CC BY-NC-ND 4.0 · Z Gastroenterol 2023; 61(08): 1028-1036
DOI: 10.1055/a-1957-5671
Übersicht

Intersektorales Management von Patienten mit unklarer Leberwerterhöhung und nichtalkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD)

Intersectoral management of patients with abnormal liver enzymes and non-alcoholic fatty liver disease (NAFLD)
1   Sektion Hepatologie, Sektion Klinische Bioinformatik, II. Medizinische Klinik, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim
2   Medizinische Fakultät Mannheim, Klinische Kooperationseinheit Healthy Metabolism, Zentrum für Präventionsmedizin und Digitale Gesundheit Baden-Württemberg, Universität Heidelberg, Mannheim
,
Andreas Geier
3   Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
,
Christoph Sarrazin
4   Med. Klinik 2, St. Josefs Hospital, Wiesbaden
,
5   I. Medizinische Klinik, Universitätsmedizin Mainz, Mainz
,
Achim Kautz
6   Kautz<sup>5</sup> gUG, Köln
,
Rebecca Dorner
6   Kautz<sup>5</sup> gUG, Köln
,
Jan Kramer
7   Medizinische Klinik I, Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
8   LADR Der Laborverbund Dr. Kramer & Kollegen, Geesthacht
,
Katrin Jerysiak
8   LADR Der Laborverbund Dr. Kramer & Kollegen, Geesthacht
,
Theodor Baars
9   Praxis für Innere Medizin, Kardiologie, Notfallmedizin, Sportmedizin, hausärztliche Versorgung, Essen
,
Bastian Hönscheid
10   Praxis im Ärztehaus Braunsfeld, Köln
,
Dirk Müller-Wieland
11   Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum, RWTH Aachen, Aachen
,
Siegbert Rossol
12   Medizinische Klinik, Krankenhaus Nordwest, Frankfurt (Ringgold ID: RIN9152)
,
Christian Trautwein
13   Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum, RWTH Aachen, Aachen
,
Frank Tacke
14   Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, Campus Virchow-Klinikum (CVK) und Campus Charité Mitte (CCM), Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
,
15   Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum, Bochum (Ringgold ID: RIN9142)
› Author Affiliations
Supported by: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg: Klinische Kooperationseinheit Healthy Metabolism, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim
 

Zusammenfassung

Die Prävalenz der Fettlebererkrankung hat in den letzten Jahren auch in Deutschland erheblich zugenommen. Sie gehört mit geschätzten 18 Mio. betroffenen Bundesbürgern mittlerweile zu den großen Volkskrankheiten. Sie gilt ferner als ein relevanter unabhängiger Risikofaktor für weitere kardiovaskuläre Volkskrankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Schließlich begünstigt ein Diabetes mellitus die Entstehung einer Fettleber und eines ungünstigeren Verlaufs der Fettlebererkrankung. Vor dem Hintergrund der hohen Prävalenz und Komplikationen kommt das deutsche Gesundheitssystem bei der Versorgung dieser Patienten an die Grenzen seiner Ressourcen.

Daher ist eine enge Abstimmung und Vernetzung aller an der Behandlung dieser Patienten beteiligten Fachgebiete und Versorgungsbereiche essenziell notwendig. In einem Expertenkonsensus unter Einbindung niedergelassener Kollegen und Krankenhausärzten der Gastroenterologie, Endokrinologie, Kardiologie, Hausärzten und Labormedizinern sowie in enger Abstimmung mit Patientenvertretern haben wir ein Konzept der Versorgung dieser Patienten im deutschen Gesundheitssystem entworfen. Darin werden auch notwendige Entwicklungen adressiert. Neben dem Nutzen als praxisnahem Leitfaden soll dies auch die gesundheitspolitische Arbeit unterstützen, insbesondere bei der Erarbeitung von praktischen Versorgungslösungen auf medizinischer Ebene.


