Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(01): 14-16
DOI: 10.1055/a-1547-3570
Für Sie notiert

Kognitive Verhaltenstherapie zur Prävention des CWP-Syndroms?

Macfarlane GJ, Beasley M, Scott N. et al.
Maintaining musculoskeletal health using a behavioural therapy approach: a population-based randomised controlled trial (the MAmMOTH Study).

Ann Rheum Dis 2021;
80: 903-911
 

    Zu den Hauptsymptomen der Fibromyalgie gehören ausgebreitete chronische Schmerzen (chronic widespread pain/CWP), die laut aktuellen Leitlinien primär nicht-medikamentös behandelt werden sollten. Gute kurz- und langfristige Ergebnisse liefert da z. B. die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), auch wenn sie „nur“ telefonisch durchgeführt wird. Das konnten auch Macfarlane und seine Kollegen in einer früheren Studie bestätigen.


    #

    Zudem können sie mit Hilfe eines von ihnen entwickelten Modells die Patienten identifizieren, die ein hohes Risiko für ein CWP-Syndrom tragen. Deshalb wollten sie nun, wissen, ob die telefonische KVT (tKVT) den Ausbruch des CWP-Syndroms bei Hochrisikopatienten verhindern kann.

    Über 16 Hausarztpraxen in Großbritannien rekrutierten die Autoren 996 dieser Hochrisikopatienten (Alter≥25). Einschlusskriterien waren Schmerzen, die nicht der CWP-Definition in den Fibromyalgie-Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) entsprachen sowie mindestens zwei der folgenden Merkmale: mehr als 4 Punkte auf der Illness Behaviour Subscale der Illness Attitude Scale, mehr als 2 Punkte auf der somatischen Symptomskala (mit Ausnahme der Schmerzkriterien) bzw. ein Punktwert von über 4 auf der Schlafproblemskala.

    Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert: 496 Patienten erhielten keine spezifische Therapie (Kontrollgruppe), die übrigen 500 nahmen, nach einer initialen Beurteilung, an einer sechswöchigen tKVT teil, bestehend aus einer 30- bis 45-minütigen Telefonsitzung pro Woche sowie Verstärkungssitzungen nach drei und sechs Monaten. Die Therapeuten waren von der British Association for Behaviour and Cognitive Psychotherapies akkreditiert. Gegenstand der Therapiesitzungen waren Schulungen zum Thema muskuloskelettale Schmerzen und somatische Symptome sowie spezielle Techniken wie z. B. die Identifikation negativer Denkmuster.

    Drei, zwölf und 24 Monate nach Beginn der Therapie (bzw. Beginn des Beobachtungszeitraumes im Falle der Kontrollgruppe) erhielten die Probanden einen Fragebogen. Zu allen Zeitpunkten berichteten in beiden Gruppen ungefähr gleich viele Patienten über CWP (z. B. 12 Monate: 18% bzw. 17,5%). Nach zwölf Monaten sahen die Probanden der tKVT-Gruppe allerdings eher eine Verbesserung ihrer Gesundheit (54,5% bzw. 36,9%) und Lebensqualität als die Kontrollgruppe. Außerdem zeigten sie weniger Krankheitsverhalten, hatten geringere Werte auf der Schlafproblemskala, dem Widespread Pain Index und der Symptom Severity Scale und litten weniger unter Fatigue und psychologischem Distress.

    Über den Therapiezeitraum von sechs Monaten standen Therapeuten und Patienten durchschnittlich 139 Minuten in direktem Kontakt. Die Kosten der tKVT lagen pro Person durchschnittlich bei 270,19£. Die Therapie war assoziiert mit einem Anstieg der Kosten für das Gesundheitswesen und einer Zunahme der qualitätsangepassten Lebensjahre (QALYS): pro Patient konnten mit 42,30£ Zusatzkosten durchschnittlich 0,023 QALYS mehr erzielt werden.

    Fazit

    Die tKVT konnte den Ausbruch des CWP-Syndroms nicht verhindern; möglicherweise, weil der vorherige Lebenslauf eine Rolle spielt und es im Erwachsenenalter deshalb zu spät für eine präventive Wirkung dieser Intervention ist. Dennoch könnten Patienten von der kosteneffektiven tKVT profitieren, da sie Einfluss auf Lebensqualität, Gesundheitsempfinden und Fatigue hat. Aufgrund des auch in Großbritannien herrschenden Mangels an klinischen Psychologen, sollte nach Ansicht der Autoren in Betracht gezogen werden auch andere Berufsgruppen in der tKVT auszubilden bzw. auch andere, z. B. internetbasierte Therapiemethoden zu nutzen.

    Stephanie Gräwert, Leipzig


    #

    Publication History

    Article published online:
    10 February 2022

    © 2022. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany