Schlüsselwörter
Antiphospholipidsyndrom -  Anticardiolipinantikörper - Lupusantikoagulans - Antikoagulation
            - Lupus erythematodes
Key words
antiphospholipid syndrome - anticardiolipin antibodies - anticoagulation - lupus erythematosus
            - lupus anticoagulant
Definition und Klassifikation
         Definition und Klassifikation
            Das Antiphospholipidsyndrom (APS) ist eine systemische Autoimmunerkrankung, die
               klinisch durch venöse oder arterielle Thrombosen und/oder
               Schwangerschaftskomplikationen gekennzeichnet ist und serologisch durch den Nachweis
               von Antiphospholipidantikörpern (aPL). Das APS kann als alleinige Erkrankung
               (primäres APS) oder in Verbindung mit einem systemischen Lupus erythematodes
               (oder verwandten Autoimmunerkrankungen) auftreten (sekundäres APS) [1].
            Für die Therapieentscheidung ist es wichtig, die klinischen und serologischen
               Kriterien des APS zu kennen und damit das Risikoprofil der Patientinnen besser
               einschätzen zu können. Die Klassifikationskriterien wurden
               öfter überarbeitet. Seit 2006 gelten die in [Tab. 1] aufgeführten
               Sydney-Klassifikationskriterien des APS [2].
               Klinisch werden eindeutige Befunde einer arteriellen oder venösen
               Durchblutungsstörung (ohne andere Ursachen) gefordert und serologisch
               anhaltend (mindestens 2-mal im Abstand von mindestens 12 Wochen) und
                  deutlich (über 40 U/ml bzw. über der 99.
               Percentile des Labortests) erhöhte Titer von IgG- oder
               IgM-Antikörpern gegen Cardiolipin (CL) und/oder
               ß-2-Glykoprotein-1 (ß2-GP1) und/oder der eindeutige und
               wiederholte (≥12 Wochen) Nachweis eines Lupusantikoagulans (LA). Grenzwerte
               für aPL, die auf der Normalverteilung in unselektionierten
               Spenderkollektiven fußen, sind meist deutlich niedriger als die hier
               gegebenen Definitionen. Wichtig ist auch, dass für die Klassifikation als
               APS zwischen dem positiven aPL-Test und der klinischen Manifestation nicht mehr als
               5 Jahre liegen sollen (d. h. z. B., dass ein mehr als 5 Jahre
               zurückliegendes Ereignis und eine erst aktuell positive Bestimmung von aPL
               oder ein aktuelles Ereignis und ein mehr als 5 Jahre zurückliegender
               Nachweis von aPL nicht ausreichen).
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 1 2006 überarbeitete Klassifikationskriterien
                        für das Antiphospholipidsyndrom [1] SSW
                     
                  
                     
                     
                        
                        | Klinisch | 
                              
                              
                                 
                                 Ein oder mehrere in der Bildgebung oder Histologie
                                    eindeutige venöse oder arterielle Thrombosen | 
                     
                     
                        
                        | 2. Schwangerschaftskomplikationen: 
                              
                              
                                 
                                 a) sonst ungeklärter Tod eines normal entwickelten
                                    Feten ab der 10. SSW
                                 
                                 b) eine oder mehr Frühgeburten vor der 34. SSW
                                    aufgrund einer Eklampsie, Präeklampsie oder
                                    Plazentainsuffizienz
                                 
                                 c) drei und mehr konsekutive Aborte vor der 10. SSW ohne
                                    chromosomale, anatomische oder hormonelle Ursachen | 
                     
                     
                        
                        | Serologisch |  | 
                     
                     
                        
                        |  | 
                     
                     
                        
                        |  | 
                     
               
               
               Ein APS wird angenommen, wenn mindestens ein klinisches und ein serologisches
                  Kriterium vorliegen. Ein serologischer Test ist erst ausreichend, wenn er
                  mindestens 2x im Abstand von mindestens 3 Monaten eindeutig positiv war.
                  Wenn mehr als 5 Jahre zwischen positivem aPL-Test und der (dokumentierten)
                  klinischen Manifestation liegen, soll das Krankheitsbild auch nicht als APS
                  klassifiziert werden.
                
