündung durch inflammatorische Prozesse im Rahmen chronisch-entzündlicher Systemerkrankungen weiter stimuliert wird. Zusammengefasst zeigt bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen ein hoher Body-Mass-Index eine milder verlaufende Erkrankung an, wodurch die inverse Beziehung zwischen Body-Mass-Index und kardiovaskulärem Risiko bei entzündlichen Systemerkrankungen erklärt wird.

Das nächste Beispiel für Folgeerkrankungen nimmt Bezug auf die Insulinreistenz und die Hyperinsulinämie, welche als klassische Phänomene vieler chronisch-entzündlicher Systemerkrankungen beobachtet werden (zusammengefasst in [49]). Die Insulinresistenz ist Folge eines aktivierten Immunsystems und soll die Speicherung energiereicher Substrate verhindern, welche stattdessen für die Versorgung aktivierter Immunzellen verwendet werden können (Glukose und freie Fettsäuren). Zytokine wie TNF spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Insulinresistenz. Die Insulinresistenz wird dabei von einer Resistenz gegenüber dem Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) begleitet, sodass auch Wachstumsprozesse gestört werden (die Wachstumsverzögerung bei der JIA ist hierfür ein Beispiel).

Die Insulinresistenz ist nur für die Muskulatur, das Fettgewebe und die Leber relevant. Das Immunsystem entwickelt keine Insulinresistenz, und höhere Insulinkonzentrationen haben sogar einen proliferativen Effekt auf Immunzellen. Die Insulinresistenz geht häufig mit einer Dyslipidämie mit proinflammatorischen HDL-Cholesterinsubtypen einher, welche in geringen Mengen auch proinflammatorische Faktoren wie Serum Amyloid A, Coeruloplasmin, oxidierte Lipide und Lipoproteine enthalten [55]. Das proinflammatorische HDL verringert dabei die Kapazität des reversen Cholesterintransports und die antioxidativen Eigenschaften des HDL. Auf diese Weise wird die Energieversorgung aktivierter Makrophagen unterstützt [48].

Steroidhormonachsen wie die HPA-Achse werden auch auf folgende Art verändert: Während akute Entzündungsprozesse die HPA-Achse stark stimulieren, führt eine anhaltende Aktivierung mittels proinflammatorischer Mechanismen zu einer Hemmung der HPA-Achse auf allen Ebenen. Jeder akute Entzündungsprozess – simuliert z. B. durch die Injektion von IL-6 [56] – erhöht die Konzentration zirkulierender Hormone der HPA-Achse. Bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen steigt die Konzentration zirkulierender Hormone der HPA-Achse jedoch trotz der andauernd erhöhten IL-6-Spiegel nicht an ([Abb. 4]) [57]. Die Funktion der HPA-Achse ist bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen verändert, und die Konzentration der Hormone der HPA-Achse angesichts der Menge zirkulierender Zytokine unverhältnismäßig niedrig [58] [59].

Zoom Image
Abb. 4 Im Verhältnis zur Zytokinkonzentration inadäquat niedrige Cortisolkonzentration. Auf der rechten Seite ist dargestellt, wie die subkutane (s.c.) Injektion von Interleukin-6 (IL-6) bei gesunden Kontrollpersonen zu einem starken Anstieg der Serumcortisolkonzentration führt [56]. Die linke Seite der Abbildung zeigt, dass die Injektion von IL-6 bei gesunden Kontrollpersonen und RA-Patienten zu vergleichbaren Konzentrationen von IL-6 führt [57]. Die Serumcortisolkonzentration ist jedoch bei Patienten mit RA im Vergleich zu gesunden Kontrollen nicht erhöht, wie die rechte Seite der Abbildung zeigt. Dies nennt man inadäquate Cortisolsekretion in Relation zur Entzündung. Abkürzungen: HS: gesunde Kontrollpersonen (healthy subjects); RA: rheumatoide Arthritis; s.c.: subkutan.

Neben Gewöhnungseffekten ist hierfür die Zytokin-induzierte Blockade der Hormonsynthese bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen verantwortlich [60] [61]. Die normale bis leicht erhöhte Cortisolkonzentration dürfte zur Versorgung des aktivierten Immunsystems mit energiereichen Substraten aus der Lipolyse, der Glukoneogenese, der Proteolyse und durch den aus dem Knochenabbau freigesetzten Stoffen wie Kalzium, Phosphat und Magnesium beitragen.

Während die HPA-Achse nicht wie erwartet arbeitet, ist die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden –(HPG) Achse schwer supprimiert. Die Blockade kann dabei auf Ebene des Hypothalamus und auf Ebene peripherer endokriner Organe erfolgen. Vor dem Hintergrund des Ringens um Energie bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen ist diese Umstellung, welche auf eine Reduktion reproduktions- und wachstumsassoziierter Körperprozesse abzielt, sinnvoll. Die letztgenannten Prozesse kosten sehr viel Energie, und daher werden sie abgestellt.

Bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen findet man eine Umstellung der Androgensynthese in den Nebennieren, am ehesten als Folge einer Hemmung der 17,20-Lyase-Aktivität des Cytochrom P450c17 (siehe Enzym 6b, [Abb. 5]), was zu einem Überwiegen von Cortisol im Verhältnis zu anderen Nebennierenhormonen führt. Das Überwiegen von Cortisol gegenüber Nebennieren-Androgenen ist für nahezu alle chronisch-entzündlichen Systemerkankungen kennzeichnend. Diese Veränderung dient der Umverteilung energiereicher Proteine aus dem Muskel hin zum aktivierten Immunsystem.

Zoom Image
Abb. 5 Die Steroidsynthese in verschiedenen Organen und die Steroidumwandlung in peripheren Zellen. Die Schriftgröße zeigt die Verfügbarkeit, die Fertigstellung und Konzentration der entsprechenden Faktoren an (kleine Schrift=gering; große Schrift=hoch). Die große hellblaue Box oben rechts zeigt die Steroidsynthese in der Nebenniere unter normalen Bedingungen. Die kleinen braunen und lilafarbenen Boxen oben links stellen die Vitamin D Synthese in verschieden Organen dar. In der gelben Box unten ist die Umwandlung der Steroidhormone in peripheren Zellen wie Makrophagen und Fibroblasten (Intrakrinologie) dargestellt. Grün steht dabei für eine antiinflammatorische und lila für eine proinflammatorische Wirkung. DHEAS wird in Androgene und Östrogene umgewandelt. Der proinflammatorische Tumornekrosefaktor (TNF) interferiert mit mehreren hormonellen Umwandlungsschritten (eine Linie mit Balken bedeutet Hemmung, ein Pfeil bedeutet Stimulation). Eingekreiste Zahlen: 1, Cholesterin-Monooxygenase; 2, 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase; 3, Steroid-21-Hydroxylase; 5, DHEA Sulfotransferase; 6a and 6b, P450c17, ein Enzym mit 2 verschiedenen Aktivitäten, einer 17α-Hydroxylase- und einer 17,20-Lyase-Aktivität; 7, DHEAS Sulfatase; 8, Aromatasekomplex; 9, α1-Hydroxylase (in Zellen, die dieses Enzym enthalten, also in Makrophagen). Abkürzungen: ASD Androstendion; DHEA, Dehydroepiandrosteron; DHEAS, Dehydroepiandrosteronsulfat.

