Schmerztherapeutische Interventionen an der Wirbelsäule sind nicht neu – sie sind
unter Anwendung der Computertomografie bei Patient*innen mit chronischen Wirbelsäulenbeschwerden
seit Jahrzehnten etabliert. Neu ist allerdings, dass diese Verfahren auch unter Anwendung
des strahlungsfreien Ultraschalls durchgeführt werden können. Durch die Anwendung
der Sonografie können Röntgenstrahlen vermieden werden, was zur Reduktion von Strahlenbelastung
führt. Zahlreiche Studien belegen, dass es dabei nicht zu Einschränkungen in der Behandlungsqualität
kommt. „Der Einsatz moderner Ultraschallgeräte bietet enorme diagnostische und therapeutische
Möglichkeiten in der Schmerzmedizin“, sagt Dr. med. Karsten Pracht, Chefarzt der Klinik
für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin an den Sana-Kliniken
Leipziger Land in Borna. Ultraschallgestützte Interventionen hätten vor allem in der
Diagnostik und bei akuten Bandscheibenvorfällen eine sehr gute Evidenz (s. Literaturquellen).
Pracht und seine Mitarbeiter*innen führen die ultraschallgestützten Interventionen
seit rund 4 Jahren durch. In der Regel handelt es sich dabei um sogenannte Facettenblockaden.
Dabei führen die Ärzt*innen unter Ultraschallkontrolle eine Punktionsnadel an das
schmerzverursachende Wirbelgelenk oder die gereizte Nervenwurzel und spritzen anschließend
ein Schmerzmittel – gegebenenfalls in Kombination mit einem Kortison – zur Schmerzlinderung
und Entzündungshemmung. „Unser Ziel ist es, den Schmerz so weit zu reduzieren, um
weitere Maßnahmen zum muskulären Aufbau, wie zum Beispiel Physiotherapie, durchführen
zu können“, erklärt Pracht, der auch der Leiter der Sektion Anästhesiologie der DEGUM
ist. Unter den akuten Schmerzen sei es den Betroffenen oftmals kaum möglich, physiotherapeutische
Übungen auszuhalten. „Ohne die Intervention wären hohe Dosen von Opioiden notwendig,
die den ganzen Körper negativ beeinträchtigen würden, auf diese Weise aber überflüssig
sind“, so der Experte. Die ultraschallgestützten Interventionen seien Bestandteil
eines multimodalen schmerztherapeutischen Konzeptes und dürften niemals losgelöst
voneinander betrachtet werden.
Ultraschallgeführte Verfahren können aber auch an peripheren Nerven am gesamten Körper
eingesetzt werden und gelten hier bereits als Goldstandard. „Um Schmerzen zu behandeln,
müssen wir zunächst ihren Ursprung exakt zuordnen“, erklärt Pracht. „Wenn ein gemischtes
Nervenversorgungsgebiet vorliegt, kann ich mit unserem Verfahren gezielt einen Nerv
ausschalten, ohne andere Nerven mitzublockieren.“ Das funktioniere nur für wenige
Stunden. Man könne so jedoch herausfinden, ob der Schmerz durch einen oder durch mehrere
Nerven bedingt ist und durch welche. Im Anschluss könnten die Schmerzmediziner die
Therapie individuell planen.
Die Sektion Anästhesiologie der DEGUM bietet seit 2021 ein Weiterbildungscurriculum
für Interventionen der Schmerztherapie an, darunter auch die Interventionen an der
Wirbelsäule. Der Fünf-Tages-Kurs ist für alle Fachrichtungen offen und wird von DEGUM-Experten
verschiedener Disziplinen betrieben. „Wir möchten dadurch die schonenden, strahlungsfreien
und viel kostengünstigeren ultraschallgestützten Interventionen in der Breite der
Ärzteschaft verankern“, sagt Pracht abschließend.