Z Gastroenterol 2022; 60(10): e802-e811
DOI: 10.1055/a-1880-1887
Leitlinie

Leitlinienreport zu der aktualisierten S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM)

April 2022 – AWMF Register Nr. 021-019
Pia Lorenz
1   Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Berlin, Deutschland
,
Petra Lynen Jansen
1   Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Berlin, Deutschland
,
Viola Andresen
2   Medizinische Klinik, Israelitisches Krankenhaus, Hamburg, Deutschland
,
Christian Pehl
3   Medizinische Klinik, Krankenhaus Vilsbiburg, Vilsbiburg, Deutschland
,
In Zusammenarbeit mit:, Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV)/Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Coloproktologie (CACP), Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), Deutsche Gesellschaft für Naturheilkunde (DGNHK), Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie (DGK), Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. (DGP), Deutsche Schmerzgesellschaft e. V., MAGDA Patientenforum (MAGDA) › Author Affiliations
 

1. Informationen zum Leitlinienreport

Dieser Leitlinienreport dokumentiert das Aktualisierungsverfahren der Leitlinie von März 2019 bis Oktober 2021.

Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Informationen zum Leitlinienreport

e803

Federführende Fachgesellschaften

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Geltungsbereich und Zweck

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Zielorientierung der Leitlinie

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Versorgungsbereich

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Anwenderzielgruppe/Adressaten

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Zusammensetzung der Leitliniengruppe: Beteiligung von Interessensgruppen

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Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligte Fachgesellschaften

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Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligung von Patient*innen

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2. Methodologisches Vorgehen

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2.1 Grundlagen der Methodik

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Literaturrecherche

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Empfehlungsgraduierung

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Statements

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Klug entscheiden

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2.2 Literaturrecherche und Auswahl der Evidenz

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2.3 Formulierung der Empfehlungen und strukturierte Konsensfindung

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2.4 Zeitplan

e806

3. Externe Begutachtung und Verabschiedung

e806

Verabschiedung durch die Vorstände der herausgebenden Fachgesellschaften/Organisationen

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Redaktionelle Unabhängigkeit und Finanzierung der Leitlinie

e806

Darlegung von und Umgang mit Interessenkonflikten

e806

4. Verbreitung und Implementierung

e811

Konzept zur Verbreitung und Implementierung

e811

Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

e811

Literatur

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Herausgeber

Federführende Fachgesellschaften

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)

Deutsche Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM)


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Geltungsbereich und Zweck

Die Chronische Obstipation gehört mit zu den häufigsten Gesundheitsstörungen in Deutschland und ist über ein vielfältiges Symptomspektrum der Stuhlentleerung definiert. Da die Lebensqualität meist stärker beeinträchtigt ist als angenommen und die Abgrenzung zum RDS-O (obstipationsdominantes Reizdarmsyndrom) unscharf ist, ist eine adäquate Versorgung dieser Patient*innen erforderlich [1]. Die Aktualisierung der Leitlinie wird von den beteiligten Fachgesellschaften daher als besonders wichtig erachtet. Darüber hinaus hat sich die Versorgung und Behandlung in den letzten Jahren weiterentwickelt.

Aus den genannten Gründen wird nach Ablauf der Gültigkeit die Leitlinie von 2013 gemäß des Leitlinienprogramms der DGVS [2] aktualisiert.


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Zielorientierung der Leitlinie

Ziel dieser Leitlinienaktualisierung ist es, die in der alten Leitlinie [3] ausgesprochenen Empfehlungen auf der Basis der aktuellen Literatur zu überprüfen, gegebenenfalls zu korrigieren oder durch neue Empfehlungen zu ersetzen und zu ergänzen, um eine optimierte Versorgung und eine Verbesserung der Lebensqualität dieser Patient*innen zu ermöglichen.


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Versorgungsbereich

Die Leitlinie gilt sowohl für die ambulante als auch die stationäre medizinische Versorgung und behandelt die Diagnostik und Therapie in der hausärztlichen und der spezialfachärztlichen Versorgung.


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Anwenderzielgruppe/Adressaten

Die Leitlinie richtet sich an alle Ärzt*innen, die Patient*innen mit chronischer Obstipation im Erwachsenenalter versorgen oder an der Versorgung dieser Patient*innen beteiligt sind, insbesondere an Internist*innen, Gastroenterolog*innen, Ernährungsmediziner*innen, Proktolog*innen, Geriater*innen, Chirurg*innen und Naturheilkundler*innen. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) wurde zur Mitarbeit eingeladen, hat aber eine Beteiligung abgesagt. Dennoch halten wir die Leitlinie auch für Allgemeinmediziner*innen für äußerst relevant. Sie dient darüber hinaus der Information von Angehörigen und Leistungserbringern (Krankenkassen, Rentenversicherungsträger).


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Zusammensetzung der Leitliniengruppe: Beteiligung von Interessensgruppen

Die Leitlinie wurde federführend durch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM) erstellt, die als Koordinierende Frau PD Dr. Viola Andresen, Hamburg, und Herrn Dr. Christian Pehl, Vilsbiburg, beauftragten. Methodisch verantwortlich waren Frau PD Dr. Petra Lynen Jansen und Frau Pia Lorenz, DGVS Geschäftsstelle, Berlin. Frau Dr. Blödt, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Berlin, stand zur methodischen Beratung zur Seite und moderierte als neutrale Leitlinienexpertin die Konsensuskonferenz. Torsten Karge, Berlin, stand für das Leitlinienportal zur Verfügung.

Das Leitlinienvorhaben wurde in der Zeitschrift für Gastroenterologie ausgeschrieben und auf der Webseite der AWMF veröffentlicht, so dass weitere Fachgesellschaften/Vertreter*innen sich zur Mitarbeit melden konnten. Die für das Fachgebiet relevanten Fachgesellschaften und Patient*innengruppen wurden angeschrieben und um die Nennung von Mandatsträger*innen gebeten.


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Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligte Fachgesellschaften

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
    Viola Andresen, Thomas Frieling, Felix Gundling, Michael Karaus, Jutta Keller, Rita Kuhlbusch-Zicklam, Peter Layer, Ahmed Madisch, Hubert Mönnikes, Stefan A. Müller-Lissner, Andreas Stengel, Christian Pehl, Martin Alexander Storr, Ivo van der Voort, Winfried Voderholzer

  • Deutsche Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM)
    Viola Andresen, Christian Pehl, Michael Schemann, Juliane Schwille-Kiuntke, Thilo Wedel

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV)/Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Coloproktologie (CACP)
    Mia Kim, Helmut Witzigmann

  • Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM)
    Diana Rubin

  • Deutsche Gesellschaft für Naturheilkunde (DGNHK)
    Petra Klose, Jost Langhorst

  • Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)
    Romana Lenzen-Großimlinghaus

  • Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie (DGK)
    Alexander Herold, Heiner Krammer, Martin Kreis

  • Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
    Viola Andresen

  • Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. (DGP)
    Gerhild Becker

  • Deutsche Schmerzgesellschaft e. V
    Stefan Wirz

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) wurde zur Mitarbeit an der Leitlinie eingeladen, konnte das Leitlinienvorhaben aber auf Grund personeller Engpässe nicht unterstützen. Da es sich bei der Leitlinie Obstipation nicht um das Obstipations-prädominante Reizdarm-Syndrom handelt, wurde eine Beteiligung des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin e. V. (DKPM) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. nicht für sinnvoll erachtet.


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Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligung von Patient*innen

  • MAGDA Patientenforum (MAGDA)
    Miriam Goebel-Stengel

Die Deutsche Reizdarmselbsthilfe e. V wurde als weiterer Patient*innenvertreter zur Mitarbeit an der Leitlinie eingeladen. Eine Beteiligung war ebenfalls auf Grund personeller Engpässe nicht möglich.

Bei der personellen Besetzung der einzelnen Arbeitsgruppen wurden, wenn möglich, Fachkompetenz, eine interdisziplinäre Verteilung und der jeweilige Tätigkeitsbereich (niedergelassen und stationär) berücksichtigt (s. [Tab. 1]).

Tab. 1

Mitglieder der Leitliniengruppe.

AG 1: Definition und Epidemiologie

AG-Leiter

Thomas Frieling (DGVS)

AG-Mitglieder

Juliane Schwille-Kiuntke (DGNM)

Andreas Stengel (DGVS)

AG 2: Ätiologie und Pathophysiologie

AG-Leiter

Michael Schemann (DGNM)

AG-Mitglied

Thilo Wedel (DGNM)

AG 3: Diagnostik

AG-Leiterin

Jutta Keller (DGVS)

AG-Mitglied

Rita Kuhlbusch-Zicklam (DGVS)

AG 4: Allgemeine Empfehlungen zum Therapie-Management (außer Ernährung), geriatrische Aspekte, Schwangerschaft

AG-Leiter

Michael Karaus (DGVS)

AG-Mitglied

Romana Lenzen-Großimlinghaus (DGG)

AG 5 + 6: Ernährung, Prä- und Probiotika

AG-Leiter

Heiner Krammer (DGK)

AG-Mitglieder

Diana Rubin (DGEM)

Miriam Goebel-Stengel (Patientenvertreterin (MAGDA))

AG 7: Konventionelle Therapie (= klassische „Laxantien“)

AG-Leiter

Ahmed Madisch (DGVS)

AG-Mitglieder

Stefan A. Müller-Lissner (DGVS)

Winfried Voderholzer (DGVS)

AG 8: Moderne Medikamente:

Serotoninerge Prokinetika

AG-Leiterin

Viola Andresen (DGNM, DGVS, DGIM)

AG-Mitglied

Peter Layer (DGVS)

AG 9: Moderne Medikamente:

Sekretagoga

AG-Leiter

Christian Pehl (DGNM, DGVS)

AG-Mitglied

Felix Gundling (DGVS)

AG 10: Biofeedback

AG-Leiter

Hubert Mönnikes (DGVS)

AG-Mitglied

Ivo van der Voort (DGVS)

AG 11: Komplementäre und alternativmedizinische Methoden (CAM)

(inklusive Irrigation, Darm-Massage, externe Elektrostimulation etc.)

AG-Leiter

Jost Langhorst (DGf Naturheilkunde)

AG-Mitglied

Petra Klose (DGf Naturheilkunde)

AG 12: Therapie der OIC, PAMORA

AG-Leiter

Martin Alexander Storr (DGVS)

AG-Mitglieder

Gerhild Becker (DGPalliativ)

Stefan Wirz (Deutsche Schmerzgesellschaft)

AG 13: Chirurgische Therapie inklusive Sakralnervenstimulation

AG-Leiter

Martin Kreis (DGK)

AG-Mitglieder

Alexander Herold (DGK)

Mia Kim (DGAV/CACP)

Helmut Witzigmann (DGAV/CACP)

Patient*innenvertretung

Miriam Goebel-Stengel (MAGDA)

Methodik

Petra Lynen Jansen (DGVS)

Methodische Unterstützung

Pia Lorenz (DGVS)

Susanne Blödt (AWMF)

Torsten Karge (CGS-Leitlinien-Plattform)


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2. Methodologisches Vorgehen

2.1 Grundlagen der Methodik

Literaturrecherche

Die Literaturrecherche wurde individuell in den einzelnen Arbeitsgruppen durchgeführt. Die Details zur Suche und Auswahl sind unter 2.2 Literaturrecherche dargestellt.


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Empfehlungsgraduierung

Die Stärke der Empfehlung ergibt sich aus der verwendeten Formulierung (soll/sollte/kann) entsprechend der Abstufung in [Tab. 2]. Die Konsensusstärke wurde gemäß [Tab. 3] festgelegt.

Tab. 2

Schema zur Graduierung von Empfehlungen.

Beschreibung

Syntax

starke Empfehlung

soll

Empfehlung

sollte

offen

kann

Tab. 3

Einteilung der Konsensstärke.

Konsens

% Zustimmung

Starker Konsens

> 95

Konsens

> 75–95

Mehrheitliche Zustimmung

> 50–75

Kein Konsens

< 50

Empfehlungen, die unverändert aus der letzten Leitlinie übernommen wurden, wurden mit „geprüft 2021“ gekennzeichnet.


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Statements

Als Statements werden Darlegungen oder Erläuterungen von spezifischen Sachverhalten oder Fragestellungen ohne unmittelbare Handlungsaufforderung bezeichnet. Sie werden entsprechend der Vorgehensweise bei den Empfehlungen im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens verabschiedet und können entweder auf Studienergebnissen oder auf Expert*innenmeinungen beruhen.


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Klug entscheiden

Empfehlungen, die mit „Klug entscheiden“ gekennzeichnet sind, wurden für die „Klug entscheiden“-Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin ausgewählt. Diese Empfehlungen sollen als konkrete Hilfestellung bei der Indikationsstellung zu diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen dienen, um eine Unter- bzw. Überversorgung zu vermeiden. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.klug-entscheiden.com/.


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2.2 Literaturrecherche und Auswahl der Evidenz

Basis dieser Aktualisierung war die Leitlinie von 2013. Auf einem ersten Treffen (Kickoff-Treffen) der Koordinierenden, Mandatsträger*innen und der Arbeitsgruppenleiter*innen im Rahmen der DGNM Tagung im März 2019 wurden die Inhalte und das methodische Vorgehen festgelegt. Anschließend wurde individuell in den einzelnen Arbeitsgruppen der Aktualisierungsbedarf der einzelnen Empfehlungen überprüft und entsprechend neue Literatur recherchiert.


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2.3 Formulierung der Empfehlungen und strukturierte Konsensfindung

Auf Grundlage der Literatur wurden die Empfehlungen und Hintergrundtexte durch die Arbeitsgruppen erarbeitet und zunächst im E-Mail-Umlaufverfahren mit den Koordinierenden abgestimmt. Die Graduierung der Empfehlungen erfolgte über die Formulierung soll, sollte, kann.

Anschließend wurden alle Empfehlungen in einem Delphi-Verfahren von allen Leitlinienmitarbeitenden mithilfe einer 5-stufigen Entscheidungsskala abgestimmt (ja, eher ja, unentschieden, eher nein, nein). Zu Empfehlungen, die nicht mit ja/eher ja abgestimmt wurden, musste ein begründender Kommentar hinterlegt werden. Empfehlungen, die zu über 95 % mit ja/eher ja abgestimmt wurden, konnten bereits zu diesem Zeitpunkt verabschiedet werden.

Empfehlungen, die bei gleichbleibender Datenlage unverändert aus der Leitlinie von 2013 übernommen werden konnten, wurden nicht erneut abgestimmt. Diese sind mit „geprüft 2021“ gekennzeichnet.

Die Kommentare und Änderungsvorschläge der Delphirunde wurden von den Arbeitsgruppen und den Koordinierenden gesichtet und die Empfehlungen überarbeitet. In einer strukturierten, eintägigen Konsensuskonferenz unter unabhängiger Moderation von Frau Blödt (AWMF) stellten die AG-Leitenden die überarbeiteten Empfehlungen vor. Diese wurden nach den Prinzipien der NIH (National Institutes of Health) Konferenz besprochen und abgestimmt: Präsentation im Gesamtplenum unter Berücksichtigung der Kommentare und ggf. Erläuterungen durch die AG-Leitenden, Aufnahme von Stellungnahmen und ggf. Änderung, Abstimmung, Festschreiben des Ergebnisses.

Diskutiert wurden:

  • alle Empfehlungen, die in der Delphirunde weniger als 95 % Zustimmung erhalten hatten

  • Empfehlungen, die inhaltlich verändert wurden

  • Empfehlungen, die bereits in der Delphirunde verabschiedet worden waren, aber aufgrund von Dopplungen oder zur Verbesserung der inhaltlichen Stringenz der Leitlinie in den Kommentar verschoben wurden

  • neue Empfehlungen

Empfehlungen, die in der Delphirunde nicht verabschiedet und in den Kommentarteil verschoben wurden, wurden nicht erneut abgestimmt. Enthaltungen zu den einzelnen Abstimmungen wurden dokumentiert. Die Konsensusstärke wurde gemäß [Tab. 3] festgelegt. Im Anschluss an die Konsensuskonferenz wurden noch einmal eine Empfehlung und ein Stufenschema online als Delphi-Abstimmung abgestimmt. Anschließend erfolgte die finale Überarbeitung der Kommentare durch die Arbeitsgruppen und die redaktionelle Zusammenstellung der Leitlinie durch die Koordinierenden.


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2.4 Zeitplan

Termin

Leitlinienabschnitt

Dezember 2018/

Januar 2019

Konzepterstellung, Zusammenstellung der AG-Leitenden und AG-Mitglieder (als Vorschlag), Anfrage an die zu beteiligenden Fachgesellschaften mit Vorschlägen für Mandatsträger*innen

23. März 2019

Kick-Off Meeting mit Koordinationsteam, Mandatsträger*innen und AG-Leitenden zur Finalisierung der LL-Gruppen und der thematischen Abgrenzungen

April bis Mitte Juli 2019

Literatursuche, individuelle Auswahl und Bewertung der Evidenz, Prüfung und ggf. Überarbeitung der bisherigen bzw. Formulierung neuer

Empfehlungen/Statements

Mitte Juli bis Mitte August 2019

Delphi-Runde (Online-Kommentierung und Abstimmung)

Mitte August bis Ende September 2019

Überarbeitung der Empfehlungen/Statements auf Basis der Delphi Kommentare

2. Oktober 2019

Konsensuskonferenz in Wiesbaden (DGVS-Tagung)

Oktober bis Januar 2020

Fertigstellung der ausführlichen Kommentare zu den Statements durch die AGs

Januar 2020 bis Oktober 2021

Erstellung des Gesamt-Manuskripts mit Literaturliste in Abstimmung mit dem LL-Organisationsteam und den Co-Autor*innen

November 2021

Durchsicht und Freigabe der beteiligten Fachgesellschaften und deren Vertreter*innen


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3. Externe Begutachtung und Verabschiedung

Verabschiedung durch die Vorstände der herausgebenden Fachgesellschaften/Organisationen

Die vollständige Leitlinie wurde von allen beteiligten Fachgesellschaften begutachtet und konsentiert und stand für 4 Wochen als Konsultationsfassung für die Fachöffentlichkeit zur Kommentierung auf der DGVS Website zur Verfügung. Über den DGVS Newsletter wurde um Kommentierung gebeten. Neben redaktionellen Änderungsvorschlägen gab es folgende Änderungsvorschläge (s. [Tab. 4]).


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Redaktionelle Unabhängigkeit und Finanzierung der Leitlinie

Die Erstellung der Leitlinie erfolgte redaktionell unabhängig. Die DGVS finanzierte die Nutzung des Leitlinienportals. Eine finanzielle Beteiligung Dritter erfolgte nicht. Mandatsträger*innen und Expert*innen arbeiteten ausschließlich ehrenamtlich.


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Darlegung von und Umgang mit Interessenkonflikten

Im Einklang mit dem AWMF-Regelwerk zum Umgang mit Interessenkonflikten gaben alle Teilnehmenden ihre Erklärungen auf dem entsprechenden AWMF-Formular (Formblatt 2018) ab. Die Interessenkonflikte wurden von den Koordinierenden der Leitlinie und von S. Blödt (AWMF) gesichtet, gemäß den AWMF-Kriterien als gering, moderat oder hoch bezüglich der individuellen Empfehlung kategorisiert. Der Vorschlag zum Management wurde zu Beginn der Konsensuskonferenz mit allen beteiligten Expert*innen diskutiert, konsentiert und umgesetzt. Hohe Interessenkonflikte, Eigentümerinteressen an Arzneimitteln/Medizinprodukten (z. B. Patent, Urheberrecht, Verkaufslizenz), mit Bezug zur Leitlinie bestanden bei keinem der Teilnehmenden. Als moderat wurden folgende Interessenkonflikte eingestuft:

  • Berater- bzw. Gutachtertätigkeit oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinprodukteindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung

  • finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeitenden der Einrichtung von Seiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung

  • Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft

Die Leitliniengruppe entschied einstimmig, dass die von dieser Einschätzung betroffenen Personen (s. unten) sich bei der Abstimmung über ausgewählte Empfehlungen, die von diesen Interessenkonflikten direkt berührt werden könnten, enthalten. Somit wurden Doppelabstimmungen durchgeführt, diese haben aber nicht zu einer Veränderung des Ergebnisses geführt.

Honorare für Vortrags- und Schulungstätigkeiten oder bezahlte Autoren- oder Co-Autorenschaften im Auftrag eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung wurden als geringfügig eingestuft und führten nicht zur Notwendigkeit einer Enthaltung.

Die Beeinflussung durch Interessenkonflikte wurde weiter auch durch die Durchführung systematischer Literaturrecherchen bei kritischen und besonders versorgungsrelevanten Themen, die formale dreistufige Konsensbildung, sowie die Erstellung der interdisziplinären Arbeitsgruppen reduziert. Darüber hinaus wurde bei über 85 % der Empfehlungen (71/83) ein „starker Konsens“ erreicht, was sich ebenfalls positiv auf die potentiellen Interessenkonflikte auswirkte.

Alle Interessenerklärungen sind im Anhang dargestellt.

Teilnehmende der Konsensuskonferenz:

Expert*innen: Viola Andresen, Thomas Frieling, Miriam Goebel-Stengel, Felix Gundling, Alexander Herold, Michael Karaus, Jutta Keller, Mia Kim, Heiner Krammer, Martin Kreis, Jost Langhorst, Peter Layer, Ahmed Madisch, Hubert Mönnikes, Christian Pehl, Ivo van der Voort, Winfried Voderholzer, Stefan Wirz

Moderation: Susanne Blödt

Technische und organisatorische Betreuung: Torsten Karge, Pia Lorenz

Im Einzelnen wiesen folgende Personen moderate Konflikte auf:

Viola Andresen, Miriam Goebel-Stengel, Jutta Keller, Martin Kreis, Jost Langhorst, Peter Layer, Ahmed Madisch, Hubert Mönnikes, Christian Pehl, Stefan Wirz


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4. Verbreitung und Implementierung

Konzept zur Verbreitung und Implementierung

Die Leitlinie wird neben der Zeitschrift für Gastroenterologie bei AMBOSS und auf den Homepages der DGVS (www.dgvs.de) und der AWMF (www.awmf.de) veröffentlicht.


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Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die Gültigkeit beträgt etwa fünf Jahre (31. Oktober 2026). Die Überarbeitung wird durch den Leitlinienbeauftragten der DGVS initiiert. Die Steuergruppe der Leitlinie prüft jährlich den Aktualisierungsbedarf der Leitlinie. Als Ansprechpartnerin steht Ihnen Frau Lorenz (leitlinien@dgvs.de) von der DGVS Geschäftsstelle zur Verfügung.

Tab. 4

Änderungsvorschläge zur Konsultationsfassung.

Anmerkung/Änderungsvorschlag zur Konsultationsfassung

Änderung aufgrund der eingegangenen Kommentare

Anwenderzielgruppe/Adressaten

Die Leitlinie richtet sich an alle Ärzte, die Patienten mit chronischer Obstipation im Erwachsenenalter versorgen oder an der Versorgung dieser Patienten beteiligt sind, insbesondere an Internisten, Gastroenterologen, Ernährungsmediziner, Proktologen, Geriater, Chirurgen und Naturheilkundler. [Seite 8]

Hintergrund:

Für viele Betroffen zählt neben den hier genannten Spezialisten auch der Apotheker zu den wichtigen Ansprechpartnern, wenn es um die Behandlung Ihrer Obstipation geht.

Vorschlag:

Daher möchten wir den Vorschlag unterbreiten, an dieser Stelle auch den „Apotheker“ als einen möglichen Adressaten der Leitlinie aufzuführen.

Die Adressaten richten sich nach den Beteiligten und können nicht beliebig erweitert werden, daher wurde keine Veränderung des Textes vorgenommen.

Empfehlung 3–2

Wenn die Patienten zusätzlich zur chronischen Obstipation unter abdominellen Beschwerden/Schmerzen leiden, sollen die Vorgaben der DGVS Leitlinie zum Reizdarmsyndrom eingehalten werden.

Um dem Leser die Abgrenzung zwischen der chronischen Obstipation (vorliegende Leitlinie) und dem Obstipations-prädominantem Reizdarm-Syndrom (Leitlinie Reizdarm-Syndrom) zu verdeutlichen, wurde der Text konkretisiert.

[Starke Empfehlung, Starker Konsens] (geprüft 2021)

Kommentar Bei Patienten, die aufgrund abdomineller Schmerzen/Beschwerden in Kombination mit einer chronischen Obstipation unter die Definition eines Reizdarmsyndroms fallen können, sind generell die Vorgaben der Leitlinien RDS zu beachten, die u. a. eine ausführlichere Basisdiagnostik einschließlich Blutuntersuchungen und Abdomen-sonographie vorsehen. Bei betroffenen Frauen ist zusätzlich eine gynäkologische Untersuchung erforderlich 39. [Seite 26]

Hintergrund:

Das Beschwerdebild einer Obstipation ist durch eine Vielzahl an objektiven wie auch subjektiven Beschwerden geprägt. Zu diesen können unter anderem abdominelle Beschwerden/abdominelle Schmerzen zählen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, wie die Leitlinien Autoren treffen ausführen, die Abgrenzung zum Reizdarmsyndrom.

Lacy et al. (2016) greifen diese Tatsache in Ihrem Übersichtsartikel zu den Rome IV Kritieren wie folgt auf: „It is now specified that abdominal pain and/or bloating may be present but are not predominant symptoms (ie, the patient does not meet criteria for IBS).“

Wir glauben, dass eine entsprechende Ergänzung für die Leserschaft dieser Leitlinie hilfreich sein könnte, und möchten daher gerne folgende Ergänzung vorschlagen.

Vorschlag:

„Abdominelle Schmerzen/abdominelle Beschwerden (Blähungen, abdominelles Völlegefühl) können im Zusammenhang mit einer Obstipation auftreten, diese sollten aber nicht zu den dominierenden Beschwerden zählen.“ Fallen Bei Patienten, die aufgrund abdomineller Schmerzen/Beschwerden in Kombination mit einer chronischen Obstipation unter die Definition eines Reizdarmsyndroms, fallen können, sind generell die Vorgaben der Leitlinien RDS zu beachten, die u. a. eine ausführlichere Basisdiagnostik einschließlich Blutuntersuchungen und Abdomensonographie vorsehen.

Referenz:

  • Lacy BE et al. Bowel Disorders Gastroenterology 2016;150:1393–1407

Neuer Text:

Leichte abdominelle Schmerzen und Blähungen kommen als Begleitsymptome bei chronischer Obstipation vor. Sind diese Beschwerden ausgeprägter, fallen die Patienten unter die Definition Reizdarmsyndrom, und es sind generell die Vorgaben der Leitlinie RDS zu beachten, die u. a. eine ausführlichere Basisdiagnostik einschließlich Blutuntersuchungen und Abdomensonographie vorsieht. Bei betroffenen Frauen ist zusätzlich eine gynäkologische Untersuchung erforderlich 39.

Empfehlung 4–4d1

Auch bei geriatrischen Patienten können sowohl osmotisch wirksame als auch stimulierende Laxanzien eingesetzt werden.

Da der Wassergehalt im Colon durch verschiedene Mechanismen bestimmt wird, wird der Änderungsvorschlag als sinnvoll erachtet.

[Empfehlung offen, Starker Konsens] (2021)

Osmotisch wirkende Laxanzien wie PEG 4000 oder Lactulose führen zu einem Wassereinstrom in das intestinale Lumen, bewirken damit eine Zunahme des Stuhlvolumens und regen so die Peristaltik an. Diese Präparate sind für ältere Patienten sicher und können über einen längeren Zeitraum erfolgen 130. Insbesondere bei Patienten mit Herz- oder Nierenerkrankungen sind diese Präparate gut einsetzbar131.

Hintergrund:

Macrogol 4000 zählt zu den osmotisch wirksamen Laxanzien, wobei das PEG-Molekül selbst über eine hohe Wasserbindungskapazität verfügt. Dies führt dazu, dass Wasser verstärkt im Darmlumen zurückgehalten wird. Vor diesem Hintergrund würden wir gerne die folgende Formulierung vorschlagen.

Vorschlag:

Osmotisch wirkende Laxanzien wie PEG 4000 oder Lactulose „erhöhen den Wassergehalt“ im intestinalen Lumen, bewirken damit eine … […]

Neuer Text:

Osmotisch wirkende Laxanzien wie PEG 4000 oder Lactulose erhöhen den Wassergehalt im intestinalen Lumen, bewirken damit eine Zunahme des Stuhlvolumens und regen so die Peristaltik an.

Klassische Laxanzien wie Bisacodyl und Anthrachinone sind sehr wirksam und werden allgemein gut vertragen132–135. Sie führen aber unabhängig vom Alter häufiger zu Krämpfen und Durchfall. Mit Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaushaltes ist nur bei Überdosierung zu rechnen. Es gibt keine Studie bei älteren Patienten, die bei normalem Gebrauch dieser Laxanzien gefährliche Nebenwirkungen festgestellt hat. [Seite 33]

Hintergrund

Unerwünschten Arzneimittelwirkungen wie Krämpfe und Durchfall sind bekannte Nebenwirkung von stimulierenden Laxanzien, die bei einer Behandlung auftreten können, aber nicht zwangsläufig auftreten müssen. In der Studie Kienzle-Horn et al. 2007, in der die Startdosis von Bisacodyl bzw. Natriumpicosulfat zwischen 5–10 mg gewählt werden konnte, zählte Durchfall zum Beispiel nicht zu den am häufigsten berichteten unerwünschten Ereignissen (The most commonly reported adverse events were flatulence (bisacodyl group 7.1 %, sodium picosulphate 9.5 %), headache (bisacodyl group 8.6 %, sodium picosulphate 6.8 %) and abdominal pain (bisacodyl group 7.1 %, sodium picosulphate 6.8 %).) In Studien (Kamm et al. 2011, Mueller-Lissner et al. 2010) wurde zudem ersichtlich, dass das Auftreten von unerwünschten Ereignissen mit Anpassung der Dosierung an den individuellen Bedarf bzw. mit fortschreitender Behandlungsdauer deutlich zurückgingen.

Wir glauben, dass die Adressaten dieser Leitlinie von weiteren Informationen profitieren könnten, um die Behandlung betroffener Patienten besser zu gestalten. Daher würden wir gerne folgenden Formulierungsvorschlag unterbreiten.

