Aktuelle Urol 2022; 53(06): 481
DOI: 10.1055/a-1813-5773
Editorial

Twindemie oder die Rückkehr der Influenzaviren

Hubert Kübler
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Prof. Dr. Hubert Kübler

Die Pandemie beherscht den medizinischen Alltag seit beinahe 3 Jahren und aggraviert den Mangel an Gesundheits- und Krankheitspflegekräften, Altenpflegekräften und medizinischem Assistenzpersonal. Waren es in der ersten Coronawelle die medizinischen bzw. intensivmedizinischen Herausforderungen in der Versorgung von schwerstkranken Patienten, so kämpfen wir aktuell mit organisatorischen Belangen. Durch die intensiven Screening-Maßnahmen vor der stationären Versorgung von Patienten kann das Infektionsgeschehen im Krankenhaus sehr gut kontrolliert werden, führt aber dazu, dass durch einen positiven Test kurzfristig Operationen ausfallen müssen und diese Saalkapazitäten nicht immer aufgefüllt werden können. Zudem kommt es durch krankheitsbedingte Personalausfälle zu signifikanten Bettenschließungen und Reduktion der Operationskapazitäten bis hin zu kompletten Ausfällen von Funktionseinheiten. Dieser Umstand führt zu einer hohen organisatorischen Belastung, Unmut bei den Patienten und Erschöpfungszustände beim Personal – eine negative Abwärtsspirale.

Die aktuell steigenden Inzidenzwerte und Coronaindikatoren versprechen nichts Gutes für die bevorstehende kalte Jahreszeit und es sind theoretische 3 Szenarien denkbar:

  1. Keine neue Virusvariante. Dennoch könnte dieses Szenario durch krankheitsbedingten Personalmangel in systemrelevanten Infrastrukturen zu massiven Problemen führen.

  2. Neue Virusvariante. Dies könnte das Gesundheitswesen ähnlich belasten wie die Omikronwelle Anfang diesen Jahres.

  3. Neue Variante mit erhöhtem Krankheitsrisiko. Diese Variante könnte den Immunschutz umgehen und die bisher erreichten Spitzenwerte in der Krankenhausbelastung in der Pandemie deutlich überschreiten.

Unabhängig davon welches Szenario eintreten wird tragen wir als Mediziner eine besondere Vorbildfunktion und sollten Hygienemaßnahmen und Impfkampanien im beruflichen wie privaten Umfeld unterstützen. Diese sind nicht nur auf SARS-Cov-2 beschränkt, denn die Influenza-Saison steht vor der Tür und in diesem Winter kursieren womöglich gleich zwei potenziell gefährliche respiratorische Viren. Hier ist es umso wichtiger, dass ein potenzieller Impfschutz gegen beide Erkrankungen besteht. Hier gilt es die schlechte Influenza-Impfquote der Vergangenheit deutlich zu verbessern, um einem Kollaps des medizinischen System entschieden entgegenzuwirken.

Nach so viel Schwarzmalerei wünsche ich uns einen positiveren Ausblick auf das nächste Jahr und verbleibe

mit freundlichen kollegialen Grüßen
Ihr
Hubert Kübler



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Article published online:
24 November 2022

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