Giustozzi M.
et al.
Clinical characteristics and outcomes of incidental venous thromboembolism in cancer
patients: Insights from the Caravaggio study.
J Thromb Haemost 2021;
DOI:
10.1111/jth.15461
Die internationale, randomisierte „Mutterstudie“ sollte in einem „Non-Inferiority“-Ansatz
bei 1155 Malignompatienten mit VTE den Einsatz von
-
Apixaban (10 mg per os 2-mal pro Tag über 7 Tage, dann 5 mg 2-mal täglich) und
-
Dalteparin (subkutan 200 IU/kg 1-mal täglich für 1 Monat, dann 150 IU/kg 1-mal täglich)
über 6 Monate vergleichen.
Michela Guistozzi und ihre Kollegen haben nun aus den Teilnehmern 2 Gruppen gebildet
und nach Unterschieden gesucht:
-
Patienten mit zufällig diagnostizierter VTE (n = 230, gemäß Studienprotokoll nicht
mehr als 20 % des Gesamtkollektivs) (Gruppe 1) und
-
Patienten mit symptomatischer VTE (n=925, Gruppe 2)
Die primären Endpunkte der Hauptstudie umfassten VTE-Rezidive unter der Behandlung
mit den beiden Gerinnungshemmern bis Monat 6 (Wirksamkeitsendpunkt) sowie schwere
Blutungen nach den Kriterien der International Society of Thrombosis and Haemostasis
(Sicherheitsendpunkt).
Bei etwa 3 Viertel der Patienten der Gruppe 1 war eine Lungenembolie (mit oder ohne
tiefe Venenthrombose) das Indexereignis, bei Patienten der Gruppe 2 war das nur bei
etwa der Hälfte der Fall. Umgekehrt war bei knapp einem Viertel der Teilnehmern der
Gruppe 1 eine tiefe Venenthrombose die erste festgestellte VTE, bei den Teilnehmern
der Gruppe 2 machten diese wiederum etwa die Hälfte aus.
Darüber hinaus bestand bei einem größeren Teil der Gruppe-1-Patienten ein kolorektales
Karzinom (27,8 % vs. 18,4 % der symptomatischen Patienten), in der Gruppe 2 dagegen
fanden sich mehr hämatologische Malignome (8,6 % vs. 3,9 %). Weiterhin war die Leistungsfähigkeit
gemäß ECOG (Eastern Co-operative of Oncology Group) in Gruppe 1 mit 0 Punkten besser
als in Gruppe 2 mit 2 Punkten. Und schließlich lag bei Patienten mit Zufalls-VTE häufiger
ein lokal ausgedehnter oder fernmetastasierter Tumor vor (74,8 % vs. 66,3 % in Gruppe
2).
Eine Rezidiv-VTE trat im Lauf der 6 Monate auf bei
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4,3% (n=10) der Patienten in Gruppe 1,
-
7,4% (n=68) der Patienten in Gruppe 2,
Zu schweren Blutungen kam es bei
-
5,2% der Patienten mit Zufalls-VTE (n=12) und
-
3,6% der Patienten mit symptomatischer VTE (n=33). In Gruppe 2 traten 2 und in Gruppe
1 keine tödlichen Blutungen auf.
Die Gesamtsterblichkeit in den beiden Gruppen schließlich war etwa vergleichbar, mit
26,5 % in Gruppe 1 und 24,5 % in Gruppe 2.
Während der Wirksamkeitsendpunkt (Rezidive) in Gruppe 1 anteilig seltener auftrat,
so war für den Sicherheitsendpunkt (Blutungen) das Gegenteil der Fall. Beide Unterschiede
allerdings verfehlten die statistische Signifikanz.
Die geschätzte Verminderung des relativen VTE-Rezidivrisikos durch Apixaban oder Dalteparin
betrug in der Gesamtgruppe 39 %, in Gruppe 1 waren es 59 % und in Gruppe 2 27 %.
Tumorpatienten mit symptomatischer VTE unterscheiden sich in einigen Punkten von solchen
mit zufälliger VTE-Diagnose, so die Autoren. Es fanden sich aber keine statistisch
signifikanten Unterschiede bei der Rezidivprophylaxe mit Apixaban oder Dalteparin
sowie bei dadurch ausgelösten Blutungen. In Anbetracht dieser Zahlen scheint Apixaban
eine akzeptable Option für die Betroffenen. Auf alle Fälle bestätigen sie Leitlinien,
die auch für asymptomatische VTE bei Malignomen eine Behandlung fordern.
Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim