Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(06): 532-543
DOI: 10.1055/a-1552-3049
Übersichtsarbeit

Kardiale Beteiligungen bei rheumatologischen Erkrankungen – eine Übersicht

Cardiac Manifestations of Rheumatic Diseases – An Overview
Vincent Casteleyn
1   Rheumatologie, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte, Berlin, Deutschland
,
Gina Barzen
2   Kardiologie, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte, Berlin, Deutschland
,
Fabian Knebel
2   Kardiologie, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte, Berlin, Deutschland
,
Udo Schneider
1   Rheumatologie, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte, Berlin, Deutschland
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Rheumatische Erkrankungen gehen mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einher, können darüber hinaus jedoch im Bereich aller kardialen Strukturen zu spezifischen entzündlichen Veränderungen führen. Symptome wie Dyspnoe, Tachykardie und Leistungsminderung stehen patientenseitig im Vordergrund, wenngleich kardiale Beteiligungen nicht selten asymptomatisch verlaufen. Diagnostisch werden neben der klinischen Untersuchung und laborchemischen Verfahren apparative Diagnostiken wie Echokardiografie und Kardio-MRT aber auch invasive Verfahren wie die Herzkatheteruntersuchung und Myokardbiopsie angewendet. Die Therapie richtet sich nach der Grunderkrankung, den betroffenen kardialen Strukturen und reicht von einer medikamentösen Therapie bis zu interventionell-operativem Vorgehen.


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Abstract

Rheumatic diseases lead to increased cardiovascular risk, possibly with specific inflammatory changes in every part of the heart. Symptoms like dyspnoea, tachycardia and general impairment are frequent, but asymptomatic cardiac changes are not uncommon. Diagnostic tools range from physical examination and laboratory testing to imaging techniques like echocardiography or cardiac MRI. Invasive procedures like heart catheterisation including myocardial biopsy are additional options. Therapy depends on the underlying disease, and structural involvement and varies from medication to surgical or interventional procedures.


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Einleitung

Die kardiovaskuläre Mortalität von Patient:innen (Pat.) mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ist im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich erhöht, wie am Beispiel der rheumatoiden Arthritis (RA) besonders überzeugend gezeigt wurde [1]

In den letzten Jahren ist die diesbzgl. Awareness deutlich gestiegen und es liegen Empfehlungen zum Screening und Monitoring der Pat. vor [2], was von immenser Bedeutung ist, auch da gezeigt werden konnte, dass durch den Einsatz der zur Verfügung stehenden (Basis-)Therapien und daraus resultierend sinkendem Inflammationsniveau als treibendem kardiovaskulären Risikofaktor die Mortalität gesenkt werden kann [3]. Unabhängig hiervon ist die Kenntnis spezifischer kardialer Manifestationen der einzelnen rheumatologischen Erkrankungen unabdingbar, um diese erkennen, verlaufsbeurteilen und therapieren zu können. Der folgende Artikel gibt eine Übersicht über die wichtigsten kardialen Manifestationen rheumatischer Erkrankungen und die diagnostischen Verfahren zu ihrem Nachweis.


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Teil 1: Diagnostische Verfahren

Labor (Troponin/NTproBNP)

Herzspezifische Biomarker spielen eine wachsende Rolle in Screening und Verlaufsbeurteilung kardialer Manifestationen rheumatologischer Erkrankungen.

Für die Beurteilung einer Herzinsuffizienz sind die B-Typ natriuretischen Peptide BNP bzw. NTproBNP etablierte Marker. In der Rheumatologie spielen sie auch in der Erkennung einer Rechtsherzinsuffizienz z. B. im Rahmen einer pulmonal-arteriellen Hypertonie eine Rolle. Wichtig zur Interpretation der Werte ist die Kenntnis nicht-kardialer Einflüsse auf ihre Höhe, so ist z. B. bei bestehender Niereninsuffizienz das NTproBNP regelhaft erhöht. Troponine sind die etabliertesten Biomarker zum Nachweis eines Myokardschadens unabhängig von seiner Genese. Anders als in Kardiologie und Notfallmedizin, wo die Troponine vor allem in der Diagnostik des akuten Koronarsyndroms (ACS) zum Einsatz kommen, werden die Troponine in der Rheumatologie auch eingesetzt, um eine Myokardbeteiligung i.R. einer systemischen Erkrankung zu detektieren. Hier muss bei der Interpretation der Werte berücksichtigt werden, dass insbesondere das Troponin T bei Erkrankungen der Skelettmuskulatur mit CK-Erhöhung oft ansteigt, ohne dass in weiteren Untersuchungen ein tatsächlicher Myokardschaden nachgewiesen werden kann. Aktuell konnte einer prospektiven Untersuchung gezeigt werden, dass bei Pat. mit systemischer Sklerose die simultane Erhöhung von Troponin und natriuretischem Peptid mit schlechterem Survival assoziiert war [4]. Große Studien, die den Nutzen der Bestimmung kardialer Biomarker für rheumatologische Pat. eindeutig belegen, fehlen [5].


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Histologie

Um vor Einleitung oder Eskalation einer immunsuppressiven Therapie eine myokardiale Beteiligung einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung nachzuweisen oder eine begleitend persistierende, virale Erkrankung sicher auszuschließen, kann eine Myokardbiopsie sinnvoll sein, die im Rahmen einer Linksherzkatheter-untersuchung aus dem myokardstärkeren linken Ventrikel entnommen wird. Große Studien liegen diesbezüglich für rheumatologische Erkrankungen nicht vor, so dass die Indikation kritisch und auch in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit einer suffizienten histopathologischen Beurteilung gestellt werden sollte.


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EKG

Das EKG gehört zur Basisdiagnostik und die Anwendung empfiehlt sich in der Diagnostik jeder rheumatischen Erkrankung, da sich entzündliche Veränderungen kardialer Strukturen u.U. bereits in der elektrischen Herzaktion widerspiegeln. Ein Perikarderguss kann beispielsweise mit einer Niedervoltage einhergehen. Bei einer Perikarditis kommt es typischerweise zu ST-Hebungen in (fast) allen Ableitungen, während bei einer Myokarditis ST-Senkungen, T-Negativierungen und ST-Hebungen (Pseudoinfarktmuster) auftreten. Ebenfalls lassen sich Blockbilder (bspw. AV-Block bei Sarkoidose oder linksanteriorer Hemiblock bei systemischer Sklerose) und Rhythmusstörungen detektieren.


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Transthorakale Echokardiografie

Die transthorakale Echokardiografie ist der Goldstandard der funktionellen Beurteilung des Myo-, Endo- und Perikards. Visuell lassen sich morphologische Veränderungen wie eine Myokardfibrose, lokale (ev. postischämische) Wandbewegungsstörungen und Einschränkungen der Pumpfunktion detektieren. Ebenfalls können im Bereich des Perikards akute und chronische Ergüsse oder Verdickungen und Klappenveränderungen detektiert und quantifiziert werden. Durch Abschätzung des systolischen pulmonal arteriellen Drucks (sysPAP) oder Messung der TAPSE (tricuspid annular plane systolic excursion) kann der V.a. auf eine pulmonale Hypertonie bzw. pulmonal-arterielle Hypertonie (PH/PAH) gestellt werden. Eine höhergradige Rechtsherzbelastung zeigt sich u. a. durch eine rechtsventrikuläre/rechtsatriale Dilatation und einem D-Sign (Kompression des linken Ventrikels in der Systole). Durch Beurteilung der diastolischen Funktion, lassen sich ggf. frühzeitig Hinweise auf eine beginnende Herzinsuffizienz z. B. bei systemischer Sklerose feststellen. Die Deformation des Myokards (Strain) gibt einen Aufschluss über die Steifigkeit des Myokards und kann mittels Gewebedoppler (Tissue Doppler Imaging, TDI) und Deformations-Bildgebung (Speckle-Tracking) beurteilt werden. Durch die Speckle-Tracking Echokardiografie lassen sich links- und rechtsventrikuläre Funktionsstörungen früher und sensitiver als bei den herkömmlichen B-Mode- und Doppler-Verfahren feststellen [6].


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Links- und Rechtsherzkatheter

Koronarangiografie und Linksherzkatheter werden einerseits zum Beweis oder Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit (KHK) bei Troponinämie und klinischen Beschwerden, andererseits auch zur Myokardbiopsie durchgeführt. Die Rechtsherzkatheteruntersuchung ist der Goldstandard in der Diagnose einer pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) durch direkte Messung der pulmonal-arteriellen Drücke und Widerstände.


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Ventilations-Perfusionszintigrafie

Die Ventilations-Perfusionszintigrafie ermöglicht eine Beurteilung von Belüftung und Durchblutung der Lunge und Missverhältnissen zwischen beiden. In der Rheumatologie kommt dieses Verfahren z. B. zur Detektion chronischer (Mikro-) Thrombembolien z. B. bei SLE-Pat. ggf. mit Antiphospholipidsyndrom zum Einsatz und ist hierbei der konventionellen Kontrastmittel-CT überlegen. Typischerweise finden sich dann Areale die zwar gut ventiliert, aber schlecht perfundiert sind.


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Kardio-CT

Die Domäne des Kardio-CTs ist die koronare Herzerkrankung (KHK) bei Patienten mit intermediärem Risiko und hier insbesondere ihr hoher negativer prädiktiver Wert: Bei unauffälligem Kardio-CT ist eine relevante Stenose einer Koronararterie weitgehend ausgeschlossen, so dass man bei entsprechender Indikationsstellung rheumatologischen Pat. ggf. eine invasive Diagnostik ersparen kann.


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Kardio-MRT (CMR)

Die CMR ermöglicht eine nicht-invasive kardiale Diagnostik ohne ionisierende Strahlung insbesondere bei unklaren Befunden in der Echokardiografie. Hier kann eine detaillierte Darstellung des Endo-, Myo- und Perikards erfolgen. Es können u. a. Aussagen über Textur, Fibrosen, Ablagerungen und Herzklappenerkrankungen getroffen aber auch Belastungsuntersuchungen durchgeführt und die Perfusion dargestellt werden, so dass vielfältigen Fragestellungen nachgekommen werden kann. Diagnostische Relevanz hat die CMR insbesondere auch bei kardiovaskulären Entzündungsprozessen wie Myokarditiden oder Vaskulitiden [7] ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Schematische Übersicht – rheumatische Erkrankungen betreffen Peri-, Myo- und Endokard sowie die herznahen Gefäße.

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Teil 2: Spezifische Krankheitsbilder

Rheumatoide Arthritis

Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung. Bei der RA sind extrartikuläre und somit auch kardiale Manifestationen bei seropositiven Pat. deutlich häufiger als bei seronegativen, oft werden deutlich erhöhte Titer von Rheumafaktoren (RF) und Citrullin-AK (ACPA) detektiert. Rheumaknoten können ein klinisches Indiz dafür sein, dass es sich „lohnt“ nach weiteren extraartikulären Manifestationen Ausschau zu halten. Gesicherte extraartikuläre Manifestationen gehen mit einer deutlich erhöhten Mortalität einher [8]. Die häufigste kardiale Manifestation ist die Perikarditis mit in der Literatur angegeben Prävalenzen bis zu 30%, von denen jedoch nur ein Teil klinisch manifest werden. Die Verläufe können akut, persistierend oder chronisch-rezidivierend sein. Sollte bei hämodynamischer Relevanz eines Ergußes oder zur eindeutigen diagnostischen Zuordnung eine Punktion nötig sein, handelt es sich in der Regel um ein zell- und eiweißreiches Exsudat, in dem auch Rheumafaktoren und Immunkomplexe nachgewiesen werden können. Da das Auftreten einer Perikarditis bei RA oft als Ausdruck einer unzureichenden beherrschten systemischen Krankheitsaktivität zu deuten sein wird, ist eine Intensivierung der Basistherapie unter zwischenzeitlicher Erhöhung der Glukokortikoidosis unter echokardiografischen Kontrollen ein gängiger therapeutischer Ansatz.Mutmaßlich als Erfolg des konsequenteren Einsatzes der zur Verfügung stehenden und in den letzten 20 Jahren deutlich erweiterten medikamentösen Therapiemöglichkeiten wird die Perikarditis i.R. der RA im klinischen Alltag immer seltener.Fälle von unter TNF-inihibitorischer Therapie neu aufgetretenen Perikarditiden, die differentialdiagnostisch als möglicherweise medikamentös induziert diskutiert wurden, sind in der Literatur beschrieben [9]. Als endokardiale Manifestation der RA sind Rheumaknoten beschrieben. Klappendefekte sind im echokardiografischen Screening bei RA häufiger als in der Normalbevölkerung, bleiben jedoch oft klinisch stumm.

Pat. mit RA haben im Langzeitverlauf ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer chronischen Herzinsuffizienz, es konnte ein negativer Effekt für unzureichend beherrschte inflammatorische Aktivität bzw. ein positiver für den Einsatz von Methotrexat gezeigt werden [10].


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Spondylarthritiden

Die häufigste Erkrankung aus der Gruppe der Spondylarthritiden ist die Ankylosierende Spondylitis (AS). Für diese HLA-B27-assoziierte Erkrankung wird eine Aortitis mit konsekutiver Aorteninsuffizienz als häufigste kardiale Manifestation assoziiert mit langem schwerem Krankheitsverlauf berichtet [11].Darüber hinaus sind Störungen des Reizleitungssystems, insbesondere AV-Knoten-Überleitungsstörungen beschrieben [12].

Die Psoriasisarthritis (PsoA) hat keine krankheitsspezifischen kardialen Manifestationen, nichtdestotrotz eine erhebliche erhöhte kardiovaskuläre Mortalität auf dem Boden der häufigen Komorbiditäten [13].


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Autoinflammatorische Erkrankungen

Familiäres Mittelmeerfieber

Das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) ist eine autosomal-rezessiv vererbte, durch variable Mutationen im MEFV-Gen hervorgerufene autoinflammatorische Erkrankung, bei der es durch einen Pyrindefekt zu rezidivierenden febrilen Episoden mit Peritonitis, Serositis, Allgemeinsymptomatik kommt. Obwohl die Pat. im Schub oft erhebliche thorakale Beschwerden entwickeln, ist eine chronische Perikarditis doch vergleichsweise selten bzw. steht klinisch nicht im Vordergrund. Eine gefürchtete Komplikation bei schlecht beherrschter Erkrankung ist die Ausbildung einer AA-Amyloidose, deren kardiale Manifestation jedoch eine Rarität darstellt.

Standardtherapie des FMF ist die Gabe von Colchizin, bei refraktären Verläufen kommen additiv IL1-Antagonisten zum Einsatz [14], in der Regel wird hierdurch auch eine ev. perikarditische Manifestation des FMF beherrscht. Andere kardiale Pathologien sind in der Literatur beschrieben, aber deutlich seltener.

Das adulte Still-Syndrom (AOSD) ist eine seltene, oft hoch entzündliche Erkrankung mit teilverstandener Pathogenese, die zu den autoinflammatorischen Erkrankungen gezählt wird. Neben Fieber und flüchtigen Hautausschlägen („intern‘s rash“) als Leitsymptomen treten klinisch oft Atrhralgien/Arthritiden, Pharyngitiden, Lymphadenopathien und eine ev. erhebliche Hepatosplenomegalie auf. Das typische Erstmanifestationsalter ist das junge Erwachsenenalter.

Eine Perikarditis im Erkrankungsschub ([Abb. 2]) ist die häufigste kardiale Manifestation, ihre Häufigkeit wird in der Literatur mit etwa 20%, in einer einzelnen Studie mit über 50% [15]angegeben, sie ist aber nicht Bestandteil der Klassifikationskriterien des AOSD. Zwar spricht die Perikarditis oft gut auf Glukokortikoide an, gilt jedoch als prognostisch ungünstig und daher als möglicher Prädiktor zur Notwendigkeit des Beginn einer Biologika- (in der Regel Il1-antagonistischen) Therapie [16]

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Abb. 2 Transthorakale Echokardiographie einer 21-jährigen Patientin mit schwerem adulten M. Still und einem geringen, hämodynamisch nicht relevanten Perikarderguss enddiastolisch (ca. 10 mm) vor dem rechtenVentrikel.

Myokarditiden sind in der Literatur berichtet, aber deutlich seltener.


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Idiopathische rekurrierende Perikarditis (IRP)

Die IRP ist eine Ausschlußdiagnose und wird auch aufgrund einiger Parallelelen bzgl. Auftreten (rezidivierend attackenhaft), Präsentation (inflammatorisch) und Therapieansprechen (Colchizin, Anti-Il1) zu autoinflammatorischen Erkrankungen zunehmend zu diesen gezählt [17].

Von der akuten Perikarditis ist sie durch das wiederholte Auftreten mit zwischenzeitlich symptomfreien Intervallen abzugrenzen. Art und Umfang der zu betreibenden Ausschlußdiagnostik (viraler Infekt, Kollagenose, Tuberkulose) werden nicht einheitlich gehandhabt. Die Leitlinine der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt auf dem Boden einer Melange aus Empirie und Evidenz den sequentiellen Einsatz von ASS oder NSAR (Ibuprofen) jeweils kombiniert mit Colchizin, bei Kontraindikationen niedrig-dosierte Glukokortkoiden, bei ausbleibendem Erfolg Azathioprin oder iv. Immunglobuline oder einen IL1-Antagonisten oder als ultima ratio die Perikardektomie [18]. Bzgl. der Glukokortikoidtherapie existieren in der Literatur Hinweise, dass diese die Chronifizierung der Perikarditis bahnen oder aber zumindest den Erfolg einer Colchizintherapie erschweren kann [19].


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Kollagenosen

Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

Der SLE ist eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, die vielfältigen Organmaniofestationen einhergehen kann und typischerweise bei jungen Frauen auftritt. Kardiovaskuläre Beteiligungen bei SLE gehören zu den wichtigsten Determinanten der Morbidität und Mortalität. Typischerweise kann es beim SLE zu perikardialen, myokardialen und valvulären Manifestationen kommen. Die Perikarditis ist die häufigste kardiale SLE-Beteiligung und tritt typischerweise kombiniert mit einer Pleuritis auf. Bei ca. jeder 4 Patient:in mit SLE tritt im Verlauf der Erkrankung eine symptomatische Perikarditis auf [20]. Die Rate an subklinischen Perikarditiden wird als höher geschätzt. Klinisch können sich die Pat. mit Brustschmerzen, Luftnot und Tachykardie präsentieren. Ggf. kann bei der Auskultation des Herzens ein Perikardreiben vernommen werden. In der Echokardiografie kann u.U. ein Perikarderguss und/oder eine Perikardverdickung festgestellt werden. Sollte eine Perikardzentese durchgeführt werden müssen, findet sich ein entzündlicher Erguss mit vielen neutrophilen Granulozyten. Im Falle einer (selten durchgeführten) Perikardbiopsie zeigen sich Immunkomplexablagerungen, monozytäre Infiltrate, perivaskuläre Komplementablagerungen und fibrinöse Veränderungen [20]. Therapeutisch können bei sehr milden Verläufen NSAR, bei moderatem Verlauf niedrigdosierte Glukokortikoide, MTX und Azathioprin, bei zusätzlichem Vorliegen einer Lupusnephritis oder Perikardtamponade oder konstriktiven Perikarditis Cyclophosphamid oder Mycophenolat mofetil in Kombination mit hochdosierten Glukokortikoiden eingesetzt werden [20]. Hydroxychloroquin ist ohnehin integraler Bestandteil der medikamentösen SLE-Therapie. Bedingt durch einen Perikarderguss kann es bei hämodynamischer Relevanz klinisch zu Herzinsuffizienzzeichen (Schwäche, Luftnot, Tachykardie, Synkope, Ödeme) kommen. Neben der Immunsuppression im Rahmen der SLE-Therapie, sind im Falle einer Volumenüberladung (bspw. bei konkordantem nephrotischen Syndrom) Diuretika, bei Therapierefraktärität oder kardialer Dekompensation auch invasive Verfahren (Perikardpunktion, thorakoskopische Perikardfensterung) indiziert. Selten kann zu einer symptomatischen Myokarditis kommen, wenngleich subklinische Verläufe autoptisch häufig zu sein scheinen [21]. Histopathologisch finden sich perivaskuläre Entzündungsherde, mononukleäre Zellinfiltrate und Nekrosen [20]. Therapeutisch sind meist hochdosierte Glukokortikoide in Kombination mit DMARDs bzw. Cyclophosphamid indiziert. Wenige Berichte liegen für eine Therapie mit intravenösen Immunglobulinen und Plasmapheresen vor.

Im Rahmen einer SLE-Erkrankung der Mutter kann es im Falle einer Schwangerschaft zu einer diaplazentaren Transmission etwaiger SS-A/Anti-Ro-Antikörper kommen, die beim Fötus zu einer kongenitalen Entzündung, Fibrose und Zerstörung des AV-Knotens mit konsekutiven Blockbild führen. In den meisten Fällen tritt ein vollständiger AV-Block, in der Literatur auch als „kongenitaler Herzblock“ bezeichnet, auf. Die Mortalität liegt in utero und postnatal in den ersten Lebensmonaten bei 15–30% [21]. Auch Pat. mit Sjögren-Syndrom und SS-A/Anti-Ro-Antikörpern können betroffen sein. Eine maternale Therapie mit Glukokortikoiden kann u.U. eine Progression bei inkompletten Blockbild aufhalten. Im Falle eines vollständigen AV-Blockes muss eine Schrittmachertherapie beim Kind erfolgen. In jedem Fall ist ein engmaschiges Monitoring in der Schwangerschaft bei bekannter AK-Positivität der werdenden Mutter indiziert.

Bei der 1924 erstmalig beschriebenen Libman-Sacks Endokarditis kommt es zu einer sterilen Herzklappenentzündung. Am häufigsten ist die Mitralklappe betroffen. Histopathologisch finden sich fibrinöse, entzündungszellreiche Infiltrate ggf. mit Immunkomplexablagerungen [22]. Die entzündlichen Läsionen sind meist wenige mm groß und bei Pat.innen mit sekundärem Anti-Phospholipid-AK-Syndrom besonders häufig. Je nach Studie erkranken 1 bis 18% der SLE-Pat. in Folge der Libman-Sacks-Endokarditis an einer symptomatischen Klappeninsuffizienz [21]. Eine Antikoagulation empfiehlt sich v. a. bei Pat. mit großen Klappenvegetationen. Selten wird ein Klappenersatz notwendig ([Abb. 3]).


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Systemische Sklerose

Die systemische Sklerose ist eine seltene Erkrankung, die aufgrund von entzündlich-fibrotisch-vaskulopathischen Veränderungen zu charakteristischen Organmanifestationen an Haut (Raynaud, Sklerodaktylie, Rattenbissnekrose, Mikrostomie, Tabaksbeutelmund), Lunge (interstitielle Lungenerkrankung, pulmonale Hypertonie), Niere (renale Krise) und Herz führt. Die Erkrankung kann diffus (generalisierter Hautbefall; häufiger und früher innere Organe befallen) oder limitiert verlaufen. Mit Fortschreiten der Erkrankung treten kardiale Beteiligungen häufiger auf, allerdings sind auch initial rasch progressive Verläufe kardialer Beteiligungen möglich. Eine kardiale Beteiligung ist in der Regel Ausdruck eines schweren systemischen Verlaufes der Erkrankung. Insgesamt werden etwa ein Drittel aller Todesfälle bei systemischer Sklerose kardialen Ursachen zugeordnet [23]. Alle Strukturen des Herzens können durch die Erkrankung befallen werden – jedoch sind die Herzklappen seltener als das Perimyokard betroffen. Pathophysiologisch sind die kardialen Veränderungen entweder den entzündlich-fibrotisch-vaskulopathisch bedingten kardialen Läsionen oder sekundär einer pulmonalen Hypertonie bei interstitieller Lungenerkrankung oder einer pulmonal arteriellen Hypertonie zuzuordnen. Das Perikard ist häufiger befallen als das Myokard, jedoch meist in Form eines asymptomatischen Perikarderguss [23]. Transsudative Perikardergüsse im Rahmen eines Cor pulmonale sind möglich, jedoch ist die Rate an Perikardergüssen bei PAH bei Pat. mit systemischer Sklerose höher, als bei Pat. mit idiopathischer PAH [23]. Ebenfalls, wenngleich deutlich seltener, kann es zu entzündlichen Perikardveränderungen im Sinne einer Perikarditis kommen in deren Folge eine Perikardtamponade und/oder eine perikardiale Fibrose bis zur konstriktiven Perikarditis auftreten kann. Das Myokard ist häufiger beim diffusen als beim limitierten Verlauf befallen. Pathophysiologisch kommt es durch Mikroperfusionsstörungen im Myokard zu Ischämie-bedingten Nekrosen und einer konsekutiven, progressiven Myokardfibrose. Myokardfibrosen konnten in kardialen MRT-Untersuchungen bei 45% der untersuchten Pat. nachgewiesen werden [24]. Parallel bestanden bei ebenfalls 45% eine milde Dyspnoe, die jedoch nicht mit der Myokardfibrose, aber erhöhten pulmonal arteriellen Drücken und interstitieller Lungenbeteiligung korrelierte. Eine diastolische Dysfunktion des linken Ventrikels scheint als Frühzeichen eine Myokardfibrose anzuzeigen [25]. Klinisch kann die diastolische Dysfunktion in eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF, heart failure with preserved ejection fraction) übergehen. Durch die diastolische Dysfunktion kann es im Verlauf zu einer Dilatation der Vorhöfe, konsekutiven Arrhythmien, systolischer Dysfunktion, Rückwärtsversagen mit hydropischer Dekompensation und Vorwärtsversagen des Herzens (Schwäche, Hypotonie, Synkopen) kommen. Echokardiografisch können eine Vergrößerung des linken Atriums, eine linksventrikuläre Hypertrophie und ein abnormales E/E`-Verhältnis auf eine HFpEF hinweisen [26]. Nur in seltenen Fällen kommt es zu einem inflammatorischen Verlauf mit fulminanter Myokarditis, schwerer konsekutiver Myokardfibrose und rascher systolischer Herzinsuffizienz (HFrEF, heart failure with reduced ejection fraction). Im Rahmen der Myokardfibrose und Mikroperfusionsstörungen mit Affektion des Reizleitungssystems sowie Neuropathien des bei systemischer Sklerose häufig betroffenen, autonomen Nervensystems treten ebenfalls Arrhythmien auf [23]. Im EKG finden sich häufig PQ-Zeit-Verlängerungen oder Blockbilder (z. B. linksanteriorer Hemiblock). Die Herzklappen sind bei systemischer Sklerose eher selten betroffen. Am häufigsten finden sich dann knotige Verdickungen der Mitral- und Aortenklappe [23]. Therapeutisch wird je nach betroffener Struktur bzw. klinischen Symptom vorgegangen. Bei raschem, inflammatorischem Verlauf werden– bei schlechter Studienlage– häufig Mycophenolat mofetil oder Cyclophosphamid eingesetzt. Bei Patienten mit schlechter Prognose gilt die autologe Stammzelltransplantation (ASCT) als Reserveoption; die große Herausforderung hierbei ist jedoch, die Indikation zur ASCT früh genug zu stellen, da bei fortgeschrittener myokardialer Beteiligung die periintervenionelle Mortalität deutlich erhöht ist. Perikardergüsse werden in der Regel nur bei Symtomatik oder hämodynamischer Relevanz (Kompression der Ventrikel) mit vorsichtiger Diuretikagabe oder im Einzelfall mit einer entlastenden Perikardpunktion behandelt. Bei signifikanter PAH oder rechtsventrikulärer Dysfunktion ist diese allerdings kontraindiziert [23]. Im Falle einer Konstriktion wird neben der Immunsuppression meist eine Behandlung der konsekutiven Rechtsherzinsuffizienz notwendig. Diastolische Dysfunktionen können in der Regel nur symptomatisch behandelt werden, bei systolischen Dysfunktionen wird eine Herzinsuffizienztherapie, ggf. eine kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) notwendig. Bei Bradyarrhythmien muss meist ein Schrittmacher implantiert werden. Bei medikamentös nicht beherrschbaren Tachyarrhythmien ist ggf. ein Ablationsversuch oder eine ICD-(implantierbarer Kardioverter-Defibrillator)-Anlage sinnvoll ([Abb. 4] [5] [6]).


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Sjögren-Syndrom

Das Sjögren-Syndrom beschreibt eine entzündlich rheumatische Erkrankung, die histologisch durch lymphozytäre Infiltrationen, durch das Vorhandensein von Anti-Ro (SS-A) und Anti-La (SS-B) Antikörpern und klinisch durch typische Affektion der Speichel- und Tränendrüsen gekennzeichnet ist. Häufig verläuft die Erkrankung langsam progressiv. Organmanifestationen wie eine interstitielle Lungenerkrankung, Polyneuropathien, Vaskulitis, interstitielle Nephritis, Synovitis und eine kardiale Beteiligung sind möglich. Eine symptomatische kardiale Beteiligung ist allerdings selten. Die Erkrankung kann auch sekundär im Rahmen anderer Autoimmunerkrankungen auftreten. Im Rahmen des Sjögren Syndroms wurden Fälle von akuten Perikarditiden beschrieben. In echokardiografischen Studien finden sich unterschiedliche Angaben zur Häufigkeit von überwiegend asymptomatischen perikarditischen Veränderungen sowie Perikardergüssen bei Pat. mit Sjögren Syndrom zwischen 0–33% [27]. Endokardbeteiligungen scheinen beim Sjögren Syndrom äußert selten, werden in der Literatur jedoch beschrieben [28] [29] [30]. Echokardiografisch finden sich bei Pat. mit Sjögren-Syndrom häufig leichte Mitral- und Aortenklappeninsuffizienzen, wobei ein kausaler Zusammenhang zum Sjögren unklar ist. Ebenfalls finden sich vermehrt linksventrikuläre Dysfunktionen [31] und auch sehr selten Fälle von akuten fulminanten Myokarditiden [32] [33] [34]. Diese konnten je nach Fallbeschreibung mit hochdosierten Glukokortikoiden, intravenösen Immunglobulinen und Cyclophosphamid behandelt werden. Pathophysiologisch werden systemische vaskulitische Vorgänge und entzündliche Myokardläsionen diskutiert. Eine Antikörper-vermittelten Myokardschädigung konnte bislang bei auffällig hohem Vorliegen von Anti-Ro-Antikörpern bei Patienten mit Sjögren-Syndrom und Myokarditis nicht nachgewiesen werden [27]. Ebenso wie beim SLE kann es allerdings beim Vorliegen von Anti-Ro-Antikörpern zu einem neonatalen AV-Block bei diaplazentarer Übertragung der Antikörper kommen. Eine PAH oder eine pulmonale Hypertonie bei interstitieller Lungenerkrankung ist beim Sjögren-Syndrom ebenfalls möglich.


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Mischkollagenose

Erstmals 1972 beschrieben, stellt die Mischkollagenose (mixed connective tissue dissease; MCTD) eine Krankheit dar, die Merkmale unterschiedlicher rheumatischer Erkrankungen wie systemischer Sklerose, systemischer Lupus erythematodes,

(Poly-)Myositis und rheumatoider Arthritis vereint und bei der sich regelhaft U1-RNP-Antikörper finden. Kardiale Strukturen scheinen regelmäßig im Rahmen der Mischkollagenose betroffen zu sein, wobei diese häufig nicht zu klinischen Beschwerden führen. Perikarditiden sind die häufigsten kardialen Manifestationen und betreffen je nach Studie etwa jede dritte Patient:in mit Mischkollagenose [35]. In echokardiografischen Untersuchungen wiederum finden sich bei ca. 25% der Pat. überwiegend asymptomatische Perikardergüsse [35]. Das Myokard ist bei Mischkollagenose selten betroffen, geht bei Affektion jedoch mit einer tendenziell schlechten Prognose einher.

Im Bereich des Endokards finden sich bei Pat. mit Mischkollagenose vermehrt ein Prolaps der Mitralklappe. Auch bei der Mischkollagenose kann eine PAH auftreten. In der Literatur finden sich positive Ergebnisse zur Therapie von Perikarditiden mit hochdosierten Glukokortikoiden und NSAR [36]. Ebenfalls kann Colchicin eingesetzt werden.


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Myositiden

Die idiopathischen inflammatorischen Myopathien (IIM) sind eine heterogene Gruppe entzündlicher Muskelerkrankungen, deren Klassifikation zuletzt einem Wandel unterliegt.

Extramuskuläre Manifestationen sind bei den einzelnen Subentitäten (Dermatomyositis (DM), Anti-Synthetase-Syndrome (ASS), Immunmediierte nekrotisierende Myoapthien (IMNM), sporadische Einschlußkörperchenmyostis (sIBM)) unterschiedlich häufig. Die sIBM beispielsweise ist in der Regel eine reine Muskelerkrankung. Insbesondere bei ASS kommt es häufig zu teils rasch progredienten interstitiellen Lungenerkrankungen. Kardiale Manifestationen sind bei ASS selten klinisch führend, aber bei genauerer Betrachtung keine Rarität: In einer monozentrischen ASS-Kohorte wurden in einer Querschnittsuntersuchung echokardiogaphisch bei 47% der Pat. Perikardergüsse gesehen [37]. Im „Euro-Myositis-Register“ werden bei 9% der dort dokumentierten IIM-Pat. kardiale Manifestationen berichtet [38]. In einer Übersichtsarbeit wird über den Nachweis einer Myokarditis bei 38% des autoptischen Patientenguts mit IIM [39] berichtet. In einer monozentrischen Fallserie gelingt der Nachweis von kardialen Veränderungen im Kardio-MR bei 75% der Pat. mit florider IIM [40]. In der eigenen klinischen Erfahrung erscheint diese Zahl etwas hoch.

Irritierend können bei IIM teils deutliche Troponinerhöhungen in der Labordiagnostik sein, da insbesondere das TroponinT bei chronischen Muskelerkrankungen Ausdruck der sich regenerierenden Skelettmuskulatur sein, aber leicht als Ausdruck eines akuten Myokardschadens fehlgedeutet werden kann.

Auch aufgrund der i.R. einer IIM-häufig auftretendeten interstitiellen Lungenerkrankung mit konsekutiver Rechtsherzsymptomatik muss eine kardiale Diagnostik (EKG, Lungenfunktion, Echokardiografie) Teil des work-ups bei Erstdiagnose einer IIM sein.


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Vaskulitiden

Die systemischen Vaskulitiden werden entsprechend der Diameter der vornehmlich betroffenen Gefäße klassifiziert. Aufgrund der Seltenheit der Vaskulitiden der mittelgroßen Gefäße und dem Fehlen krankheitsspezifischer kardialer Manifestationen in dieser Gruppe gehen wir im folgenden v. a. auf die ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) und die Großgefäßvaskulitiden ein.


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ANCA-assoziierte Vaskulitiden (AAV)

Unter den AAV ist die eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (eGPA) die Erkrankung, die am häufigsten mit einer Myokarditis als gefürchteter Organmanifestation einhergeht. Sie tritt vor allem bei Pat. ohne Nachweis anti-neutrophiler zytoplasmatischer Antikörper (ANCA) auf [41], kann mit schweren Herzinsuffizienz einhergehen und die klinische Präsentation dominieren.

Die eosinophile Infiltration des Myokards kann bioptisch gesichert werden ([Abb. 7]), oft ist die Diagnose im Kontext anderer systemischer Manifestationen der Erkrankung jedoch so eindeutig, dass darauf verzichtet werden kann. Unter intensiver Immunsuppression besteht berechtigte Aussicht auf Besserung der entstandenen Herzinsuffizienz.

Bei den anderen Kleingefäßvaskulitiden sind Myokarditiden deutlich seltener.


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Großgefäßvaskulitiden/Large Vessel Vasculitis (LVV)

Bei den LVV werden die Riesenzellarteritis (RZA, als Arteritis cranialis oder extrakranielle RZA) und die Takayasu-Vaskulitis (TAK) anhand des Erstmanifestationsalters und der betroffenen Gefäße voneinander unterschieden. Beide Entitäten können als Folge einer Aortitis mit der Ausbildung von aortalen Aneurysmen und Dissektaten einhergehen – für die RZA werden Häufigkeiten einer Aortitis bei etwa 50% der Pat. [42] und der Nachweis von thorakalen Aneurysmen von 15% [43] bei Erstdiagnose angegeben. Die TAK geht zusätzlich mit einer Koronaritis (in einer monozentrischen Kohorte 12% der Pat. [44] und der Ausbildung einer Aorteninsuffizienz (in 37% in der gleichen Kohorte) einher. Bei beiden Entitäten ist ein sorgfältiges Monitoring auf die Entwicklung solcher Komplikationen sinnvoll und notwendig.


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Sarkoidose

Die chronische Sarkoidose ist eine entzündliche Erkrankung, die unterschiedlichste Organe befallen kann und die durch die Bildung nicht-verkäsender Granulome gekennzeichnet ist. Üblicherweise verläuft die Erkrankung multiorganisch, jedoch werden auch isolierte kardiale Sarkoidosen berichtet, deren Diagnose sich bei fehlenden pulmonalen Granulomen und mediastinaler Lymphadenopathie schwierig gestalten kann. Eine kardiale Beteiligung wurde postmortem bei bis zu 30% der Pat. mit Sarkoidose festgestellt, wobei es lediglich bei weniger als 5% der Pat. zu klinischen Beschwerden kommt [45]. Eine myokardiale Beteiligung kann zu teilweise lebensbedrohlichen Blockbildern oder Arrhythmien) führen und geht mit einer schlechten Prognose einher. Klinisch kann es im Rahmen einer Sarkoidose-bedingten dilatativen Kardiomyopathie zu Herzinsuffizienzzeichen kommen. Auch Klappendysfunktionen sind möglich. Histopathologisch kommt es zur kardialen Granulombildung, wovon der linke Ventrikel am häufigsten betroffen ist [46]. Echokardiografisch lassen sich meist keine spezifischen Veränderungen feststellen, durch Terasaki et al. konnte jedoch beschrieben werden, dass die minimale Septumdicke oft unter 4 mm liegt gegenüber einer Dicke von mehr als 4 mm bei gesunden Proband:innen [47]. Im kardialen MRT mit Gadolinum lassen sich akute entzündliche Läsionen und fibrotische Abheilungen visualisieren. Therapeutisch werden bei kardialer Sarkoidose Glukokortikoide häufig in Kombination mit einem DMARD verwendet. Ein rascher Therapiebeginn ist obligat, um ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Es werden DMARDs wie MTX, Azathioprin, Leflunomid, Mycophenolat mofetil aber auch Anti-TNFα-Inhibitoren verwendet. Durch den Einsatz von Glukokortikoiden kann es zu einer Remission des AV-Blockes kommen, jedoch ist die Implantation eines Schrittmachers meist sinnvoll. Ventrikuläre Tachyarrhythmien sprechen in der Regel nicht auf eine Therapie mit Amiodaron an. Nach einer ventrikulären Tachykardie oder Kammerflimmern sollte zur Sekundärprophylaxe eine ICD-Anlage erfolgen [45].


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IgG4-Syndrom

Das IgG4-Syndrom beschreibt eine infiltrative, entzündliche Autoimmunerkrankung, die durch ein typisches histopathologisches Muster aus IgG4-positiven Plasmazellen, bastmattenartiger Fibrose und obliterativer Thrombophlebitis gekennzeichnet ist und viele verschiedene Organe (Pankreas, Mediastinum, Retroperitoneum, Speicheldrüsen, Schilddrüse, Niere und weitere) befallen kann. Im Serum können die IgG4-Antikörper erhöht sein. Durch eine Infiltration des Perikards mit IgG4-positiven Plasmazellen kann eine konstriktive Perikarditis ausgelöst werden. Im Rahmen des IgG4-Syndroms ist ein Befall der Aorta bei retroperitonealer Fibrose in Form einer chronischen Periaortitis typisch. Zuletzt wurde zunehmend auch über Beteiligung der Koronarien beim IgG4-Syndrom berichtet. So kann es infolge der periarteriitischen entzündlichen Gewebezunahme bis hin zum Pseudotumor zu einer Arteriitis und Aneursymabildung kommen [48] [49] [50]. Neben der entzündlichen Manschettenbildung um die Koronararterien, kann es auch in anderen Bereichen des Herzens zur Bildung von IgG4-Pseudotumoren kommen [51]. In der Literatur wurde bislang nur ein Fall einer IgG4-positiven Patientin mit einer pulmonal arteriellen Hypertonie beschrieben [52]. Die Patientin litt an einer generalisierten Lymphadenopathie, Dyspnoe und Speichel- sowie Tränendrüsenschwellungen. Bioptisch konnte die Erkrankung gesichert und die Genese der Dyspnoe in der Echokardiografie und im Rechtsherzkatheter auf eine pulmonal arterielle Hypertonie zurückgeführt werden. Unter einer Prednisolontherapie kam es zu einem raschen Rückgang der klinischen Beschwerden und zur Normalisierung des pulmonal arteriellen Drucks. Die Therapie des IgG4-Syndroms besteht aus einer langfristigen Therapie mit Glukokortikoiden, auf die die Erkrankung in der Regel gut anspricht, jedoch sind Rezidive häufig. Additiv oder zur Einsparung von Glukokortikoiden werden DMARDs oder Rituximab eingesetzt [53].


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Morbus Erdheim-Chester

Die Erdheim-Chester Krankheit wurde weltweit bislang ca. 800-mal beschrieben und ist durch eine entzündliche Gewebsinfiltration durch Langerhans-Histiozyten gekennzeichnet. Sie wird mittlerweile den hämatopoetischen Tumoren zugeordnet. Üblicherweise sind die Knochen betroffen, v. a. Femur, Tibia und Fibula. Ebenfalls können Nieren (retroperitoneale und perirenale Entzündung, Ureterkompression, sogenannte hairy kidneys im CT), Lunge (interstitielle Lungenerkrankung, Pleuraergüsse) oder das zentrale Nervensystem befallen werden [54]. Typische kardiale Manifestationen sind eine rechtsatriale Wandinfiltration, Perikardergüsse und eine zirkumferentielle Aortenwandverdickung. Pathophysiologisch finden sich bei mittlerweile der überwiegenden Anzahl der Pat. Kinase-Mutationen im MAPK- (RAS-RAF-MEK-ERK) und Phosphatidylinositol 3-Kinase (PI3K)-AKT-Pathway [55]. Therapeutisch wird in der Literatur primär eine Interferon-α-Therapie empfohlen. Alternativ bestehen z. B. positive Erfahrungen zu einer Therapie mit dem Il-1-Antagonisten Anakinra [54]. Bei Vorliegen einer BRAF-V600E Mutation liegt für Vemurafenib eine FDA-Zulassung vor [55] ([Abb. 8]).


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Pulmonale Hypertonie und pulmonal-arterielle Hypertonie im Rahmen von Autoimmunerkrankungen

Druckerhöhungen in der Lungenzirkulation (PH) können durch verschiedene Ursachen, wie Rückstau in den kleinen Kreislauf („Rückwärtsdruck“) im Rahmen einer Linksherzerkrankung (z. B. im Rahmen einer Klappenerkrankung, HFpEF bei systemischer Sklerose, RA oder Sarkoidose oder seltener HFrEF bei myokardialer Fibrose bei systemischer Sklerose, EGPA), hypoxische Lungenerkrankungen (z. B. bei einer interstitiellen Lungenerkrankung), vaskuläre Obstruktion durch Thrombembolien (z. B. bei APS oder SLE) oder auch einer PAH (idiopathisch oder im Zusammenhang mit einer Autoimmunerkrankung) bedingt sein. [Tab. 1] gibt einen Überblick über die unterschiedlichen PH-Formen und die PH-Prävalenzen bei unterschiedlichen Autoimmunerkrankungen. Die PAH ist definiert als eine Druckerhöhung des mittleren pulmonal arteriellen Drucks≥25 mmHg, allerdings wurde in den vergangenen Jahren eine Absenkung auf>20 mmHg kritisch diskutiert [26].

Tab. 1 WHO-Gruppen der PH und Prävalenzen bei Autoimmunerkrankungen, modifiziert nach Fayed et al. [26]

1

2

3

4

5

Typ

PAH

Postkapilläre PH

Hypoxie oder Lungenerkrankung-assoziierte PH

Thrombembolische PH

Unklare oder multifaktorielle Genese

Pathologie

Vaskulopathie, die die Arteriolen (<200 μm) betrifft

Erhöhter linksatrialer Druck (z. B. bei Klappenerkrankung oder Herzversagen in Folge einer Myokarditis) mit oder ohne sekundäre pulmonalvenöse oder pulmonal arterielle Veränderungen

Alveoläre Destruktion oder hypoxische Vaskonstriktion mit oder ohne sekundäre Vaskulopathie