Nicht nur die Funktion der HPG-Achse, sondern auch die Umwandlung und der Abbau sezernierter Hormone im peripheren Gewebe sind verändert. In Zellen entzündeten Gewebes wird die Aktivierung des biologisch inaktiven DHEAS zum biologisch aktiven DHEA durch TNF gehemmt [62] (siehe [Abb. 5], gelbe Box, Schritt 7). Außerdem aktiviert TNF den Aromatasekomplex (siehe [Abb. 5], gelbe Box, Schritt 8), was zur Umwandlung von Androgenen in proinflammatorische Östrogene, wie zum Beispiel den an Position 16 hydroxylierten Östrogenen (siehe [Abb. 5], gelbe Box) führt [63]. All diese Phänomene haben in entzündetem Gewebe einen proinflammatorischen Effekt und erklären außerdem, warum die Serumkonzentrationen der Östrogene relativ normal sind. Sie werden schlichtweg aus Androgenen hergestellt.

In Hinblick auf das SNS wurde bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen ein leicht erhöhter Tonus festgestellt. Es wird angenommen, dass diese Tonuserhöhung die verhältnismäßige Insuffizienz der HPA-Achse und die vermehrte entzündungsbedingte Vasodilatation kompensiert (Neurotransmitter des SNS und Cortisol erzielen ähnliche Effekte, wie bei der Asthmatherapie und der Blutdruckstabilisierung bei Sepsis gezeigt werden kann). Ein leicht erhöhter Sympathikotonus trägt zur Energieumverteilung (Lipolyse, Glukoneogenese) und zur Bereitstellung von Calcium, Phosphat und Magnesium (aus dem Knochenabbau) bei.

Ein erhöhter Sympathikotonus stimuliert auch das Renin-Angiotensin-Aldosteron System, was eine Volumenbelastung und arterielle Hypertonie nach sich ziehen kann [64] [65] [66]. Eine weitere Folge eines erhöhten Sympathikotonus ist, wie in mehreren Studien nachgewiesen werden konnte, eine herabgesetzte Aktivität des parasympathischen Nervensystems [67]. Eine herabgesetzte Aktivität des Vagusnervs verhindert die Insulinsekretion und damit die Energieaufnahme und – speicherung.

Die Ausbildung einer Entzündungsanämie ist evolutionär positiv selektioniert und hilft dabei, bakterielle Infekte besser zu überstehen, da diese Anämieform zur Sequestration von Eisen in Makrophagen und Leberzellen führt und somit Eisen für Bakterien weniger verfügbar ist [68] [69]. Darüber hinaus stimuliert das proentzündliche IL-6 das Hormon Hepcidin, wodurch die Eisenaufnahme aus Enterozyten und die Freisetzung von gespeichertem Eisen reduziert wird. Diese Mechanismen spielen auch bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen eine Rolle [48].


#

Beeinflussung der zirkadianen Rhythmik

Abschließend muss erwähnt werden, dass auch der zirkadiane Rhythmus, also der 24 Stunden Zyklus in den physiologischen Prozessen lebender Organismen, bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen einer Veränderung unterworfen ist. Bei der RA zum Beispiel ist es bekannt, dass die Beschwerden in den frühen Morgenstunden am stärksten ausgeprägt sind. Ähnlich verhält es sich beim Asthma bronchiale, Gichtattacken, der Angina pectoris und anderen Erkrankungen (zusammengefasst in [30]).

Sowohl die Serumkonzentrationen von IL-6 als auch die von TNF weisen eine zirkadiane Rhythmik auf, wobei in den frühen Morgenstunden die höchsten Werte erreicht werden [30]. Bei gesunden Individuen kann der höchste IL-6 Wert um etwa 6 Uhr morgens gemessen werden. Bei RA Patienten liegt der höchste Wert um etwa 7 Uhr morgens vor. Während bei gesunden Personen die Konzentration von IL-6 etwa zwischen 2 und 4 pg/ml liegt, liegen die Werte für IL-6 bei RA Patienten in einem Bereich zwischen 10 und 40 pg/ml. Somit ist die Amplitude der Kurve der IL-6 Konzentration bei RA Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen höher. Außerdem ist die Kurve der IL-6 Konzentration bei RA Patienten breiter [30].

Der zyklische Aktivitätsgrad der HPA-Achse ist um 8 Uhr morgens am höchsten und um Mitternacht am geringsten. Dabei kann der morgendliche Zytokinanstieg offenbar die Cortisolkonzentration erhöhen. Bei niedriger bis mäßiger Krankheitsaktivität unterscheidet sich die zirkadiane Rhythmik der Cortisolkonzentration zwischen gesunden Personen und RA Patienten nicht. Die Ähnlichkeit der zirkadianen Rhythmik gilt dabei sowohl für die Amplitude der Kurve der Cortisolkonzentration, die Periodik und die Zeit der maximalen und minimalen Konzentration ([Abb. 6a]).

Zoom Image
Abb. 6 Bedeutung der zirkadianen Rhythmik bei Entzündung. a Zirkadianer Rhythmus von Cortisol und IL-6 bei gesunden Kontrollpersonen (schwarze Linien) und Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA, rote Linien). Die Daten sind als Prozent des Durchschnittswertes über 24 Stunden angegeben. Trotz der deutlich erhöhten Serumkonzentration von IL-6 bei RA-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ist der zirkadiane Rhythmus der Cortisolsekretion in beiden Gruppen vergleichbar (hinsichtlich Amplitude und Periodik) [70]. Dieses Phänomen wird als inadäquate Cortisolsekretion im Relation zur Entzündungsaktivität bezeichnet. b Zirkadiane Regelung der Bereitstellung energiereicher Substrate. Tagsüber werden energiereiche Substrate für die Muskulatur und das Gehirn (Tageskonsumenten) bereitgestellt, während nachts die Energie für Prozesse des Immunsystems und Wachstumsprozesse (nächtliche Konsumenten) geliefert wird. Die nächtliche Aktivierung des Immunsystems aktiviert die Entzündungs- beziehungsweise Immunantwort mit der Folge einer verstärkten Symptomausprägung bei entzündlichen Systemerkrankungen. Wie durch die roten Pfeile dargestellt, kontrollieren neuroendokrine Signalwege wie die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (hypothalamic-pituitary-adrenal axis, HPA) und das sympathische Nervensystem (sympathetic nervous system, SNS) die nächtliche und tagsüber ablaufende Energieverteilung.

