physiopraxis 2021; 19(02): 47-51
DOI: 10.1055/a-1330-5128
Therapie

Aktiv werden – Physiotherapie bei Lipödem

Thomas Zähringer
 

Derzeit prüft das Bundesministerium für Gesundheit in einer Studie die Wirksamkeit einer Fettabsaugung im Vergleich zur Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie bei Lipödem. Obwohl Lipödeme häufig mit einer begleitenden Adipositas einhergehen, gerät ein sport- und aktivitätsbezogener Therapieansatz in Vergessenheit.


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Thomas Zähringer ist leitender Physiotherapeut in der Földiklinik Hinterzarten und Fachlehrer für Manuelle Lymphdrainage und Komplexe Physikalische Entstauungstherapie. Der Schwerpunkt in der Földiklinik liegt in der Behandlung lymphologischer Krankheitsbilder.

In Internetforen und YouTube-Kanälen entsteht häufig der Eindruck, dass eine Liposuktion die einzig wirkungsvolle Behandlungsmethode bei Lipödemen sei. Andere Therapieformen wie die Manuelle Lymphdrainage (MLD) und sportliche Aktivität bezeichnen chirurgisch tätige Ärztinnen und Ärzte sowie Betroffene häufig als langfristig wirkungslos.

Unter dem Druck von Patientenverbänden und Medien gab der amtierende deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn 2019 eine randomisierte kontrollierte Studie über die Wirksamkeit der Liposuktion im Vergleich zur konservativen Therapie in Auftrag [1]. Ergebnisse zu diesen Untersuchungen liegen jedoch vermutlich erst in mehreren Jahren vor. Zeitgleich und trotz bislang unzureichender Studienlage brachte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine Neuregelung für die Therapie beim Lipödem Stadium 3 auf den Weg. Bei Versagen einer halbjährigen konservativen Therapie, bestehend aus manueller Lymphdrainage, Kompression und Bewegungstherapie, können seit Januar 2020 Fettabsaugungen beim Lipödem im Stadium 3 als Kassenleistung abgerechnet werden [2]. In den Vorgaben des G-BA wird zwar die Bewegungstherapie als Bestandteil der konservativen Therapie erwähnt, aber nicht näher beschrieben. Zudem beinhalten die Therapieverordnungen nur die MLD und das Tragen von Kompressionsstrümpfen. Eine Verordnung von Sport- und Bewegungstherapie fehlt gänzlich.

Uneinheitliche Vorgehensweise und offene Fragen

Damit die physiotherapeutische Behandlung erfolgreich ist, und die Liposuktion oder andere chirurgische Eingriffe vermieden werden können, bedarf es zuallererst der genauen Kenntnis des Krankheitsbildes Lipödem. Das Lipödem ist eine symmetrische, disproportionale Fettgewebsvermehrung vom Beckenkamm bis zu den Knöcheln. Auch die Arme können vom Lipödem betroffen sein. Bis auf sehr wenige Ausnahmen leiden nur Frauen unter dieser Erkrankung, die durch Schmerzen des Gewebes charakterisiert ist. Die Erstbeschreibenden wiesen 1940 außerdem auf eine vermehrte Druckempfindlichkeit, Hämatombildungen sowie eine Neigung zu „dellbaren“ Ödemen in der zweiten Tageshälfte hin [3]. Laut dem Lehrbuch für Lymphologie haben Lipödeme eine Progredienzneigung. Demnach kann sich das Lipödem zu einem Lipo-Lymphödem entwickeln, der ausgeprägtesten Form des Lipödems [4].

In dieser Art beschrieben, rückte der Symptomkomplex zuerst in den Fokus der Lymphologie. In Deutschland greifen Therapierende daher bis heute auf die MLD (bzw. Komplexe Physikalische Entstauungstherapie) als Therapiemethode zurück. Neben einem eintretenden „Entstauungsgefühl“ berichten viele Menschen mit Lymphödem von einer Schmerzlinderung nach dieser Maßnahme. Im näheren Ausland jedoch, wie etwa in den Niederlanden und Großbritannien, ist therapeutischer Konsens, dass die Manuelle Lymphdrainage beim Lipödem nur kurzfristig Symptome reduziert, auf lange Sicht hingegen wirkungslos bleibt. Nur die Kompressionsbandage wird dort als sinnvoll erachtet [5], [6].

In der Hoffnung, Klarheit bei der Diagnosestellung sowie einen Konsens in der Therapie des Lipödems zu erhalten, konferierten europäische Expertinnen und Experten aus Lymphologie, Adipositas-Chirurgie, Liposuktionschirurgie, Physiotherapie, Psychologie sowie den Ernähungswissenschaften im Zuge des zweiten Lipödem Forums im März 2019 in Hamburg über die bisher in der Fachliteratur beschriebenen Symptome. Bei ihrer Sitzung legten die Teilnehmenden ihren Fokus auf das tatsächliche Vorhandensein der Symptome in der klinischen Praxis [7].


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Komplexes Krankheitsbild mit unzureichender Diagnostik

Allgemeiner Konsens war, dass das Leitsymptom beim Lipödem die veränderte Körperform sowie das Vorhandensein von Gewebeschmerz ist. Die 1940 beschriebene Wassereinlagerung gibt es beim Lipödem in Form eines Lymphödems den Erfahrungen nach nicht. Eine Untersuchungsreihe mit Ultraschall von Tobias Hirsch hatte diese Annahme 2018 bereits bestätigt [8]. Die Ansicht der Tagenden, dass bei einem sehr hohen Prozentsatz der Menschen mit Lipödem tatsächlich nicht nur ein Lipödem, sondern vielmehr auch eine Adipositas vorliegt (9), stimmten mit den Beobachtungen der Földiklinik überein: Nur 3 % der 2015 in der kassenärztlichen Ambulanz der Földiklinik untersuchten Patientinnen waren normalgewichtig, 9 % übergewichtig (BMI zwischen 25 und 30 kg/m²) und 88 % von ihnen waren adipös (BMI > 30 kg/m²). Die Fachdisziplinen teilten zudem die Auffassung, dass beim Lipödem nicht von einer Progredienz bis hin zum Lipödem Stadium 3, dem Lipo-Lymphödem gesprochen werden kann. Progredient sei nicht das Lipödem, sondern die begleitende Adipositas. Das Lymphödem, welches sich in deren Folge entwickeln kann, sollte man vielmehr als Adipositas-assoziiertes Lymphödem bezeichnen, war die einstimmige Meinung.

Grundsätzlich ist für eine erfolgreiche Therapie eine klare Diagnosestellung dieses komplexen Krankheitsbilds von enormer Bedeutung. Durch fehlende objektive Diagnosekriterien, Parameter und Laborwerte ist dies jedoch erschwert. Zumal auch psychische und soziokulturelle Faktoren nicht zu vernachlässigen sind [10]. Vor allem die Körperakzeptanz ist bei vielen Patientinnen reduziert.

Betrachtet man das überschüssige Fettgewebe beim Lipödem in seiner funktionellen Aufgabe, nämlich als Energiespeichergewebe, stößt man zwangsläufig auf die Frage, welchen Stellenwert im täglichen Leben dieser Patientinnengruppe die Aktivität hat und wie gut die allgemeine Fitness ist.


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Mit Fitnesstest und Fragebogen körperliche Aktivität erheben

Um die körperliche Fitness und Aktivität der Patientinnen in Zusammenhang mit dem Rückgang des Lipödems betrachten zu können, führte ein Untersuchungsteam der Physiotherapieabteilung der Földiklinik Hinterzarten in der Zeit von Oktober 2018 bis Januar 2020 einen Fitnesstest mit 100 Patientinnen durch [11]. Ziel dieser Untersuchung war, herauszufinden, ob Patientinnen mit Lipödem neben den bereits beschriebenen Symptomen auch an einer veränderten körperlichen Leistungsfähigkeit leiden und ob körperliches Training einen Einfluss auf das Lipödem hat. Zusätzlich zum Fitnesszustand erfasste das Untersuchungsteam zu Beginn des Aufenthalts mit einem Fragebogen die bisherige körperliche Aktivität der Teilnehmerinnen. Zum Zeitpunkt der Entlassung wiederholten die Patientinnen den Test. Zwischen dem ersten und zweiten Testergebnis lagen eine 3- bis 4-wöchige Therapiezeit mit einem mindestens einstündigen Gruppentrainingsprogramm an 6 Tagen/Woche sowie einem eigenständigen Ausdauertraining in Form von Crosstrainer, Ergometer, Laufband, Walking oder Wandern. Insgesamt kamen die Patientinnen somit auf eine Trainingszeit von etwa 2 Stunden pro Tag bei unterschiedlicher Intensität, wobei mindestens ½ Stunde die kardiale Belastung zwischen 60 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegen sollte. Während des Aufenthalts erhielten die Teilnehmerinnen außerdem manuelle Lymphdrainage sowie täglich eine Kompressionsbandage, Ernährungsberatung sowie bei Bedarf eine psychologische Beratung.

