Salama C.
et al.
Tocilizumab in Patients Hospitalized with Covid-19 Pneumonia.
New Engl J Med 2021;
384: 20-30
Vor dem Hintergrund erster positiver Ergebnisse zu Tocilizumab bei COVID-19 unternahmen
Salama et al. eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie. Die Probanden
waren hospitalisiert, aber nicht mechanisch beatmet. In der Studie „Evaluating Minority
Patients with Actemra" (EMPACTA; finanziert von Genentech) wurden bewusst möglichst
verschiedene Ethnien berücksichtigt, da vielen epidemiologischen Daten zufolge gerade
Menschen hispanischer oder afroamerikanischer Herkunft ein rund 4-fach höheres Risiko
als Menschen weißer Hautfarbe haben, wegen COVID-19 stationär behandelt werden zu
müssen, und auch gehäuft an dieser Infektion versterben. Eingeschlossen wurden erwachsene
Patienten mit PCR-bestätigter SARS-CoV-2-Infektion sowie entsprechendem radiologischem
Befund. Die Sauerstoffsättigung im Blut lag bei < 94 %; die rekrutierten Patienten
erhielten jedoch (noch) keine Atemunterstützung. Alle wurden mit einer Standardtherapie
behandelt, ggf. einschließlich antiviraler Medikation oder systemischen Steroiden
in begrenzter Dosis. Patienten mit anderen aktiven Infektionen oder HIV oder solche,
deren Tod unmittelbar bevorstand, wurden ausgeschlossen.
In einem Verhältnis von 2:1 erhielten in der modifizierten Intention-to-treat Gruppe
377 Patienten neben der Standardtherapie 1- oder 1-mal 8 mg Tocilizumab/kg Körpergewicht
intravenös (249 Patienten) oder Placebo (128 Patienten). In Bezug auf die Ethnie waren
56 % der Patienten hispanischer/lateinamerikanischer Herkunft, 14,9 % Afroamerikaner,
12,7 % indigener Abstammung (auch Alaskas), 12,7 % waren nicht-hispanische Personen
weißer Hautfarbe, und bei 3,7 % war die Ethnie nicht bekannt. Diese Verteilung ergab
sich daraus, dass für die Studie Klinikzentren ausgewählt worden waren, die Patienten
mit hohem Risiko und aus Minderheiten betreuen. Mehr als 25 % waren > 65 Jahre alt,
und > 75 % der Patienten litten an mindestens einer Vorerkrankung. Demografische Daten
sowie Parameter der COVID-19-Erkrankung und Therapie waren in beiden Therapiegruppen
recht ausgeglichen.
Als primärer Endpunkt wurde die nötige invasive mechanische Beatmung (einschließlich
ECMO) oder der Tod bis Tag 28 definiert. Dieser Endpunkt galt für 12,0 % unter Tocilizumab
(95 %-KI 8,5–16,9) und 19,5 % in der Placebogruppe (95 %-KI 13,3–27,4). Dadurch ergab
sich eine Hazard Ratio in Bezug auf Beatmung/Tod von 0,56 (95 %-KI 0,33–0,97; p = 0,04).
Insgesamt starben in diesem Zeitraum 10,4 % der Interventionsgruppe und 8,6 % der
Kontrollgruppe – bei diesem sekundären Endpunkt wurde keine Signifikanz erreicht.
In Bezug auf die Sicherheit traten schwere unerwünschte Ereignisse bei 15,2 % unter
Tocilizumab gegenüber 19,7 % unter Placebo auf. Wie sich in einer explorativen Analyse
zeigte, unterschieden sich die Ergebnisse der Studie nicht zwischen den verschiedenen
Ethnien und der Gesamtgruppe.
Unter Tocilizumab sank im Vergleich zu Placebo das Risiko von Patienten mit COVID-19,
innerhalb von 28 Tagen invasiv beatmet werden zu müssen oder zu versterben. Auf die
Gesamt-Sterblichkeit allerdings hatte die Therapie mit dem monoklonalen Antikörper
keinen Einfluss. Als eine mögliche Ursache hierfür vermuten die Autoren, dass diejenigen,
die unter Tocilizumab beatmungspflichtig werden, eine besonders gefährdete Gruppe
mit schwerem Verlauf darstellen könnten.
Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen