Warum haben Sie die Dermatologie als Fachgebiet gewählt?
Ursprünglich habe ich mein Medizinstudium zunächst aufgenommen, weil ich in jugendlichem
Leichtsinn und mit der Begeisterungsfähigkeit einer knapp 18-Jährigen eine wissenschaftliche
Karriere in der Kinder- und Jugendpsychiatrie anstrebte.Nach dem Physikum wurde dann
allerdings während Nachtwachen auf der Intensivstation unserer nahegelegenen Unfallklinik
für Verbrennungsopfer mein Interesse für das Organ ‚Haut‘ geweckt. Die dermatologischen
Vorlesungen und das Bedside-Teaching in der Universitätshautklinik Mannheim haben
das zusätzlich bestärkt.Witzigerweise versuchten auch alle meine befreundeten Kommilitonen
mich zu überzeugen, dass ich aufgrund meines Temperamentes als Kinder- und Jugendpsychiaterin
völlig ungeeignet sei und sie mich daher eher als Dermatologin sehen würden.Natürlich
nicht nur deshalb, sondern eher weil ich mir dann doch die Dermatologie nochmal genauer
anschauen wollte, habe ich mich im Praktischen Jahr noch spontan entschlossen, meinen
hart erkämpften PJ-Platz in der Pädiatrie gegen die Dermatologie zu tauschen. Ich
war dann natürlich restlos begeistert und wollte unbedingt und aus voller Überzeugung
Dermatologin werden. Als visueller Mensch war das genau das Richtige für mich! Die
Verbindung der konservativen Medizin und der operativen Dermatologie mit der ganzen
Bandbreite des Fachs haben mich sofort fasziniert.
Sie haben in Ihrer Karriere viel erreicht. Worauf sind Sie besonders stolz?
Stolz bin ich darauf, dass ich in meiner beruflichen Laufbahn einige recht mutige
Entscheidungen zu Veränderungen getroffen habe. Nach meiner Facharztausbildung und
einem Umzug von Mannheim nach Ulm, wo mein Mann eine Oberarztstelle antrat, habe ich
hochschwanger meine erste Praxis in Günzburg als Gemeinschaftspraxis gegründet. Das
zu organisieren war allerdings auch nicht ganz einfach. Für völlig verrückt wurden
wir dann aber erklärt, als wir nach mehr als drei sehr erfolgreichen Jahren gemeinsam
beschlossen, aus familiären Gründen wieder nach Mannheim zurückzukehren und meinen
Praxisanteil einfach zu verkaufen. Stattdessen entschloss ich mich, wegen der gerade
in Kraft getretenen Niederlassungssperre, übergangslos eine alteingesessene Praxis
im Zentrum Mannheims als Einzelpraxis zu übernehmen. Genau diese Praxis war eigentlich
schon als kleine Assistenzärztin immer mein Traum gewesen, und ich habe ihn mir tatsächlich
erfüllt, obwohl meine Tochter damals erst 3 Jahre alt war.Auch darauf, dass ich deutlich
vor dem Rentenalter meine Praxis in gute Hände übergeben habe, bin ich stolz. Dort
arbeite ich mit großer Freude statt mit einer 60-Stundenwoche nur noch 2 Tage wöchentlich.Mit
diesen Entscheidungen habe ich viele immer wieder überrascht, aber sie waren mit der
Unterstützung meines Mannes gut überlegt. Meine Risikobereitschaft habe ich also nie
bereut.Ebenso stolz bin ich im Nachhinein auch darauf, dass ich es trotz sehr hoher
Arbeitsbelastung geschafft habe, im BVDD Baden-Württemberg und als Gründungsmitglied
von JuDerm, der AG im BVDD zur Förderung der jungen Dermatologen, berufspolitisch
aktiv zu werden. Und – last but not least – dass unsere Tochter vor Kurzem selbst
ihre Facharztprüfung als Dermatologin abgelegt hat, macht mich ganz besonders stolz
und spricht ja dafür, dass wir es als Familie ganz gut hinbekommen haben, alles zu
vereinbaren.
Von wem haben Sie besonders viel gelernt?
Besonders viel gelernt habe ich natürlich von meinem ehemaligem Chef Herrn Professor
Dr. Ernst G. Jung. Ihm bin ich unendlich dankbar, dass er mir trotz der damaligen
sehr schwierigen Stellensituation nach einem kleinen Umweg eine Weiterbildungsstelle
an der Universitätshautklinik Mannheim geben konnte und ich bei ihm meine gesamte
Ausbildung in der ganzen dermatologischen Bandbreite absolvieren durfte. Er war in
jeder Hinsicht für mich ein hervorragender Lehrmeister und ich fühle mich ihm auch
heute noch sehr verbunden.Wahrscheinlich ist es aber wenigen Weiterbildungsassistenten
vergönnt, gleichzeitig auch noch bei einem hervorragenden Leitenden Oberarzt lernen
zu dürfen. Herr Professor Dr. Volker Voigtländer hat mich neben der konservativen
Dermatologie in der Dermatochirurgie ausgebildet und sehr gefördert.
Wo sehen Sie die Zukunft der Dermatologie?
In den letzten Jahren haben wir sehr große wissenschaftliche Entwicklungen in der
Dermatologie erleben dürfen. Allein durch die Systemtherapien im Bereich der Psoriasis
und des atopischen Ekzems oder durch die Melanomtherapien haben sich Perspektiven
eröffnet, von denen wir vor Jahren noch geträumt haben.Ich sehe die Zukunft der Dermatologie
v. a. im wissenschaftlichen Bereich und durch deren Erkenntnisse im ambulanten Bereich,
in dem sich viele unserer neuen Therapien umsetzen lassen.
Was war der beste Rat, den Sie während Ihrer Karriere erhalten haben?
Herr Professor Jung hat mir am Ende meiner Facharztzeit geraten, nicht in die Industrie
zu gehen oder wissenschaftlich zu arbeiten, sondern mich in einer eigenen Praxis niederzulassen
und mich dort zu verwirklichen, was ich nie bereut habe und was meinen Neigungen im
täglichen Umgang mit meinen Patienten und meinem Team auch wirklich am meisten entsprochen
hat.
Was raten Sie jungen Kollegen?
Wenn Sie Dermatologie machen wollen, seien Sie bereit, für Ihren Traum zu kämpfen!
Die Stellensituation bei uns war und ist heute noch sehr schwierig. Machen Sie Ihre
Famulatur, Ihr Praktisches Jahr und Ihre Dissertation in der Dermatologie und suchen
Sie in dieser Zeit bereits Kontakte.Wenn in absehbarer Zeit keine Stelle frei ist,
fragen Sie Ihren „Wunsch-Chef“, mit welchen Tätigkeiten Sie Ihre Chancen verbessern
können, z. B. im theoretischen Bereich eines Instituts, im Ausland oder in einem anderen
Fach wie der Chirurgie, Inneren Medizin oder Pathologie. Seien Sie bereit, auch Umwege
zu gehen. Sie können in dieser Zeit viel profitieren, und es lohnt sich, denn die
Dermatologie wird Sie glücklich machen!Sie können sich auch bereits im Studium und
natürlich auch später berufspolitisch engagieren und hier wertvolle Kontakte knüpfen.
Wir von JuDerm versuchen Sie bereits im Studium und v. a. in der Weiterbildungszeit,
vor und zu Beginn Ihrer Praxistätigkeit tatkräftig zu unterstützen.