Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(01): 10-12
DOI: 10.1055/a-1547-2265
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Dysfunktionen im Zwischenwirbelraum erhöhen das Risiko für Wirbelbrüche

Guiot A. et al.
Relationship between diffuse idiopathic skeletal hyperostosis and fragility vertebral fracture: a prospective study in older men.

Rheumatology 2021;
60: 2197-2205
 

    Die diffuse idiopathische Skeletthyperostose (DISH) ist eine häufige Erkrankung bei älteren Menschen. Im Gegensatz zur Arthrose tritt sie hauptsächlich bei Männern auf und betrifft vorzugsweise die Wirbelsäule. Die Pathogenese ist bisher nur unzureichend untersucht. Guiot et al. untersuchten die Knochengesundheit und evaluierten, ob Dysfunktionen im Zwischenwirbelraum zur Vorhersage von Wirbelfrakturen geeignet sind.


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    Die Inzidenz von Wirbelbrüchen bei Männern mit DISH ist im Vergleich zu Männern ohne DISH signifikant höher. Eine DISH war jedoch in vorliegender Studie nicht mit einem höheren Risiko für nicht-vertebrale Frakturen verbunden. Die monozentrische prospektive MINOS-Studie führten die Forscher aus Lyon, Frankreich am Institut National de la Sante' et de la Recherche Médicale und in Zusammenarbeit mit der Krankenkasse Société de Secours Minière de Bourgogne (SSMB) durch. Zwischen 1995 und 1996 schrieben die Wissenschaftler 3400 zufällig ausgewählte Männer mit einem Alter zwischen 51–85 Jahren an, die Kunden der SSMB waren und im Großraum Montceau les Mines lebten. Die Experten schlossen jene Männer in die Studie ein, die sich zurückmeldeten und die bereits koronale Röntgenaufnahmen der Brust- und Lendenwirbelsäule vorweisen konnten. Zusätzlich ermittelten die Wissenschaftler die Knochenmineraldichte an der Lendenwirbelsäule, der rechten Hüfte und am restlichen Körper mittels einer Dual-Röntgen-Absorptiometrie. Außerdem nahmen die Forscher seitliche Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule zu Studienbeginn sowie nach 36 und 90 Monaten auf. Eine auftretende Wirbelfraktur bewerteten die Experten nach dem semi-quantitativen Bewertungssystem von Genant. Nicht-vertebrale Frakturen erfassten die Forscher mittels eines epidemiologischen Fragebogens alle 18 Monate über 7,5 Jahre und anschließend über 2,5 Jahre per Telefonanruf. Frakturen nach schweren Traumata (Unfälle, Berufstraumata) sowie Frakturen des Schädels, des Gesichts, der Hand und der Zehen erfassten die Wissenschaftler nicht.

    Insgesamt 782 Patienten schlossen die Forscher in die Studie ein. Die Prävalenz einer DISH lag unter sämtlichen Probanden bei 21,7%. Männer, die eine DISH aufwiesen, waren im Vergleich zu Männern ohne DISH älter, schwerer und wiesen eine höhere Prävalenz von Diabetes mellitus auf. Bei 3,4% der Studienteilnehmer traten im Verlauf der Studie Wirbelbrüche auf. Die Inzidenz von Wirbelbrüchen erwies sich bei Männern mit DISH als höher im Vergleich zu Männern ohne DISH (6,1% gegenüber 2,7%). Am häufigsten kamen Wirbelbrüche in den ersten beiden Lendenwirbeln unter einer ankylosierten Wirbelsäule vor. Die Experten stellten ebenso fest, dass Männer mit DISH eine höhere Knochenmineraldichte an der Lendenwirbelsäule, aber nicht an anderen Stellen des Skeletts, aufwiesen. Eine DISH in Kombination mit einer niedrigen Wirbelsäulen-Knochenmineraldichte waren jeweils mit einem höheren Wirbelkörperfrakturrisiko verbunden. Das Wirbelfrakturrisiko war hierbei bei Männern höher, die sowohl eine DISH als auch eine schwere Spinalkanalstenose aufwiesen. DISH und Unregelmäßigkeiten der Endplatten waren ebenso jeweils mit einem höheren Wirbelkörperfrakturrisiko verbunden. Von sämtlichen Studienteilnehmern erlitten 59 Männer mindestens eine nicht-vertebrale Fragilitätsfraktur. Nach statistischer Adjustierung für Alter, BMI, Knochenmineraldichte des Schenkelhalses, frühere Stürze und Frakturen, Bandscheibenverengungen, Unregelmäßigkeiten der Endplatten und schwere abdominale Aortenverkalkung erwies sich eine DISH als nicht mit einem nicht-vertebralen Frakturrisiko verbunden.

    Fazit

    Männer mit einer idiopathische Skeletthyperostose (DISH) weisen ein höheres Risiko für Wirbelfrakturen auf. Das Risiko von Wirbelbrüchen steigt mit der Schwere einer Spinalkanalstenose und Unregelmäßigkeiten der Endplatten. Patienten mit Dysfunktionen im Zwischenwirbelraum sollten laut Autoren nicht in pharmazeutische Studien zur Osteoporose einbezogen werden, da ihre Wirbelfrakturen wahrscheinlich nicht mit der Knochenbrüchigkeit zusammenhängen.

    Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen


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    Publication History

    Article published online:
    10 February 2022

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