ergopraxis 2022; 15(01): 45
DOI: 10.1055/a-1660-9468
Perspektiven

Die Rechtsfrage: Wenn Patient*innen nicht selbst unterschreiben können – was tun?

Thomas Schlegel
 

„Was tun, wenn Patient*innen aufgrund von Blindheit oder Erkrankungen wie Parkinson ihre Therapieeinheiten nicht auf der Verordnung abzeichnen können? Welche Lösung gibt es, wenn sie allein in die Praxis kommen, also keine Angehörigen dabei sind und es aufgrund vollständiger Geschäftsfähigkeit auch keine gesetzliche Betreuung gibt? Ist dann zum Beispiel ein Unterschriftenstempel zulässig?“

Therapeut aus Sachsen


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Die Antwort unseres Experten

Sind Patient*innen aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen wie Blindheit oder Parkinson nicht in der Lage, Verordnungen selbst zu unterschreiben, muss zuerst zwischen privat und gesetzlich Versicherten unterschieden werden.

Im Fall der Behandlung von gesetzlich Versicherten sehen die Rahmenverträge vor, dass die Behandlung nur im Umfang der ärztlichen Verordnung erfolgen darf. Die durchgeführten Leistungen werden dann am Tag der Leistungsabgabe von den Patient*innen durch Unterschrift auf dem Verordnungsblatt bestätigt – dafür ist grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift nötig. Teilweise sehen die aktuellen Rahmenverträge vor, dass in Ausnahmefällen die Unterschrift durch Vertreter oder Betreuungspersonen (etwa Pflegende in Pflegeheimen) erbracht werden kann. Dieser Ausnahmefall muss dann zwingend auf der Rückseite der Verordnung vermerkt werden. Andernfalls drohen Absetzungen. Betroffene Patient*innen können formlos eine Vertretung benennen.

Auch wenn ein Rahmenvertrag mit der entsprechenden Versicherung keine Vertretung, sondern allein die Unterschrift vorsieht, kann die Unterschrift ebenfalls durch eine von den Patient*innen benannte Vertretung erfolgen.

Unter den aktuellen Rahmenverträgen sollte bei GKV-Leistungen die Unterschrift nicht durch einen Faksimile-Stempel oder eine eingescannte Unterschrift ersetzt werden. Möglich sind aber Unterstützungen, etwa durch eine Schablone, die das Unterschriftsfeld begrenzt, oder die Unterstützung der Hand durch die therapierende Person. Bei der Unterstützung der Hand muss dann beachtet werden, dass die Patient*innen die Hand selbst führen können. Sind sie auch mit diesen Unterstützungsmaßnahmen nicht in der Lage, die Unterschrift zu leisten, ist die Unterschrift einer Vertretung mit dem Zusatz „i. V.“ nötig.

Für private Leistungen durch Physio- oder Ergotherapeut*innen gibt es keine Rahmenvereinbarungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern. Dementsprechend entfallen die Formerfordernisse der Rahmenverträge. Die Vereinbarung mit Patient*innen über die Behandlung unterliegt dann keiner besonderen Form. Sind Patient*innen körperlich an einer eigenhändigen Unterschrift gehindert, kann diese etwa durch einen Faksimile-Stempel oder die eingescannte oder am Computer geschriebene Unterschrift ersetzt werden.

Thomas Schlegel

Wirft auch Ihr Berufsalltag rechtliche Fragen auf? Dann schreiben Sie eine E-Mail an Simone.Gritsch@thieme.de .


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Unser Rechtsexperte

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Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Schlegel ist mit seiner Kanzlei seit über 20 Jahren ausschließlich auf Heilberufe spezialisiert und berät bundesweit bei Praxisgründungen und -bewertungen, beim Praxiskauf und -verkauf und zum Arbeitsrecht. www.physio-recht.de

Publication History

Article published online:
04 January 2022

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