Der erste Teil des Fitnesstests war der Physical Working Capacity Test (PWC-Test) [12]. Hierbei fährt die Testperson zu Beginn ein Ergometer mit 25 Watt Widerstand. Im Zwei-Minuten-Rhythmus erhöht man um 25 Watt, wobei man den Puls misst und notiert. Ist der gewünschte Zielpuls erreicht, beendet man den Test nach Vollendung der 2 Minuten ([ABB. 2], S. 48). Bei Frauen ab 50 liegt der Zielpuls bei 130, bei 30- bis einschließlich 49-Jährigen bei 150 und bei den unter 30-Jährigen bei 170. Die rechnerisch ermittelte Wattzahl zum Zeitpunkt des bestimmten Endpulses dividiert man anschließend durch das Körpergewicht der Testperson, um so die Leistung pro Kilogramm zu erhalten. Der sich ergebende Leistungswert kann in die Kategorien sehr gut, gut, überdurchschnittlich, durchschnittlich und defizitär eingeteilt werden. Zur Auswertung griff die Untersuchungsgruppe auf die Richtwerttabelle von Rost und Hollmann [13] zurück. Da viele der Getesteten eine zu geringe Leistungsfähigkeit zeigten, mussten die Einteilungscluster jedoch um die Kategorie „unterdefizitär“ erweitert werden.

Als weiteren Fitnesstest führte die Untersuchungsgruppe einen 3-Minuten-Steptest mit den Patientinnen durch [14]. Hierbei setzt die Testperson in einem Takt von 96 pro Minute beide Füße nacheinander auf einen 30 Zentimeter hohen Stepper und nimmt sie anschließend wieder herunter. Nach dreiminütigem Durchführen ermittelt man den Puls der jeweiligen Testperson, welcher unter Berücksichtigung der Altersklasse wiederum eine Einteilung im sehr guten bis unterdefizitären Bereich zulässt ([ABB. 1], S. 47).

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ABB. 1 Bei 71 % der 100 teilnehmenden Patientinnen mit Lipödem zeigte sich beim Fitnesstest zu Beginn des Klinikaufenthaltes eine unterdurchschnittliche bis schlechte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 2 Der Physical Working Capacity (PWC) Test gibt Aufschluss über die Leistung pro Kilogramm. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]

Betrachtet man zunächst die Angaben der Patientinnen zu ihrem bisherigen Lebensstil, ist zu erwähnen, dass ein Drittel noch gar nie aktiv war oder nicht mehr aktiv gewesen ist. Knapp zwei Drittel der Befragten betreiben nach eigener Angabe Ausdauersport, wobei Laufen, Radfahren, Walking und Schwimmen zu den beliebtesten Aktivitäten gehören. Die Regelmäßigkeit des Ausdauersports beläuft sich bei den Befragten zum größten Teil auf eine im Schnitt 60-minütige Einheit, welche von 27,53 % einmal pro Woche, von 21,74 % zwei Mal pro Woche und von 20,29 % drei bis vier Mal pro Woche wiederholt wird. Lediglich 2,91 % der Befragten trainieren ihre Ausdauer täglich. Bei den meisten Patientinnen (27,53 %) beschränkt sich das Ausdauertraining auf einen saisonalen Zeitraum oder findet nur sporadisch statt. Krafttraining betreiben lediglich 18,92 %.


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Baseline-Erhebung zeigt unterdurchschnittliche Fitness

Diesen Informationen nach müsste man also von einer körperlichen Fitness im Bevölkerungsdurchschnitt ausgehen. Die mit dem PWC-und dem 3-Minuten-Step-Test untersuchte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit der Probandinnen zeigte sich jedoch deutlich reduziert. Als Vergleich dienten die Richtwerttabellen, deren Werte durch Stichprobetests mit gesunden, trainierten Frauen bestätigt wurden. Nur 14 % der Getesteten zeigten bei Klinikaufnahme ein durchschnittliches Ergebnis. Zwei von 100 Patientinnen mussten den 3-Minuten-Step-Test aufgrund von Schmerzen abbrechen. Der größte Teil der Patientinnen (71 %) befand sich im unterdurchschnittlichen bis sehr schlechten Bereich. Lediglich 12 % waren im Bereich zwischen überdurchschnittlich und gut anzutreffen. Ein ausgezeichnetes Testergebnis erreichte niemand. Beim PWC-Test mussten 13 von 100 Patientinnen aufgrund von Schmerzen abbrechen. Auch hier waren die meisten im unterdefizitären (48 %) bis defizitären (33 %) Bereich. Lediglich 6 % hatten im Vergleich mit gesunden Frauen ein durchschnittliches Leistungsniveau.

Um Kraft und Haltefunktion zu erfassen, absolvierten die Probandinnen die gehaltene Unterarmstützposition ([ABB. 7]). Gemessen wurde die maximal mögliche Haltezeit in Sekunden, Auch hier zeigten sich bei Aufnahme mit durchschnittlich 33,8 Sekunden eher unterdurchschnittliche Ergebnisse. Anzumerken ist, dass drei Patientinnen massive Probleme hatten, die Ausgangsstellung einzunehmen, sodass bei ihnen ein Ermitteln des Werts nicht möglich war.

Bei der Testung der Beweglichkeit und Flexibilität mit dem Finger-Boden-Abstand zeigten die Patientinnen hingegen sehr gute Werte ([ABB. 6]). Der Test wird auf dem Stepboard durchgeführt, um die Werte im „negativen“ Bereich erfassen zu können. Im Schnitt lagen Werte von -0,29 cm vor.

Da Patientinnen mit Lipödem häufig berichten, sie könnten aufgrund des Lipödemschmerzes keinen Sport treiben, wurde im Fragebogen zur bisherigen sportlichen Aktivität die Schmerzsituation ermittelt: Insgesamt klagten 87,39 % der Patientinnen bei Aufnahme über Schmerzen. Es fiel auf, dass ein Großteil dieser Schmerzen von der Qualität und Lokalisation her kein Gewebeschmerz war. Typische Lipödemschmerzen treten in Oberschenkel, Wade, Oberarm und Unterarm auf. Lediglich ein Drittel der Befragten klagte über Schmerzen in diesem Bereich.


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Verbessertes Ergebnis nach stationärem Aufenthalt

Zum Zeitpunkt der Entlassung war auffällig, dass sich die Schmerzintensitäten stark verlagert hatten ([ABB. 3], S. 49). Im Gegensatz zur Aufnahme lagen diese am Ende des Klinikaufenthaltes überwiegend im erträglichen Bereich von VAS 2–4/10. Auch die allgemeine Fitness hatte sich bei den Patientinnen verbessert: Beim 3-Minuten-Step-Test befanden sich zwar immer noch die meisten Patientinnen im unterdurchschnittlichen bis sehr schlechten Bereich, jedoch sank der Anteil in diesem Bereich mit 56 % wesentlich ([ABB. 4], S. 49). Insgesamt zeigte sich eine deutliche Verschiebung zur verbesserten Leistungsfähigkeit. Vergleicht man die Ergebnisse des 3-Minuten-Step-Tests der Patientinnen mit dem Bevölkerungsdurchschnitt in Form von Schulnoten (1–6), befanden sich die Patientinnen zum Zeitpunkt der Aufnahme im Durchschnitt bei einer Note von 4,43. Bei Entlassung hatte sie sich auf 3,75 verbessert. Beim PWC-Test brachen nur noch 8 % aufgrund von Schmerzen ab, und die körperliche Leistungsfähigkeit stieg bei nahezu allen Getesteten. Während zuvor keine Teilnehmerin den durchschnittlichen Bereich übertraf, schafften es zur Entlassung 3 %. Im Durchschnitt stieg der Leistungswert von 0,96 Watt/kg auf 1,12 Watt/kg ([ABB. 5], S. 49).

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ABB. 3 Zum Ende des Klinikaufenthaltes war die empfundene Schmerzintensität bei den meisten Patientinnen erträglich. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 4 Zum Zeitpunkt der Abreise hatten weniger Patientinnen Ergebnisse im schlechten bis sehr schlechten Bereich. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 5 Zum Zeitpunkt der Abreise schafften drei der Patientinnen ein überdurchschnittliches Ergebnis. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 6 Patientin bei der Messung des Finger- und Boden-Abstands auf dem Stepboard © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 7 Unterarmstütz zur Testung der Kraft und Haltefunktion © Földiklinik Hinterzarten [rerif]

Progredient ist nicht das Lipödem, sondern die begleitende Adipositas.

Ähnlich verhielten sich auch die Testergebnisse der Unterarmstützzeit, die im Schnitt von 33,8 Sekunden auf 46,07 Sekunden stiegen, und die des Finger-Boden-Abstands, der sich im Schnitt von -0,29 cm auf -2,46 cm verbesserte.


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Augenmerk auf körperliche Aktivität legen

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass sich die Patientinnen innerhalb der 3–4 Wochen in der Klinik wesentlich bezüglich ihrer körperlichen Fitness verbesserten, was laut Umfrage auch von 69,37 % der Befragten so empfunden wurde. Es ist zu vermuten, dass die verbesserten Ergebnisse auf das Training während des Klinikaufenthaltes zurückzuführen sind. Sowohl hinsichtlich der Schmerzminderung als auch der Beseitigung einer häufig vorliegenden Begleit-Adipositas sind Sport und Bewegung nicht zu vernachlässigen. Würde das Augenmerk mehr auf diese gelegt, könnte manche Liposuktion überflüssig werden.

Neben der Kompressionstherapie sollte eine Sport- und Bewegungstherapie als zentrale Therapiesäule zum Tragen kommen. Um nachhaltige sicht- und messbare Therapieerfolge zu erzielen, ist jedoch ein konservativer Therapieversuch notwendig, der länger als ein halbes Jahr andauert. Gesundheitspädagogische/-edukative Angebote hinsichtlich der Förderung eines regelmäßigen Fitnesstrainings, eine notwendige Ernährungsumstellung sowie Angebote der Körperakzeptanztherapie sind weitere wichtige Bausteine in der erfolgreichen Behandlung des Lipödems.

Die Nationalen und internationalen Empfehlungen zur Gesundheitsförderung gelten auch bei diesen Patientinnen in vollem Umfang: Erwachsene sollten möglichst mindestens 150 Minuten/Woche aerobe körperliche Aktivität mit moderater Intensität (z. B. 5 x 30 Minuten/Woche) oder mindestens 75 Minuten/Woche aerobe körperliche Aktivität mit höherer Intensität durchführen. Neben Ausdauertraining sollte außerdem an mindestens zwei Tagen pro Woche Krafttraining absolviert werden. Lange Sitzphasen sollten gemieden oder durch körperliche Aktivität unterbrochen werden [15]. Wird die Aktivität über die Mindestempfehlung hinaus gesteigert, können weitere Gesundheitseffekte erzielt werden.


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Publication History

Article published online:
15 February 2021

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ABB. 1 Bei 71 % der 100 teilnehmenden Patientinnen mit Lipödem zeigte sich beim Fitnesstest zu Beginn des Klinikaufenthaltes eine unterdurchschnittliche bis schlechte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 2 Der Physical Working Capacity (PWC) Test gibt Aufschluss über die Leistung pro Kilogramm. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 3 Zum Ende des Klinikaufenthaltes war die empfundene Schmerzintensität bei den meisten Patientinnen erträglich. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 4 Zum Zeitpunkt der Abreise hatten weniger Patientinnen Ergebnisse im schlechten bis sehr schlechten Bereich. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 5 Zum Zeitpunkt der Abreise schafften drei der Patientinnen ein überdurchschnittliches Ergebnis. © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 6 Patientin bei der Messung des Finger- und Boden-Abstands auf dem Stepboard © Földiklinik Hinterzarten [rerif]
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ABB. 7 Unterarmstütz zur Testung der Kraft und Haltefunktion © Földiklinik Hinterzarten [rerif]