Zeng C.
et al.
Risk of venous thromboembolism in knee, hip and hand osteoarthritis: a general population-based
cohort study.
Ann Rheum Dis 2020;
79: 1616-1624
DOI:
10.1136/annrheumdis-2020-217782
Diesen Fragen ging ein internationales Forscherteam nach. Mithilfe des britischen
„The Health Improvement Network“, einer für die britische Bevölkerung repräsentativen
primärärztlichen Datenbank, konstruierten sie 3 verschiedene Kohortenstudien: Sie
verglichen 20 696 Personen mit einer neu diagnostizierten Kniegelenkarthrose mit 81 137
Gesunden, 10 411 Personen mit einer neu diagnostizierten Hüftgelenkarthrose mit 41 594
Gesunden sowie 6329 Personen mit einer Handarthrose mit 25 206 Gesunden. Die einzelnen
Patientinnen und Patienten glichen den jeweiligen Kontrollen bestmöglich bezüglich
des Alters, des Geschlechts, des Zeitpunkts der Aufnahme in die Datenbank sowie des
Bodymassindex. Das Handarthrose-Kollektiv diente dabei als Kontrolle: Da eine Handarthrose
üblicherweise weder zu einer Mobilitätseinschränkung führt noch Gelenkersatzoperationen
an der unteren Extremität erforderlich macht, so die Hypothese des Forscherteams,
sollten die Betroffenen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung kein erhöhtes venöses
Thromboembolierisiko haben. Als primären Studienendpunkt definierten die Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler die venöse Thromboembolie. Dabei gingen sie der Frage nach, inwiefern
eine Knie- oder Hüftgelenkersatzoperation einen möglichen Zusammenhang zwischen der
Knie- bzw. Hüftgelenkarthrose und dem venösen Thromboembolierisiko erklären.
Ergebnisse
327 Personen mit einer Kniegelenkarthrose und 951 Gesunde entwickelten während der
Nachbeobachtungszeit eine venöse Thromboembolie (2,7 vs. 2,0 pro 1000 Personenjahre).
Mittels multivariater Analyse errechnete sich hier eine adjustierte Hazard Ratio von
1,38 (95% KI 1,23–1,56). Bezüglich des durch den Kniegelenkersatz hervorgerufenen
indirekten Effekts der Kniegelenkarthrose auf das venöse Thromboembolierisiko errechnete
sich eine Hazard Ratio von 1,07 (95% KI 1,01–1,15), sodass die Operation 24,8% des
Gesamteffekts erklärte. Auch in der Hüftarthrosekohorte stellten die Forscherinnen
und Forscher ein höheres venöses Thromboembolierisiko als bei den gesunden Kontrollen
fest (3,3 vs. 1,8 pro 1000 Personenjahre; adjustierte Hazard Ratio 1,83; 95% KI 1,56–2,13).
Bezüglich des indirekten Effekts der Hüftgelenkersatzoperation im Hinblick auf diesen
Endpunkt errechnete sich eine Hazard Ratio von 1,14 (95% KI 1,04–1,25), sodass die
Operation 28,1% des Gesamteffekts erklärte. In der Handarthrosekohorte beobachtete
das Team hingegen keine signifikanten Unterschiede bezüglich des venösen Thromboembolierisikos
zwischen den Betroffenen und den Gesunden (1,5 vs. 1,6 pro 1000 Personenjahre; adjustierte
Hazard Ratio 0,88; 95% KI 0,67–1,16).
Personen mit einer Knie- bzw. Hüftgelenkarthrose, nicht jedoch Personen mit einer
Handgelenkarthrose, so das Autorenteam, haben im Vergleich zu Personen ohne diese
Gelenkerkrankung ein rund 40 bzw. 80% erhöhtes venöses Thromboembolierisiko. Ein Teil
dieser Problematik ist dabei offenbar auf Gelenkersatzoperationen zurückzuführen.
Sollten weitere Studien diese Ergebnisse bestätigen, müssen entsprechende Präventions-,
Monitoring- und Therapiestrategien für dieses Risikokollektiv entwickelt werden.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell