Zusammenfassung
Die Mehrheit der Patienten mit schubförmiger remittierender Multipler
Sklerose (RRMS) konvertiert im langfristigen Verlauf ihrer Erkrankung zu einer
sekundär-progredienten Verlaufsform (SPMS), die durch eine
schubunabhängige Behinderungszunahme charakterisiert und mit einer
deutlich schlechteren Prognose assoziiert ist. Aufgrund der
Heterogenität der SPMS-Transition ist dieser Übergang nur schwer
feststellbar, daher wird in der Regel eine SPMS-Diagnose nur retrospektiv und
oft mit mehrjähriger Verzögerung gestellt. In dieser
Übersichtsarbeit stellen wir Ansätze für eine
frühere SPMS-Diagnose wie das SPMS-Nomogramm, den MS Prediction Score
oder den Best Definition Ansatz vor, die beitragen könnten, die Phase
der diagnostischen Unsicherheit zu verkürzen. Im Fokus dieser
Übersichtsarbeit steht die Entwicklung von MSProDiscuss, einem neuen
webbasierten Tool, durch das der Arzt systematisch und während der
Routineanamnese alle progressionsrelevanten Parameter der
Krankheitsaktivität, Symptomatik und täglichen
Beeinträchtigungen aus Patientenperspektive erheben kann. In einer
aktuellen Validierungsstudie zeigte MSProDiscuss eine hohe Sensitivität,
Spezifität und Interrater-Reliabilität bei der Identifizierung
von SPMS-Patienten und Patienten im SPMS-Übergang. Da MSProDiscuss
aufgrund des geringen Zeitbedarfs zu keiner Mehrbelastung des behandelnden
Neurologen führt und sein Ergebnis mittels eines einfachen Ampelsystems
leicht interpretiert werden kann, wurde es in ersten Usability-Tests als
äußerst hilfreiches diagnostisches Werkzeug für die
neurologische Praxis bewertet. Die frühzeitige Identifizierung von
signifikanter klinischer Progression durch diagnostische Tools wie MSProDiscuss
könnte beitragen, ein Zeitfenster für mögliche
therapeutische Interventionen zu öffnen.
Abstract
During the course of Multiple Sclerosis (MS), most patients with relapsing
remitting MS (RRMS) convert to secondary progressive MS (SPMS), an MS-phenotype
associated with a steady deterioration of functional ability independent from
relapses and worsened prognosis. Due to the heterogeneity of this conversion,
SPMS-diagnosis is often challenging and made retrospectively with a delay of
several years. In this review, we first discuss advantages and limitations of
screening tools for early SPMS-detection such as the SPMS nomogram, the MS
prediction score, and the best SPMS definition approach. These screening tools
might help to shorten the phase of diagnostic uncertainty. We then focus on the
development of MSProDiscuss, a novel web-based tool that helps the treating
neurologist to systematically assesses parameters highly relevant for
SPMS-conversion during routine anamnesis. These parameters involve disease
activity, symptoms, and impacts of the patient’s overall symptoms. In a
recent validation study, MSProDiscuss demonstrated high sensitivity,
specificity, and interrater reliability. MSProDiscuss does not impose an
additional time burden on the treating neurologist and its results are easy to
interpret by a simple traffic light system. In first usability tests, it was
therefore assessed as a helpful tool for the clinical routine. The early
detection of clinically significant progression by diagnostic tools such as
MSProDiscuss could open a time-window for therapeutic interventions.
Schlüsselwörter
sekundär progrediente Multiple Sklerose - MSProDiscuss - digitales Werkzeug - Transition
- Progression
Key words
MSProDiscuss - digital tool - transition - progression - secondary progressive multiple
sclerosis