Vorschlag:

Sie „können“ führen aber unabhängig vom Alter häufiger zu Krämpfen und Durchfall „führen“. „Es wird empfohlen die Behandlung mit einer niedrigeren Dosierung zu beginnen und diese bei Bedarf zu steigern. Generell kann eine bedarfsadaptierte Behandlung dazu beitragen die Verträglichkeit deutlich zu verbessern.“

Hintergrund

Die Leitlinienautoren sprechen die Empfehlung aus: „Auch bei geriatrischen Patienten können sowohl osmotisch wirksame als auch stimulierende Laxanzien eingesetzt werden“ und bestätigen deren Wirksamkeit und im allgemeinen gute Verträglichkeit. Im Zusammenhang mit der älteren Population wird treffend festgestellt, dass es keine Studie gibt, die bei normalem Gebrauch gefährliche Nebenwirkungen festgestellt hat. Basierend auf der bestehenden Datenlage und bestehenden Anwendungserfahrungen sind wir der Überzeugung, dass zudem keine Bedenken bestehen, die gegen eine sichere Anwendung in dieser Population sprechen. Daher würden wir es sehr schätzen, wenn die Leitlinienautoren unseren Vorschlag prüfen und entsprechend berücksichtigen könnten.

Der Änderungsvorschlag des ersten Satzes wird abgelehnt, da es sich hier nur eine semantische Umformulierung handelt, die das Auftreten der Nebenwirkungen geringer erscheinen lässt.

Die weiteren Bemerkungen sind nicht notwendig, weil dieses Vorgehen selbstverständlich ist.

Ergänzt werden Literaturstellen zur Laxanzientherapie bei älteren Patienten:

Izzi M, Malieckal A, Little E, Anand S. Review of efficacy and safety of laxatives use in geriatrics. World J Gastrointest Pharmacol Ther 2016; 7: 334–342. doi: 10.4292/wjgpt.v7.i2.334.

Seung JK, Young SC, Tae HL, Seong-Eun K, Han SR, Jung-Wook K, Seon-Young P, Yoo JL, Jeong ES, Constipation Research Group of the Korean Society of Neurogastroenterology and Motility. Medical Management of Constipation in Elderly Patients: Systematic Review. J Neurogastroenterol Motil 2021; 27: 495–512. doi: 10.5056/jnm20210.

MacLennan WJ, Pooler AFWM. A comparison of sodium picosulphate („Laxoberal“) with standardised senna („Senokot“) in geriatric patients. Curr Med Res Opin 1974–1975; 2: 641–647. doi: 10.1185/03007997409111877.

Vorschlag:

Es gibt keine Studien bei älteren Patienten, aus denen sich die bei normalem Gebrauch dieser Laxanzien „Bedenken hinsichtlich einer sicheren Anwendung“ oder gefährliche Nebenwirkungen festgestellt hat „ergäben hätten“.

Referenzen:

  • Kienzle-Horn S et al. Comparison of bisacodyl and sodium picosulphate in the treatment of chronic constipation. Curr Med Res Opin 2007; 23: 691–699;

  • Mueller-Lissner S et al. Multicenter, 4-week, double-blind, randomized, placebo-controlled trial of sodium picosulfate in patients with chronic constipation. Am J Gastroenterol 2010; 105: 897–903.

  • Kamm MA, Mueller-Lissner S, Wald A, et al. Oral bisacodyl is effective and well-tolerated in patients with chronic constipation. Clin Gastroenterol Hepatol 2011; 9: 577–583.

Keine substanzielle Änderung durch den vorgeschlagenen Satzumbau.

Neuer Text:

Keiner

Obstipation und Schwangerschaft

Statement 4–5a

In der Schwangerschaft und postpartum tritt eine Obstipation gehäuft auf.

[Starker Konsens] (2021)

Ballaststoffe und Quellstoffe sind auch bei der Schwangerschaft risikofrei zu empfehlen. Sie haben eine signifikante Stuhl-fördernde Wirkung auch in der Schwangerschaft 145. Ebenso sind osmotisch wirksame Laxativa für Mutter und Kind in der Schwangerschaft einsetzbar 146, über deren Wirksamkeit bei Schwangeren gibt es aber keine randomisierten Studien. [Seite 34]

Wir möchten an dieser Stelle auf folgenden kürzlich erschienen Artikel hinweisen, der gegebenenfalls von Relevanz sein könnte.

https://apm.amegroups.com/article/view/56817/html

Hang L. et al. A comparison of the safety and efficacy of polyethylene glycol 4000 and lactulose for the treatment of constipation in pregnant women: a randomized controlled clinical study Ann Palliat Med 2020; 9(6): 3785–3792

Der Artikel wurde aufgenommen.

Neuer Text:

Ebenso sind osmotisch wirksame Laxanzien für Mutter und Kind in der Schwangerschaft einsetzbar 146. Für PEG 4000 (Makrogol) und Lactulose wurde eine gleich starke Wirksamkeit bei obstipierten Schwangeren nachgewiesen mit einem schnelleren Wirkungseintritt durch PEG 4000 (Hang L et al. 2020).

Statement 5–2

Die Einnahme von Ballaststoffsupplementen ist eine erste Strategie bei der Behandlung chronischer Obstipation, da sie einige Vorteile hat, leicht umzusetzen ist, geringe Kosten verursacht und das Risiko schwerwiegender unerwünschter Ereignisse gering ist.

[Starker Konsens] (2021)

Kommentar

Ballaststoffsupplemente sind konzentrierte Ballaststoffe aus Pflanzeninhaltsstoffen in Samen-, Pulver- oder Körnerform, vertrieben als Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel.

Die Therapie mit Ballaststoffsupplementen ist leicht umzusetzen, verursacht geringe Kosten und das Risiko schwerwiegender unerwünschter Ereignisse ist gering.

Eine Metaanalyse (7 RCT, 6 mit löslichen, 1 mit unlöslichen Ballaststoffen) kommt zu dem Schluss, dass Ballaststoffe mäßig wirksam sind im Hinblick auf Erhöhung von Stuhlfrequenz und verminderter Konsistenz, aber auch mäßige gastrointestinale Nebenwirkungen verursachen. Auf das hohe Bias-Risiko wurde von den Autoren hingewiesen 158. [Seite 37]

Hintergrund:

Wie die Autoren der Leitlinie treffend ausführen, ist die Wirksamkeit von Ballaststoffen beschränkt bzw. zählen diese zu den mäßig wirksam Behandlungsoptionen. Teilweise entwickelt sich deren volle Wirkung erst mit einer mehrwöchigen Therapie. Um Patienten eine ausreichende Symptomlinderung zu ermöglichen, kann es sinnvoll sein, bei Bedarf Laxanzien einzusetzen.