            
            
            Nur bei genauer Beachtung dieser Definitionen sind die Kriterien ausreichend
               spezifisch und charakterisieren die Patienten, welche auch ein entsprechendes Risiko
               für Thrombembolien und Schwangerschaftskomplikationen aufweisen.
            Die Assoziation eines LA zu Thromboembolien wird oft als stärker berichtet
               als die für andere aPL. Dies scheint aber eher ein quantitatives als ein
               qualitatives Problem zu sein, je höher der Titer (gemessen in GPL
               für IgG-aPL und in MPL für IgM-aPL) der Antikörper ist, umso
               eher findet man auch ein LA und umso eher sind die Patienten
               thrombosegefährdet, was ein deutlicher Hinweis für eine
               pathogenetische Bedeutung der aPL ist. Dabei sind IgG-Antikörper, sowohl
               gegen CL wie auch gegen β2GPI, spezifischer als die jeweiligen IgM-Ak [4]. IgM-Antikörper sind im Gegensatz zu
               IgG-Antikörpern oft nur passager bzw. im Rahmen von Infektionen
               erhöht und können auch durch Medikamente induziert werden. Ein
               Lupusantikoagulans (LA), welches bei richtigen Voraussetzungen und
               Durchführung der Bestimmung (welche allerdings störanfällig
               ist) als stärkster Risikofaktor gilt, muss durch einen
               Bestätigungstest verifiziert werden [2]. Ein LA ist oft falsch positiv bei bereits eingeleiteter
               Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin, Vitamin K Antagonisten und direkten
               oralen Antikoagulantien [5].
         Häufigkeit thrombembolischer Komplikationen und prognostische
               Einschätzung
         Häufigkeit thrombembolischer Komplikationen und prognostische
               Einschätzung
            Aufgrund der Häufigkeit thromboembolischer Erkrankungen und der relativen
               Seltenheit von aPL stellen diese in unselektionierten Populationen keinen
               identifizierbaren Risikofaktor dar. Unter Blutspendern mit zufällig
               entdeckten aPL wurde über 12 Monate keine erhöhte Thromboseneigung
               beobachtet. Entsprechend wird das Thromboserisiko von Normalpersonen mit
               zufällig entdeckten aPL als gering betrachtet (<1% pro Jahr)
               [6]. Verglichen mit einer Rate von
               0,4/100 Patientenjahre (PatJ) in einer altersentsprechenden
               (35–55 J) weißen Normalpopulation [7] war die Rate von Thrombembolien (TE) bei
               Trägern (Ø 41 J) eines einzigen Typs von aPL mit
               1,36/100 PatJ [8] nur leicht, bei
               Nachweis aller 3 Typen (Triple-Positivität) mit 5,3/100 PatJ [9] deutlich erhöht. Die Inzidenz von TE
               lag in einer Kohorte von SLE-Patienten, die zur Hälfte aPL aufwiesen, bei
               2,9/100 PatJ [10] und bei
               APS-Patienten mit bereits vorausgegangenen thromboembolischen Manifestationen bei
               ca. 20/100 PatJ ([Abb. 1]), wobei
               cerebrale Durchblutungsstörungen mit ca. 30/100 PatJ auftraten, wenn
               bereits ein Apoplex vorausgegangen war. Die Apoplex-Rate ist bei hoch-positiven aCL
               (>40 GPL) doppelt so hoch wie bei niedrig positiven (<40 GPL) [11].
             Abb. 1 Durchschnittliche jährliche Rate eines ersten
                  thrombembolischen Ereignisses (TE) in einer weißen normalen
                  Bevölkerung [6], in 1-fach
                  aPL-positiven [7] und 3-fach aPL
                  positiven Probanden [8], bei
                  SLE-Patienten [9] und eines weiteren
                  TE bei APS-Patienten [10].
                  Abb. 1 Durchschnittliche jährliche Rate eines ersten
                  thrombembolischen Ereignisses (TE) in einer weißen normalen
                  Bevölkerung [6], in 1-fach
                  aPL-positiven [7] und 3-fach aPL
                  positiven Probanden [8], bei
                  SLE-Patienten [9] und eines weiteren
                  TE bei APS-Patienten [10].
            
            
            In einem systematischen Review aus dem Jahre 2006 [5] fand sich für SLE-Patienten mit aPL aber ohne Thromboembolien
               in der Vorgeschichte eine Thromboseinzidenz von 2 pro 100 PatJ. Die Odds-Ratio (OR)
               für Thrombosen betrug 3,20 (1,43–7,14) bei Nachweis eines LA und
               6,80 (1,53–30,20) bei hochtitrigen aCL. Mehrere weitere
               Untersuchungen haben gezeigt, dass konstant hohe Antikörper-Titer,
               insbesondere vom IgG-Typ, der eindeutige Nachweis eines LA und die
               Triple-Positivität (s.u.) deutliche Risikofaktoren für TE [8] und auch für
               Schwangerschaftskomplikationen beim APS darstellen [12]
               [13]
               [14].
            Bereits seit 2005 wurde von italienischen Arbeitsgruppen über die Bedeutung
               der Triple-Positivität, des gleichzeitigen Nachweises von aCL,
               aß2-GP I sowie eines positiven LA, als Hoch-Risikoprofil für
               thromboembolische und geburtshilfliche Komplikationen beim APS berichtet [15]
               [16].
               Seitdem wurde dies in vielen Untersuchungen bestätigt [8]
               [13]
               [17]. Je höher die Titer
               für aCL und aß2-GP I sind, umso eher ist auch das LA positiv und
               umso ausgeprägter ist das thrombophile Risiko. Im Hinblick auf die Prognose
               und Konsequenzen für die Therapie wurden in den EULAR-Empfehlungen von 2019
               zum Management des APS [18] aPL-Profile mit
               niedrigem und hohem Risiko definiert ([Tab.
                  2]). Zusätzliche, signifikante Risikofaktoren sind auch Anzahl und
               Schwere bereits stattgehabter thromboembolischer oder geburtshilflicher
               Komplikationen eines APS in der Vorgeschichte, das Vorhandensein allgemeiner
               kardiovaskulärer Risikofaktoren und ein deutlich erhöhter Body Mass
               Index (BMI) von über 30 für Schwangerschaftskomplikationen [19].
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 2 Definitionen unterschiedlicher aPL-Risikoprofile
                        für Thromboembolien oder Schwangerschaftskomplikationen in den
                        EULAR-Recommendations (17).
                     
                  
                     
                     
                        
                        | Hoch-Risiko aPL-Profil | Vorhandensein (zu 2 oder mehr Zeitpunkten im Abstand von
                              mindestens 12 Wochen) von: 
                              
                              
                                 
                                 Lupusantikoagulans (bestimmt nach ISTH-Richtlinien)
                                 
                                 aPL-Doppel-Positivität (jede Kombination von LA,
                                    aCL* oder aß2-GP I*)
                                 
                                 aPL-Dreifach-Positivität (LA, aCL* und
                                    aß2-GP I*)
                                 
                                 dauerhaft hohe aPL*-Titer | 
                     
                     
                        
                        | Niedrig-Risiko aPL-Profil | Isolierte aCL oder aß2-GP I in niedriger bis mittlerer
                              Titerhöhe, insbesondere bei nur
                              passagerem/wechselnden Nachweis. | 
                     
               
               
               * Definition eindeutig erhöhter aPL siehe [Tabelle 1].
                
            
            Therapie
            Grundsätzliche Aspekte
            
            Nach der Akuttherapie APS-assoziierter thromboembolischer Komplikationen, welche
               sich (mit Ausnahme des Einsatzes von DOACs, s.u.) nicht von der bei anderen
               Thrombosepatienten unterscheidet, besteht die “Therapie” des APS
               vor allem in der Prophylaxe. Eine Immunsuppression hat keinen Einfluss auf die
               Rate thromboembolischer Komplikationen und ist damit zur Behandlung eines
               (alleinigen) APS nicht indiziert [20].
               Eine Ausnahme stellt das sog. katastrophale APS (CAPS) dar, zu dessen spezieller
               Therapie auf die unten dargestellten EULAR-Empfehlungen und die
               weiterführende Literatur verwiesen wird [21]
               [22]
               [23]
               [24].
            
            Bei Patienten mit eindeutig positiven aPL, welche keine prophylaktische Therapie
               erhalten, sei es weil sie kein definierendes Ereignis aufweisen oder nur
               geburtshilfliche Manifestationen hatten, sollten auf jeden Fall eine strikte
               Thromboseprophylaxe in Hochrisiko-Situationen (wie Operationen, sonstige
               längere Immobilisierungen, Reisen, Wochenbett) erfolgen und allgemeine
               Maßnahmen der Prävention (Gewichtskontrolle, Nikotinabstinenz,
               Vermeiden hormoneller Antikonzeptiva mit hohem TE-Risiko) berücksichtigt
               werden.
            
            Primärprophylaxe
            
            Zur Prophylaxe thromboembolischer Komplikationen sind beim APS
               Thrombozytenaggregationshemmer (Acetylsalicylsäure, ASS), Heparin
               (unfraktioniert und niedermolekular), Vitamin K Antagonisten (Cumarine, VKA) und
               inzwischen auch die direkten oralen Antikoagulantien (DOACs) untersucht [5]
               [19]
               [25]. Eine orale
               Antikoagulation mit VKA scheint zwar die effektivste Prophylaxe zu
               gewähren, geht aber auch mit einem erhöhten Blutungsrisiko von
               2–3% einher [26]. Dies
               macht eine Behandlung mit VKA bei Patienten mit aPL und ohne vorausgegangene TE
               (oder „Thrombembolien“) – also zur
               Primärprophylaxe – obsolet.
            
