Einleitung
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist das fünfthäufigste Tumorleiden weltweit und
die führende Todesursache bei Patienten mit Leberzirrhose [1]
[2]. Die BCLC-Klassifikation (BCLC = Barcelona Clinic Liver Cancer) ist das gängigste
Staging-System des HCC in der zirrhotisch veränderten Leber und hat sich als Basis
für die Empfehlung unterschiedlicher Therapieoptionen bewährt. Diese erstmals 1999
publizierte und seitdem mehrmals modifizierte Klassifikation beinhaltet als Variablen
Tumorstadium (definiert durch Tumorgröße, Anzahl der Tumorherde, Gefäßinvasion und Metastasen),
Leberfunktion (definiert durch das Child-Pugh-Stadium, CPS A–C) sowie Allgemeinzustand
(definiert durch den Eastern Cooperative Oncology Group/ECOG Performance Status, EPS
0–5) und verbindet das Stadium der Erkrankung mit spezifischen Therapiestrategien
[1]
[3].
In der aktuellen S3-Leitlinie werden für das sehr frühe (BCLC 0: Singuläres HCC < 2 cm,
CPS A, PS 0 [1]) und frühe Tumorstadium (BCLC A: Singuläres HCC > 2 cm oder 2–3 Herde ≤ 3 cm, CPS
A, PS 0 [1]) bei Patienten mit HCCs bis 3 cm perkutane lokalablative Verfahren als äquivalent
zur Resektion angesehen. Lokalablative Verfahren werden in der aktuellen S3-Leitlinie
auch zum „Bridging“ bis zu einer Lebertransplantation bei Patienten mit einem HCC
innerhalb der Milan-Kriterien auf der Transplantationswarteliste empfohlen und zum
„Downstaging“ bei Patienten mit einem HCC außerhalb der Milan-Kriterien. Hierbei werden
die lokalablativen Verfahren zum einen der Resektion, zum anderen aber auch transarteriellen
Verfahren wie der transarteriellen Chemoembolisation (TACE) und der transarteriellen
Radioembolisation (TARE) gleichgestellt.
Prinzipiell werden thermische (Radiofrequenzablation; RFA, Mikrowellenablation; MWA,
Laserablation; LA, Kryotherapie; KT) von nicht thermischen Verfahren (irreversible
Elektroporation; IRE, interstitielle Brachytherapie; IBT, perkutane Ethanolinjektion;
PEI, Elektrochemotherapie; ECT) unterschieden. Laut der S3-Leitlinie sollen perkutane
Ablationen des HCCs mittels RFA oder MWA durchgeführt werden. Für Patienten mit HCCs
kleiner 3 cm in für die Resektion ungünstiger Lokalisation oder mit eingeschränkter
Leberfunktion (d. h. mindestens CPS B) ist primär eine Thermoablation (d. h. RFA oder
MWA) des Tumors anzustreben. Bei Läsionen > 3 – < 5 cm, erhaltener Leberfunktion und
gering- oder mäßiggradiger portaler Hypertension sollte bei geplanter Thermoablation
vorab eine transarterielle Chemoembolisation erfolgen. IRE, IBT, LA, KT, PEI und ECT
sind nur in Ausnahmefällen anzuwenden, wenn weder Resektion, RFA oder MWA geeignet
sind [4].
Ziel dieses narrativen Übersichtsartikels ist es, die zur Behandlung des HCC verfügbaren
perkutanen lokalablativen Verfahren im Hinblick auf den genauen Wirkmechanismus, die
technischen Besonderheiten und die klinische Relevanz unter Berücksichtigung der aktuellen
S3-Leitlinie sowie der aktuellen Studienlage zu beleuchten. Hierzu wurde die MEDLINE-Datenbank
PubMed nach dem Begriff „hepatocellular carcinoma“ in Kombination mit den Begriffen
„percutaneous ablation“, „radiofrequency ablation“, „microwave ablation“, „laser ablation“,
„kryotherapy“, „irreversible electroporation“, „interstitial brachytherapy“ und „electrochemotherapy“
durchsucht. Anschließend wurden alle auf diese Weise ermittelten randomisierten, kontrollierten
Studien sowie Kohortenstudien identifiziert und bei der Erstellung dieses Reviewartikels
berücksichtigt. Ein Überblick zum derzeitigen Stand der Evidenz wird anhand von randomisierten
kontrollierten Studien in [Tab. 1] dargelegt. Im Folgenden sollen die beim HCC am häufigsten eingesetzten Ablationsverfahren
vorgestellt werden.
Tab. 1
Randomisiert kontrollierte Studien zu perkutanen lokalablativen Verfahren beim HCC
im Zeitraum 2012–2021.
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Randomisierte kontrollierte Studie
|
Anzahl der eingeschlossenen Patienten
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Anzahl und Größe der HCCs
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Region
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Endpunkte
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Ergebnisse
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RFA vs. Resektion
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Feng et al. 2012 [17]
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168
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Max. 2 HCCs, < 4 cm Durchmesser
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China
|
OS und RFS (3 Jahre)
|
OS 67,2 % vs. 74,8 % (p = 0,342), RFS 49,6 % vs. 61,1 % (p = 0,122)
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Ng et al. 2017 [24]
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218
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Innerhalb der Milan-Kriterien
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China
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OTR; OS und DFS (5 Jahre)
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OTR 81,7 % vs. 71,3 % (p = 0,092), OS 66,4 % vs. 66,5 % (p = 0,531), DFS 33,6 % vs.
41,5 % (p = 0,072)
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Xia et al. 2019 [25]
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240
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Innerhalb der Milan-Kriterien
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China
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OS und RFS (5 Jahre), KR
|
OS 38,5 % vs. 43,6 % (p = 0,17), RFS 30,2 % vs. 36,2 % (p = 0,09), KR 7,3 % vs. 22,4 %
(p = 0,001)
|
|
Kudo et al. 2021 [23]
|
302
|
Max. 3 HCCs, ≤ 3 cm Durchmesser
|
Japan
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OS und RFS (5 Jahre)
|
OS 70,4 % vs. 74,6 % (HR 0,96; 95 %CI 0,64–1,43; p = 0,828), RFS 50,5 % vs. 5,7 %
(HR 0,90; 95 %CI 0,67–1,22; p = 0,498)
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|
MWA vs. RFA
|
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Qian et al. 2012 [49]
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42
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1 HCC, < 3 cm Durchmesser
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China
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PTER, LTP (ca. 5 Monate)
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PTER 95,5 % vs. 95 %, LTP 18,2 % vs. 15 %
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Abdelaziz et al. 2014 [48]
|
111
|
Max. 3 HCCs, ≤ 5 cm Durchmesser
|
Ägypten
|
PTER und LTP, OS (2 Jahre)
|
PTER 96,1 % vs. 94,2 % (p = 0,6), LTP 3,9 % vs. 13,5 % (p = 0,04), OS 62 % vs. 47,4 %
(p = 0,49)
|
|
Yu et al. 2017 [50]
|
403
|
Max. 3 HCCs, ≤ 5 cm Durchmesser
|
China
|
PTER; OS, DFS und LTP (5 Jahre), KR
|
PTER 99,6 % vs. 98,8 % (p = 0,95), OS 67,3 % vs. 72,7 % (p = 0,91), DFS 36,7 % vs.
24,1 % (p = 0,07), LTP 11,4 % vs. 19,7 % (p = 0,11), KR 3,4 % vs. 2,5 % (p = 0,59)
|
|
Vietti Violi et al. 2018 [47]
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144
|
Max. 3 HCCs, ≤ 4 cm Durchmesser
|
Frankreich, Schweiz
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LTP (2 Jahre)
|
LTP 6 % vs. 12 % (HR 1,62; 95 %KI 0,66–3,94; p = 0,27)
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Kamal et al. 2019 [46]
|
56
|
Max. 3 HCCs, ≤ 5 cm Durchmesser
|
Ägypten
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LTP (1 Jahr)
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LTP 9,1 % vs. 9,1 % (p = 1,000)
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Chong et al. 2020 [45]
|
93
|
Max. 3 HCCs, ≤ 5 cm Durchmesser
|
Hong Kong
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PTER; OS (5 Jahre), DFS (3 Jahre)
|
PTER 95,7 % vs. 97,8 % (p = > 0,99), OS 42,8 % vs. 56,7 % (p = 0,899), DFS 24,1 %
vs. 22,7 % (p = 0,912)
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LA vs. RFA
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Orlacchio et al. 2014 [61]
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30
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1 HCC, ≤ 4 cm Durchmesser
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Italien
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PTER, LTP (1 Jahr)
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PTER 87 % vs. 93 % (p = nicht signifikant), LTP 46 % vs. 14 % (p = 0,083)
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Di Costanzo et al. 2015 [62]
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140
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Innerhalb der Milan-Kriterien
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Italien
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PTER, TTLP, OS (3 Jahre)
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PTER 95,7 % vs. 97,4 % (p = 0,5), TTLP 46,7 vs. 42 Monate (p = 0,591), OS 80 % vs.
89 %
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KT vs. RFA
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Wang et al. 2015 [66]
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360
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Max. 2 HCCs, ≤ 4 cm Durchmesser
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China
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LTP (3 Jahre), OS und DFS (5 Jahre), KR
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LTP 7,7 % vs. 18,2 % (p = 0,041), OS 40 % vs. 38 % (p = 0,747), DFS 35 % vs. 34 %
(p = 0,628), KR 3,9 % vs. 3,3 % (p = 0,776)
|
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PEI[*] und IRE/ECT[**]
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RFA = Radiofrequenzablation, MWA = Mikrowellenablation, LA = Laserablation, KT = Kryotherapie,
IRE = Irreversible Elektroporation, IBT = Interstitielle Brachytherapie, PEI = Perkutane
Ethanolinjektion, ECT = Elektrochemotherapie, TACE = Transarterielle Chemoembolisation.
OS = overall survival (Gesamtüberleben), DFS = disease free survival (Krankheitsfreies
Überleben), RFS = recurrence free survival (Tumorrezidiv freies Überleben), OTR = overall
tumour recurrence (lokales und distales Tumorrezidiv), LTP = local tumor progression
(lokale Tumorprogression [6]), TTLP = time to local progression (Zeit bis zur lokalen Tumorprogression), TTUP = time
to untreatable progression (Zeit bis zum nicht mehr therapierbaren Tumorprogress),
TTP = time to tumor progression (Zeit bis zum Krankheitsprogress), PTER = primary
technique efficacy rate (erfolgreiche Ablation nach der ersten Therapie bzw. nach
Durchführung eines definierten Behandlungsschemas [6]), KR = Komplikationsrate, CI = confidence intervall (Konfidenzintervall).
* Die PEI zur lokalen Therapie des HCC wurde von den thermischen Ablationsverfahren
abgelöst, sodass auf eine Darstellung der aktuellen Studienlage verzichtet wurde.
** Zur IRE/ECT liegen zum aktuellen Zeitpunkt keine randomisierten kontrollierten Studien
vor.
Thermische Ablationsverfahren
Radiofrequenzablation
Die Radiofrequenzablation (RFA) ist das heutzutage am weitesten verbreitete perkutane
Ablationsverfahren zur Behandlung des HCCs. Bei der RFA wird eine Radiofrequenzelektrode,
welche aus einem isolierten Metallschaft mit 1 bis 6 aktiven Elektrodenspitzen besteht,
perkutan in die Zielläsion eingebracht. Anschließend wird ein sinusförmiger Wechselstrom
mit Frequenzen zwischen 375 und 480 kHz über einen Hochfrequenzgenerator an die Radiofrequenzelektrode
(syn.: Ablationssonde oder Applikator) angelegt, welcher um die Elektrodenspitzen
eine Ionenbewegung induziert. Durch die Ionenbewegung entsteht wiederum Reibungswärme,
wodurch im Zielbereich Temperaturen von mehr als 60 ° C erreicht werden, was zu irreversibler
Denaturierung von Proteinen und somit Koagulationsnekrosen führt [5]. Als optimale Zieltemperaturen für die RFA werden 90–100 °C angesehen. Dies wird
bei den meisten Systemen durch eine Energieabgaberegelung der Hochfrequenzgeneratoren
erreicht, welche entweder auf dem permanent gemessenen Gewebewiderstand (der Impedanz)
oder direkt auf der gemessenen Temperatur im Zielgewebe basiert. Hierdurch werden
zu hohe Temperaturen im Zielgewebe verhindert und somit einer Verkohlung des Gewebes
um die Elektrodenspitzen vorgebeugt. Derzeit existieren monopolare, bipolare und multipolare
Ablationssysteme. Bei einem monopolaren Ablationssystem wird der Strom über kutan
aufgeklebte Neutralelektroden aus dem Körper abgeleitet. Bei bipolaren Ablationssystemen
wird der Strom zwischen jeweils 2 aktiven Elektrodenspitzen der Ablationssonde abgeleitet.
Multipolare Ablationssysteme basieren auf der simultanen Nutzung von 2 bis 6 bipolaren
Ablationssonden. Durch ein zusätzliches Lumen in neueren Ablationssonden kann überdies
eine Flüssigkeitskühlung mit NaCl-Lösung angelegt werden, welche Verkohlungseffekte
um die aktiven Elektrodenspitzen verhindert.
Die Wirksamkeit der RFA wurde sowohl bezüglich des primären Therapieerfolgs (primary
technique efficacy rate, PTER [6]), d. h. der bildgebend vollständigen Eradikation des Tumorgewebes, als auch in Bezug
auf das Gesamtüberleben (overall survival, OS) im Vergleich zur perkutanen Ethanolinjektion
(PEI) sowie zur chirurgischen Resektion in multiplen Studien untersucht.
Sowohl in Kohortenstudien als auch randomisiert kontrollierten Studien wurde für die
RFA von HCC bis zu einer maximalen Größe von 5 cm eine PTER zwischen 90 % und 100 %
nachgewiesen, das OS schwankte je nach Studie zwischen 60 % und 84,1 % nach 3 Jahren
beziehungsweise 37,0 % und 75,0 % nach 5 Jahren [7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25]
[26]
[27].
In 5 randomisiert kontrollierten Studien sowie in 2 Metaanalysen mit insgesamt 701
und 625 eingeschlossenen Patienten konnte eine Überlegenheit der RFA im Vergleich
zur PEI sowohl in Bezug auf die PTER als auch die LTP und das OS nachgewiesen werden
[7]
[8]
[10]
[11]
[13]
[28]
[29]. Dies führte in den letzten Jahren dazu, dass die RFA die PEI in den meisten Industrie-
und Schwellenländern als Standardverfahren der perkutanen lokalablativen Therapie
verdrängt hat.
Im Vergleich zur chirurgischen Resektion, neben der Lebertransplantation die einzige
andere primär kurative Therapie des HCC, kamen die bisher durchgeführten randomisiert
kontrollierten Studien zu uneindeutigen Ergebnissen. Teils wurden bessere Ergebnisse
für die chirurgische Resektion beschrieben [15]
[17], teils wurde die RFA als gleichwertige Alternative mit potenziellen Vorteilen durch
geringere Invasivität identifiziert [12]
[30], teils konnten keine signifikanten Unterschiede bezüglich des OS oder auch des rezidivfreien
Überlebens (recurrence free survival, RFS) ermittelt werden [24]
[30]. Auch in bisher durchgeführten Metaanalysen zu diesem Thema konnten keine eindeutigen
Vorteile für eine der beiden Methoden belegt werden. Einen nicht zu vernachlässigenden,
aber schwer wissenschaftlich abbildbaren und dementsprechend noch nicht aufgearbeiteten
Einfluss auf die Ergebnisse beider Therapiemethoden dürfte auch die Zentrumsexpertise
haben. Tendenziell scheint jedoch die primäre Resektion insbesondere für Tumoren mit
einem Diameter von mehr als 3 cm leicht bessere Ergebnisse bezüglich OS und RFS zu
gewährleisten [31]
[32]. Den Studien, die RFA und chirurgische Resektion vergleichen, ist allerdings gemein,
dass die RFA tendenziell mit geringeren Komplikationsraten und kürzeren Krankenhausaufenthalten
einhergeht als die Resektion [12]
[15]
[17].
Neben dem allgemeinen OS und RFS beschäftigten sich viele Studien auch mit der Ermittlung
von positiven und negativen Prädiktoren für einen Therapieerfolg. Im Allgemeinen konnten
zunehmende Tumorgröße, höhere Anzahl der HCC-Herde, ein höheres Child-Pugh-Stadium
und höhere Alpha-Fetoprotein (AFP)-Level im Serum (insbesondere über 200 ng/ml) als
relevante negative Prädiktoren identifiziert werden [13]
[14]
[18]
[22]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37].
Neben oben genannten Prädiktoren spielen auch weitere Einflussfaktoren auf den Therapieerfolg
und die Sicherheit der RFA eine Rolle. Ein wichtiger Faktor ist der Lagebezug zu großen
und mittelgroßen Lebervenen sowie Pfortaderästen, da durch den Wärmeabtransport in
den Gefäßen die unmittelbar angrenzende RFA-induzierte Hitzeentwicklung abgeschwächt
wird und somit das Risiko für eine inkomplette Ablation oder frühe Lokalrezidive steigt.
Dieses Phänomen ist unter dem Namen „Heat Sink Effect“ bekannt [38]. Durch die Hitzeentwicklung der RFA kann es zudem zu einer Schädigung von Gallengängen
und dadurch zu schwerwiegenden Komplikationen wie Cholangitiden oder Cholangiosepsis
kommen, weswegen ein direkter Lagebezug des HCC zum Hauptgallengang als Kontraindikation
für eine RFA gilt [39]. Weitere mögliche therapiepflichtige Komplikationen der RFA sind primär die Verletzung
umgebender Organe wie Niere, Nebenniere, Pankreas, Magen, Darm, Gallenblase, Pleura,
Lunge und Herz, entweder durch die Radiofrequenzelektrode oder durch die erzeugte
Hitze, aber auch Blutungen, Abszesse und die Verschleppung von Tumorzellen entlang
des Stichkanals, dem sogenannten „tumor seeding“, wobei jedoch insgesamt das Risiko
für sogenannte „major complications“ mit 1,0 % bis 3,4 % auf einem niedrigen Niveau
liegt [16]
[19]. Vergleichend hierzu werden für die chirurgische Resektion Morbiditätsraten von
30,9 % bis 41,7 % und eine Rate an „major complications“ von 1,6 % bis 24,5 % angegeben
[40]
[41].
Mikrowellenablation
Als alternatives hyperthermes Verfahren zur Ablation des HCC hat sich in den vergangenen
Jahren die Mikrowellenablation (MWA) etabliert. Die klinische MWA basiert auf der
Aussendung elektromagnetischer Wellen im Frequenzbereich zwischen 915 und 2450 MHz
in das Tumorgewebe. Die elektromagnetischen Wellen werden von einem Mikrowellengenerator
erzeugt und ausgehend von einem aktiven Zentrum einer Mikrowellenantenne, welche in
der Zielläsion platziert wird, in das umliegende Gewebe ausgesendet. Die Mikrowellen
erzeugen ein elektromagnetisches Wechselfeld, dessen Polarität sich ca. 109-mal pro Sekunde ändert. Dipolmoleküle richten ihre Ladung an diesem Wechselfeld aus.
Da der wichtigste Dipol für die hyperthermische Ablation das Wassermolekül (H2O) ist, sind Gewebe mit hohem Wassergehalt besonders empfindlich für die MWA. Die
Wassermoleküle werden durch die periodisch wechselnde Ausrichtung ihrer Ladungen im
elektromagnetischen Wechselfeld angeregt, was die kinetische Energie der Wassermoleküle
erhöht und so zu einer Erwärmung des Gewebes führt [42].
Im Gegensatz zur monopolaren RFA, die mit hochfrequentem Wechselstrom arbeitet, benötigt
die MWA keine Neutralelektrode für einen geschlossenen Kreislauf. Dies ermöglicht
den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Ablationssonden. Einige Systeme unterstützen den
synchronen Einsatz von bis zu 3 Ablationssonden, wodurch sich die erreichbare Ablationszone
im Vergleich zur sequentiellen Verwendung einer Ablationssonde vergrößert und in deutlich
kürzerer Zeit erreichen lässt [43]. Werden die Sonden zusätzlich phasensynchron betrieben, so wird der Synergieeffekt
der konstruktiven Interferenz ausgenutzt, was eine effizientere Gewebeerwärmung und
höhere Temperaturen ermöglicht und somit zu größeren, homogen zusammenhängenden Ablationsarealen
führt [42].
Da die MWA nicht von der Übertragung eines elektrischen Stroms im Gewebe abhängig
ist, ergeben sich einige technische Vorteile gegenüber der RFA. Mit der MWA kann ein
größeres Ablationsgebiet in kürzerer Zeit als bei der RFA erreicht werden. Außerdem
ist die MWA weniger anfällig für den „Heat Sink Effect“ als die RFA [44].
Sowohl in retrospektiven kontrollierten Studien als auch randomisiert kontrollierten
Studien und 2 Metaanalysen werden die PTER sowie das OS der MWA im Vergleich zur RFA
als ebenbürtig bewertet [45]
[46]
[47]
[48]
[49]
[50]
[51]
[52]
[53]. Das OS schwankt in den vorangehend genannten Studien zwischen 81,6 % und 97,9 %
nach einem Jahr, 50,5 % und 81,9 % nach 3 Jahren und 36,8 % bis 67,3 % nach 5 Jahren
bei einer PTER zwischen 94,9 % und 99,7 %. Eine Metaanalyse mit insgesamt 774 Patienten
zeigte, dass die MWA im Vergleich zur RFA bei HCC mit einem größeren Tumordiameter
ein signifikant längeres RFS erreichte (Odds Ratio 0,46; 95 % CI 0,24–0,89; p = 0,02),
wenn nur Studien beachtet wurden, die auch behandelte Tumoren mit einem Diameter von
mehr als 3 cm einschlossen [53].
Die Komplikationsraten der MWA scheinen ähnlich niedrig wie bei der RFA zu sein, wobei
das Spektrum der möglichen Komplikationen wie auch bei der RFA vor allem die Verletzung
umgebender, hitzevulnerabler Strukturen, Blutungen, Abszesse und „tumor seeding“ beinhaltet.
Aufgrund der zunehmend guten Datenlage bezüglich der onkologischen Wirksamkeit wurde
die MWA in den aktuellen S3-Leitlinien der RFA als kuratives Verfahren zur Erstlinientherapie
gleichgestellt [4].
Laserablation
Die Laserablation (LA, syn. laserinduzierte Thermotherapie, interstitielle Laserthermotherapie)
ist ein auf lokaler Erwärmung durch Laserenergie basierendes Ablationsverfahren und
wurde Anfang der 90er Jahre zur Therapie von Lebertumoren eingeführt [54]
[55]. Nach Punktion der Zielläsion mittels Koaxialnadel wird mittels Schleusensystem
ein lichtdurchlässiger thermostabiler Hüllkatheter mitsamt Laserapplikator eingebracht.
Für die Gewebeablation wird typischerweise ein Nd:YAG-Laser (Neodym dotierter Yttrium-Aluminium-Granat-Laser)
mit einer Wellenlänge von 1064 nm verwendet, welcher im niedrigenergetischen Bereich
arbeitet (maximal 20 Watt) und zu einer langsamen Erwärmung mit konsekutiver Destruktion
des Gewebes führt.
In der Behandlung primärer Lebermalignome liegen für das HCC kaum aktuelle Daten vor,
die bisher durchgeführten Studien kommen jedoch zu durchaus positiven Ergebnissen.
Mehrere retrospektive Kohortenstudien konnten für die LA bei Patienten mit HCC eine
PTER von 82–97 % aufzeigen [56]
[57]
[58]
[59]. In einer retrospektiven Multicenterstudie betrug die kumulative 3- und 5-Jahres-Überlebensrate
nach LA 61 % bzw. 34 %. Bemerkenswerterweise konnte in einer Subgruppenanalyse bei
Patienten mit Child-Pugh-Stadium A und HCCs ≤ 2 cm Durchmesser die 5-Jahres-Überlebensrate
auf bis zu 60 % gesteigert werden mit einer medianen Überlebenszeit von 63 Monaten
[60]. Die zuletzt genannten Ergebnisse werden durch eine randomisierte kontrollierte
Studie bestätigt, in der die LA bei HCCs ≤ 2 cm zur etablierten RFA vergleichbare
Ergebnisse in Bezug auf PTER und RFS bei gleichzeitig niedrigerer Komplikationsrate
demonstriert [61]. In einer weiteren randomisiert kontrollierten Studie mit insgesamt 140 Patienten
mit HCC innerhalb der Milan-Kriterien (entweder ein Tumorherd < 5 cm oder maximal
3 Tumorherde mit einem Diameter von < 3 cm) wurden ebenso vergleichbare Ergebnisse
zwischen LA und RFA aufgezeigt [62], sodass in Zusammenschau der o. g. Ergebnisse die LA eine potenzielle Alternative
bei Patienten mit Leberzirrhose und kleineren HCCs darstellt. Daneben wurde in einer
kürzlich publizierten retrospektiven Fall-Kontroll-Studie die Überlegenheit der LA
gegenüber der transarteriellen Chemoembolisation bei solitären nicht resezierbaren
HCCs ≥ 4 cm gezeigt [63]; die Ergebnisse müssen allerdings noch durch randomisierte kontrollierte Studien
bestätigt werden.
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse wird die LA in der aktuellen S3-Leitlinie
nicht erwähnt und, unter anderem wegen des hohen apparativen Aufwandes, selten angewendet
und ist in vielen Zentren insbesondere durch die MWA oder RFA verdrängt worden.
Kryotherapie
Im Gegensatz zu den hyperthermen Ablationsverfahren basiert die Kryotherapie (KT)
auf der Bildung von Eiskristallen im Zielgewebe unter Nutzung des Joule-Thomson-Effektes.
Hierfür wird innerhalb der derzeit verfügbaren perkutan in die Zielläsion eingebrachten
Kryoablationssysteme das Edelgas Argon unter hohem Druck in eine Expansionskammer
gepresst. Dort dehnt es sich aus und entzieht dem umliegenden Gewebe Energie in Form
von Temperatur mit konsekutiver Ausbildung eines Eisballs und einem damit einhergehenden
irreversiblen Zellschaden.
Die onkologische Wirksamkeit der perkutanen KT zur Therapie des HCC wurde innerhalb
der letzten Dekade wiederholt gezeigt. Die KT ist ein effektives Ablationsverfahren
für Patienten mit HCC innerhalb der Milan-Kriterien mit 1-, 3- und 5- Jahres-Überlebensraten
von 98,6 %, 80,6 % und 60,3 % [64]. Eine „Propensity-matched“ Populationsstudie mit insgesamt 3239 eingeschlossenen
Patienten mit lokalisiertem HCC (d. h. American Joint Committee on Cancer [= AJCC]
Stadium 1 und 2) zeigte keinen Unterschied zwischen KT und RFA im Hinblick auf OS
und das sogenannte Leberkrebs-spezifische Überleben (d. h. Todesursache HCC bedingt)
[65]. In einer randomisierten, kontrollierten multizentrischen Studie mit 360 Patienten
mit HCCs ≤ 4 cm und einem Child-Pugh-Stadium A oder B wurden ebenso vergleichbare
Ergebnisse zwischen KT und RFA bzgl. OS und Tumor-freiem Überleben demonstriert bei
allerdings deutlichen Vorteilen zugunsten der Kryotherapie im Hinblick auf die lokale
Tumorprogressionsrate bei HCCs > 3 cm (7,7 % vs. 18,2 %, p = 0,041) [66]. Die letztgenannten Ergebnisse wurden in einer retrospektiven Analyse zwischen KT
und RFA oder MWA bei Patienten mit HCCs < 5 cm bestätigt, in der durch KT vergleichsweise
eine deutlich verbesserte Lokalrezidiv-freie 2-Jahres-Überlebensrate gezeigt werden
konnte (Hazard Ratio 0,3; CI: 0,1–0,9; p = 0,02) [67].
Eine gefürchtete Komplikation der KT, insbesondere bei der Ablation großer Lebertumore,
ist das zytokinvermittelte Kryoschocksyndrom, bei dem es durch den Übertritt von Zelldebris
aus dem Ablationsareal in den systemischen Kreislauf u. a. zu einem ARDS (‚acute respiratory
distress syndrome‘), einem Nierenversagen oder einer disseminierten intravasalen Gerinnung
kommen kann. Die Komplikationsrate der KT ist insbesondere bei kleineren hepatischen
Läsionen (d. h. < 4 cm) jedoch als eher gering einzuschätzen bei gleichzeitig hoher
technischer Erfolgsrate von bis zu 96,6 % [68]
[69]. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass nach wie vor prospektiv randomisierte
Studien zur Effektivität und Sicherheit der KT im Vergleich zu operativen Verfahren
sowie zur Kombination mit systemischer Immun- oder Chemotherapie im Hinblick auf die
zunehmend multimodal basierte Therapie des HCCs fehlen [70]. Die KT ist aufgrund dessen auch nicht in der aktuellen S3-Leitlinie vertreten.
Kombination hyperthermer Ablationsverfahren mit transarteriellen Verfahren
Für HCCs mit einem Diameter zwischen 3 und 5 cm scheint zwar die chirurgische Resektion
tendenziell bessere Ergebnisse als die alleinige RFA bezüglich OS und RFS zu erreichen,
multiple Studien haben jedoch gezeigt, dass eine Kombinationstherapie aus TACE und
nachfolgender Thermoablation sowohl das OS als auch das RFS gegenüber einer alleinigen
Thermoablation oder TACE verbessern und niedrigere LTP (local tumor progression/lokale
Tumorprogression)-Raten erreicht werden können [71]
[72]
[73]
[74]. Dies gilt sowohl für die RFA als auch die MWA. Exemplarisch konnte eine randomisierte,
kontrollierte Studie mit 189 Patienten sowohl ein verbessertes OS als auch RFS von
Patienten mit einer Kombinationstherapie aus konventioneller Lipiodol-basierter TACE
(= cTACE) und RFA im Vergleich zur alleinigen RFA nachweisen mit einem 1-Jahres-OS
92,6 % vs. 85,3 % und 3-Jahres-OS 66,6 % vs. 59 % (Hazard Ratio 0,525, 95 % CI 0,335–0,822,
p = 0,002) [72]. Eine aktuelle Metaanalyse mit 1892 Patienten aus insgesamt 9 retrospektiven und
randomisiert kontrollierten Studien beobachtete zusätzlich ein vergleichbares OS nach
1 (Odds Ratio 1,71, 95 % CI 0,966–3,02, p = 0,07), 3 (Odds Ratio 0,94, 95 % CI 0,57–1,57,
p = 0,82) und 5 Jahren (Odds Ratio 0,84, 95 % CI 0,66–1,07, p = 0,15) für die chirurgische
Resektion und die Kombinationstherapie aus TACE und RFA bei geringerer Komplikationsrate
für die Kombinationstherapie (p = 0,0001) [75]. Aufgrund dieser Ergebnisse wird in den aktuellen S3-Leitlinien zur Behandlung des
HCCs bei Tumoren zwischen 3 und 5 cm die Kombinationstherapie aus TACE und Thermoablation
empfohlen wenn eine Resektion nicht möglich ist [4].
Durch die synergistischen Effekte aus TACE und Thermoablation, aber auch Weiterentwicklungen
der bereits bekannten Ablationsverfahren, können zunehmend auch größere Tumore behandelt
werden. So konnte eine retrospektive Studie bei 43 Patienten mit HCC und erhaltener
Leberfunktion bei einem durchschnittlichen Tumordiameter von 8,8 cm (SD 2,8 cm) durch
eine Kombinationstherapie aus cTACE gefolgt von Multiantennen-MWA ein OS nach einem
Jahr von 64,0 % und nach 2 Jahren von 46,8 % zeigen [76].
Kritisch zu betrachten ist bezüglich der Kombinationstherapie aus TACE und hyperthermer
Ablation allerdings, dass die Patientenkollektive der oben erwähnten Studien ausschließlich
aus dem asiatischen Raum mit entsprechend höherem Anteil an virushepatitisinduzierten
Leberzirrhosen und HCC stammten. Entsprechende Studien an europäischen und amerikanischen
Patientenkollektiven mit vorwiegend nutritiv toxischer Genese der Leberzirrhose und
HCC existieren bisher nicht.
Nicht thermische Ablationsverfahren
Irreversible Elektroporation
Die Irreversible Elektroporation (IRE) ist ein relativ neues, non-thermisches Ablationsverfahren,
das auf dem Prinzip der Elektroporation basiert [77]. Bei der IRE werden mehrere Elektroden mit einem isolierten Schaft und einer nicht
isolierten Spitze parallel um die Zielläsion herum platziert. Hierbei ist es wichtig,
dass die Abstände zwischen den einzelnen Elektroden im Bereich von 0,7 bis 2,0 cm
liegen. Anschließend werden zwischen den einzelnen Elektrodenpaaren durch wiederholte,
kurze Stromimpulse elektrische Felder erzeugt. Pro Elektrodenpaar werden hierbei 70
bis 100 Impulse mit einer Spannung zwischen 1650V und 3000V und einer Dauer von jeweils
90µs abgegeben. Durch das so erzeugte elektrische Feld kommt es zu einer irreversiblen
Ausbildung von Nanoporen in der Doppellipidschicht der Zellmembranen im Ablationsbereich,
was zum Zelltod durch Apoptose führt [78]. Ein Vorteil dieser Ablationstechnik gegenüber den thermischen Ablationsverfahren
ist, dass der Elektroporationseffekt die Zellmembranen, deutlich weniger jedoch die
Gewebearchitektur betrifft. Somit werden Blutgefäße, Gallengänge und Leberkapsel,
aber auch angrenzendes Zwerchfell in deutlich geringerem Maße geschädigt [79]
[80]. Dies macht die IRE zu einer potenziellen, kurativen Therapieoption für irresektable
HCCs, welche unmittelbar an zentrale Lebergefäße oder größere Gallengänge angrenzen.
Um Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern durch die Hochspannungsimpulse zu verhindern,
werden die einzelnen Impulse EKG-synchronisiert in der absoluten Refraktärphase der
Herzmuskelzellen abgegeben. Außerdem müssen Patienten während der IRE komplett muskelrelaxiert
sein, damit es nicht zu ungewollten Muskelkontraktionen während der Ablation kommt.
Dies wiederum bedingt, dass die IRE nur in Vollnarkose stattfinden kann. Erwähnenswert
ist auch, dass bei der IRE im Gegensatz zu den hyperthermen Ablationsverfahren keine
Ablation des Punktionstraktes möglich ist. Ob dies zu einem vermehrten Auftreten eines
sogenannten „tumor seedings“ entlang der Einstichwege der Elektroden führt, ist bislang
nicht wissenschaftlich aufgearbeitet.
Die Datenlage zur onkologischen Wirksamkeit der IRE im Vergleich zur RFA und MWA,
aber auch den übrigen perkutanen Ablationsverfahren, ist mangelhaft. Bisherige Studien
befassten sich zumeist neben dem HCC auch mit anderen Tumorentitäten, zeigten jedoch
erfolgsversprechende Ergebnisse. In einer aktuellen Metaanalyse wurden insgesamt 15
prospektive und 10 retrospektive einarmige Studien mit insgesamt 776 Patienten mit
Lebertumoren aller Entitäten auf OS, tumorprogressionsfreies Überleben (progression
free survival, PFS) und Sicherheit untersucht [81]. Für die IRE konnte in dieser Metaanalyse ein OS von 81,3 % nach 12 Monaten, 61,5 %
nach 2 Jahren und 40,9 % nach 3 Jahren beobachtet werden, das PFS wurde mit 64,2 %
nach 12 Monaten und 49,1 % nach 2 Jahren angegeben. Erwähnenswerterweise wurden HCCs
als behandelte Tumorentität als statistisch signifikanter Prädiktor für ein verlängertes
OS identifiziert (p = 0,0176 nach 12 Monaten und p = 0,0094 nach 3 Jahren). Insgesamt
wurden bei 23,7 % der Ablationen Komplikationen beobachtet, allerdings waren nur bei
6,9 % der Patienten die Komplikationen behandlungsbedürftig und somit als „major complication“
zu werten. Auffallend ist die relativ hohe Rate der „major complications“ im Vergleich
zu den thermoablativen Verfahren (6,9 % vs. 1,0–3,4 % [16]
[19]). Dieser Umstand ist möglicherweise unter anderem darauf zurückzuführen, dass die
IRE in den allermeisten Fällen bei Tumorläsionen eingesetzt wird, die aufgrund ihres
Lagebezuges zu hitzevulnerablen Strukturen oder großen Gefäßen nicht für Thermoablationen
geeignet und auch nicht resektabel sind und somit aufgrund ihrer „Hochrisikolage“
höhere Komplikationsraten nach sich ziehen.
Trotz der vielversprechenden ersten Daten wird die IRE aufgrund der insgesamt noch
niedrigen Evidenz aktuell in den deutschen und auch internationalen Leitlinien zur
Behandlung des HCC nicht empfohlen, wenn anstatt dessen eine Resektion, RFA oder MWA
möglich ist [4]. Auch aufgrund der technisch aufwendigen und potenziell anspruchsvollen Technik
bei der parallelen Platzierung mehrerer Elektroden, zumeist in der Nähe von großen
Lebergefäßen und von Hauptgallengängen, wird die IRE größtenteils nur an spezialisierten
Zentren und bei HCCs mit kleinerem Diameter durchgeführt.
Interstitielle Brachytherapie
Die interstitielle Brachytherapie (IBT) ist ein lokales Hochdosisbestrahlungsverfahren
(üblicherweise durchgeführt im Nachladeverfahren / in Afterloading-Technik) und ist
neben den thermischen Ablationsverfahren RFA und MWA Bestandteil der aktuellen ESMO-Leitlinien
als alternative Therapiemöglichkeit bei Patienten mit HCC im Stadium BCLC 0-A [82]. Erwähnenswerterweise lässt sich laut der aktuellen S3-Leitlinie aus der Literatur
zur IBT keine allgemeine Empfehlung hierfür ableiten. Ähnlich wie bei der LA wird
das Zielgewebe mittels Koaxialnadel punktiert und anschließend mittels Schleuse ein
Hüllkatheter für die Strahlenquelle (in der Regel Iridium-192) eingebracht. Nach Rücksprache
mit den Strahlentherapeuten werden in Abhängigkeit der Tumorgröße und -geometrie ggf.
multiple Katheter platziert, um ein optimales Bestrahlungsmodellierungsmodell zu akquirieren.
Eine anschließende Schnittbildgebung mittels Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie
(MRT) dient zur individuellen prätherapeutischen Bestrahlungsplanung. Vorteile der
IBT innerhalb der Leber sind der steile Dosisabfall von der Strahlungsquelle zur Peripherie
und einer damit einhergehenden Schonung des peritumoralen Gewebes sowie die bessere
Planbarkeit der Dosisexposition von Risikostrukturen (anders als die mehr oder weniger
unkontrollierte Hitzeausbreitung bei RFA/MWA). Ist bei der Planung eine Überschreitung
der bekannten Toleranzwerte vorliegend, kann eine Anpassung der Bestrahlungsgeometrie
vorgenommen werden oder die Zieldosis (unter Inkaufnahme einer geringeren Effektivität)
gesenkt werden. Weitere Vorteile sind die fehlende Limitierung bzgl. der zu behandelnden
Tumorgröße sowie die Unabhängigkeit von Kühleffekten großer Gefäße im Gegensatz zu
den thermischen Ablationsverfahren [83]
[84].
Für die IBT konnten in den letzten Jahren in überwiegend retrospektiven Kohortenstudien
bei Patienten mit HCCs bis zu 12 cm Durchmesser hervorragende lokale Tumorkontrollraten
≥ 90 % in einem Nachbeobachtungszeitraum von ≥ 12 Monaten gezeigt werden [85]
[86]
[87]
[88]. Eine kürzlich publizierte randomisierte monozentrische Phase-2-Studie demonstrierte
ein besseres „Outcome“ der IBT im Vergleich zur transarteriellen Chemoembolisation
hinsichtlich der Endpunkte TTUP (time to untreatable progression, Hazard Ratio: 0,49),
TTP (time to progression, Hazard Ratio: 0,49) und OS (Hazard Ratio: 0,62) bei insgesamt
77 Patienten mit nicht resektablem HCC [89]. Nach der BCLC-Klassifikation profitierten insbesondere Patienten im Stadium BCLC-B
und -C (Hazard Ratio für OS: 0,55 bzw. 0,52), sodass in Zusammenschau der Ergebnisse
laut den Autoren die Voraussetzungen für eine Phase-3-Studie gegeben sind. Darüber
hinaus werden allerdings weitere vergleichende prospektive, randomisierte Studien
gegenüber den etablierten Therapien RFA/MWA und transarterielle Chemoembolisation
benötigt, um den letztendlichen Stellenwert der IBT unter den perkutanen lokalablativen
Verfahren zu klären.
Elektrochemotherapie
Wie auch die IRE nutzt die Elektrochemotherapie (ECT) das Prinzip der Elektroporation
[90]. Hierzu werden mehrere Elektroden parallel um die Zielläsion platziert, der technische
Aufbau der Elektroden ist dabei identisch zur IRE, bestehend aus einem isolierten
Schaft und einer nicht isolierten Spitze. Im Unterschied zur IRE werden allerdings
lediglich 8 Stromimpulse mit einer Frequenz von 1000 Hz und einer Impulslänge von
100 µs und einer Spannung von bis zu 3 kV appliziert, wodurch eine Elektroporation
im Ablationsbereich erreicht wird. Durch die im Vergleich zur IRE kürzere Dauer der
Elektroporation und der geringeren elektrischen Feldstärken ist der Effekt der Elektroporation
bei der ECT im Gegensatz zur IRE reversibel. Durch die reversibel erzeugten Nanoporen
in den Zellmembranen im Ablationsbereich können Moleküle, die ansonsten nicht die
Doppellipidschicht der Zellmembranen überschreiten, in deutlich erhöhter Konzentration
nach intrazellulär übertreten. Dieser Effekt wird genutzt, um lokal eine zytotoxische
Konzentration eines Chemotherapeutikums zu erreichen, ohne einen systemischen Effekt
zu verursachen. Als Chemotherapeutika für die ECT haben sich Bleomycin und Cisplatin
etabliert. Für Bleomycin werden 100–5000-fach erhöhte lokale Konzentrationen erreicht,
für Cisplatin 1,8–12,2-fach erhöhte Konzentrationen [91]. Bleomycin kann entweder lokal in einer Konzentration von 1000 I/ml in den Tumor
oder intravenös mit einer Dosierung von 15 000 IU/m² Körperoberfläche appliziert werden,
Cisplatin darf lediglich lokal mit einer Konzentration von 1 mg/ml verabreicht werden
[92].
Die ECT wird seit 1991 zur Behandlung kutaner und subkutaner Metastasen diverser Tumorentitäten
eingesetzt [93]. Aufgrund der guten Verträglichkeit sowie guter lokaler Tumorkontrollraten ist die
ECT unter anderem in die aktuelle S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Malignen
Melanoms integriert [94].
Wie auch bei der IRE werden durch die ECT Blutgefäße, Gallengänge und Leberkapsel
sowie andere angrenzende Strukturen nur in sehr geringem Maße geschädigt. Potenzielle
Vorteile der ECT gegenüber der IRE sind kürzere Ablationszeiten aufgrund der geringeren
Impulsanzahl (8 Impulse pro Elektrodenpaar vs. 70–100 pro Elektrodenpaar) sowie die
Tatsache, dass die Elektroden bei der perkutanen ECT weiter voneinander entfernt platziert
werden können als bei der IRE (3,0 cm vs. 2,0 cm), was die Ablation deutlich größerer
Tumoren ohne Replatzierung der Elektroden ermöglicht. Potenzielle Nachteile der ECT
sind Nebenwirkungen aufgrund der eingesetzten Chemotherapeutika, wobei diese im Vergleich
zum systemischen Einsatz wegen der deutlich geringeren Dosierung wesentlich seltener
zu erwarten sind. Eine potenzielle und gefürchtete Nebenwirkung von Bleomycin ist
die medikamenteninduzierte Lungenfibrose, diese tritt ab einer kumulativen Dosis von
300 mg Bleomycin (300 000 IU) vermehrt auf [95]. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Körperoberfläche des Erwachsenen von
1,8 m² und einer Bleomycin-Dosierung von 15 000 IU/m² würde der Schwellenwert von
300 000 IU allerdings erst bei der 12. ECT-Behandlung überschritten werden.
