MSK – Muskuloskelettale Physiotherapie 2022; 26(03): 117
DOI: 10.1055/a-1827-2649
Editorial

Exzentrisches Training – die Story

Arne Vielitz
 

Liebe Leserinnen und Leser,

ein Freizeitläufer klagt über Schmerzen im Bereich der Achillessehne, die vor 3–4 Monaten starteten und sich trotz Pause und angepasstem Training nicht verändert haben. In der Ultraschalluntersuchung wird eine Verdickung der mittleren Achillessehne (11 mm) mit strukturellen Anomalien auf der ventralen Seite der Sehne festgestellt. Der Läufer, selbst Arzt, bittet seinen Chef, ihn zu operieren und das makroskopisch abnorme Sehnengewebe zu entfernen. Dieser lehnt ab, mit der Begründung, dass er im Anschluss zu lange arbeitsunfähig sei. Nach einem erfolglosen Versuch mit einem exzentrischen Training, von dem er gelesen hat, dass es ein Therapieansatz bei chronischen Sehnenerkrankungen sein könnte, sucht er seinen Chef erneut auf. Dieser weist ihn erneut ab. Wütend beschließt er mit dem Training weiterzumachen, mit dem Gedanken, dass sein Chef ihn operieren muss, wenn die Sehne dabei reißt. Doch nach ca. 2–3 Wochen wird die Sehne allmählich schmerzfrei und nach etwa 5–6 Wochen kann er wieder joggen! [1]

Der Freizeitläufer war Prof. Dr. Håkan Alfredson, der nach dieser Erfahrung, die er Mitte der 1990er machte, ein exzentrisches Trainingsprogramm entwarf und erforschte. Mit guten Ergebnissen bei ca. 80 % der Proband*innen [1].

Eine Tendinopathie kann für unsere Patientinnen und Patienten, wie für Prof. Dr. Håkan Alfredson auch, ein einschränkendes und frustrierendes Problem sein. Aber auch bei uns Therapeutinnen und Therapeuten kann es zu Frust führen, wenn z. B. der erwartete Effekt der Behandlung nicht eintritt.

Aus diesem Grund widmen wir uns in dieser Ausgabe im Schwerpunkt den Tendinopathien der unteren Extremität. In den letzten Jahren hat sich viel in der Forschung zu diesem Thema getan und das anfangs revolutionäre Programm von Prof. Dr. Håkan Alfredson zur exzentrischen Belastung der Achillessehne ist mittlerweile weit verbreitet. In den drei Artikeln zu dem Thema erfahren Sie u. a., ob dieser Ansatz immer noch „State of the Art“ ist und wie es mit der Therapie bei Tendinopathien anderer Bereiche der unteren Extremität aussieht. Sie erfahren, welche Möglichkeiten Ultraschall in der Diagnostik bietet und welche Effekte ein isometrisches Trainingsprotokoll bei einer Achillessehnenproblematik hat.

Neben den drei Schwerpunktartikeln finden Sie wie immer weitere für Ihr tägliches Arbeiten interessante Artikel. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Herzliche Grüße

Arne Vielitz


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Article published online:
19 July 2022

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