            Bei immer noch spärlicher Studienlage wird die Frage der
               Primärprophylaxe mittels Thrombozytenaggregationshemmung (TAH) durch
               niedrig dosierte ASS (LDA; 75–100 mg) viel diskutiert [27]. Bei zugrundeliegendem SLE konnte ein
               günstiger Effekt der TAH hierfür belegt werden [28] und auch in einer Metaanalyse von
               aPL-Trägern war ein Effekt in der Primärprophylaxe vor allem
               für arterielle Manifestationen zu sehen [26]. Empfohlen wird eine TAH mit LDA aber auch bei Patienten ohne
               zugrundeliegenden SLE, wenn eindeutig und persistierend erhöhte aPL,
               insbesondere Triple-Positivität vorliegen oder wenn nur geburtshilfliche
               Komplikationen eines APS in der Vorgeschichte aufgetreten sind [29]
               [30].
            
            Sekundärprophylaxe
            
            Bei serologisch und klinisch eindeutigem APS mit thrombembolischen
               Manifestationen wird eine dauerhafte orale Antikoagulation mit VKA empfohlen.
               Als therapeutisches Ziel gilt bei venösen TE eine INR von
               2,0–3,0, bei arteriellen ebenfalls 2,0–3,0 oder – je
               nach Risiko – auch 3,0–4,0. Bei fehlender Möglichkeit
               einer guten INR-Einstellung oder bei Rezidiven hierunter – trotz
               dokumentiert ausreichender Antikoagulation – kann die orale
               Antikoagulation auch mit einer TAH (LDA) oder zusätzlichen Gabe von
               Heparin kombiniert werden, dann liegt die Ziel-INR aber nur bei 2,0–3,0
               [17]
               [28]
               [29]. Für geschulte
               Patienten und unter anfänglich engmaschiger Kontrolle kann eine
               Selbstmessung der INR durch die APS-Patienten oder Angehörige erfolgen
               [31]
               [32].
            
            Einsatz von DOACs beim APS?
            
            Zum Einsatz von DOACs beim APS veröffentlichte 2018 eine
               französische Arbeitsgruppe eine Metaanalyse von Fallberichten und
               Fallserien [33]. Es konnten 47 Studien mit
               immerhin 447 APS-Patienten unter DOACs ausgewertet werden. Rivaroxaban erhielten
               290 (64,9%), Dabigatran 144 (32,2%) und Apixaban 13
               (2,9%) Patienten. Nach einer mittleren Behandlungsdauer von 12,5 Monaten
               wiesen 16% (73/447) der Patienten eine erneute Thrombose unter
               DOACs auf, 16,9% unter Faktor-Xa-Hemmern und 15% unter dem
               Thrombinantagonisten Dabigatran. Eine Triple-Positivität für aPL
               war mit einem vierfach erhöhten Risiko für Rezidivthrombosen
               assoziiert (56%, OR=4,3 [95%CI; 2,3–7,7],
               p<0,0001).
            
            Eine multizentrische, randomisierte Studie (TRAPS) untersuchte die
               Nicht-Unterlegenheit von Rivaroxaban (n=59) gegenüber Warfarin
               (n=61) zur Prävention thromboembolischer Ereignisse bei
               Triple-positiven APS-Patienten [34]. Diese
               Studie wurde vorzeitig aufgrund vermehrter Komplikationen unter Rivaroxaban (mit
               19% gegenüber 3% unter VKA) abgebrochen. Über
               eine mittlere Beobachtungsdauer von 569 Tagen wurden 7 Thromboembolien (TE) in
               der Rivaroxabangruppe (12%) gegenüber keinem Ereignis unter
               Warfarin registriert. Auffällig war zudem, dass die thromboembolischen
               Komplikationen mit 4 ischämischen Hirn- und 3 Myokardinfarkten
               ausschließlich arterieller Natur waren. Im Gegensatz zu den bisherigen
               Erfahrungen mit DOACs wurden auch vermehrt „Major“ Blutungen
               unter Rivaroxaban (n=4; 7%) gegenüber Warfarin
               (n=2; 3%) registriert.
            
            Eine Metaanalyse zum Einsatz von DOACs beim APS mit 576 APS-Patienten aus 4
               randomisierten klinischen Studien [35] und
               eine Metaanalyse mit insgesamt 835 APS-Patienten aus 7 Studien [36] bestätigten das erhöhte
               Risiko von insbesondere arteriellen TE bei eindeutigem APS und bei der sog.
               Triple-Positivität. Im März 2022 wurde dann noch eine
               prospektive Studie zum Einsatz von Apixaban beim (thrombotischen) APS
               veröffentlicht [37]. Nachdem sich
               auch für dieses DOAC in einer Zwischenauswertung eine hohe Rate an
               Schlaganfällen zeigte, wurde das Protokoll geändert, indem die
               Dosis von Apixaban auf 2 ×5 mg tgl. angehoben wurde [38]. Nachdem sich auch darunter weitere
               Schlaganfälle einstellten, wurde in einem weiteren Amendment
               beschlossen, dass alle Patienten, die auf Apixaban eingestellt waren und ein
               arterielles Ereignis in ihrer Vorgeschichte hatten, auf Warfarin umzustellen
               sind und neue Patienten nur noch einzuschließen, wenn sie
               ausschließlich venöse Komplikationen im Rahmen ihres APS
               erlitten hatten. Dennoch wurde die Studie dann vorzeitig beendet und die
               Schlussfolgerung der Autoren ist in der Publikation dann schon fast
               beschönigend: „Unter den Komponenten des primären
               Wirksamkeitsendpunktes kam es nur (!) bei 6 von 23 Patienten, die Apixaban
               erhielten, zu einem Schlaganfall, verglichen mit 0 von 25 Patienten, die
               Warfarin erhielten.“
            
            Von dem Einsatz von DOACs ist zumindest beim Hoch-Risiko-aPL-Profil, insbesondere
               bei der sog. Triple-Positivität und bei vorbestehenden arteriellen
               Thromboembolien dringend abzuraten. Sie bieten für venöse
               Manifestationen keinen besseren Schutz als die konventionelle Antikoagulation
               und sie erhöhen das Risiko für arterielle TE, insbesondere
               für Schlaganfälle beim APS deutlich. Die Europäische
               Arzneimittelagentur (EMA) und die European Society of Cardiology raten von dem
               Einsatz aller DOACs bei allen APS-Patienten ab [39]
               [40], in Deutschland hat das
               BfArM in einem „Rote-Hand-Brief“ vor dem Einsatz von (allen)
               DOACs beim APS gewarnt [41]. Die
               EULAR-Leitlinien raten von der Verwendung von Rivaroxaban bei
               Triple-Positivität und bei APS-Patienten mit einer Vorgeschichte von
               arteriellen Thrombosen ab. DOACs könnten allenfalls in Betracht gezogen
               werden, wenn trotz guter Therapieadhärenz unter VKA die Ziel-INR nicht
               zu erreichen ist oder Kontraindikationen gegenüber VKA vorliegen [17]. Da es in den Studien zum Einsatz von
               DOACs beim APS in 38% der APS-Patienten nach einer venösen
               Thromboembolie (TE) dann unter DOACs zu einer arteriellen kam, ist die
               Stratifizierung nach arteriellen TE fragwürdig [25].
            
            Management von Schwangerschaften beim APS
            
            Schwangerschaften gelten bei APS-Patientinnen und bei Frauen mit einem
               Hoch-Risiko-aPL-Profil als Risikoschwangerschaften. Um diese erfolgreich zu
               führen, ist das Erkennen gefährdeter Patientinnen, deren
               Beratung, Behandlung und engmaschige Überwachung in der Schwangerschaft
               Voraussetzung. Abraten wird man APS-Patientinnen von einer Schwangerschaft
               inzwischen nur bei aktiver Grunderkrankung (SLE), insbesondere bei
               Nierenbeteiligung, bei schlecht einstellbarer Hypertonie, bei schweren
               zentralnervösen Komplikationen in der Vorgeschichte und bei Z. n.
               schweren Schwangerschaftskomplikationen trotz Prophylaxe [42]
               [43].
            
            Frauen mit APS oder eindeutig erhöhten aPL sollten –
               möglichst schon im Rahmen einer Schwangerschaftsplanung –
               über das Risiko von Schwangerschaftskomplikationen und die
               entsprechenden Vorsorgemaßnahmen aufgeklärt werden. Die Therapie
               soll in Absprache mit der Patientin und dem behandelnden Gynäkologen
               individuell festgelegt werden.
            
            Bereits vor der Konzeption scheinen Frauen mit gesichertem APS von einer LDA-Gabe
               zu profitieren. Es sollte daher bei entsprechendem Risikoprofil und bislang
               fehlender Antikoagulation oder TAH schon vor der Schwangerschaft niedrig-dosiert
               ASS (75–100 mg/Tag) gegeben werden, was bei positivem
               Schwangerschaftstest dann um (vorzugsweise) niedermolekulares Heparin
               ergänzt wird [12]
               [38]
               [39]. APS-Patientinnen, die schon vor der Schwangerschaft eine
               Antikoagulation mit Vitamin K Antagonisten erhielten, sollten diese bei
               positivem Schwangerschaftstest durch Heparin in therapeutischer Dosierung
               ersetzen und zusätzlich LDA einnehmen. Ein vorzeitiger Verschluss des
               Ductus arteriosus beim Fetus wurde unter LDA bis zu 300 mg/d
               nicht beschrieben. Niedrig dosierte ASS verringert zudem das Risiko einer
               Eklampsie/Präeklampsie. Bei Vorliegen eines SLE profitieren
               aPL-positive Frauen auch von einer Therapie mit Hydroxychloroquin hinsichtlich
               des fetalen Schwangerschaftsausganges [39], bei einem reinen (primären) APS gibt es hierfür
               keine gute Evidenz, wie eine systematische Literaturrecherche zeigen konnte
               [44].
            
            Um die 21. Schwangerschaftswoche ist ein fetales „Organscreening“
               angezeigt und im Verlauf mindestens monatlich eine Überprüfung
               des fetalen Wachstums und der plazentaren Durchblutung mittels Ultraschall zu
               empfehlen. Im 3. Trimenon sind ggfls. engmaschigere Kontrollen angezeigt.
               Schwangere sollten im Hinblick auf ihren Blutdruck und Ödemneigung
               (Flüssigkeitseinlagerungen, Gewicht) gut informiert und kontrolliert
               werden, da sich sowohl eine Gestose mit entsprechendem Fehlgeburtsrisiko oder
               auch ein HELLP-Syndrom hierdurch ankündigen können [38]
               [45].
            
            Durch diese Maßnahmen können die Abortrate und
               mütterliche Komplikationen bei APS-Schwangerschaften deutlich gesenkt
               werden. Es ist aber auch im Wochenbett auf die gesteigerte Thromboseneigung der
               APS-Patientinnen zu achten. 4–6 Stunden postpartal bzw. 12 Stunden nach
               Sectio sollte wieder mit einer Heparinisierung begonnen werden [38]
               [41]. Wichtig ist auch die Notwendigkeit einer konsequenten weiteren
               postpartalen Thromboseprophylaxe beim APS, vorzugsweise mit LMWH über 6
               Wochen nach Entbindung [17]. Bei
               entsprechender Indikation für eine dauerhafte Antikoagulation sollte
               dann wieder auf VKA umgestellt werden, unter denen auch weiter gestillt werden
               kann.
            EULAR-Empfehlungen zur Behandlung des APS
         EULAR-Empfehlungen zur Behandlung des APS
            2019 wurden evidenzbasierte Empfehlungen der EULAR zur Behandlung des APS
               veröffentlicht [17], die im Folgenden
               noch detailliert wiedergegeben werden.
            Übergeordnete Prinzipien
            
            
               
               - 
                  
                  Die Risikostratifizierung aPL-positiver Individuen sollte Untersuchungen
                     zum Vorliegen eines Hoch-Risiko-aPL-Profils (s. [Tab. 2]), die Anamnese eines
                     thrombotischen und/oder geburtshilflichen APS, die Koexistenz
                     anderer systemischer Autoimmunerkrankungen wie SLE und die Erfassung
                     traditioneller kardiovaskulärer Risikofaktoren beinhalten. 
- 
                  
                  Allgemeinmaßnahmen bei aPL-positiven Individuen sind das
                     Screening und die strikte Kontrolle von kardiovaskulären
                     Risikofaktoren (Raucherentwöhnung; Behandlung von Bluthochdruck,
                     Dyslipidämie und Diabetes; regelmäßige
                     körperliche Aktivität), insbesondere bei Personen mit
                     einem Hoch-Risiko-aPL-Profil, die Untersuchung und Behandlung von
                     Risikofaktoren für venöse Thrombosen,
                     einschließlich der Verwendung von LMWH in Hochrisikosituationen
                     wie Operationen, Krankenhausaufenthalten, längerer Ruhigstellung
                     und Wochenbett. 
- 
                  
                  Alle Patienten, die mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) behandelt werden,
                     sollten über die Wichtigkeit der Therapieadhärenz, die
                     Notwendigkeit einer engen INR-Überwachung, insbesondere bei
                     Therapiebeginn, die Bedeutung der Ernährung,
                     Empfängnisverhütung und Familienplanung beraten werden.
                     APS-Patienten sollten zu körperlicher Aktivität
                     ermuntert werden, auch unter VKA. 
Empfehlungen
            
            Primärprophylaxe bei aPL-positiven Individuen
            
            
               Asymptomatische aPL-Träger (die keine vaskulären oder
               geburtshilflichen APS-Klassifikationskriterien erfüllen) mit
                  einem Hoch-Risiko-aPL-Profil sollen eine Prophylaxe mit niedrig
               dosierter (75–100 mg täglich) ASS (LDA) erhalten
               (Evidenzlevel (LoE): 2a; Empfehlungsstärke (GoR): B; Level
               (0–10) der Übereinstimmung (LoA): 9,1).
            
            Patienten mit SLE ohne bisherige Thromboembolien und ohne
               Schwangerschaftskomplikationen:
            
            
               
               - 
                  
                  Bei Hoch-Risiko-aPL-Profil Prophylaxe mit LDA (LoE: 2a; GoR: B; LoA:
                     9,5). 
- 
                  
                  Bei Niedrig-Risiko-aPL-Profil kann eine LDA-Prophylaxe erwogen werden
                     (LoE: 2b; GoR: C; LoA: 8,9). 
               Bei nicht schwangeren Frauen mit der Vorgeschichte eines rein
                  geburtshilflichen APS (mit oder ohne SLE) wird eine prophylaktische
               Behandlung mit LDA nach entsprechender
               Nutzen/Risikoabschätzung (aPL-Profil, weitere
               kardiovaskuläre Risikofaktoren, Verträglichkeit von ASS)
               empfohlen. (LoE: 2b; GoR: B; LoA: 9,0).
            
            
            Sekundärprophylaxe beim APS
            
            Patienten mit definitivem APS und einer ersten venösen Thrombose:
            
            
               
               - 
                  
                  Es wird eine orale Antikoagulation mit einer Ziel-INR von 2,0 bis 3,0
                     empfohlen (LoE: 1b; GoR: B; LoA: 9,9). 
- 
                  
                  Rivaroxaban sollte nicht bei Dreifach-aPL-Positivität
                     angewendet werden, da das Risiko für erneute TE hoch ist
                     (LoE: 1b; GoR: B; LoA: 9,1). Direkte orale Antikoagulanzien (DOACs)
                     könnten in Betracht gezogen werden, wenn trotz guter
                     Therapieadhärenz unter VKA die Ziel-INR nicht zu erreichen
                     ist oder Kontraindikationen gegenüber VKA vorliegen (LoE: 5;
                     GoR: D; LoA: 9,1). 
- 
                  
                  Bei „spontaner“ erster Venenthrombose sollte die
                     Antikoagulation langfristig fortgesetzt werden (LoE: 2b; GoR: B;
                     LoA: 9,9). 
- 
                  
                  Bei „konditionierter“ erster Venenthrombose sollte
                     die Therapie so lange erfolgen wie für Patienten ohne APS
                     nach internationalen Richtlinien empfohlen. Eine längere
                     Antikoagulation kann erwogen werden bei Hoch-Risiko-aPL-Profil in
                     wiederholten Messungen oder anderen Risikofaktoren für
                     Rezidive (LoE: 5; GoR: D; LoA: 8,9). 
Patienten mit definitem APS und rezidivierenden venösen Thrombosen
               trotz Antikoagulation mit VKA bei einem INR-Zielwert von
               2,0–3,0:
            
            
               
               - 
                  
                  Es sollte eine Kontrolle der VKA-Einstellung erwogen werden, einschl.
                     Aufklärung über Therapieadhärenz und
                     begleitet von häufigen INR-Bestimmungen (LoE: 5; GoR: D;
                     LoA: 9,6). 
- 
                  
                  Wenn die Ziel INR von 2–3 (zum Zeitpunkt der TE)
                     erreicht war, sollte die zusätzliche Gabe von LDA, eine
                     Erhöhung des INR-Zielwertes auf 3,0–4,0 oder eine
                     Umstellung auf LMWH erwogen werden (LoE: 4–5; GoR: D; LoA:
                     9,4). 
Patienten mit definitivem APS und einem ersten arteriellen Ereignis:
            
            
               
               - 
                  
                  Eine Antikoagulation mit VKA wird empfohlen gegenüber einer
                     alleinigen Behandlung mit LDA (LoE: 2b; GoR: C; LoA: 9,4). 
- 
                  
                  Antikoagulation mit Ziel-INR von 2,0–3,0 oder 3,0–4,0
                     je nach individuellem Risiko von Blutungen oder Rezidiven von TE
                     (LoE: 1b; GoR: B; LoA: 9,0). Eine INR von 2,0–3,0 in
                     Kombination mit LDA kann auch erwogen werden (LoE: 4; GoR: C; LoA:
                     9,0). 
- 
                  
                  Rivaroxaban sollte nicht bei Dreifach-aPL-Positivität
                     eingesetzt werden, da das Risiko für erneute TE hoch ist
                     (LoE: 1b; GoR: B; LoA: 9,4). Aufgrund der aktuellen Evidenz wird der
                     Einsatz von DOACs bei Patienten mit definitivem APS und arteriellen
                     Ereignissen aufgrund des hohen Risikos von Rezidiven nicht empfohlen
                     (LoE: 5; GoR: D; LoA: 9,4). 
               Bei Patienten mit rezidivierender arterieller Thrombose trotz
                  adäquater Behandlung mit VKA kann nach Ausschluss anderer
               möglicher Ursachen eine Erhöhung des INR-Zielwertes auf
               3,0–4,0, die zusätzliche Gabe von LDA oder die Umstellung
               auf LMWH in Betracht gezogen werden (LoE: 4–5; GoR: D; LoA:
               9,3).
            
            
            Schwangerschaft und APS
            
            
               Bei Frauen mit Hoch-Risiko-aPL-Profil aber ohne Vorgeschichte von
                  Thrombosen oder Schwangerschaftskomplikationen (mit oder ohne SLE)
               sollte eine Behandlung mit LDA (75–100 mg täglich)
               während der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden (LoE: 5; GoR:
               D; LoA: 9,3).
            
            Frauen mit ausschließlichen Schwangerschaftskomplikationen eines APS
               in der Vorgeschichte (keine thrombotischen Ereignisse), mit oder ohne
               SLE:
            
            
               
               - 
                  
                  Bei Vorgeschichte von 3 und mehr wiederkehrenden spontanen
                     Fehlgeburten vor der 10. SSW oder bei (mindestens einer)
                     Fehlgeburt nach der 10. SSW (ohne sonstige Ursache, siehe
                        
                     [Tab. 1]
                     ) wird
                     die kombinierte Gabe von LDA und Heparin in prophylaktischer
                     Dosierung während der Schwangerschaft empfohlen (LoE: 2b;
                     GoR: B; LoA: 9,6). 
- 
                  
                  Bei Eklampsie, schwerer Präeklampsie oder Zeichen einer
                     Plazentainsuffizienz in der Vorgeschichte wird eine Behandlung mit
                     LDA oder LDA und Heparin in prophylaktischer Dosierung unter
                     Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils empfohlen
                     (LoE: 2b; GoR: B; LoA: 9,5). 
- 
                  
                  Bei für die klinischen Kriterien nicht-ausreichender
                     geburtshilflicher Vorgeschichte eines APS, wie z. B. zwei
                     rezidivierende spontane Fehlgeburten vor der 10. SSW oder Entbindung
                     nach der 34. Schwangerschaftswoche aufgrund einer schweren
                     Präeklampsie oder Eklampsie, kann eine Behandlung mit LDA
                     allein oder in Kombination mit Heparin in Betracht gezogen werden,
                     basierend auf dem individuellen Risikoprofil (LoE: 4; GoR: D; LoA:
                     8,9). 
- 
                  
                  Bei Behandlung mit Heparin in prophylaktischer Dosis während
                     der Schwangerschaft bei geburtshilflichem APS sollte die Gabe in
                     prophylaktischer Dosis für 6 Wochen nach der Geburt in
                     Betracht gezogen werden, um das Risiko einer mütterlichen
                     Thrombose zu verringern (LoE: 4; GoR: C; LoA: 9,5). 
Bei Frauen mit Kriterien eines geburtshilflichen APS und wiederholten
               Schwangerschaftskomplikationen trotz Kombinationsbehandlung mit LDA und
               Heparin in prophylaktischer Dosierung kann eine Erhöhung des
               Heparins auf eine therapeutische Dosis (LoE: 5; GoR: D; LoA 8,7) oder die
               Zugabe von HCQ (LoE: 4; GoR: D; LoA 8,7) oder niedrig dosiertes Prednisolon
               im ersten Trimester (LoE: 4; GoR: D; LoA 8,7) in Betracht gezogen werden.
               Die Gabe intravenöser Immunglobuline kann in sehr speziellen
               Fällen in Betracht gezogen werden (LoE: 5; GoR: D; LoA 8,7).
            
            
               Bei APS-Patientinnen mit Thromboembolien in der Vorgeschichte wird die
               Kombination von LDA und Heparin in therapeutischer Dosierung während
               der Schwangerschaft empfohlen (LoE: 5; GoR: C; LoA 9,8).
            
            
            Katastrophales APS (CAPS)
            
            a) Es wird eine rasche Behandlung von Infektionen durch
               frühzeitigen Einsatz von antiinfektiösen Medikamenten bei
               allen aPL-positiven Personen empfohlen und eine Minimierung von
               Unterbrechungen der Antikoagulation oder niedriger INR-Spiegel bei Patienten
               mit thrombotischem APS um die Entwicklung eines CAPS zu vermeiden (LoE: 4;
               GoR: D; LoA 9,6).
            
            b) Für die Erstlinienbehandlung von Patienten mit CAPS wird
               eine Kombinationstherapie mit Glukokortikoiden, Heparin- und Plasmaaustausch
               oder intravenösen Immunglobulinen gegenüber einzelnen dieser
               Wirkstoffe oder anderen Kombinationen empfohlen. Zusätzlich sollten
               evtl. auslösende Faktoren (z. B. Infektionen,
               Gangrän oder Malignom) entsprechend behandelt werden (LoE: 5; GoR:
               D; LoA 9.7).
            
            c) In refraktären Fällen eines CAPS kann eine
               anti-B-Zelltherapie mit Rituximab oder eine Komplementhemmung mit Eculizumab
               erwogen werden (LoE: 4; GoR: D; LoA 9,2)