Sun R.
et al.
Physical activity thresholds for predicting longitudinal gait decline in
adults with knee osteoarthritis.
Osteoarthritis and Cartilage 2021;
29: 965-972
DOI:
10.1016/j.joca.2021.04.002
Wissenschaftler*innen untersuchten dafür die longitudinale
Beziehung zwischen der körperlichen Leistungsfähigkeit (mittels
Echtzeit-Beschleunigungsmessung) und der körperlichen Kapazität
(mittels Labormessung der Ganggeschwindigkeit) bei Patient*innen mit KA.
Außerdem wurden aus den Messungen Schwellenwerte abgeleitet, die mit
einer Abnahme der Ganggeschwindigkeit assoziiert sind. Dazu verwendeten sie
Daten aus der Osteoarthritis-Initiative-Beschleunigungsmesser-Substudie
(OAI-Studie) von 1229 Teilnehmern, die im Abstand von 2 Jahren untersucht
wurden. Die Daten umfassten die funktionelle Kapazität, demografische
und anthropometrische Merkmale (Schweregrad der KA gemessen mit
Kellegren-Lawrence (KL)-Grad), patientenbezogene Ergebnismessungen (Western
Ontario and McMaster University Osteoarthritis Index (WOMAC) und Physical
Activity Scale for Elderly (PASE)) sowie Beschleunigungssensor-basierte
Messungen der körperlichen Aktivität. Die laborbasierten
Bewertungen der körperlichen Kapazität umfassten den
20-m-Gehtest und den 5-maligen Sit-to-stand-Test.
Bei der Echtzeit-Beschleunigungsmessung waren folgende körperliche
Leistungsintervalle definiert: Leistung sitzend (LS)<190
count/min, Leistung leicht 1 (LL1) 190–349 count/min,
Leistung leicht 2 (LL2) 350–799 count/min, Leistung leicht 3
(LL3) 800–2499 count/min und Leistung mäßig bis
stark (LMS) 2500+count/min. Die Zahlen geben die Anzahl an
wöchentlichen Minuten an, die in diesem Intervall verbracht wurden.
Basierend auf den Messungen der Ganggeschwindigkeit teilten die Forschenden die
Patienten je nach körperlicher Kapazität in 5 Gruppen ein (Q1
bezeichnete die niedrigste Ganggeschwindigkeit, Q5 die höchste). Eine
Abnahme der Ganggeschwindigkeit wurde als Abnahme um mindestens 1 Quintil vom
Ausgangswert zum Follow-up-Wert definiert.
Ein Random-Forest-Klassifikator wurde trainiert, um den Kapazitätsstatus
der Patienten zu erkennen. Der Einfluss der betrachteten Risikofaktoren auf den
longitudinalen Rückgang der körperlichen Kapazität wurde
mit einem neuartigen Algorithmus für maschinelles Lernen analysiert.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 1198 Teilnehmer (53,1% weiblich) aus der OAI-Studie
eingeschlossen.
Bei der Follow-up-Untersuchung befanden sich 242 Teilnehmer in der Q1-Gruppe, bei
64 Teilnehmern verschlechterte sich die Ganggeschwindigkeit im Vergleich zum
Ausgangswert.
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Das aussagekräftigste Merkmal zur Vorhersage einer
Gangstörung war eine geringe Anzahl an Minuten im PMS-Intervall,
gefolgt vom Sit-to-Stand-Test.
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Eine langsamere Sit-to-stand-Leistungszeit, ein höheres Alter,
ein höherer KL-Grad, ein höherer WOMAC-Index, ein
niedriger PASE-Score und eine geringe Anzahl an Minuten im LL2 und
LL3-Intervall trugen zur Vorhersage eines schlechten
Kapazitätsstatus bei.
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Die funktionelle Verschlechterung des Gangbildes konnte mit einer
Genauigkeit von 76,3% vorhergesagt werden (75,4%
Sensitivität; 76,5% Spezifität).
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Schwellenwerte für Faktoren, die mit der Wahrscheinlichkeit eines
schlechten Kapazitätsstatus assoziiert sind:
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Eine LMS-Zeit>100 min zu Studienbeginn reduzierte die
Wahrscheinlichkeit um etwa 10%.
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Eine LMS-Zeit<50 min zu Studienbeginn erhöhte die
Wahrscheinlichkeit um 5%.
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Ein WOMAC Score von≥4 erhöhte die Wahrscheinlichkeit um
bis zu 4%.
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Eine LL3-Zeit≤300min erhöhte Wahrscheinlichkeit um
7,5%.
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Eine LL2-Zeit≤465min erhöhte die Wahrscheinlichkeit um
5%.
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Ein PASE-Score<90 erhöhte die Wahrscheinlichkeit um
2–6%.
Die Studie identifizierte Faktoren und wichtige Schwellenwerte für
die körperliche Kapazität, die die Wahrscheinlichkeit einer
Gangstörung erhöhen können. Die Autor*innen
gehen davon aus, dass diese Ergebnisse aussagekräftige Informationen
zur Erstellung krankheitsspezifischer Richtlinien für die
körperliche Aktivität bei KA-Patient*innen liefern
und so eine präzise Intervention bei einer Gangstörung
ermöglichen.
Leandra Metzger, Stuttgart