Berücksichtigt man, dass die Konzentration proinflammatorischer Zytokine bei Patienten mit RA etwa zehnmal höher als bei gesunden Individuen ist, wäre zu erwarten, dass dies einen stärkeren Anstieg der Cortisolkonzentration nach sich zieht ([Abb. 6a]). Bei Patienten mit RA und gesunden Kontrollpersonen liegen jedoch im Serum ähnliche Cortisolkonzentrationen vor [70]. Dieses Phänomen wurde in der Vergangenheit bereits als inadäquate Cortisolausschüttung in Relation zur Inflammation (relative Insuffizienz) beschrieben. Aktuell geht man davon aus, dass der mitternächtliche Cortisolabfall und der gleichzeitig vorliegende Anstieg der immunstimulierenden Hormone Melatonin, Prolaktin und des Wachstumshormons für den Anstieg der nächtlichen TNF- und IL-6 Konzentration verantwortlich sind [30] [70].

In der Folge führen diese beiden Zytokine zu einem Cortisolanstieg, welcher in Folge den Zytokinanstieg abschwächt und so weiter. Weil die zirkadiane Rhythmik in übergeordneten Zentren des Nervensystems und des endokrinen Systems gesteuert wird (dem Hypothalamus), reflektiert die zirkadiane Rhythmik der Zytokinkonzentrationen die Aktivität neuroendokriner Zentren im Gehirn. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass neuroendokrine Signalwege Einfluss auf die Pathophysiologie chronisch-entzündlicher Systemerkrankungen nehmen und stellt neue Therapiemöglichkeiten in Aussicht. Prednison mit modifizierter Galenik (nächtliche Freisetzung) kann für die Behandlung der RA und anderer entzündlich rheumatischer Erkrankungen bereits eingesetzt werden, um damit die Freisetzung exogenen und endogenen Cortisols aufeinander abzustimmen. Die Glukokortikoid-Chronotherapie führt zu einer besseren Kontrolle der nächtlichen entzündlichen Aktivität der RA [31] [32].

Eine neuere Theorie erklärte die nächtliche Aktivierung des Immunsystems als ein evolutionär selektioniertes zirkadianes Programm, welches tagsüber die Versorgung von Gehirn und Muskulatur (Tageskonsumenten) und nachts die Versorgung des Immunsystems und wachstumsassoziierter Signalwege (nächtliche Konsumenten) mit energiereichen Verbindungen sicherstellt ([Abb. 6b]) [48]. Dieses zirkadiane Programm ist eng mit den Wechselwirkungen zwischen neuroendokrinem System und Immunsystem und den klinischen Symptomen infolge der Entzündungs- beziehungsweise Immunreaktionen verknüpft ([Abb. 6b]).


#
#

Schlussfolgerungen

Klinische Beobachtungen weisen auf eine starke wechselseitige Beeinflussung von neuroendokrinem System und Immunsystem bei chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen hin. Die Einflussnahme von Hormonen und neuronalen Signalwegen kann dabei vor und nach Beginn einer Erkrankung stattfinden. Auf der anderen Seite beeinflusst das Krankheitsgeschehen mit einem aktivierten Immunsystem mehrere hormonelle und neuronale Signalwege.

Es wurde aufgezeigt, dass das „egoistische“ Immunsystem mit dem „egoistischen“ Gehirn und dem restlichen Körper um Energie ringt. Der Energieengpass führt zu Erkrankungsfolgen wie dem „sickness behavior“, Müdigkeit, Depressionen, Schlafstörungen, Anorexie, Fehl- und Mangelernährung, Knochen- und Muskelabbau, kachektischer Fettsucht, Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie (Resistenz gegenüber dem Insulin-like-growth factor-1), Dyslipidämie, Veränderungen der Steroidhormonachsen, Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse, erhöhtem Sympathikotonus, arterieller Hypertonie, Volumenbelastung, reduziertem Parasympathikotonus, Entzündungsanämie und einer zirkadianen Symptomausprägung.

Da Patienten mit chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen aufgrund der Folgeerkrankungen früher versterben, sollten neue Therapiestrategien die oben beschriebenen Erkenntnisse berücksichtigen. Es wird empfohlen, Folgeerkrankungen, welche den chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen inhärent sind, konsequenter zu behandeln. Therapiestrategien, welche aus diesem Forschungsbereich resultieren, entwickeln sich langsam. Eine niedrig-dosierte Glukokortikoidtherapie in Anlehnung an die geringere Wirkung der „kleinen Nebenniere“, die Chronotherapie mit Glukokortikoiden, die Therapie mit Apremilast, die die Konzentration des zyklischen AMP erhöht (die Signalwege vieler antiinflammatorischer Hormone wie z. B. des Noradrenalins mit dem zugehörigen β2-Adrenorezeptor und Neurotransmitter basieren auf erhöhten cAMP-Spiegeln) sowie die Vitamin D Supplementation sind erste Beispiele einer erfolgreichen Umsetzung der in diesem Kapitel beschriebenen Konzepte.


#
#

Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Hench PS. The ameliorating effect of pregnancy on chronic atrophic (infectious, rheumatoid) arthritis, fibrositis, and intermittent hydrarthrosis. Proc Staff Meetings Mayo Clinic 1938; 13: 161-167
  • 2 Hench PS, Slocumb CH, Holley HF. et al. Effect of cortisone and pituitary adrenocorticotropic hormone (ACTH) on rheumatic diseases. J Am Med Assoc 1950; 1327-1335
  • 3 Labrie F. Intracrinology. Mol Cell Endocrinol 1991; 78: C113-C118
  • 4 Straub RH. The complex role of estrogens in inflammation. Endocr Rev 2007; 28: 521-574
  • 5 Cutolo M, Straub RH. Sex steroids and autoimmune rheumatic diseases: state of the art. Nat Rev Rheumatol 2020; 16: 628-644
  • 6 Whitacre CC. Sex differences in autoimmune disease. Nat Immunol 2001; 2: 777-780
  • 7 Cohen-Solal JF, Jeganathan V, Hill L. et al. Hormonal regulation of B-cell function and systemic lupus erythematosus. Lupus 2008; 17: 528-532
  • 8 Trigunaite A, Dimo J, Jorgensen TN. Suppressive effects of androgens on the immune system. Cell Immunol 2015; 294: 87-94
  • 9 Kissick HT, Sanda MG, Dunn LK. et al. Androgens alter T-cell immunity by inhibiting T-helper 1 differentiation. Proc Natl Acad Sci U S A 2014; 111: 9887-9892
  • 10 Carlsten H, Nilsson N, Jonsson R. et al. Estrogen accelerates immune complex glomerulonephritis but ameliorates T cell-mediated vasculitis and sialadenitis in autoimmune MRL lpr/lpr mice. Cell Immunol 1992; 144: 190-202
  • 11 Stark K, Straub RH, Rovensky J. et al. CYB5A polymorphism increases androgens and reduces risk of rheumatoid arthritis in women. Arthritis Res Ther 2015; 17: 56
  • 12 Uthman I, Senecal JL. Onset of rheumatoid arthritis after surgical treatment of Cushing’s disease. J Rheumatol 1995; 22: 1964-1966
  • 13 Sternberg EM, Young WS, Bernardini R. et al. A central nervous system defect in biosynthesis of corticotropin- releasing hormone is associated with susceptibility to streptococcal cell wall-induced arthritis in Lewis rats. Proc Natl Acad Sci U S A 1989; 86: 4771-4775
  • 14 Straub RH, Bijlsma JW, Masi A. et al. Role of neuroendocrine and neuroimmune mechanisms in chronic inflammatory rheumatic diseases-The 10-year update. Semin Arthritis Rheum 2013; 43: 392-404
  • 15 Carsin-Vu A, Oubaya N, Mulé S. et al. MDCT Linear and Volumetric Analysis of Adrenal Glands: Normative Data and Multiparametric Assessment. Eur Radiol 2016; 26: 2494-2501
  • 16 Thompson M, Bywaters EGL. Unilateral rheumatoid arthritis following hemiplegia. Ann Rheum Dis 1962; 21: 370-370
  • 17 Dolan AL. Asymmetric rheumatoid vasculitis in a hemiplegic patient. Ann Rheum Dis 1995; 54: 532
  • 18 Glynn JJ, Clayton ML. Sparing effect of hemiplegia on tophaceous gout. Ann Rheum Dis 1976; 35: 534-535
  • 19 Sethi S, Sequeira W. Sparing effect of hemiplegia on scleroderma. Ann Rheum Dis 1990; 49: 999-1000
  • 20 Pongratz G, Straub RH. Role of peripheral nerve fibres in acute and chronic inflammation in arthritis. Nat Rev Rheumatol 2013; 9: 117-126
  • 21 Neufeld KM, Karunanayake CP, Maenz LY. et al. Stressful life events antedating chronic childhood arthritis. J Rheumatol 2013; 40: 1756-1765
  • 22 Straub RH. The origin of chronic inflammatory systemic diseases and their sequelae. Hrsg San Diego: Academic Press; 2015
  • 23 Lee YC, Agnew-Blais J, Malspeis S. et al. Post-Traumatic Stress Disorder and Risk for Incident Rheumatoid Arthritis. Arthritis Care Res 2016; 68: 292-298
  • 24 Buttgereit F. Views on glucocorticoid therapy in rheumatology: the age of convergence. Nat Rev Rheumatol 2020; 16: 239-246
  • 25 Saldanha C, Tougas G, Grace E. Evidence for anti-inflammatory effect of normal circulating plasma cortisol. Clin Exp Rheumatol 1986; 4: 365-366
  • 26 Doria A, Iaccarino L, Arienti S. et al. Th2 immune deviation induced by pregnancy: the two faces of autoimmune rheumatic diseases. Reprod Toxicol 2006; 22: 234-241
  • 27 Dhabhar FS. Effects of stress on immune function: the good, the bad, and the beautiful. Immunol Res 2014; 58: 193-210
  • 28 Buttgereit F, Burmester GR, Straub RH. et al. Exogenous and endogenous glucocorticoids in rheumatic diseases. Arthritis Rheum 2011; 63: 1-9
  • 29 Huong DL, Wechsler B, Vauthier-Brouzes D. et al. Importance of planning ovulation induction therapy in systemic lupus erythematosus and antiphospholipid syndrome: a single center retrospective study of 21 cases and 114 cycles. Semin Arthritis Rheum 2002; 32: 174-188
  • 30 Straub RH, Cutolo M. Circadian rhythms in rheumatoid arthritis: implications for pathophysiology and therapeutic management. Arthritis Rheum 2007; 56: 399-408
  • 31 Buttgereit F, Doering G, Schaeffler A. et al. Efficacy of modified-release versus standard prednisone to reduce duration of morning stiffness of the joints in rheumatoid arthritis (CAPRA-1): a double-blind, randomised controlled trial. Lancet 2008; 371: 205-214
  • 32 Buttgereit F, Mehta D, Kirwan J. et al. Low-dose prednisone chronotherapy for rheumatoid arthritis: a randomised clinical trial (CAPRA-2). Ann Rheum Dis 2013; 72: 204-210
  • 33 Adams JS, Hewison M. Unexpected actions of vitamin D: new perspectives on the regulation of innate and adaptive immunity. Nat Clin Pract Endocrinol Metab 2008; 4: 80-90
  • 34 Cutolo M, Plebani M, Shoenfeld Y. et al. Vitamin D endocrine system and the immune response in rheumatic diseases. Vitam Horm 2011; 86: 327-351
  • 35 Cutolo M, Otsa K, Laas K. et al. Circannual vitamin d serum levels and disease activity in rheumatoid arthritis: Northern versus Southern Europe. Clin Exp Rheumatol 2006; 24: 702-704
  • 36 Kamen DL, Tangpricha V. Vitamin D and molecular actions on the immune system: modulation of innate and autoimmunity. J Mol Med 2010; 88: 441-450
  • 37 Smith RD. Effect of hemiparesis on rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum 1979; 22: 1419-1420
  • 38 Keyszer G, Langer T, Kornhuber M. et al. Neurovascular mechanisms as a possible cause of remission of rheumatoid arthritis in hemiparetic limbs. Ann Rheum Dis 2004; 63: 1349-1351
  • 39 Kane D, Lockhart JC, Balint PV. et al. Protective effect of sensory denervation in inflammatory arthritis (evidence of regulatory neuroimmune pathways in the arthritic joint). Ann Rheum Dis 2005; 64: 325-327
  • 40 Steptoe A, Hamer M, Chida Y. The effects of acute psychological stress on circulating inflammatory factors in humans: a review and meta-analysis. Brain Behav Immun 2007; 21: 901-912
  • 41 Bierhaus A, Wolf J, Andrassy M. et al. A mechanism converting psychosocial stress into mononuclear cell activation. Proc Natl Acad Sci U S A 2003; 100: 1920-1925
  • 42 Straub RH. Rheumatoid arthritis: Stress in RA: a trigger of proinflammatory pathways?. Nat Rev Rheumatol 2014; 10: 516-518
  • 43 Vasamsetti SB, Florentin J, Coppin E. et al. Sympathetic Neuronal Activation Triggers Myeloid Progenitor Proliferation and Differentiation. Immunity 2018; 49: 93-106
  • 44 Glaser R, Kiecolt-Glaser JK. Stress-induced immune dysfunction: implications for health. Nat Rev Immunol 2005; 5: 243-251
  • 45 de Brouwer SJ, Van MH, Stormink C. et al. Immune responses to stress in rheumatoid arthritis and psoriasis. Rheumatology (Oxford) 2014; 53: 1844-1848
  • 46 Okada Y, Wu D, Trynka G. et al. Genetics of rheumatoid arthritis contributes to biology and drug discovery. Nature 2014; 506: 376-381
  • 47 Vereecke L, Beyaert R, van Loo G. The ubiquitin-editing enzyme A20 (TNFAIP3) is a central regulator of immunopathology. Trends Immunol 2009; 30: 383-391
  • 48 Straub RH, Cutolo M, Buttgereit F. et al. Energy regulation and neuroendocrine-immune control in chronic inflammatory diseases. J Intern Med 2010; 267: 543-560
  • 49 Straub RH. Insulin resistance, selfish brain, and selfish immune system: an evolutionarily positively selected program used in chronic inflammatory diseases. Arthritis Res Ther 2014; 16: S4 (pages 1–15)
  • 50 Straub RH. The brain and immune system prompt energy shortage in chronic inflammation and ageing. Nat Rev Rheumatol 2017; 13: 743-751
  • 51 Dantzer R, O'Connor JC, Freund GG. et al. From inflammation to sickness and depression: when the immune system subjugates the brain. Nat Rev Neurosci 2008; 9: 46-56
  • 52 Detert J, Dziurla R, Hoff P. et al. Effects of treatment with etanercept versus methotrexate on sleep quality, fatigue and selected immune parameters in patients with active rheumatoid arthritis. Clin Exp Rheumatol 2016; 34: 848-856
  • 53 Straub RH, Cutolo M, Pacifici M. Evolutionary medicine and bone loss in chronic inflammatory diseases – a theory of inflammation-related osteopenia. Semin Arthritis Rheum 2015; 45: 220-228
  • 54 Roubenoff R. Rheumatoid cachexia: a complication of rheumatoid arthritis moves into the 21st century. Arthritis Res Ther 2009; 11: 108
  • 55 Hahn BH, Grossman J, Ansell BJ. et al. Altered lipoprotein metabolism in chronic inflammatory states: proinflammatory high-density lipoprotein and accelerated atherosclerosis in systemic lupus erythematosus and rheumatoid arthritis. Arthritis Res Ther 2008; 10: 213
  • 56 Tsigos C, Papanicolaou DA, Defensor R. et al. Dose effects of recombinant human interleukin-6 on pituitary hormone secretion and energy expenditure. Neuroendocrinology 1997; 66: 54-62
  • 57 Cutolo M, Foppiani L, Prete C. et al. Hypothalamic-pituitary-adrenocortical axis function in premenopausal women with rheumatoid arthritis not treated with glucocorticoids. J Rheumatol 1999; 26: 282-288
  • 58 Kanik KS, Chrousos GP, Schumacher HR. et al. Adrenocorticotropin, glucocorticoid, and androgen secretion in patients with new onset synovitis/rheumatoid arthritis: relations with indices of inflammation. J Clin Endocrinol Metab 2000; 85: 1461-1466
  • 59 Straub RH, Paimela L, Peltomaa R. et al. Inadequately low serum levels of steroid hormones in relation to IL-6 and TNF in untreated patients with early rheumatoid arthritis and reactive arthritis. Arthritis Rheum 2002; 46: 654-662
  • 60 Wolff C, Krinner K, Schroeder JA. et al. Inadequate corticosterone levels relative to arthritic inflammation are accompanied by altered mitochondria/cholesterol breakdown in adrenal cortex: a steroid-inhibiting role of IL-1beta in rats. Ann Rheum Dis 2015; 74: 1890-1897
  • 61 Stangl H, Krammetsvogl A, Lesiak M. et al. MHC/class-II-positive cells inhibit corticosterone of adrenal gland cells in experimental arthritis: a role for IL-1β, IL-18, and the inflammasome. Sci Rep 2020; 10: 17071 doi: 17010.11038/s41598-17020-74309-17070
  • 62 Weidler C, Struharova S, Schmidt M. et al. Tumor necrosis factor inhibits conversion of dehydroepiandrosterone sulfate (DHEAS) to DHEA in rheumatoid arthritis synovial cells: a prerequisite for local androgen deficiency. Arthritis Rheum 2005; 52: 1721-1729
  • 63 Schmidt M, Hartung R, Capellino S. et al. Estrone/17beta-estradiol conversion to, and tumor necrosis factor inhibition by, estrogen metabolites in synovial cells of patients with rheumatoid arthritis and patients with osteoarthritis. Arthritis Rheum 2009; 60: 2913-2922
  • 64 Straub RH. Evolutionary medicine and chronic inflammatory state – known and new concepts in pathophysiology. J Mol Med 2012; 90: 523-534
  • 65 Straub RH, Ehrenstein B, Gunther F. et al. Increased extracellular water measured by bioimpedance and by increased serum levels of atrial natriuretic peptide in RA patients-signs of volume overload. Clin Rheumatol 2017; 36: 1041-1051
  • 66 Günther F, Ehrenstein B, Hartung W. et al. Increased extracellular water measured by bioimpedance analysis and increased serum levels of atrial natriuretic peptide in polymyalgia rheumatica patients : Signs of volume overload. Z Rheumatol 2020; DOI: 10.1007/s00393-00020-00845-00399.
  • 67 Sloan RP, McCreath H, Tracey KJ. et al. RR interval variability is inversely related to inflammatory markers: the CARDIA study. Mol Med 2007; 13: 178-184
  • 68 Weinberg ED. Iron availability and infection. Biochim Biophys Acta 2009; 1790: 600-605
  • 69 Schaible UE, Kaufmann SH. Iron and microbial infection. Nat Rev Microbiol 2004; 2: 946-953
  • 70 Crofford LJ, Kalogeras KT, Mastorakos G. et al. Circadian relationships between interleukin (IL)-6 and hypothalamic- pituitary-adrenal axis hormones: failure of IL-6 to cause sustained hypercortisolism in patients with early untreated rheumatoid arthritis. J Clin Endocrinol Metab 1997; 82: 1279-1283

Korrespondenzadresse

Rainer Straub
Internal Medicine
University Hospital Regensburg
F.J.Strauss-Allee 11
93053 Regensburg
Deutschland   
Phone: +499419447120   

Publication History

Article published online:
02 March 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

  • 1 Hench PS. The ameliorating effect of pregnancy on chronic atrophic (infectious, rheumatoid) arthritis, fibrositis, and intermittent hydrarthrosis. Proc Staff Meetings Mayo Clinic 1938; 13: 161-167
  • 2 Hench PS, Slocumb CH, Holley HF. et al. Effect of cortisone and pituitary adrenocorticotropic hormone (ACTH) on rheumatic diseases. J Am Med Assoc 1950; 1327-1335
  • 3 Labrie F. Intracrinology. Mol Cell Endocrinol 1991; 78: C113-C118
  • 4 Straub RH. The complex role of estrogens in inflammation. Endocr Rev 2007; 28: 521-574
  • 5 Cutolo M, Straub RH. Sex steroids and autoimmune rheumatic diseases: state of the art. Nat Rev Rheumatol 2020; 16: 628-644
  • 6 Whitacre CC. Sex differences in autoimmune disease. Nat Immunol 2001; 2: 777-780
  • 7 Cohen-Solal JF, Jeganathan V, Hill L. et al. Hormonal regulation of B-cell function and systemic lupus erythematosus. Lupus 2008; 17: 528-532
  • 8 Trigunaite A, Dimo J, Jorgensen TN. Suppressive effects of androgens on the immune system. Cell Immunol 2015; 294: 87-94
  • 9 Kissick HT, Sanda MG, Dunn LK. et al. Androgens alter T-cell immunity by inhibiting T-helper 1 differentiation. Proc Natl Acad Sci U S A 2014; 111: 9887-9892
  • 10 Carlsten H, Nilsson N, Jonsson R. et al. Estrogen accelerates immune complex glomerulonephritis but ameliorates T cell-mediated vasculitis and sialadenitis in autoimmune MRL lpr/lpr mice. Cell Immunol 1992; 144: 190-202
  • 11 Stark K, Straub RH, Rovensky J. et al. CYB5A polymorphism increases androgens and reduces risk of rheumatoid arthritis in women. Arthritis Res Ther 2015; 17: 56
  • 12 Uthman I, Senecal JL. Onset of rheumatoid arthritis after surgical treatment of Cushing’s disease. J Rheumatol 1995; 22: 1964-1966
  • 13 Sternberg EM, Young WS, Bernardini R. et al. A central nervous system defect in biosynthesis of corticotropin- releasing hormone is associated with susceptibility to streptococcal cell wall-induced arthritis in Lewis rats. Proc Natl Acad Sci U S A 1989; 86: 4771-4775
  • 14 Straub RH, Bijlsma JW, Masi A. et al. Role of neuroendocrine and neuroimmune mechanisms in chronic inflammatory rheumatic diseases-The 10-year update. Semin Arthritis Rheum 2013; 43: 392-404
  • 15 Carsin-Vu A, Oubaya N, Mulé S. et al. MDCT Linear and Volumetric Analysis of Adrenal Glands: Normative Data and Multiparametric Assessment. Eur Radiol 2016; 26: 2494-2501
  • 16 Thompson M, Bywaters EGL. Unilateral rheumatoid arthritis following hemiplegia. Ann Rheum Dis 1962; 21: 370-370
  • 17 Dolan AL. Asymmetric rheumatoid vasculitis in a hemiplegic patient. Ann Rheum Dis 1995; 54: 532
  • 18 Glynn JJ, Clayton ML. Sparing effect of hemiplegia on tophaceous gout. Ann Rheum Dis 1976; 35: 534-535
  • 19 Sethi S, Sequeira W. Sparing effect of hemiplegia on scleroderma. Ann Rheum Dis 1990; 49: 999-1000
  • 20 Pongratz G, Straub RH. Role of peripheral nerve fibres in acute and chronic inflammation in arthritis. Nat Rev Rheumatol 2013; 9: 117-126
  • 21 Neufeld KM, Karunanayake CP, Maenz LY. et al. Stressful life events antedating chronic childhood arthritis. J Rheumatol 2013; 40: 1756-1765
  • 22 Straub RH. The origin of chronic inflammatory systemic diseases and their sequelae. Hrsg San Diego: Academic Press; 2015
  • 23 Lee YC, Agnew-Blais J, Malspeis S. et al. Post-Traumatic Stress Disorder and Risk for Incident Rheumatoid Arthritis. Arthritis Care Res 2016; 68: 292-298
  • 24 Buttgereit F. Views on glucocorticoid therapy in rheumatology: the age of convergence. Nat Rev Rheumatol 2020; 16: 239-246
  • 25 Saldanha C, Tougas G, Grace E. Evidence for anti-inflammatory effect of normal circulating plasma cortisol. Clin Exp Rheumatol 1986; 4: 365-366
  • 26 Doria A, Iaccarino L, Arienti S. et al. Th2 immune deviation induced by pregnancy: the two faces of autoimmune rheumatic diseases. Reprod Toxicol 2006; 22: 234-241
  • 27 Dhabhar FS. Effects of stress on immune function: the good, the bad, and the beautiful. Immunol Res 2014; 58: 193-210
  • 28 Buttgereit F, Burmester GR, Straub RH. et al. Exogenous and endogenous glucocorticoids in rheumatic diseases. Arthritis Rheum 2011; 63: 1-9
  • 29 Huong DL, Wechsler B, Vauthier-Brouzes D. et al. Importance of planning ovulation induction therapy in systemic lupus erythematosus and antiphospholipid syndrome: a single center retrospective study of 21 cases and 114 cycles. Semin Arthritis Rheum 2002; 32: 174-188
  • 30 Straub RH, Cutolo M. Circadian rhythms in rheumatoid arthritis: implications for pathophysiology and therapeutic management. Arthritis Rheum 2007; 56: 399-408
  • 31 Buttgereit F, Doering G, Schaeffler A. et al. Efficacy of modified-release versus standard prednisone to reduce duration of morning stiffness of the joints in rheumatoid arthritis (CAPRA-1): a double-blind, randomised controlled trial. Lancet 2008; 371: 205-214
  • 32 Buttgereit F, Mehta D, Kirwan J. et al. Low-dose prednisone chronotherapy for rheumatoid arthritis: a randomised clinical trial (CAPRA-2). Ann Rheum Dis 2013; 72: 204-210
  • 33 Adams JS, Hewison M. Unexpected actions of vitamin D: new perspectives on the regulation of innate and adaptive immunity. Nat Clin Pract Endocrinol Metab 2008; 4: 80-90
  • 34 Cutolo M, Plebani M, Shoenfeld Y. et al. Vitamin D endocrine system and the immune response in rheumatic diseases. Vitam Horm 2011; 86: 327-351
  • 35 Cutolo M, Otsa K, Laas K. et al. Circannual vitamin d serum levels and disease activity in rheumatoid arthritis: Northern versus Southern Europe. Clin Exp Rheumatol 2006; 24: 702-704
  • 36 Kamen DL, Tangpricha V. Vitamin D and molecular actions on the immune system: modulation of innate and autoimmunity. J Mol Med 2010; 88: 441-450
  • 37 Smith RD. Effect of hemiparesis on rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum 1979; 22: 1419-1420
  • 38 Keyszer G, Langer T, Kornhuber M. et al. Neurovascular mechanisms as a possible cause of remission of rheumatoid arthritis in hemiparetic limbs. Ann Rheum Dis 2004; 63: 1349-1351
  • 39 Kane D, Lockhart JC, Balint PV. et al. Protective effect of sensory denervation in inflammatory arthritis (evidence of regulatory neuroimmune pathways in the arthritic joint). Ann Rheum Dis 2005; 64: 325-327
  • 40 Steptoe A, Hamer M, Chida Y. The effects of acute psychological stress on circulating inflammatory factors in humans: a review and meta-analysis. Brain Behav Immun 2007; 21: 901-912
  • 41 Bierhaus A, Wolf J, Andrassy M. et al. A mechanism converting psychosocial stress into mononuclear cell activation. Proc Natl Acad Sci U S A 2003; 100: 1920-1925
  • 42 Straub RH. Rheumatoid arthritis: Stress in RA: a trigger of proinflammatory pathways?. Nat Rev Rheumatol 2014; 10: 516-518
  • 43 Vasamsetti SB, Florentin J, Coppin E. et al. Sympathetic Neuronal Activation Triggers Myeloid Progenitor Proliferation and Differentiation. Immunity 2018; 49: 93-106
  • 44 Glaser R, Kiecolt-Glaser JK. Stress-induced immune dysfunction: implications for health. Nat Rev Immunol 2005; 5: 243-251
  • 45 de Brouwer SJ, Van MH, Stormink C. et al. Immune responses to stress in rheumatoid arthritis and psoriasis. Rheumatology (Oxford) 2014; 53: 1844-1848
  • 46 Okada Y, Wu D, Trynka G. et al. Genetics of rheumatoid arthritis contributes to biology and drug discovery. Nature 2014; 506: 376-381
  • 47 Vereecke L, Beyaert R, van Loo G. The ubiquitin-editing enzyme A20 (TNFAIP3) is a central regulator of immunopathology. Trends Immunol 2009; 30: 383-391
  • 48 Straub RH, Cutolo M, Buttgereit F. et al. Energy regulation and neuroendocrine-immune control in chronic inflammatory diseases. J Intern Med 2010; 267: 543-560
  • 49 Straub RH. Insulin resistance, selfish brain, and selfish immune system: an evolutionarily positively selected program used in chronic inflammatory diseases. Arthritis Res Ther 2014; 16: S4 (pages 1–15)
  • 50 Straub RH. The brain and immune system prompt energy shortage in chronic inflammation and ageing. Nat Rev Rheumatol 2017; 13: 743-751
  • 51 Dantzer R, O'Connor JC, Freund GG. et al. From inflammation to sickness and depression: when the immune system subjugates the brain. Nat Rev Neurosci 2008; 9: 46-56
  • 52 Detert J, Dziurla R, Hoff P. et al. Effects of treatment with etanercept versus methotrexate on sleep quality, fatigue and selected immune parameters in patients with active rheumatoid arthritis. Clin Exp Rheumatol 2016; 34: 848-856
  • 53 Straub RH, Cutolo M, Pacifici M. Evolutionary medicine and bone loss in chronic inflammatory diseases – a theory of inflammation-related osteopenia. Semin Arthritis Rheum 2015; 45: 220-228
  • 54 Roubenoff R. Rheumatoid cachexia: a complication of rheumatoid arthritis moves into the 21st century. Arthritis Res Ther 2009; 11: 108
  • 55 Hahn BH, Grossman J, Ansell BJ. et al. Altered lipoprotein metabolism in chronic inflammatory states: proinflammatory high-density lipoprotein and accelerated atherosclerosis in systemic lupus erythematosus and rheumatoid arthritis. Arthritis Res Ther 2008; 10: 213
  • 56 Tsigos C, Papanicolaou DA, Defensor R. et al. Dose effects of recombinant human interleukin-6 on pituitary hormone secretion and energy expenditure. Neuroendocrinology 1997; 66: 54-62
  • 57 Cutolo M, Foppiani L, Prete C. et al. Hypothalamic-pituitary-adrenocortical axis function in premenopausal women with rheumatoid arthritis not treated with glucocorticoids. J Rheumatol 1999; 26: 282-288
  • 58 Kanik KS, Chrousos GP, Schumacher HR. et al. Adrenocorticotropin, glucocorticoid, and androgen secretion in patients with new onset synovitis/rheumatoid arthritis: relations with indices of inflammation. J Clin Endocrinol Metab 2000; 85: 1461-1466
  • 59 Straub RH, Paimela L, Peltomaa R. et al. Inadequately low serum levels of steroid hormones in relation to IL-6 and TNF in untreated patients with early rheumatoid arthritis and reactive arthritis. Arthritis Rheum 2002; 46: 654-662
  • 60 Wolff C, Krinner K, Schroeder JA. et al. Inadequate corticosterone levels relative to arthritic inflammation are accompanied by altered mitochondria/cholesterol breakdown in adrenal cortex: a steroid-inhibiting role of IL-1beta in rats. Ann Rheum Dis 2015; 74: 1890-1897
  • 61 Stangl H, Krammetsvogl A, Lesiak M. et al. MHC/class-II-positive cells inhibit corticosterone of adrenal gland cells in experimental arthritis: a role for IL-1β, IL-18, and the inflammasome. Sci Rep 2020; 10: 17071 doi: 17010.11038/s41598-17020-74309-17070
  • 62 Weidler C, Struharova S, Schmidt M. et al. Tumor necrosis factor inhibits conversion of dehydroepiandrosterone sulfate (DHEAS) to DHEA in rheumatoid arthritis synovial cells: a prerequisite for local androgen deficiency. Arthritis Rheum 2005; 52: 1721-1729
  • 63 Schmidt M, Hartung R, Capellino S. et al. Estrone/17beta-estradiol conversion to, and tumor necrosis factor inhibition by, estrogen metabolites in synovial cells of patients with rheumatoid arthritis and patients with osteoarthritis. Arthritis Rheum 2009; 60: 2913-2922
  • 64 Straub RH. Evolutionary medicine and chronic inflammatory state – known and new concepts in pathophysiology. J Mol Med 2012; 90: 523-534
  • 65 Straub RH, Ehrenstein B, Gunther F. et al. Increased extracellular water measured by bioimpedance and by increased serum levels of atrial natriuretic peptide in RA patients-signs of volume overload. Clin Rheumatol 2017; 36: 1041-1051
  • 66 Günther F, Ehrenstein B, Hartung W. et al. Increased extracellular water measured by bioimpedance analysis and increased serum levels of atrial natriuretic peptide in polymyalgia rheumatica patients : Signs of volume overload. Z Rheumatol 2020; DOI: 10.1007/s00393-00020-00845-00399.
  • 67 Sloan RP, McCreath H, Tracey KJ. et al. RR interval variability is inversely related to inflammatory markers: the CARDIA study. Mol Med 2007; 13: 178-184
  • 68 Weinberg ED. Iron availability and infection. Biochim Biophys Acta 2009; 1790: 600-605
  • 69 Schaible UE, Kaufmann SH. Iron and microbial infection. Nat Rev Microbiol 2004; 2: 946-953
  • 70 Crofford LJ, Kalogeras KT, Mastorakos G. et al. Circadian relationships between interleukin (IL)-6 and hypothalamic- pituitary-adrenal axis hormones: failure of IL-6 to cause sustained hypercortisolism in patients with early untreated rheumatoid arthritis. J Clin Endocrinol Metab 1997; 82: 1279-1283