Gewöhnlich intraluminale vaskuläre Okklusion

Multiple Pathogenese

Typisch

Systemische Sklerose, SLE

RA, systemische Sklerose

Sarkoidose, Myositiden, Systemische Sklerose

APS, SLE

Sarkoidose

Unklare Häufigkeit

Misch-kollagenose, Sarkoidose, Myositiden, Sjögren-Syndrom

Myositiden, EGPA

Sjögren Syndrom

Morbus Behςet

systemische Sklerose

Selten

RA

systemische Sklerose

Um eine PH möglichst gut differenzieren zu können, sollten u. a. folgende Untersuchungsverfahren erfolgen: transthorakale Echokardiografie, Bodyplethysmografie mit Diffusionstestung, Ventilations-Perfusionsszintigrafie, Rechtsherzkatheteruntersuchung (bei offensichtlicher postkapillärer PH bspw. bei schwerer Klappeninsuffizienz ggf. nicht notwendig), HRCT (high-resolution CT) des Thorax, Ausschluss einer portalen Hypertension mittels abdomineller Sonografie und Laboruntersuchungen wie u. a. Troponine, NTproBNP, Autoimmunantikörper, HIV-Serologie und ggf. weitere. Therapeutische Optionen richten sich nach Art der PH. Bei alveolärer Destruktion und/oder Gefäßrarefizierung im Rahmen einer interstitiellen Lungenerkrankung sollte vornehmlich diese behandelt werden. Bei Thrombembolien erfolgt eine Antikoagulation, bei CTEPH (chronisch-thrombembolische PH) wird ggf. eine operative Sanierung nötig. Bei postkapillärer PH z. B. in Folge einer Klappenerkrankung sollten Interventionsmöglichkeiten evaluiert werden. Da eine Herzinsuffizienz z. B. im Rahmen einer Myokarditis auch u.U. eine postkapilläre PH bedingen kann, steht neben der Herzinsuffizienztherapie die immunsuppressive Behandlung einer Myokarditis im Vordergrund. Bei PH und HEFpEF haben bislang nur Diuretika einen nachgewiesen positiven Therapieeffekt [26]. Bei WHO-Gruppe 1 (PAH) sind für die idiopathische PAH Medikamente pulmonal arterielle drucksenkende Medikamente wie Sildenafil oder Tadalafil (Phosphodiesterase 5-Hemmer), Ambrisentan, Bosentan oder Macitentan (Endothelin-Rezeptor-Antagonist) und Selexipag (Prostacyclinrezeptor-Agonist) im Gebrauch. Bei schwersten Verläufen kann u.U. eine dauerhafte Prostaglandinpumpe zur Drucksenkung zum Einsatz kommen. Die meisten Daten zur Therapie einer PAH im Rahmen einer Autoimmunerkrankung liegen für die systemische Sklerose vor. Zusammengefasst profitieren Pat. mit systemischer Sklerose und einer PAH von einer spezifischen Therapie sowohl funktionell als auch bgzl. höherer Lebensqualität und in Registern gezeigter reduzierter Mortalität Während bei SSc-assoziierter PAH die drucksenkende Therapie im Vordergrund steht, gibt es bezüglich der PAH bei SLE und MCTD Hinweise, dass diese auf eine Immunsuppression anspricht [26].

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Abb. 3 Transthorakale Echokardiographie in der subkostalen Anlotung einer 27-jährigen Patientin mit einem SLE und einem geringen Perikarderguss von 5 mm enddiastolisch (Sternchen).
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Abb. 4 Transthorakale Echokardiographie in der apikalen Anlotung einer 53-jährigen Patientin mit einer Anti-Centromer-Antikörper positiven systemischen Sklerose und einer pulmonal arteriellen Hypertonie mit einer ausgeprägten Dilatation des rechten Ventrikels (Sternchen) und Atriums (Pfeilspitze).
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Abb. 5 Transthorakale Echokardiographie in der apikalen Anlotung einer 41-jährigen Patientin mit einer Anti-Scl70-Antikörper positiven systemischen Sklerose, einer interstitiellen Lungenerkrankung mit einer mittelgradigen Einschränkung der Ejektionsfraktion und einem Ventrikelspitzenthrombus (Sternchen). A und B entsprechen der Enddiastole/ Beginn der Systole. C und D stellen das Ende der Systole/ Beginn der Diastole dar. RA (rechtes Atrium), RV (rechter Ventrikel), LA (linker Vorhof), LV (linker Ventrikel).
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Abb. 6 a Transthorakale Echokardiographie in der subkostalen Anlotung einer 52-jährigen Patientin mit einer Anti- Scl70-Antikörper positiven systemischen Sklerose und einer konsekutiven konstriktiven Perikarditis. b Kardio-MRT. c Kardio-CT. Der Perikarderguss ist jeweils mit Pfeilspitzen gekennzeichnet.
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Abb. 7 Massive Infiltration des Myokards mit eosinophilen Granulozyten bei 30j. Pat. mit ED einer eGPA.
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Abb. 8 a Transthorakale Echokardiographie in der subkostalen Anlotung eines 65-jährigen Patienten mit einer Erdheim-Chester-Erkrankung und einer rechtsatrialen Wandinfiltration (Pfeilspitze) sowie einem Perikarderguss (Sternchen). b Kardio-MRT mit rechtsatrialer Wandinfiltration (Pfeilspitze) und Perikarderguss (Sternchen).

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Zusammenfassung

Spezifische kardiovaskuläre Manifestationen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind vielgestaltig und komplex. Screening, Monitoring und interdisziplinäres Management sind für Lebensqualität und -erwartung der Patient:innen. mit Systemerkrankungen essentiell, weshalb es sich in deren Interesse lohnt, sich dieser Herausforderung zu stellen.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Vincent Casteleyn
Rheumatologie
Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte
Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Deutschland   
Phone:  +004930450513053   

Publication History

Article published online:
02 December 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Schematische Übersicht – rheumatische Erkrankungen betreffen Peri-, Myo- und Endokard sowie die herznahen Gefäße.
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Abb. 2 Transthorakale Echokardiographie einer 21-jährigen Patientin mit schwerem adulten M. Still und einem geringen, hämodynamisch nicht relevanten Perikarderguss enddiastolisch (ca. 10 mm) vor dem rechtenVentrikel.
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Abb. 3 Transthorakale Echokardiographie in der subkostalen Anlotung einer 27-jährigen Patientin mit einem SLE und einem geringen Perikarderguss von 5 mm enddiastolisch (Sternchen).
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Abb. 4 Transthorakale Echokardiographie in der apikalen Anlotung einer 53-jährigen Patientin mit einer Anti-Centromer-Antikörper positiven systemischen Sklerose und einer pulmonal arteriellen Hypertonie mit einer ausgeprägten Dilatation des rechten Ventrikels (Sternchen) und Atriums (Pfeilspitze).
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Abb. 5 Transthorakale Echokardiographie in der apikalen Anlotung einer 41-jährigen Patientin mit einer Anti-Scl70-Antikörper positiven systemischen Sklerose, einer interstitiellen Lungenerkrankung mit einer mittelgradigen Einschränkung der Ejektionsfraktion und einem Ventrikelspitzenthrombus (Sternchen). A und B entsprechen der Enddiastole/ Beginn der Systole. C und D stellen das Ende der Systole/ Beginn der Diastole dar. RA (rechtes Atrium), RV (rechter Ventrikel), LA (linker Vorhof), LV (linker Ventrikel).
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Abb. 6 a Transthorakale Echokardiographie in der subkostalen Anlotung einer 52-jährigen Patientin mit einer Anti- Scl70-Antikörper positiven systemischen Sklerose und einer konsekutiven konstriktiven Perikarditis. b Kardio-MRT. c Kardio-CT. Der Perikarderguss ist jeweils mit Pfeilspitzen gekennzeichnet.
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Abb. 7 Massive Infiltration des Myokards mit eosinophilen Granulozyten bei 30j. Pat. mit ED einer eGPA.
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Abb. 8 a Transthorakale Echokardiographie in der subkostalen Anlotung eines 65-jährigen Patienten mit einer Erdheim-Chester-Erkrankung und einer rechtsatrialen Wandinfiltration (Pfeilspitze) sowie einem Perikarderguss (Sternchen). b Kardio-MRT mit rechtsatrialer Wandinfiltration (Pfeilspitze) und Perikarderguss (Sternchen).