Schlüsselwörter Parodontalerkrankungen - Frühgeburt - negative Geburtsoutcomes - Schwangerschaft -
Evidenz
Hintergrund
Frühgeburt: Epidemiologie und Ätiologie
Die Geburt vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche ist nach Daten der WHO die
zweithäufigste Todesursache für Kinder unter 5 Jahren und die Hauptursache für neonatale
Mortalität und
eine gravierende Früh- und Langzeitmorbidität [1 ]
[2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]. Jedes Jahr kommen
weltweit etwa 15 Millionen Kinder zu früh auf die Welt [6 ]. In 50% aller spontanen Frühgeburten ist die Ätiologie unklar [5 ]. Trotz intensiver Bemühungen und Fortschritte in der Medizin sinkt die Frühgeburtenrate
weltweit nicht signifikant [5 ]
[6 ]
[7 ]. Jedes Jahr sterben
daher fast 1 Million Frühgeborene in den ersten 28 Tagen nach der Geburt [2 ]. Ein Großteil davon entfällt auf die Entwicklungsländer
[6 ]. Die Frühgeburtenrate in Deutschland betrug 2020 7,99%. Deutschland nimmt damit
in Europa einen der hinteren Plätze ein. Für
Frühgeborene gelten durch die Unreife ihrer Organsysteme besondere Gesundheitsrisiken
[2 ]
[3 ]. Unter anderem bedingt die Unreife des Zentralnervensystems Apnoen, Bradykardien
sowie Störungen der Temperaturregulation [3 ]. Sie leiden oftmals an langfristigen körperlichen und geistigen Einschränkungen,
Entwicklungsstörungen des Nervensystems und Atmungsproblemen [2 ]
[5 ]. Nicht zuletzt kommen Risiken der klinischen Behandlung zu tragen, wie
beispielsweise nosokomiale Infektionen. Eine kausale Therapie bei drohender Frühgeburt
ist bisher nicht möglich. Bei der Reduktion der Frühgeburtenrate spielt die programmierte
Frühgeburt
aus medizinischen Gründen eine gewichtige Rolle [2 ]. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die risikobezogene Prävention, die vor allem im
ambulanten Bereich eine besondere Bedeutung spielt [2 ]
[7 ]. Hierzu gehört
insbesondere die Diskussion um die maternale Zahngesundheit in der Schwangerschaft.
Parodontitis in der Schwangerschaft
Seit vielen Jahren beschäftigt sich die Parodontologie mit dem potenziellen Zusammenhang
der Entzündungsherde im Mund und systemischen Erkrankungen wie Diabetes, Arthritis,
Demenz und
kardiovaskulären Krankheiten. Ebenso wird eine Assoziation mit unerwünschten Folgen
auf eine Schwangerschaft wie Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht und Präeklampsie
diskutiert [4 ]
[5 ]
[8 ]. Entzündungen des
Zahnbettes (Parodontitis) und Zahnfleisches (Gingivitis) sind bei Frauen im reproduktiven
Alter verbreitet [5 ]
[8 ]. Das Risiko für parodontale Entzündungen ist vor allem während der Schwangerschaft
erhöht, und präexistente Zahnfleischerkrankungen
neigen dazu, sich während der Schwangerschaft zu verschlechtern [4 ]
[5 ]
[8 ]
[9 ]. Das Auftreten einer chronischen Parodontitis in der Schwangerschaft wird in
der Literatur mit 5% bis 20% und einer Gingivitis mit 30% bis 100% angegeben [5 ]
[8 ]
[9 ]. Die Anfälligkeit schwangerer Frauen für Entzündungen im Mund könnte mit dem erheblich
veränderten
Hormonhaushalt in der Schwangerschaft erklärt werden, der die Gewebemorphologie im
Mund verändert [4 ]
[5 ]
[8 ]. Eine erhöhte Gefäßpermeabilität, Gefäßproliferation und -dilatation können zu
einer Entzündungsanfälligkeit beitragen. Aber auch immunologische Mechanismen könnten
eine Rolle spielen, da das maternale Immunsystem in der Schwangerschaft supprimiert
wird, um eine
vorzeitige Entbindung (Abstoßung) des Fetus zu verhindern [5 ]
[8 ].
Parodontitis und Frühgeburtsrisiko
Hinsichtlich der Frühgeburt ist ein viel diskutierter Mechanismus das Aufsteigen von
Bakterien über Vagina und Zervix in die Gebärmutterhöhle [2 ]
[5 ]
[8 ]. Dieser naheliegende Mechanismus wurde in der
wissenschaftlichen Diskussion in den letzten Jahren zugunsten anderer Pathomechanismen
in seiner Gewichtung relativiert. Neben anderen Hypothesen stellt sich die Frage nach
einem
Zusammenhang von Entzündungen im Mund und Schwangerschaftskomplikationen. Ein Mechanismus
wäre beispielsweise die hämatogene Ausbreitung von Mikroorganismen des Mundes [5 ]
[8 ]. Bei einer parodontalen Infektion können Bakterien über das Taschenepithel in
Blutgefäße gelangen und von dort die fetoplazentare Einheit erreichen [5 ]
[8 ]. So
konnten Katz et al. 2009 das parodontale Bakterium Porphyromonas gingivalis in der
Plazenta von Frauen mit Chorioamnionitis in erhöhter Konzentration nachweisen [5 ]. Auch indirekte biologische Mechanismen könnten einen möglichen Zusammenhang von
Entzündungen der Mundhöhle mit Frühgeburten erklären.
Durch die orale Infektion werden vermehrt körpereigene Entzündungsmediatoren ausgeschieden,
wie der Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) [5 ]
[8 ]. Die Folge ist eine erhöhte Prostaglandinsynthese, die zu Uteruskontraktionen, Zervixdilatationen
und einem
vorzeitigen Blasensprung führen kann. Additiv können Bakterien und ihre Produkte zur
Leber gelangen und dort ebenfalls eine gesteigerte Ausschüttung von Entzündungsmediatoren
bewirken [5 ]. Kumar et al. 2014 konnten hierzu zeigen, dass der Serumspiegel von TNF-α bei Frauen
mit Parodontitis und Präeklampsie statistisch
signifikant höher war als bei Schwangeren mit unauffälliger Mundhygiene und Präeklampsie
[5 ]. Eine alternative Erklärung könnte jedoch
auch sein, dass sich Schwangere durch eine Parodontalerkrankung ausweisen, die eine
genetische Prädisposition für eine überhöhte lokale oder systemische Entzündungsreaktion
auf einen
bestimmten Stimulus (z. B. Bakterien) zeigen [5 ]
[8 ]. Denkbar wäre neben dieser
Erklärung zudem eine verstärkte Produktion von Zytokinen nach dem Kontakt mit Bakterien,
die beispielsweise zu vorzeitigen Wehen oder einem Blasensprung führen können [5 ]
[8 ]. Offen bleibt, ob sich der vermutete Zusammenhang von Zahngesundheit und
Frühgeburtsrisiko und der Bezug zu anderen Schwangerschaftskomplikationen epidemiologisch
bestätigen lässt.
Ziele der Arbeit
Zwei Forschungsfragen liegen der Arbeit zugrunde.
Wie kann der Zusammenhang von Parodontalerkrankungen bei schwangeren Frauen und Schwangerschaftskomplikationen
anhand von Metaanalysen und systematischen Reviews beurteilt werden?
Wie kann die Wirksamkeit von Parodontalbehandlung vs. keine Behandlung bei schwangeren
Frauen mit Parodontalerkrankung in Bezug auf Frühgeburt und andere negative Geburtsergebnisse
(siehe Definition unten) anhand von Metaanalysen und systematischen Reviews beurteilt
werden?
Auf diese Weise können für die evidenzbasierte Hebammentätigkeit Schlüsse für eine
gute Schwangerenberatung gezogen werden und niedergelassene Gynäkologen und Hebammen
bei der klinischen
Entscheidungsfindung im Rahmen der Betreuung von Schwangeren unterstützt werden.
Material und Methoden
Studiendesign
Die vorliegende Studie versteht sich als narratives Review. Diese bieten einen breiten
Überblick zu einem bestimmten Thema [10 ].
Das PRISMA-Statement (Preferred Reporting Items for Systematic reviews and Meta-Analyses)
soll zur verbesserten Berichterstattung von systematischen Übersichtsarbeiten und
Metaanalysen
verwendet werden. Bestehend aus einer Checkliste sowie einem Flussdiagramm, welches
in 4 Phasen einer systematischen Übersicht aufgeteilt ist [11 ], wurde das PRISMA-Statement aufgrund seiner hohen Relevanz in der vorliegenden Studie
in einigen Teilen angewendet.
Primäre und sekundäre Outcomes
Das vorliegende narrative Review untersuchte den Zusammenhang zwischen Parodontalerkrankungen
und bestimmten Outcomes. Primäres Outcome bei dem vorliegenden narrativem Review stellt
die
Frühgeburt bis maximal 36+6 Schwangerschaftswochen (SSW) dar. Als sekundäre Outcomes
wurden perinatale Outcomes (niedriges Geburtsgewicht unter 2500 g, sehr niedriges
Geburtsgewicht unter
1500 g, niedriges Frühgeburtsgewicht, niedriges Gestationsalter, Frühgeburt vor 35 SSW
resp. < 35 SSW [bis 34+6 SSW] bzw. vor 32 SSW resp. < 32 SSW [bis 31+6 SSW], Stillgeburten)
und
maternale Outcomes (Sterblichkeit, Präeklampsie, unerwünschte Wirkung der Therapie,
Plaquewerte, Zahnfleischgesundheit, Änderung der Sondierungstiefe, Veränderung der
klinischen
Attachmentwerte) definiert.
Auswahl der Studien
Im Februar 2021 wurde eine elektronische Datenbankrecherche (PubMed und Cochrane-Datenbank)
nach relevanten Metaanalysen und systematischen Reviews durchgeführt, die im Februar
2022
aktualisiert wurde. Anhand der vorab festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien wurde
von 3 unabhängigen Autoren (AK, NF, DS) nach relevanten Artikeln gesucht. Abschließend
wurden die
Suchergebnisse aller 3 Autoren im Rahmen eines kollegialen wissenschaftlichen Austauschs
zusammengeführt.
Suchtermini
In den verwendeten Studien wurde meist die Behandlung entzündlicher Zahnfleischerkrankungen
wie Gingivitis und Parodontitis analysiert. Es wurde keine Klassifizierung des Schweregrads
der
Parodontalerkrankung festgelegt.
Die verwendeten Datenbanken zur Recherche stellten PubMed und die Cochrane-Datenbank
dar. Für die Recherche auf PubMed wurden die Filter „Systematic Review“ und „Meta-Analysis“
aktiviert.
Ein weiterer Filter bestand in dem Einschluss der Veröffentlichung der Studien in
dem Zeitraum zwischen dem 01.01.2010 und dem 01.02.2022. Die Suchstrategie bestand
darin, relevante
Suchbegriffe durch die booleschen Operatoren zu verbinden. Ein Suchbegriff beschreibt
das primäre Outcome der vorliegenden Arbeit („preterm birth“), während ein anderer
Suchbegriff die zu
untersuchende Intervention beschreibt („periodontal treatment“). Durch die booleschen
Operatoren wurden diese Suchbegriffe verbunden (z. B. „preterm birth“ AND „periodontal
treatment“).
Ebenso wurde der Suchbegriff des primären Outcomes („preterm birth“) verbunden mit
dem Suchbegriff „periodontal disease“ (z. B. „preterm birth“ AND „periodontal disease“).
In der
Cochrane-Datenbank wurde der Suchbegriff „periodontal disease“ mit dem Filter der
„Cochrane Reviews“ recherchiert. Die letzte Suche fand am 14.02.2022 statt.
Einschlusskriterien und Ausschlusskriterien
Ein Einschlusskriterium stellte das Studiendesign der Metaanalyse dar. Studien, die
sowohl eine Metaanalyse als auch ein systematisches Review durchführten, wurden ebenfalls
akzeptiert. Es
wurden nur Studien eingeschlossen, die zwischen dem 01.01.2010 und dem 01.02.2022
veröffentlicht wurden und in englischer Sprache verfasst waren. Die Teilnehmerinnen
der Studien sollten
Frauen in der Schwangerschaft darstellen. Außerdem wurden Studien eingeschlossen,
welche das Schwangerschaftsalter bei der Geburt im Zusammenhang mit Parodontalerkrankungen
betrachteten. Ein
weiteres Einschlusskriterium stellten perinatale und maternale Outcomes im Kontext
der Parodontalerkrankungen dar, die im Zusammenhang mit negativen Geburtsereignissen
stehen. Ebenso wurden
Studien, die den Zusammenhang zwischen einer Frühgeburt und der Behandlung einer Parodontalerkrankung
analysierten, eingeschlossen. Alle Studiendesigns (z. B. Beobachtungs- oder
Interventionsstudie) sowie weitere Literatur (z. B. Fachbücher oder graue Literatur)
abgesehen von den systematischen Reviews und Metaanalysen wurden ausgeschlossen. Auch
Studien, welche
ausschließlich das Studiendesign systematische Übersichtsarbeit (nicht in Kombination
mit Metaanalysen) darstellten, wurden ausgeschlossen.
Datenextraktion
Es wurden die methodischen Kennzeichen der eingeschlossenen Studien analysiert und
dargestellt. Diese stellten den Studientyp, das Land und die Intervention der untersuchten
Studien, die
Kennzeichen der Probandinnen, das Studienziel, die Endpunkte/Outcomes sowie die Einschluss-/Ausschlusskriterien
der ausgewählten Studien dar. Auch die Ergebnisse der eingeschlossenen Studien
wurden betrachtet. Es wurden die Endpunkte und die Ergebnisse der Studien extrahiert.
Als Ergebnismaße der einbezogenen Metaanalysen wurde das Relative Risiko (RR) oder
die Odds Ratio (OR)
(95% Konfidenzintervall) betrachtet.
Bewertung der Qualität der eingeschlossenen Studien
Hochwertige Übersichtsarbeiten identifizieren die Evidenz systematisch, bewerten diese
methodisch und fassen sie deskriptiv oder metaanalytisch zusammen. Systematische Verzerrungen
von
systematischen Übersichtsarbeiten sollten bewertet werden [12 ]. Zur Bewertung der Qualität der eingeschlossenen systematischen
Übersichtsarbeiten und Metaanalysen wurde die validierte und häufig verwendete AMSTAR-Checkliste
verwendet, die 11 Leitfragen enthält. Die Antwortmöglichkeiten Ja, Nein, unklar und
nicht anwendbar standen dabei für jede Leitfrage zur Verfügung. Für die Gesamteinschätzung war allerdings
kein „cut-off“ vorgesehen. Für dieses Review wurde die AMSTAR-Checkliste (A
MeaSurement Tool to Assess Systematic Reviews) in deutscher und leicht modifizierter
Übersetzung unter Berücksichtigung von gegenwärtigen Standards angewendet und in tabellarischer
Form
dargestellt [12 ].
Ergebnisse
Ergebnisse der narrativen Literaturrecherche
Die elektronische Suche in den Datenbanken ergab 13 Ergebnisse. Nach Screening des
Abstracts wurden 4 Artikel ausgeschlossen. Die 8 verbliebenen Artikel wurden im Volltext
beurteilt, wobei
ein Artikel aufgrund von geringer Relevanz für die hier fokussierte Fragestellung
ausgeschlossen wurde. Schließlich wurden 7 Artikel [4 ]
[8 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ] in dieses narrative Review aufgenommen (vgl. [Abb. 1 ]). Die 7 Metaanalysen und systematischen Reviews stammen aus
Großbritannien, Spanien, Polen, Brasilien, Kanada und Griechenland.
Abb. 1 Flussdiagramm zur narrativen Literaturrecherche nach PRISMA-Schema [11 ].
Methodische Kennzeichen der eingeschlossenen Studien
Insgesamt wurden 7 Studien in dieses narrative Review aufgenommen. Diese Studien stellten
Metaanalysen und systematische Reviews dar. Vier Metaanalysen und systematische Reviews
[4 ]
[13 ]
[14 ]
[17 ] betrachteten randomisierte und kontrollierte Interventionsstudien (Intervention
Parodontalbehandlung vs. keine Behandlung), wogegen 3
Metaanalysen und systematische Reviews Beobachtungsstudien beinhalteten, die den Zusammenhang
von negativen Geburtsergebnissen mit Parodontalerkrankungen analysierten [8 ]
[15 ]
[16 ]. Die Metaanalysen
berücksichtigen Studien aus 5 verschiedenen Kontinenten (Amerika, Europa, Asien, Australien,
Afrika) und 7 verschiedenen Ländern (Chile, Irak, Indien, Brasilien, Malaysia, Madagaskar,
Kanada). Die Probandinnenanzahl in den eingeschlossenen Studien schwankte zwischen
n = 6558 und n = 12047. Für alle hier betrachteten Studien ergab sich eine Gesamt-Probandinnenanzahl
von
n = 56755. In allen Studien stellten schwangere Frauen die Probandinnen dar und die
Exposition eine Parodontalerkrankung. In allen untersuchten Metaanalysen und systematischen
Reviews wurde
als primäres Outcome die Frühgeburt (< 37 Wochen) untersucht [4 ]
[8 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ]. In 6 der 7 [4 ]
[8 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[17 ] Metaanalysen und systematischen Reviews wurde zusätzlich noch das niedrige
Geburtsgewicht bei SGA (< 2500 g) als primäres Outcome betrachtet. Die sekundären
Outcomes der Studien stellten unterschiedliche maternale oder perinatale Outcomes
dar. Die methodischen
Kennzeichen der Studien sind ausführlich in [Tab. 1 ] dargestellt.
Tab. 1
Methodische Kennzeichen der eingeschlossenen Studien.
Studie
Studientyp
Land und Intervention der untersuchten Studien
Kennzeichen der Probandinnen
Studienziel
Endpunkte/Outcomes
Einschluss-/Ausschlusskriterien
Iheozor-Ejiofor et al., 2017 [4 ]
Cochrane Review
Länder der untersuchten Studien: 5 aus Nordamerika, 4 aus Südamerika, 3 aus Europa, 2 aus Asien und 1 aus Australien
Intervention der untersuchten Studien: Die Intervention stellte bei 11 Studien Parodontalbehandlung (jede Kombination mechanischer
Behandlung) vs. keine Behandlung dar und
bei 4 Studien Parodontalbehandlung vs. alternative Parodontalbehandlung.
Probandinnen: 7161 schwangere Frauen
Exposition: Probandinnen mit Parodontitis oder Gingivitis
Weitere Merkmale: Probandinnen im 1. oder 2. Schwangerschaftsdrittel (außer in 2 Studien); Schweregrad
der Parodontitis von mäßig bis schwer
Ziel: Untersuchung, ob die Behandlung von Zahnfleischerkrankungen ungünstigen Geburtsergebnissen
bei schwangeren Frauen vorbeugen kann.
Primäre Outcomes: perinatale Outcomes (Gestationsalter bei Geburt, Geburtsgewicht, niedriges Gestationsalter);
mütterliche Outcomes (Sterblichkeit, Präeklampsie,
unerwünschte Wirkung der Therapie)
Sekundäre Outcomes: mütterliche Outcomes (Plaquewerte, Zahnfleischgesundheit, Änderungen der Sondierungstiefe;
Veränderungen der klinischen Attachmentwerte)
Einschlusskriterien: Alle randomisierten kontrollierten Studien, welche die Auswirkungen einer Parodontalbehandlung
auf die Verhinderung oder Verringerung der perinatalen
und mütterlichen Morbidität und Mortalität untersuchten.
Ausschlusskriterien: Ausgeschlossen wurden Studien, in denen die geburtshilflichen Ergebnisse nicht berichtet
wurden.
Manrique-Corredor et al., 2019 [16 ]
systematisches Review und Metaanalyse
Länder der untersuchten Studien: 8 Studien aus Amerika, 6 aus Europa, 5 aus Asien und 1 aus Afrika
Intervention der untersuchten Studien: –
Probandinnen: 10215 schwangere Frauen
Exposition: Parodontitis bei der schwangeren Frau
Ziel: Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Parodontitis und Frühgeburt bei Frauen im
gebärfähigen Alter
Primäre Outcomes: Frühgeburt oder keine Frühgeburt
Einschlusskriterien: Einbezug von analytischen Fallkontrollstudien und prospektiven Kohortenstudien. Studien
mussten Assoziationen mit ORs ausdrücken. Englische oder
spanische Artikel wurden berücksichtigt. Definition der WHO von Frühgeburten.
Konopka et al., 2012 [15 ]
Metaanalyse
Länder der untersuchten Studien: 8 Studien aus Europa, 7 aus Südamerika, 4 aus Nordamerika und 3 aus Asien
Intervention der untersuchten Studien: –
Probandinnen: 12047 schwangere Frauen
Exposition: Parodontitis bei der schwangeren Frau
Ziel: Untersuchung des Einflusses von Parodontitis auf Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht
Primäre Outcomes: Frühgeburt vor der 37. Schwangerschaftswoche; niedriges Geburtsgewicht unter 2500 g
Einschlusskriterien: nicht experimentelle, Fallkontroll-, prospektive oder Kohortenstudien; Exposition
definiert als Parodontitis bei der Mutter; Fälle mit Frühgeburt vor
37. Schwangerschaftswoche oder niedriges Geburtsgewicht unter 2500 g; Studien, die
an Menschen durchgeführt wurden; nur Fallparameter wurden in Parodontalstudien verwendet;
nur
eine (früheste) Studie wurde berücksichtigt, die von der gleichen Autorengruppe durchgeführt
wurde.
Da Rosa et al., 2012 [14 ]
systematisches Review und Metaanalyse
Länder der untersuchten Studien: Studien stammen aus Chile, USA, Irak, Indien, Australien und Brasilien.
Intervention der untersuchten Studien: Behandlung von Parodontalerkrankungen im Vergleich zur üblichen Versorgung
Probandinnen: 6988 schwangere Frauen
Exposition: Schwangere Frauen mit Zahnfleischentzündung, bei welcher ≥ 25% der Stellen beim Sondieren
bluteten, und Stellen mit einem klinischen Attachmentverlust von
> 2 mm.
Weitere Merkmale: Frauen über 18 Jahre mit einer einmaligen Schwangerschaft von 22 Wochen oder weniger
Ziel: Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Parodontalerkrankungen, Frühgeburt und niedrigem
Geburtsgewicht sowie die Gründe für die anhaltenden Kontroversen in diesem
Bereich zu erforschen
Primäre Outcomes: Frühgeburt (< 37 Wochen), niedriges Geburtsgewicht (< 2500 g) und/oder niedriges
Frühgeburtsgewicht
Einschlusskriterien: Studien mussten spezifisch Behandlungen von Parodontalerkrankungen während der Schwangerschaft
untersuchen, die Ergebnisse der üblichen Behandlung und
der spezifischen Behandlung vergleichen und über mindestens ein Outcome von Interesse
berichten. Es wurden nur randomisierte Studien eingeschlossen, deren Probandinnen
bestimmte
Kriterien erfüllten.
Boutin et al., 2013 [13 ]
systematisches Review und Metaanalyse
Länder der untersuchten Studien: 5 Studien aus Vereinigten Staaten, 1 aus Australien und 2 aus Chile, 2 aus Brasilen,
1 aus Iran und 1 aus Indien
Intervention der untersuchten Studien: Die Intervention (Parodontalbehandlung) bestand aus Wurzelglättung und oberflächlicher
Zahnsteinentfernung und wurde in allen Studien
vor Woche 28 der Schwangerschaft eingeleitet.
Probandinnen: 7018 schwangere Frauen
Exposition: Parodontalerkrankung bei der schwangeren Frau
Ziel: Die Auswirkungen der Parodontalbehandlung auf das Risiko einer Frühgeburt zu untersuchen
und die Heterogenität zwischen den Studien zu erforschen.
Primäres Outcome: Frühgeburt, definiert als eine Entbindung vor der 37. Schwangerschaftswoche
Sekundäres Outcome: Entbindungen vor der 35. und 32. Schwangerschaftswoche, Gestationsalter bei der Geburt,
Geburtsgewicht, niedriges Geburtsgewicht, definiert als ein
Geburtsgewicht unter 2500 g, und sehr niedriges Geburtsgewicht, definiert als ein
Geburtsgewicht unter 1500 g
Einschlusskriterien: RCTs mit schwangeren Frauen mit Parodontalerkrankungen (alle Schweregrade, einschließlich
Gingivitis), die entweder eine Parodontalbehandlung (Scaling
und Wurzelglättung) oder keine Behandlung erhielten. Alle Komparatoren wurden akzeptiert.
Ausschlusskriterien: Studien, die Teilnehmerinnen aus einer Population von Frauen mit systematischen oder
schwangerschaftsbedingten Gesundheitsproblemen oder mit hohem
Frühgeburten Risiko auswählten.
Polyzos et al., 2010 [17 ]
systematisches Review und Metaanalyse
Länder der untersuchten Studien: Studien aus Chile, USA, Iran, Indien, Australien und Brasilien
Intervention der untersuchten Studien: Schwangere Frauen wurden einer Behandlung mit Scaling und Wurzelglättung unterzogen,
im Vergleich zu keiner Behandlung oder
Prophylaxe.
Probandinnen: 6558 schwangere Frauen
Exposition: Parodontalerkrankung bei der schwangeren Frau
Ziel: Untersuchung, ob die Behandlung von Parodontalerkrankungen mit Scaling und Wurzelglättung
während der Schwangerschaft mit einer Verringerung der Frühgeburtenrate
verbunden ist.
Primäres Outcome: Frühgeburt (< 37 Wochen)
Sekundäre Outcomes: niedriges Geburtsgewicht (< 2500 g), Spontanaborte/Stillgeburten und insgesamt ungünstige
Schwangerschaftsergebnisse (Frühgeburt < 37 Wochen und
Spontanaborte/Stillgeburten)
Einschlusskriterien: Studien, in denen schwangere Frauen einer Behandlung mit Scaling und Wurzelglättung
im Vergleich zu keiner Behandlung oder Prophylaxe unterzogen
wurden. Studien, in welchen Patientinnen mit einer dokumentierten Parodontalerkrankung
einschlossen wurden, unabhängig von der Tiefe und des Schweregrads der Erkrankung.
Ausschlusskriterien: Randomisierte Studien, die Patientinnen mit drohender Frühgeburt einschlossen, die
Wehenhemmer erhielten, sowie nicht randomisierte und
pseudorandomisierte Studien.
Moliner-Sánchez et al., 2020 [8 ]
systematisches Review und Metaanalyse
Länder der untersuchten Studien: Studien aus Chile, USA, Malaysia, Brasilien, Madagaskar, Indien, Kanada
Intervention der untersuchten Studien: –
Probandinnen: 6768 schwangere Frauen
Exposition: Parodontalerkrankungen bei der schwangeren Frau
Weitere Merkmale: Alter der Probandinnen zwischen 18 und 40 Jahren, die Teilnahme an der Studie begann
zwischen der 6. und 24 Schwangerschaftswoche.
Ziel: Alle in der wissenschaftlichen Literatur verfügbaren Nachweise über das Risiko einer
Frühgeburt und/oder eines Neugeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht bei
schwangeren Frauen mit Parodontalerkrankungen analysieren.
Primäre Outcomes: Frühgeburt und oder niedriges Geburtsgewicht
Einschlusskriterien: Kohortenstudien, die das relative Risiko einer Frühgeburt und/oder eines niedrigen
Geburtsgewichts bei schwangeren Frauen mit Parodontalerkrankungen
analysierten. Studien, die lediglich den möglichen Zusammenhang zwischen diesen Variablen
beschreiben, sowie solche, in denen während der Schwangerschaft eine Parodontalbehandlung
durchgeführt wurde. Bei den untersuchten Frauen musste im Verlauf der Schwangerschaft
eine Parodontitis klinisch diagnostiziert werden.
Zusammenhang zwischen Parodontalerkrankungen, deren Behandlung und den Geburtsoutcomes
Die Metaanalysen und systematischen Reviews kommen zu heterogenen Ergebnissen. Fünf
der 7 betrachteten Metaanalysen und systematischen Reviews [4 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[17 ] fanden keinen signifikanten Zusammenhang einer Parodontalerkrankung und/oder einer
Parodontalbehandlung mit
bestimmten maternalen und perinatalen Outcomes. So stellten Iheozor-Ejiofor et al.
[4 ] fest, dass es keine ausreichende Evidenz gibt, um
zu bestimmen, welche Parodontalbehandlung am besten geeignet ist, um ungünstige geburtshilfliche
Folgen zu verhindern. Auch Konopka et al. [15 ] legten dar, dass die Hypothese, dass Parodontitis ein unabhängiger Risikofaktor
für einen vorzeitige Schwangerschaftsbeendigung und/oder ein niedriges Geburtsgewicht
darstelle, noch weiter geprüft werden müsse. Rosa et al. [14 ] stellten hingegen fest, dass die Behandlung von Parodontalerkrankungen
während der Schwangerschaft keinen allgemeinen Schutz gegen Frühgeburt und niedriges
Geburtsgewicht bieten kann. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Boutin et al. [13 ], die feststellten, dass sich keine signifikante Verringerung des Frühgeburtenrisikos
durch eine Parodontalbehandlung ergibt. Auch
Polyzos et al. [17 ] bestätigten dies, indem sie zeigten, dass die Behandlung von Parodontitis bei schwangeren
Frauen keine
signifikanten Auswirkungen auf die Häufigkeit von Frühgeburten hat. Zwei der 7 betrachteten
Metaanalysen und systematischen Reviews kamen dagegen zu komplementären Ergebnissen,
da sich hier
Zusammenhänge zwischen Parodontalerkrankungen und bestimmten maternalen und/oder perinatalen
Outcomes zeigten. So stellten Manrique-Corredor et al. [16 ] fest, dass das Risiko einer Frühgeburt durch mütterliche Parodontitis verdoppelt
wird. Moliner-Sánchez et al. [8 ] zeigten einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Parodontitis und den
untersuchten Outcomes, als die Ergebnisse in Zusammenhang mit dem Pro-Kopf-Einkommen
der Länder untersucht wurden. Eine ausführliche Darstellung der zentralen Ergebnisse
der Studien findet sich in [Tab. 2 ].
Tab. 2
Zentrale Ergebnisse der Studien.
Studie
Endpunkte
Ergebnisse/Schlussfolgerung
Iheozor-Ejiofor et al., 2017 [4 ]
Kein eindeutiger Unterschied bei Frühgeburten < 37 Wochen (RR 0,87, 95%-KI 0,70–1,10)
zwischen Parodontalbehandlung und keiner Behandlung. Hinweise von geringer Qualität,
dass
eine Parodontalbehandlung das niedrige Geburtsgewicht < 2500 g verringern kann (RR
0,67, 95%-KI 0,48–0,95). Es ist unklar, ob die Parodontalbehandlung zu einem Unterschied
bei
Frühgeburten < 35 Wochen (RR 1,19, 95%-KI 0,81–1,76) und < 32 Wochen (RR 1,35, 95%-KI
0,78–2,32), niedrigem Geburtsgewicht < 1500 g (RR 0,80, 95%-KI 0,38–1,70), perinatale
Sterblichkeit (einschließlich fetaler und neonataler Todesfälle bis zu den ersten
28 Tagen nach der Geburt) (RR 0,85, 95%-KI 0,51–1,43) und Präeklampsie (RR 1,10, 95%-KI
0,74–1,62)
führen kann.
insgesamt eingeschlossene Studien: 15 RCTs
Ergebnisse: Vergleicht man schwangere Frauen mit Zahnfleischerkrankungen, die eine Parodontalbehandlung
erhalten, mit denen, die keine Behandlung erhalten, gibt es keinen
eindeutigen Unterschied in der Anzahl der vor der 37. Schwangerschaftswoche geborenen
Babys und es werden möglicherweise weniger Babys mit einem Gewicht von weniger als
2500 g
geboren (Belege geringer Qualität).
Schlussfolgerung: Es gibt keine ausreichende Evidenz, um zu bestimmen, welche Parodontalbehandlung
besser geeignet ist, ungünstige geburtshilfliche Folgen zu
verhindern.
Manrique-Corredor et al., 2019 [16 ]
Die Metaanalyse ergibt eine OR von 2,01 (95%-KI 1,71, 2,36), was einen signifikanten
positiven Zusammenhang zwischen den erklärenden und den Ergebnisvariablen darstellt.
insgesamt eingeschlossene Studien: 20 Studien
Ergebnisse: Das Risiko einer Frühgeburt wird durch mütterliche Parodontitis verdoppelt.
Schlussfolgerung: Gesundheits- und Bildungszentren sollten diesem Risikofaktor Vorrang einräumen und
Maßnahmen zur Prävention bei allen Frauen im gebärfähigen Alter
durchführen, um die Häufigkeit von Frühgeburten zu verringern.
Konopka et al., 2012 [15 ]
Die allgemeine Odds Ratio für eine Frühgeburt mit einem Kind mit geringem Gewicht
für Mütter mit Parodontitis beträgt 2,35 (1,88–2,93, p < 0,0001). Für ein niedriges
Geburtsgewicht beträgt die Gesamt-OR 1,5 (95%-KI: 1,26–1,79, p = 0,001), für Frühgeburten
−2,73 (95%-KI: 2,06–3,6, p < 0,0001).
insgesamt eingeschlossene Studien: 15 Fallkontrollstudien, 1 Querschnittstudie und 6 Kohortenstudien
Ergebnisse: Die Hypothese, dass Parodontitis ein unabhängiger Risikofaktor für einen vorzeitigen
Schwangerschaftsabbruch und/oder ein niedriges Körpergewicht der
Neugeborenen ist, muss noch weiter überprüft werden.
Schlussfolgerung: Die zahnärztliche Betreuung schwangerer Frauen sollte als integraler Bestandteil
des pränatalen Betreuungsprogramms etabliert werden.
Da Rosa et al., 2012 [14 ]
Die Behandlung von Parodontalerkrankungen während der Schwangerschaft hat keinen signifikanten
Einfluss auf die Gesamtrate der Frühgeburten < 37 Wochen (RR = 0,90, 95%-KI:
0,68–1,19; p = 0,45; I2: 74%). Ein schwacher Zusammenhang zwischen der Behandlung
von Parodontalerkrankungen während der Schwangerschaft und der Verringerung des niedriges
Geburtsgewicht < 2500 g und ohne signifikanten Effekt besteht (RR = 0,92, 95%-KI:
0,71–1,20; p = 0,55; I2: 56%).
ingesamt eingeschlossene Studien: Outcome Frühgeburten: 13 Studien eingeschlossen; Outcome niedriges Geburtsgewicht:
9 Studien eingeschlossen.
Ergebnisse: Die Behandlung von Parodontalerkrankungen während der Schwangerschaft kann keinen
allgemeinen Schutz gegen Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht bieten.
Schlussfolgerung: Eine primäre Parodontalbehandlung während der Schwangerschaft kann die Rate von Frühgeburten
oder niedrigem Geburtsgewicht nicht verringern.
Boutin et al., 2013 [13 ]
Ein nicht signifikanter Zusammenhang zwischen Parodontalbehandlung und Frühgeburt
(RR: 0,89; 95%-KI: 0,73–1,08) lässt sich feststellen. Die tägliche Anwendung von
Chlorhexidin-Mundspülungen ist mit einer Verringerung der Frühgeburtenrate verbunden
(RR: 0,69; 95%-KI 0,50–0,95).
insgesamt eingeschlossene Studien: 12 Studien
Ergebnisse: Keine signifikante Verringerung des Frühgeburten-Risikos durch eine Parodontalbehandlung
mit Zahnsteinentfernung und Wurzelglättung. Aber das mittlere
Gestationsalter und das mittlere Geburtsgewicht in den Interventionsgruppen ist signifikant
höher als in den Vergleichsgruppen.
Schlussfolgerung: Chlorhexidin-Mundspülung als Präventionsmittel sollte weiter untersucht werden.
Polyzos et al., 2010 [17 ]
Bei den qualitativ hochwertigen Studien hat die Behandlung keinen signifikanten Effekt
auf die Gesamtrate der Frühgeburten (OR 1,15, 95%-Konfidenzintervall 0,95–1,40; p = 0,15).
Die Behandlung führt nicht zu einer Verringerung der Rate von Kindern mit niedrigem
Geburtsgewicht (OR 1,07, 0,85–1,36; p = 0,55), von Spontanaborten/Stillgeburten (0,79,
0,51–1,22; p = 0,28) oder von ungünstigen Schwangerschaftsergebnissen insgesamt (Frühgeburten
< 37 Wochen und Spontanaborte/Stillgeburten) (1,09, 0,91–1,30; p = 0,34).
insgesamt eingeschlossene Studien: 11 Studien
Ergebnisse: Die Behandlung von Parodontitis mit Zahnsteinentfernung und Wurzelglättung bei schwangeren
Frauen hat keine signifikanten Auswirkungen auf die Häufigkeit von
Frühgeburten. Studien von geringer Qualität sprachen für eine positive Wirkung der
Behandlung, während Studien von hoher Qualität eindeutig belegen, dass es keine solche
Wirkung
gibt.
Schlussfolgerung: Die Behandlung von Parodontalerkrankungen mit Zahnsteinentfernung und Wurzelglättung
kann nicht als wirksames Mittel zur Verringerung der Frühgeburtenrate
angesehen werden.
Moliner-Sánchez et al., 2020 [8 ]
Für Risiko einer Frühgeburt bei Schwangeren mit Parodontitis werden statistisch signifikante
Werte (RR = 1,67 [1,17–2,38], 95%-KI) und niedrigem Geburtsgewicht (RR = 2,53
[1,61–3,98], 95%-KI) ermittelt. Eine Metaregression, bei der diese Ergebnisse mit
dem Einkommensniveau der einzelnen Länder in Beziehung gesetzt werden, ergibt statistisch
signifikante Werte für Frühgeburten RR = 1,8 (1,43–2,27) 95%-KI und für geringes Geburtsgewicht
RR = 2,9 (1,98–4,26) 95%-KI. Das Risiko einer Frühgeburt bei Frauen mit Parodontitis
ist um das 1,67-Fache und das Risiko eines Neugeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht
um das 1,42-Fache erhöht (Evidenzgrad 2a).
insgesamt eingeschlossene Studien: 11 Studien
Ergebnisse: Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Parodontitis und den beiden untersuchten
Geburtskomplikationen wird festgestellt, als der Zusammenhang
zwischen diesen Ergebnissen und dem Pro-Kopf-Einkommen des Landes untersucht werden.
Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse sind möglicherweise nicht nur auf das Einkommen, sondern auch auf
andere Faktoren wie das Bildungsniveau zurückzuführen, weshalb dieser
Zusammenhang in künftigen Untersuchungen genauer untersucht werden sollte.
Bewertung der Qualität der eingeschlossenen Studien
Die Qualität der eingeschlossenen Metaanalysen und systematischen Reviews kann nach
der AMSTAR-Checkliste als ausreichend eingestuft werden, woraus sich ein mittleres
Evidenzniveau ergibt.
Die Fragen der Checkliste können in einigen Fällen mit ja beantwortet werden. Schwachpunkte der Qualität der eingeschlossenen Studien ergeben
sich bei einer
A-priori-Planung/Definition (bei 6 Studien als unklar eingestuft) sowie im Rahmen der Studien aufgenommener grauer und unpublizierter Literatur
(bei allen Studien als unklar
eingestuft). Ebenso werden in 6 Studien ausschließlich die Referenzen der eingeschlossenen
Studien dargelegt, nicht aber der ausgeschlossenen Studien. Außerdem werden bei 3
von 7 Studien
keine Angaben zu einem potenziellen Interessenkonflikt dargelegt. Alle weiteren 7
Fragen der Checkliste konnten durchgängig bei allen eingeschlossenen Studien mit ja bewertet werden.
Die Ergebnisse dieser Bewertung sind in [Tab. 3 ] dargestellt.
Tab. 3
Bewertung der Qualität der eingeschlossenen Studien nach der AMSTAR-Checkliste.
Studie
A-priori-Planung/Definition
Studienauswahl/-extraktion von 2 unabhängigen Personen
umfassende systematische Literatursuche
unpublizierte und graue Literatur aufgenommen
Referenzen der ein- und ausgeschlossenen Literatur
Studiencharakteristika angegeben
Verzerrungsrisiko bewertet
Verzerrungsrisiko in Ergebnisinterpretation berücksichtigt
statistisch adäquate Auswertung
potenzielles Publikationsbias adressiert
potenzielle Interessenkonflikte adressiert
Iheozor-Ejiofor et al., 2017 [4 ]
ja
ja
ja
unklar
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Manrique-Corredor et al., 2019 [16 ]
unklar
ja
ja
unklar
nein
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Konopka et al., 2012 [15 ]
unklar
ja
ja
unklar
nein
ja
ja
ja
ja
ja
nein
Da Rosa et al., 2012 [14 ]
unklar
ja
ja
unklar
ja
ja
ja
ja
ja
ja
nein
Boutin et al., 2013 [13 ]
unklar
ja
ja
unklar
nein
ja
ja
ja
ja
ja
nein
Polyzos et al., 2010 [17 ]
unklar
ja
ja
unklar
nein
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Moliner-Sánchez et al., 2020 [8 ]
unklar
ja
ja
unklar
nein
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Diskussion
Zusammenfassung der Ergebnisse
Insgesamt wurden 7 Metaanalysen und systematische Reviews [4 ]
[8 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ] in das narrative Review aufgenommen (n = 56755). Die untersuchten Studien
der Metaanalysen und systematischen Reviews wiesen als Intervention Parodontalbehandlung
vs. keine Behandlung auf oder sie untersuchten den Zusammenhang zwischen Parodontalerkrankungen
und
negativen Geburtsergebnissen. Die Studien kamen zu heterogenen Ergebnissen, wobei
die Mehrheit der untersuchten Metaanalysen und systematischen Reviews [4 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[17 ] keinen signifikanten Zusammenhang einer Parodontalerkrankung und/oder einer Parodontalbehandlung
mit
bestimmten maternalen und/oder perinatalen Outcomes feststellen. Nach AMSTAR-Bewertung
kann eine mittelhohe Evidenz angenommen werden.
Einbettung in den Forschungsstand
Parodontalerkrankungen werden als Risikofaktor für Frühgeburten und/oder niedriges
Geburtsgewicht diskutiert. Dennoch ist umstritten, inwieweit eine Parodontalbehandlung
in der
Schwangerschaft negative Geburtsergebnisse verhindern bzw. verringern kann [14 ]. Die meisten der hier eingeschlossenen Studien
bestätigten den Zusammenhang zwischen Parodontalgesundheit und Frühgeburtsrisiko bzw.
Risiko für negative maternale oder perinatale Negativoutcomes indes nicht. Es ist
festzuhalten, dass nur
2 der 7 untersuchten Metaanalysen auf signifikante Zusammenhänge hinsichtlich einer
Risikoerhöhung bei defizitärer Mundgesundheit hindeuteten [8 ]
[16 ]. Beide Studien wurden 2019 und 2020 publiziert und waren damit jünger als jene Metaanalysen
(inklusive des
eingeschlossenen Cochrane-Reviews [4 ]), welche keine signifikanten Zusammenhänge postulierten. Für den Nutzen einer Parodontalbehandlung
hinsichtlich der Risikoreduktion für Frühgeburt und Negativoutcomes fanden sich keine
evidenten Wirksamkeitsnachweise [13 ]
[14 ]
[17 ]. Gemäß AMSTAR-Bewertung deutet sich für alle eingeschlossenen Studien eine
mittelhohe Qualität an, ob die Mundgesundheit also das Frühgeburtsrisiko bzw. das
Risiko für Negativoutcomes beeinflusst, kann nicht abschließend bewertet werden.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Reviews: Teshome und Yitayeh führten ebenfalls
ein systematisches Review durch, in welchem der Zusammenhang zwischen Parodontalerkrankungen
und
niedrigem Frühgeburtsgewicht analysiert wurde. Hierbei wurde festgestellt, dass Parodontalerkrankungen
einen möglichen Risikofaktor für Frühgeburten mit niedrigem Geburtsgewicht darstellen
könnten, jedoch weitere Studien nötig wären [18 ]. Auch Ide und Papapanou zeigen, dass die mütterliche Parodontitis in einem geringen,
aber signifikanten Zusammenhang mit niedrigen Geburtsgewicht und einer Frühgeburt
steht. Allerdings sind die Ergebnisse von der Expositionsdefinition der Parodontitis
beeinflusst [19 ]. Ähnliches ist in dem hier vorliegenden narrativen Review vorzufinden. Die Heterogenität
der Klassifizierungen des Schweregrads der
Parodontalerkrankung bringt Schwierigkeiten mit sich, sowohl in den Metaanalysen und
systematischen Reviews selbst als auch in den darin betrachteten Studien. Auch López
et al. berichteten
ähnliches in einem Review. Diese stellten fest, dass diejenigen der eingeschlossenen
Studien, welche eine positive Wirkung der Behandlung von Parodontitis auf die Frühgeburt
zeigten, sich
nicht auf konsistente wissenschaftliche Erkenntnisse stützten [20 ]. Rangel-Rincón et al. zeigten in ihrem Review ebenfalls, dass die
unterschiedlichen Befundlagen nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass die Häufigkeit
von unerwünschten Schwangerschaftsergebnissen bei schwangeren Frauen, die eine Parodontalbehandlung
erhalten, signifikant abnimmt [21 ].
Es ist außerdem anzumerken, dass die Frühgeburt und auch weitere hier betrachtete
Outcomes multifaktorielle Geschehnisse darstellen. Risikofaktoren wie Rauchen, niedriger
sozioökonomischer
Status, maternales Alter und Ethnizität können sowohl Parodontitis als auch eine Frühgeburt
begünstigen. Dies kann dazu führen, dass die Daten fehlinterpretiert werden, da möglicherweise
zwischen den untersuchten Outcomes und der Parodontitis kein kausaler Zusammenhang
besteht [4 ]. Die Ergebnisse des hier vorliegenden
narrativen Reviews unterstreichen die Ergebnisse von einigen systematischen Reviews,
welche sich derselben Thematik widmen. Es besteht keine ausreichende Evidenz, um den
Zusammenhang
zwischen Parodontalerkrankungen mit negativen Geburtsoutcomes abschließend beurteilen
zu können.