Auf die Möglichkeit medikamentöse Präparate mit unterschiedlichen Wirkprinzipien bei unzureichender Wirkung (Monotherapie) zu kombinieren wird in Empfehlung 7–8 hingewiesen. Unserer Meinung nach könnte dieser Ansatz auch auf Ernährungs-basierte probatorische Behandlungsmaßnahmen ausgedehnt werden. Wir glauben, dass die Adressaten dieser Leitlinie von einem zusätzlichen Hinweis profitieren könnten und möchten daher den folgenden Vorschlag machen.

Vorschlag:

Die Therapie mit Ballaststoffsupplementen ist leicht umzusetzen, verursacht geringe Kosten und das Risiko schwerwiegender unerwünschter Ereignisse ist gering. „Unter einer probatorischen Therapie mit Ballaststoffsupplementen kann es dennoch sinnvoll sein konventionellen Laxantien bei Bedarf zu ergänzen, um eine ausreichende Symptomkontrolle zu gewährleisten.

Der Algorithmus der Leitlinie beschreibt eindeutig, dass konventionelle Laxanzien ergänzt werden, wenn Ballaststoffe/Ballaststoffsupplemente nicht ausreichend wirksam sind.

Neuer Text:

Keiner

Empfehlung 7–1a

Macrogole, Natriumpicosulfat und Bisacodyl sollten als Arzneimittel der ersten Wahl angewendet werden. Eine Begrenzung des Einnahmezeitraums ist unbegründet.

[Empfehlung, Starker Konsens] (2021)

Kommentar

Makrogol, Bisacodyl und Natriumpicosulfat sind bei akuter funktioneller und bei chronischer Obstipation wirksam und sicher und gehören hier zu den Mitteln der ersten Wahl. Das gilt auch für die Schwangerschaft. Bei chronischer Obstipation richten sich Dosierung und Einnahmefrequenz nach dem individuellen Bedarf. Die Auswahl richtet sich nach der Präferenz des Patienten bzgl. Applikationsform (Dragee, Tropfen, lösliches Pulver) und Geschmack.

Die Leitlinie behandelt die chronische Obstipation. In der Therapie spielt daher der Wirkeintritt – im Sinne von rasch oder verzögert – nur eine untergeordnete Rolle. Für die Patienten*Innen relevant wäre eine Planbarkeit des Wirkeintritts. Gerade hier besteht aber eine hohe intra- und z. T. auch interindividuelle Varianz und dadurch eine eingeschränkte Vorhersagewahrscheinlichkeit.

Neuer Text:

Keiner

Hintergrund

Das Ziel jeder Behandlung sollte es sein die für den individuellen Patienten am besten geeignete Behandlungsoption zu finden. Hierbei spielt die Präferenz des Patienten eine wichtige Rolle, da diese auch Einfluss auf die Compliance haben kann.

Neben den hier bereits genannten wichtigen Aspekten wie Applikationsform und Geschmack, gibt es noch weitere Aspekte wie Wirkeintritt oder Art der Anwendung (einmalig bzw. bei Bedarf vs. durchgängig), die für den Patienten im Kontext einer akuten funktionellen wie chronischen Obstipation eine Rolle spielen können. Stimulierende Laxantien weisen gegenüber osmotischen Laxantien einen schnelleren Wirkeintritt auf. Bei osmotischen Laxantien entwickelt sich deren volle Wirkung üblicherweise unter einer fortwährenden Behandlung, bei stimulierenden Laxantien ist ein individueller Behandlungseinsatz durch den schnelleren Wirkeintritt denkbar (z. B. Einsatz jeden zweiten, dritten Tag). Vor diesem Hintergrund würden wir gerne folgenden Formulierungsvorschlag unterbreiten.

Vorschlag:

Die Auswahl richtet sich nach der Präferenz des Patienten bzgl. Applikationsform (Dragee, Tropfen, lösliches Pulver) und Geschmack und Wirkeintritt.

Die Leitlinie behandelt die chronische Obstipation. In der Therapie spielt daher der Wirkeintritt – im Sinne von rasch oder verzögert – nur eine untergeordnete Rolle. Für die Patienten*Innen relevant wäre eine Planbarkeit des Wirkeintritts. Gerade hier besteht aber eine hohe intra- und z. T. auch interindividuelle Varianz und dadurch eine eingeschränkte Vorhersagewahrscheinlichkeit.

Neuer Text:

Keiner

Elektrolytverschiebungen im Serum wurden bei bis zu Jahrzehnten langer Einnahme nicht beobachtet 210, 216, 217. Krampfartige Bauchschmerzen können als Ausdruck der motorischen Wirkung auftreten. Ansonsten sind die Substanzen gut verträglich und auch in der Schwangerschaft und Stillzeit unbedenklich. Sie werden zwar zu einem sehr geringen Teil resorbiert und im Urin ausgeschieden 218, ein Übertritt in die Muttermilch erfolgt jedoch nicht 219.

Hintergrund

Unerwünschten Arzneimittelwirkungen wie krampfartige Bauchschmerzen sind eine bekannte Nebenwirkung von stimulierenden Laxanzien, die bei einer Behandlung auftreten können, aber nicht zwangsläufig auftreten müssen. In Studien (Kamm et al. 2011, Mueller-Lissner et al. 2010) wurde zudem ersichtlich, dass das Auftreten von unerwünschten Ereignissen mit Anpassung der Dosierung an den individuellen Bedarf bzw. mit fortschreitender Behandlungsdauer deutlich zurückgingen.

Wir glauben, dass die Adressaten dieser Leitlinie von weiteren Informationen profitieren könnten, um insbesondere die Beratung betroffener Patienten noch besser zu gestalten. Daher würden wir gerne folgenden Formulierungsvorschlag unterbreiten.

Vorschlag:

Krampfartige Bauchschmerzen können als Ausdruck der motorischen Wirkung auftreten, die Verträglichkeit verbessert sich in der Regel unter bedarfsadaptierter fortschreitender Behandlung.“

In Studien zu verschiedenen Laxanzien und laxativ wirkenden Medikamenten z. B. Prokinetika finden sich in der Initialphase oft Nebenwirkungen als Ausdruck der motorischen Wirkung und gleichzeitig vorliegender Koprostase. Unter Fortsetzen der Behandlung zeigt sich in mehreren Studien ein Rückgang der Nebenwirkungsrate. Dennoch können die beschriebenen Nebenwirkungen auch im weiteren Verlauf der Einnahme vorhanden sein bzw. auftreten.