Erste Fallserien und Pilotstudien zur intraoperativen ECT von Lebermetastasen und
HCCs zeigten vielversprechende Ergebnisse mit kompletten Ablationsraten von 55 % bis
88 % [96]
[97]
[98]
[99]. Für die perkutane ECT von HCCs existieren Stand 2021 lediglich 2 Case-Reports [100]
[101]. Aufgrund der somit noch nicht vorhandenen Evidenz für die perkutane ECT wird diese
auch nicht in den aktuellen S3-Leitlinien zur Diagnostik und Therapie des HCC erwähnt.
Zusammenfassung und Ausblick
Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich die perkutanen Tumorablationsverfahren
zu einem integralen Bestandteil im Behandlungsalgorithmus des HCCs entwickelt. Aufgrund
der guten Datenlage sind die RFA und MWA in Deutschland bei HCCs im Stadium BCLC 0
und A mit einem Diameter von ≤ 3 cm der chirurgischen Resektion mittlerweile als lokale
Erstlinientherapie gleichgestellt. Für HCCs mit einem Diameter zwischen 3 und 5 cm
wird in der aktuellen S3-Leitlinie eine Kombination aus transarterieller Chemoembolisation
(TACE) und Thermoablation mittels RFA oder MWA empfohlen, da bei HCCs dieser Größe
die Kombinationstherapie der alleinigen Thermoablation überlegen ist und mit der chirurgischen
Resektion vergleichbare Ergebnisse bezüglich des Gesamtüberlebens zeigt.
Ein weiterer Faktor zum Erreichen besserer Therapieergebnisse ist der Einsatz von
Navigationssystemen, welche eine genauere Therapieplanung und Sondenplatzierung, insbesondere
bei der Behandlung großer und komplexer Läsionen unter Verwendung multipler Sonden
oder Elektroden ermöglichen. In den letzten Jahren wurden verschiedene Navigationsanwendungen
zur CT-gesteuerten Ablation entwickelt und mit vielversprechenden Ergebnissen evaluiert:
Es konnten unter anderem eine präzisere Sondenplatzierung, kürzere Interventionszeiten
und eine geringere Strahlenexposition sowohl für die behandelten Patienten als auch
die Interventionalisten beobachtet werden. Sowohl robotische als auch stereotaktische
Systeme und Trackingsysteme sind aktuell auf dem Markt erhältlich [102]
[103]
[104]
[105]
[106]
[107]
[108]. Auch neue Techniken wie „Augmented Reality“ könnten in Zukunft zur Navigation bei
perkutanen Ablationen verwendet werden [109].
Für bildgesteuerte Ablationen mittels Ultraschall, CT und neuerdings auch MRT können
schwer einsehbare oder nicht erkennbare Läsionen ein Problem darstellen. Fortschritte
bei der Fusion von komplementären Bilddatensätzen aus CT-, MRT-, Ultraschall- sowie
Kontrastmittelultraschalluntersuchungen ermöglichen es, schwer sichtbare Tumoren effektiv
und sicher zu abladieren [110].
Zusätzlich zu Fortschritten bei der Technik der bereits bestehenden etablierten Ablationsmethoden
RFA und MWA entwickeln sich alternative Ablationsmethoden wie die KT, die LA, die
IRE und die IBT kontinuierlich weiter. Auch wenn die bisherigen Studienergebnisse
für diese Verfahren größtenteils positiv sind, liegt laut der S3-Leitlinie aktuell
noch keine ausreichende Evidenz für eine standardmäßige Implementierung in den Behandlungsalgorithmus
des HCC vor. Trotzdem stellen diese Verfahren bereits heute in Einzelfällen eine sinnvolle
Erweiterung des lokalablativen Arsenals dar und könnten bereits in der näheren Zukunft
eine prominentere Rolle einnehmen.
Zu guter Letzt wurde in den letzten Jahren mit der Elektrochemotherapie (ECT) ein
bereits aus der Dermatologie bekanntes Verfahren zur Behandlung von kutanen und subkutanen
Tumoren für die non-thermische perkutane Ablation von Lebermetastasen weiterentwickelt.
Die ECT ist in der Dermatologie seit Jahrzehnten bekannt und aufgrund der starken
Evidenz ein weit verbreitetes Verfahren, sowohl bei der Behandlung von Melanomen als
auch von Metastasen [111]. Ähnlich der IRE ist die ECT ein non-thermisches Verfahren, bei dem mehrere Elektroden
um die Zielläsion herum platziert werden. Im Gegensatz zur IRE wird jedoch keine irreversible,
sondern eine reversible Elektroporation durch die angelegten Stromfelder erzeugt.
Hierdurch werden im Zielgebiet hohe Konzentrationen eines unmittelbar vor der Elektroporation
intravenös oder lokal injizierten Chemotherapeutikums (in den meisten Fällen Bleomycin,
seltener Cis-Platin) erreicht, was zum Zelltod führt [112]. Wie auch bei der IRE ist die ECT ein Verfahren, bei dem Blutgefäße und Gallengänge
geschont werden. Im Gegensatz zur IRE können die Elektroden bei der ECT aber deutlich
weiter voneinander entfernt platziert werden, wodurch auch größere Zielläsionen mit
einem Diameter von mehr als 5 cm theoretisch kurativ behandelt werden können. Erste
Fallberichte und eine kleine Fallserie aus den letzten Jahren zeigen das Potenzial
der ECT [100]
[101]
[113], allerdings liegen noch keine Studien mit größeren Fallzahlen vor.
Insgesamt ist zu erwarten, dass die oben genannten technischen und prozeduralen Fortschritte
in Zukunft die Indikation zur perkutanen Tumorablation von HCCs weiter festigen und
die Behandlung größerer und komplexerer Tumoren ermöglichen.