Jeder Ihrer Mitarbeitenden hat besondere Fähigkeiten und Talente. Wenn Sie es schaffen,
dass sich jede*r Einzelne als wichtiges Teammitglied fühlt, beflügelt das alle zu
Höchstleistung, Selbstverwirklichung, Motivation und Gesundheit.
© S. Schaaf/Thieme
„Entscheidend ist nicht, wer im Team zusammenarbeitet, sondern wie zusammengearbeitet
wird.“ (Rework. In: Goller u. Laufer 2018) Das ergab eine Studie aus dem Jahr 2016.
Diese Studie wurde im Google-Konzern durchgeführt. Die Hypothese lautete, dass Hochleistungsteams
wie die von Google vor allem so erfolgreich sein würden, weil die Teams entsprechend
ihrer Persönlichkeiten und Charaktere zusammengesetzt wurden.
Wie zusammengearbeitet wird, ist der entscheidende Erfolgsfaktor. Das Wie wird maßgeblich
durch die Rahmenbedingungen und die Kommunikation gestaltet. Laut der Studie gibt
es fünf Voraussetzungen für erfolgreiche Teamarbeit, die hier der Reihe nach vorgestellt
werden.
1. Psychologische Sicherheit
1. Psychologische Sicherheit
Erst wenn die Mitarbeitenden sich sicher fühlen und nicht ständig negative Konsequenzen
befürchten müssen, sind sie bereit, Eigenverantwortung zu übernehmen. Auch in therapeutischen
Praxen sind die Themen Eigenverantwortlichkeit und Fehlerfreundlichkeit sehr relevant.
Viele Mitarbeitende haben Angst Fehler zu machen, weshalb sie vermeiden eigene Entscheidungen
zu treffen. Deshalb richten sie sich mit sämtlichen Fragen an die Führungsperson.
Oftmals handelt es sich um „unechte“ Fragen. Die Fragen dienen nur dazu, um sich abzusichern.
Viele Führungskräfte werden durch die Vielzahl von Fragen im Arbeitsalltag sehr belastet
und kommen nur selten in einen richtigen „Arbeitsflow“. Das belastet zudem oft die
Beziehung zwischen Führungsperson und Mitarbeitendem. Ein erster Schritt in Richtung
Eigenverantwortlichkeit ist, dass die Mitarbeitenden ihre Fragen nur noch mit entsprechenden
Lösungsideen präsentieren sollen. Das ermöglicht ihnen einen Perspektivwechsel, sie
erleben Selbstwirksamkeit und werden zunehmend eigenverantwortlicher. Viele Fragen
erübrigen sich dann schon im Voraus und gelangen gar nicht erst zur Führungsperson.
Das ist sowohl für die Mitarbeitenden motivierend, weil sie Erfolgserlebnisse feiern
dürfen, und auch für die Führungsperson, weil sie deutliche Entlastung erfährt. Wichtig:
Legen Sie als Führungsperson einen Rahmen fest, in dem Entscheidungen getroffen werden
dürfen. Das gibt Sicherheit für Sie und Ihre Mitarbeitenden.
Wer eine Frage stellt, soll gleich eine Lösungsidee präsentieren, das fördert die
Eigenverantwortung.
2. Zuverlässigkeit
Jeder muss sich auf die anderen Teammitglieder verlassen können, damit ein System,
in unserem Fall zum Beispiel eine Praxis, funktionieren kann. Teamsitzungen bilden
dafür eine sehr gute Grundlage. In dieser Zeit können Absprachen getroffen, Rollen
und Zuständigkeiten kommuniziert werden. Einer der größten Faktoren für Unzufriedenheit
in therapeutischen Teams sind ineffektive Teamsitzungen. Teamsitzungen sind oft nicht
oder nur mangelhaft vorbereitet und haben keine feste Agenda. Das ist der Grund, weshalb
viele Teambesprechungen nicht zielführend sind.
Eine Teamsitzungsagenda könnte beispielsweise wie folgt aussehen:
-
Organisatorische Neuigkeiten (Was muss organisiert werden?)
-
Ergebnisse & Erfolge (Zeit für Wertschätzung & Motivation! Teile dein Highlight der
Woche.)
-
Anstehende Aufgaben & Ereignisse (Was steht bis zur nächsten Teamsitzung an? Wer kümmert
sich um was bis wann?)
-
Themen der Woche (Was ist diese Woche besonders relevant für uns?)
-
Teamrelevante Fragen & Gedanken
Tipp: Damit Sie als Führungsperson eine Teamsitzung gut organisieren und strukturieren
können, ist es sehr hilfreich, wenn Sie die Themen und Anliegen der Teammitglieder
schon kennen. Dafür können Sie eine Liste in den Teamraum hängen, auf der alle Themen
für die nächste Teamsitzung gesammelt werden. So können sich alle darauf einstellen,
was sie erwartet, und die Zeit wird nicht überzogen, weil plötzlich noch ein Anliegen
kommuniziert wird.
3. Struktur und Klarheit
Klar kommunizierte Verantwortungsbereiche ermöglichen Klarheit und Struktur. Wer kümmert
sich um was? Wer übernimmt wofür Verantwortung? Was sind meine Aufgaben? Was wird
von mir erwartet? Woher bekomme ich Unterstützung?
Organisierte Abläufe, Aufgabenverteilungen und Möglichkeiten für Absprachen sind die
Grundlage für ein funktionierendes System. Nicht eindeutig kommunizierte Verantwortungsbereiche
führen irgendwann dazu, dass die Aufgabe entweder gar nicht erledigt wird oder es
an einem Teammitglied hängen bleibt. Beide Varianten sind höchst problematisch. Eine
transparente Kommunikation gibt sehr viel Sicherheit und ermöglicht zudem ein reibungsloseres
Einarbeiten neuer Kolleg*innen.
Was bedeutet Klarheit und Struktur im Praxisablauf und in der Teamkommunikation? Stellen
Sie doch gern mal in der nächsten Teamsitzung diese Frage und sammeln Sie alle Antworten.
Halten Sie diese am besten schriftlich fest. Anschließend wissen Sie, wie Sie sich
als Team organisieren können.
4. Auswirkung der Arbeit
Was Hochleistungsteams antreibt, ist die Sinnhaftigkeit. Die Sinnhaftigkeit führt
zu einer hohen intrinsischen Motivation, und genau diese wird benötigt, um leistungsfähig
zu sein. Das wissenschaftliche Institut der AOK (kurz: WIdO) hat in seinem Fehlzeiten-Report
aus dem Jahr 2018 herausgefunden, dass Menschen, die ihre Arbeit als sinnstiftend
erleben, seltener krank werden. Sinnhaftigkeit wirkt sich auf die Gesundheit aus.
Dienst nach Vorschrift ist somit weder gesundheitsfördernd, noch lässt es Menschen
zu Höchstleistungen aufleben.
Was wollen Sie zusammen mit Ihrem Team in der Praxis erreichen? Was ist die gemeinsame
Vision? Diese Perspektive verlieren viele Menschen, die therapeutisch tätig sind,
aus den Augen. Insbesondere in therapeutischen Praxen ist richtige Teamarbeit nicht
so präsent. Alle Therapeut*innen behandeln ihre Patient*innen. Ab und zu sieht man
sich im Teamraum, an der Anmeldung oder wenn Therapiematerial geholt wird. Umso wichtiger
ist es, eine gemeinsame Vision zu haben.
5. Bedeutung der Arbeit
Jeder Mitarbeitende sollte ein persönliches Ziel mit seiner Arbeit verfolgen. Das
kann ein finanzielles Ziel sein, um sich einen privaten Wunsch zu ermöglichen, oder
der Ehrgeiz, eine bestimmte berufliche Qualifikation zu erreichen. Merke: Ziele sind
nicht nur für die Patient*innen wichtig, sondern auch für die Therapeut*innen. Teamfördernd
ist es vor allem dann, wenn sich alle Beteiligten über ihre Ziele austauschen. Es
lohnt sich, sich dafür Zeit zu nehmen.
Welche persönlichen Ziele verfolgen Ihre Mitarbeitenden? Sind diese allen bekannt?
Wie kommuniziert das Team?
Wie kommuniziert das Team?
In therapeutischen Teams gibt es besondere Herausforderungen. Die Teammitglieder haben
gemeinsame Projekte, bei denen sie tatsächlich als Team zusammenarbeiten. Bei der
alltäglichen Arbeit allerdings arbeiten alle eher nebeneinander. Zudem gibt es nur
wenig Möglichkeiten sich abzusprechen. Eine Kollegin fährt Hausbesuche, die andere
Kollegin hat dienstags immer frei und der Kollege ist gerade in einer Behandlung.
Viele Teams versuchen diese Herausforderung mit anderen Kommunikationswegen zu kompensieren.
Das Problem: Es gibt meistens mannigfache Kommunikationswege, die genutzt werden.
Die Praxis-WhatsApp-Gruppe, das Kommunikationsbuch in der Anmeldung, kleine bunte
Klebezettel, das Kommunikationstool der Praxissoftware, per Mail oder telefonisch.
Da sind Kommunikationsschwierigkeiten und der Untergang von Informationen programmiert.
© S. Schaaf/Thieme
Einigen Sie sich auf einen Kommunikationsweg. Besprechen Sie im Team, wie die Kommunikation
gewährleistet werden soll. Gerade in therapeutischen Praxen ist es wichtig und herausfordernd
zugleich, ein Informations- und Kommunikationssystem aufzubauen. Nehmen Sie sich dafür
Zeit oder suchen Sie sich externe Unterstützung.
Wer hat welche Rolle im Team?
Wer hat welche Rolle im Team?
Es kommt in therapeutischen Teams häufiger zu Missverständnissen, weil die gemeinsame
Erfahrung fehlt. Außerdem neigen die meisten Menschen dazu, von sich auf andere zu
schließen. Somit entsteht schnell Verwunderung über das Verhalten anderer. Aus diesem
Grund nutze ich gern die Zeit in Teamsitzungen, um mit den therapeutischen Teams über
Teamrollen zu sprechen. Mir ist es ein Anliegen, dass die Teams herausfinden, welche
Rollen im Team vertreten sind und wie diese Rollen kommunizieren und sich verhalten.
Das hat schon zu manchen Aha-Erlebnissen geführt. Die Teamrollen nach Belbin bieten
dafür eine hervorragende Grundlage. Belbin geht davon aus, dass es drei Kategorien
gibt und jeder Kategorie drei verschiedene Rollen zugeordnet werden können. Demnach
gibt es handlungsorientierte, wissensorientierte und kommunikationsorientierte Rollen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass wir alle drei Kategorien in uns tragen, sie
allerdings unterschiedlich stark ausgeprägt sind.
Finden Sie gemeinsam heraus, welche Rollen im Team vertreten sind und wie sie sich
verhalten.
Stellen Sie sich eine Teamsitzungssituation vor. Die Menschen aus der handlungsorientierten
Kategorie wollen die Dinge aus der Besprechung sofort umsetzen. Für sie ist es kaum
auszuhalten, dass noch weiter über ein Thema gesprochen wird, wenn man doch schon
handeln könnte. Die Wissensorientierten werden ganz nervös, wenn die Handlungsorientierten
schon aktiv werden wollen. Den Wissensorientierten wäre es viel lieber, wenn sie noch
Hintergrundinformationen zu dem Thema bekommen könnten. Für die Kommunikationsorientierten
ist es wichtig, dass ein Konsens gefunden wird und man in Ruhe über alles redet. Sie
schätzen den Austausch untereinander und versuchen zwischen den Handlungs- und Wissensorientierten
zu vermitteln.
Wenn Sie sich jetzt noch vorstellen, dass jede Kategorie in drei Rollen aufgeteilt
wird, ist das Chaos perfekt. Viele Teams finden die Vorstellung der Rollen sehr amüsant
und verstehen endlich, wieso die Kolleg*innen so unterschiedlich reagieren. (Die Beschreibung
der neun Rollen würde für diesen Artikel allerdings den Rahmen sprengen.)
Vom Ich zum Wir
Damit TEAM nicht weiter für „Toll, ein anderer macht’s“ steht, sondern sich zu „Toller
Einsatz aller Mitarbeitenden“ entwickelt, ist vor allem Kommunikation, Struktur und
Geduld gefordert. Es lohnt sich, Zeit für die Teamentwicklung zu investieren. Die
Kommunikation läuft reibungsloser und die Teammitglieder sind motivierter, gesünder
und eigenverantwortlicher. Davon profitiert natürlich auch die Praxis als Unternehmen.
Es ist nicht nur wichtig, dass jede*r Therapeut*in für sich wächst, sondern das Wachstum
des ganzen Teams ist unabdingbar, um nachhaltige Erfolge zu erzielen.
Schaffen Sie zusammen Gemeinsamkeit und Verbundenheit! Zugehörigkeit in einem echten
Team beflügelt jeden Einzelnen zu Höchstleistung, Selbstverwirklichung, Motivation
und Gesundheit. Wahre Teamarbeit bedeutet gegenseitiges Empowerment. Vom Ich zum Wir!
Ich wünsche Ihnen von Herzen viel Erfolg und Freude auf diesem Weg.
Lisa Holtmaier