Limitationen
Auch in der vorliegenden Studie zeigten sich einige Limitationen, die sich einerseits
aus dem methodischen Vorgehen und andererseits aus den eingeschlossenen Studien ergaben.
Eine
Limitation stellte dar, dass ausschließlich englischsprachige Artikel in das Review
aufgenommen wurden, was zu einer Verzerrung führen kann. Trotz unabhängiger Suche
von 3 Autoren bleibt
unklar, ob wirklich alle relevanten Studien identifiziert werden konnten. Bezogen
auf die Limitationen der einbezogenen Studien muss u. a. auf die Heterogenität der
eingeschlossenen
Metaanalysen und systematischen Reviews verwiesen werden. Diese wurde in allen Metaanalysen
berechnet, was in einigen Fällen zu signifikanten Werten führte und die Vergleichbarkeit
der
Ergebnisse erheblich einschränkte. Ebenfalls wird in vielen der hier untersuchten
Metaanalysen eine Publikationsverzerrung nachgewiesen. Außerdem herrscht kein Konsens
darüber, welcher
Zeitpunkt der zahnärztlichen Untersuchung in der Schwangerschaft als geeignet angesehen
wird [4 ]. Ebenfalls kritisch anzumerken ist,
dass in manchen Studien auch Probandinnen mit einer Frühgeburtserfahrung bei einer
vorangegangenen Geburt eingeschlossen wurden, was in den Untersuchungen nicht ausreichend
statistisch
berücksichtigt wurde [4 ]. Außerdem sind die parodontalen Behandlungen in den Studien sehr vielfältig, was
eine Vergleichbarkeit
erschwert. Ebenso schließen die untersuchten Metaanalysen und systematischen Reviews
unterschiedliche Studiendesigns ein. So fanden in einigen Arbeiten nur randomisierte
Studien
Berücksichtigung [4 ]
[13 ]
[14 ]
[17 ], während andere auch Beobachtungsstudien einschlossen [8 ]
[15 ]
[16 ]. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass einige der
eingeschlossenen Metaanalysen teilweise die gleichen Studien bewerteten. Allerdings
untersuchen die Metaanalysen jeweils noch weitere, sich unterscheidende Studien, weshalb
diese dennoch
separat in dieses vorliegende narrative Review aufgenommen wurden. Es ist anzumerken,
dass Polyzos et al. [17 ] und Boutin et al. [13 ] ähnliche Studien untersuchten und ähnliche Ergebnisse präsentierten. Trotz der Limitationen
können die hier beschriebenen Ergebnisse
aufgrund der insgesamt hohen Gesamt-Probandinnenzahl (n = 56755) und des Einschlusskriteriums
der Metaanalysen und systematischen Reviews als Erweiterung des Forschungsstandes
bezeichnet
werden.
Beantwortung der Forschungsfragen
Aufgrund der Ergebnisse können die oben genannten Forschungsfragen wie folgt beantwortet
werden:
Wie kann der Zusammenhang von Parodontalerkrankungen bei schwangeren Frauen und Schwangerschaftskomplikationen
anhand von Metaanalysen und systematischen Reviews beurteilt
werden? Parodontitis als Risikofaktor für eine Frühgeburt muss noch weiter geprüft werden,
da heterogene Studienergebnisse mit teils unzureichender Qualität vorliegen. Eine
der
untersuchten Studien deutet allerdings an, dass sich das Frühgeburtsrisiko bei vorliegender
maternaler Parodontitis verdoppelt [16 ]. Eine weitere untersuchte Studie zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen
Parodontitis und bestimmten maternalen und perinatalen Outcomes, wenn die
Ergebnisse in Zusammenhang mit dem Pro-Kopf-Einkommen der Länder analysiert werden
[8 ]. Hier bleibt aber unklar, ob wirklich die
Parodontitis Einfluss auf das Frühgeburtsrisiko hat oder ein bestehender niedriger
sozioökonomischer Status, der als Risikofaktor sowohl das Frühgeburtsrisiko als auch
das Risiko für
eine schlechte Zahngesundheit beeinflusst [22 ]
[23 ].
Wie kann die Wirksamkeit von Parodontalbehandlung vs. keine Behandlung bei schwangeren
Frauen mit Parodontalerkrankung in Bezug auf Frühgeburt und andere negative Geburtsergebnisse
(siehe Definition unten) anhand von Metaanalysen und systematischen Reviews beurteilt
werden? Die Mehrheit der untersuchten Metaanalysen und systematischen Reviews zeigt, dass
kein
signifikanter Zusammenhang zwischen einer Parodontalbehandlung und bestimmten maternalen
und perinatalen Outcomes besteht [4 ]
[13 ]
[14 ]
[17 ]. Um zu
bestimmen, welche Parodontalbehandlung am besten geeignet ist, um negative geburtshilfliche
Folgen zu vermeiden, gibt es keine ausreichende Evidenz [4 ]. Eine Parodontalbehandlung in der Schwangerschaft verringert das Risiko bzw. die
Häufigkeit einer Frühgeburt [13 ]
[14 ]
[17 ] und niedrigem Geburtsgewicht [14 ] nicht signifikant.
Schlussfolgerung
Die meisten der eingeschlossenen Studien deuten an, dass zwischen Zahngesundheit und
Frühgeburtsrisiko bzw. negativen maternalen und perinatalen Outcomes bzw. zwischen
Parodontalbehandlungen
in der Schwangerschaft und der Reduktion des Frühgeburtsrisikos kein signifikanter
Zusammenhang besteht. Die Qualität der Studien ist allerdings nicht hoch genug, um
dies auch mit hoher
Evidenz festhalten zu können. Um die Evidenz zu verbessern, müssen weitere randomisierte
kontrollierte Studien durchgeführt werden, welche den Bias systematisch kontrollieren.
Es wird dennoch
empfohlen, dass eine Beratung aller Schwangeren zur Verbesserung der alltäglichen
Mundhygiene stattfindet, sodass diese gefördert und entzündlichen Krankheiten präventiv
entgegen gewirkt wird.
Dies sollte unabhängig von einer Schwangerschaft Teil der Gesundheitsberatung sein.
Im Kontext einer Nutzen-Schaden-Bewertung wird die Behandlung von Parodontitis bei
Schwangeren nach
individueller Risikoabwägung empfohlen, da die parodontale Behandlung in vielen Fällen
zu einer Verbesserung der parodontalen Gesundheit führt. Da im Rahmen der Neuformulierung
des
Hebammengesetzes auch Hebammen zukünftig zur evidenzbasierten Beratung und Betreuung
aufgefordert sind, sind die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit für Gynäkologen und
Hebammen gleichermaßen
relevant [24 ].