Neuer Text:

Keiner

Wir haben beim Behandlungs-Algorithmus folgendes Addendum ergänzt:

Die Verträglichkeit der zur Therapie der chronischen Obstipation eingesetzten Medikamente verbessert sich häufig bei Dauereinnahme (Literatur).

Literatur:

Mueller-Lissner S et al. Multicenter, 4-week, double-blind, randomized, placebo-controlled trial of sodium picosulfate in patients with chronic constipation. Am J Gastroenterol 2010; 105: 897–903.

Kamm MA, Mueller-Lissner S, Wald A, et al. Oral bisacodyl is effective and well-tolerated in patients with chronic constipation. Clin Gastroenterol Hepatol 2011; 9: 577–583.

Hassam A, Rahul P, Shiza S. Role of Prucalopride in Treating Functional Constipation and Gastroparesis: A Systemic Review. Cureus 13: e14 306. DOI: 10.7759/cureus.14306

Fukudo S, Miwa H, Nakajima A, Kinoshita Y, Kosako M, Hayashi K, Akiho H, Kuroishi K, Johnston JM, Currie M, Ohkusa T. High‐dose linaclotide is effective and safe in patients with chronic constipation: A phase III randomized, double‐blind, placebo‐controlled study with a long‐term open‐label extension study in Japan. Neurogastroenterol Motil 2019; 31: e13487. DOI: 10.1111/nmo.13487

Die oft behauptete Gewöhnung an diese Abführmittel ist tatsächlich sehr selten, selbst bei Jahrzehnten langem Gebrauch 40, 217, 220.

Hintergrund

Wie die Leitlinienautoren treffend anmerken, ist die Befürchtung einer Gewöhnung oft noch sehr präsent. So auch in einer 2020 von Sanofi-Aventis in Auftrag gegebene Befragung von n = 300 deutschen Fachkreisangehörigen (n = 100 Allgemeinärzten, n = 100 Apothekern, n = 100 PTA; in Zusammenarbeit mit Doc-Check). In dieser stimmten 3 von 4 Befragten der Aussage zu „Die langfristige Anwendung von stimulierenden Laxantien kann zu einer Gewöhnung/Wirkverlust führen“. Die Mehrheit der Befragten bezogen diese Aussagen („langfristig“) auf einen Zeitraum von < 6 Monaten. Daher begrüßen wir die klare Position, welche die Leitlinien Autoren vertreten („Eine Begrenzung des Einnahmezeitraums ist unbegründet“). Da die Leitlinie zudem große Strahlkraft besitzt, die über das Fachpublikum hinaus geht bzw. sich an ein breites Publikum wendet, möchten wir die Leitlinienautoren ermutigen die Möglichkeit zu ergreifen, dieses wichtige Kapitel weiter auszubauen. Hierdurch könnten überholte Vorbehalte noch wirksamer ausgeräumt werden, zum Vorteil für die Patientenversorgung wie -Beratung.

Der hier unterbreitete Vorschlag wurde in Anlehnung an eine aktuell Ärztefortbildung von Herrn Prof. Pehl erstellt (Pehl C. 2021),

Vorschlag:

Kurz:

Die oft behauptete Gewöhnung an diese Abführmittel ist tatsächlich sehr selten, selbst bei Jahrzehnten langem Gebrauch 40, 217, 220. „Im Laufe des Lebens kann eine Dosissteigerung der Laxanzien notwendig werden, nicht jedoch aufgrund nachlassender Wirkung oder einer Gewöhnung, sondern aufgrund einer altersbedingten Verlangsamung des Kolontransits und erschwerter/verlängerter Defäkationskinetik.“

Referenzen:

  • Mueller-Lissner S et al. Multicenter, 4-week, double-blind, randomized, placebo-controlled trial of sodium picosulfate in patients with chronic constipation. Am J Gastroenterol 2010;105:897–903.

  • Kamm MA, Mueller-Lissner S, Wald A, et al. Oral bisacodyl is effective and well-tolerated in patients with chronic constipation. Clin Gastroenterol Hepatol 2011;9:577–83.

  • Pehl C. Obstipation, Rationale Diagnostik und Therapie, Gastroenterologie up2date 2021, 17: 87–98

Die physiologischen Daten zum Colontransit im Alter sowie zur Defäkationskinetik sind korrekt wiedergegeben. Wissenschaftliche Langzeitdaten als Beleg für die klinische Beobachtung der Dosissteigerung im Verlauf fehlen jedoch. Daher erscheint es uns derzeit nur sinnvoll und wichtig dem Mythos der Gewöhnung entgegenzutreten.

Neuer Text:

keiner


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Layer P, Andresen V. 5.2. Reizdarmsyndrom und chronische Obstipation – Medizinische Übersicht in Weissbuch 2020/21. Berlin: Frank Lammert, Petra Lynen Jansen, Markus Lerch; 2019
  • 2 Lynen Jansen P, Siegmund B, Nothacker M. et al. Das Leitlinienprogramm der DGVS 2017. Z Gastroenterol 2017; 55: 39-49
  • 3 Andresen V, Enck P, Frieling T. et al. S2k-Leitlinie Chronische Obstipation: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Z Gastroenterol 2013; 51: 651-672

Korrespondenzadresse

Pia Lorenz
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
Gastro Haus
Olivaer Platz 7
10707 Berlin
Deutschland   
Phone: +49/0 30/31 98 31 50 15   

Publication History

Article published online:
12 October 2022

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  • Literatur

  • 1 Layer P, Andresen V. 5.2. Reizdarmsyndrom und chronische Obstipation – Medizinische Übersicht in Weissbuch 2020/21. Berlin: Frank Lammert, Petra Lynen Jansen, Markus Lerch; 2019
  • 2 Lynen Jansen P, Siegmund B, Nothacker M. et al. Das Leitlinienprogramm der DGVS 2017. Z Gastroenterol 2017; 55: 39-49
  • 3 Andresen V, Enck P, Frieling T. et al. S2k-Leitlinie Chronische Obstipation: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Z Gastroenterol 2013; 51: 651-672