Zoom Image
Abb. 1 Zeitabhängige wechselseitige Beeinflussung von neuroendokrinem System, Immunsystem und chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen vor und nach Krankheitsmanifestation. Durch langfristige perinatale Programmierung neuroendokriner Zentren im Gehirn wird die zukünftige Reaktionsweise der Stressachsen festgelegt. Die Einflussnahme des Nervensystems, des endokrinen und des Immunsystems kann vor und nach Beginn einer Erkrankung stattfinden. Darüber hinaus kann die Erkrankung selbst das Nervensystem, das endokrine und das Immunsystem beeinflussen. Abkürzungen: NEI: neuro-endokrin-immunes System.
Zoom Image
Abb. 2 Relevante neuroendokrine Signalwege entzündlich rheumatischer Erkrankungen. Neuroendokrine Signalwege verbinden über Hormone, Nervenbahnen und Neurotransmitter das zentrale Nervensystem mit der Peripherie. Einige wichtige Zielzellen in entzündetem Gewebe und lymphatischen Organen sind dargestellt. Efferente Bahnen des autonomen Nervensystems umfassen sympathische und parasympathische Neurone mit Noradrenalin (neben Neuropeptid Y, Adenosintriphosphat und endogenen Opioiden) als wichtigstem Neurotransmitter des sympathischen und Acetylcholin als wichtigstem Neurotransmitter des parasympathischen Nervensystems. Substanz P und das Calcitonin Gene-Related Peptide kommen in Vesikeln gespeichert im sensiblen Nervensystem vor. Abkürzungen: ACTH: Adrenocorticotropes Hormon; ASD: Androstendion; CRH: Corticotropin-releasing hormone; DHEA: Dehydroepiandrosteron; FSH: Follikel-stimulierendes Hormon; GH: Growth hormone; GHRH: Growth hormone-releasing hormone; GnRH: Gonadotropin-releasing hormone; IGF-1: Insulin-like growth factor 1; LH: Luteinisierendes Hormon; NK: natürliche Killerzellen; POMC: aus Proopiomelanocortin gebildete Peptide (neben dem ACTH); RAAS, Renin-angiotensin-Aldosteron System; T3: Triiodthyronin; T4: Thyroxin; TRH: thyrotropin-releasing hormone; TSH: Thyroidea-stimulierendes Hormone (oder Thyreotropin).
Zoom Image
Abb. 3 Komponenten des täglichen Energieverbrauchs gemessen in KJ (1 Kcal = 4,18 KJ). Der Grundumsatz (basal metabolic rate, BMR) ermittelt durch indirekte Kalometrie, wird unter thermoneutralen Bedingungen wach im Bett liegend, typischerweise morgens und nüchtern, gemessen. Dieser umfasst den Energieverbrauch sämtlicher Organe in Ruhe. Bei sitzender Lebensweise ist der Energieverbrauch durch körperliche Aktivität (physical activity-induced energy expenditure, PAEE) und durch den thermischen Effekt (thermic effect of food intake, TEF) während und nach der Nahrungsaufnahme gering. In Situationen, in denen das Gehirn den Gesamtenergieverbrauch dominiert, ist der PAEE über das übliche Maß hinaus erhöht (veranschaulicht durch das doppelte Pluszeichen). Hieraus kann ein sehr hoher Energieverbrauch bis zu 30 000 KJ pro Tag (z. B. bei Tour de France – Rennradfahrern) resultieren. Im Infektgeschehen oder bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen, in denen das Immunsystem (IS) dominiert, sind PAEE und TEF deutlich herabgesetzt. Mit den gegenwärtig verfügbaren Techniken kann der Energieverbrauch des Immunsystems nicht unabhängig von der BMR gemessen werden, dennoch wird er in dieser Graphik angezeigt (rote Fläche), als ob er getrennt von der BMR gemessen worden wäre.
Zoom Image
Abb. 4 Im Verhältnis zur Zytokinkonzentration inadäquat niedrige Cortisolkonzentration. Auf der rechten Seite ist dargestellt, wie die subkutane (s.c.) Injektion von Interleukin-6 (IL-6) bei gesunden Kontrollpersonen zu einem starken Anstieg der Serumcortisolkonzentration führt [56]. Die linke Seite der Abbildung zeigt, dass die Injektion von IL-6 bei gesunden Kontrollpersonen und RA-Patienten zu vergleichbaren Konzentrationen von IL-6 führt [57]. Die Serumcortisolkonzentration ist jedoch bei Patienten mit RA im Vergleich zu gesunden Kontrollen nicht erhöht, wie die rechte Seite der Abbildung zeigt. Dies nennt man inadäquate Cortisolsekretion in Relation zur Entzündung. Abkürzungen: HS: gesunde Kontrollpersonen (healthy subjects); RA: rheumatoide Arthritis; s.c.: subkutan.
Zoom Image
Abb. 5 Die Steroidsynthese in verschiedenen Organen und die Steroidumwandlung in peripheren Zellen. Die Schriftgröße zeigt die Verfügbarkeit, die Fertigstellung und Konzentration der entsprechenden Faktoren an (kleine Schrift=gering; große Schrift=hoch). Die große hellblaue Box oben rechts zeigt die Steroidsynthese in der Nebenniere unter normalen Bedingungen. Die kleinen braunen und lilafarbenen Boxen oben links stellen die Vitamin D Synthese in verschieden Organen dar. In der gelben Box unten ist die Umwandlung der Steroidhormone in peripheren Zellen wie Makrophagen und Fibroblasten (Intrakrinologie) dargestellt. Grün steht dabei für eine antiinflammatorische und lila für eine proinflammatorische Wirkung. DHEAS wird in Androgene und Östrogene umgewandelt. Der proinflammatorische Tumornekrosefaktor (TNF) interferiert mit mehreren hormonellen Umwandlungsschritten (eine Linie mit Balken bedeutet Hemmung, ein Pfeil bedeutet Stimulation). Eingekreiste Zahlen: 1, Cholesterin-Monooxygenase; 2, 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase; 3, Steroid-21-Hydroxylase; 5, DHEA Sulfotransferase; 6a and 6b, P450c17, ein Enzym mit 2 verschiedenen Aktivitäten, einer 17α-Hydroxylase- und einer 17,20-Lyase-Aktivität; 7, DHEAS Sulfatase; 8, Aromatasekomplex; 9, α1-Hydroxylase (in Zellen, die dieses Enzym enthalten, also in Makrophagen). Abkürzungen: ASD Androstendion; DHEA, Dehydroepiandrosteron; DHEAS, Dehydroepiandrosteronsulfat.
Zoom Image
Abb. 6 Bedeutung der zirkadianen Rhythmik bei Entzündung. a Zirkadianer Rhythmus von Cortisol und IL-6 bei gesunden Kontrollpersonen (schwarze Linien) und Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA, rote Linien). Die Daten sind als Prozent des Durchschnittswertes über 24 Stunden angegeben. Trotz der deutlich erhöhten Serumkonzentration von IL-6 bei RA-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ist der zirkadiane Rhythmus der Cortisolsekretion in beiden Gruppen vergleichbar (hinsichtlich Amplitude und Periodik) [70]. Dieses Phänomen wird als inadäquate Cortisolsekretion im Relation zur Entzündungsaktivität bezeichnet. b Zirkadiane Regelung der Bereitstellung energiereicher Substrate. Tagsüber werden energiereiche Substrate für die Muskulatur und das Gehirn (Tageskonsumenten) bereitgestellt, während nachts die Energie für Prozesse des Immunsystems und Wachstumsprozesse (nächtliche Konsumenten) geliefert wird. Die nächtliche Aktivierung des Immunsystems aktiviert die Entzündungs- beziehungsweise Immunantwort mit der Folge einer verstärkten Symptomausprägung bei entzündlichen Systemerkrankungen. Wie durch die roten Pfeile dargestellt, kontrollieren neuroendokrine Signalwege wie die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (hypothalamic-pituitary-adrenal axis, HPA) und das sympathische Nervensystem (sympathetic nervous system, SNS) die nächtliche und tagsüber ablaufende Energieverteilung.