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Abstract

The prevalence of fatty liver disease has increased significantly in Germany in recent years. With an estimated 18 million German citizens being affected, it is now among the most prevalent diseases. Furthermore, it is also considered a relevant and independent risk factor for other common cardiovascular diseases such as heart attack or stroke. Finally, diabetes mellitus promotes the development of and an unfavorable course of fatty liver disease. Given the high prevalence and complications, the German healthcare system is reaching its limits.

Therefore, close coordination of all healthcare providers and specialists involved in the treatment of these patients is essential. In an expert consensus involving private practice and hospital doctors from the fields of gastroenterology, endocrinology, cardiology, general practitioners and laboratory physicians, as well as in close coordination with patient representatives, we have designed a concept for the care of these patients in the German healthcare system. Necessary developments are also addressed. In addition to being useful as a practical guideline, this should also support health policy work, especially in the development of practical care solutions at the medical level.


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Ziele und Verwendungsmöglichkeiten des Konsensuspapiers

  • Darstellung eines praxisnahen Leitfadens für die Diagnose und Risikoeinschätzung in der hausärztlichen Versorgung sowie die stufenweise Überleitung in das weiterführende, spezialisierte Versorgungssystem.

  • Identifikation von Risikopatienten (für fortgeschrittene Lebererkrankungen), um diesen präventive und therapeutische Maßnahmen anzubieten.

  • Darstellung einer interdisziplinären, sektorübergreifenden Zusammenarbeit und Festlegung erster Eckpunkte zur Ausgestaltung (Versorgungsnetzwerk).

  • Modellhafte Implementierung und Evaluation eines Versorgungspfades (Argumentation gegenüber Entscheidern).

  • Erhöhung des gesellschaftlichen Bewusstseins (Awareness) zu Fettlebererkrankungen und ihren Komplikationen in der Allgemeinmedizin und primärärztlichen Praxis.

  • Einbindung des Papiers in die gesundheitspolitische Arbeit; Erarbeitung von praktischen Versorgungslösungen auf medizinischer Ebene.


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Hintergrund

Die hepatologische Versorgung der Bevölkerung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Die Prävalenz hepatologischer Erkrankungen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Insbesondere die Fettlebererkrankung gehört mit geschätzten 18 Mio. betroffenen Bundesbürgern[1] mittlerweile zu den großen Volkskrankheiten. Sie gilt ferner als ein relevanter unabhängiger Risikofaktor für weitere kardiovaskuläre Volkskrankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall [1]. Diabetes mellitus begünstigt die Entstehung einer Fettleber und eines ungünstigeren Verlaufs der Fettlebererkrankung, wie auch eine Fettleber mit einer vermehrten Entstehung eines Diabetes mellitus vergesellschaftet ist [2] [3]. Schließlich entwickeln sich die Fettlebererkrankungen mittlerweile auch zur häufigsten Ursache für die Entstehung des Hepatozellulären Karzinoms [4]. Neben dieser großen Zahl von Patienten mit Fettlebererkrankungen müssen weitere 1–2 Mio. Patienten mit anderen Lebererkrankungen wie Hepatitis B oder C, alkoholischer Leberkrankheit aber auch metabolischen und autoimmunen Hepatopathien [5] versorgt werden. In Deutschland liegt die Prävalenz der fortgeschrittenen Fibrose in der Allgemeinbevölkerung bei ungefähr 1% [6]. Deshalb wird, neben den gesundheitlichen Folgen für die einzelnen Patienten, die Versorgung von Patienten mit Fettlebererkrankungen durch eine steigende Nutzung von Ressourcen des Gesundheitssystems zunehmend auch von gesundheitsökonomischer Bedeutung [7].

Mit dem Fehlen eines speziellen Facharztes für Hepatologie in vielen Ländern werden die Fettleberpatienten in der Niederlassung fachärztlich vorwiegend durch die Gastroenterologen betreut [8]. In dieser Berufsgruppe gibt es allerdings nur relativ wenige Kollegen, die sich dezidiert mit der Behandlung von Lebererkrankungen befassen. Der Bund niedergelassener Gastroenterologen hat in Deutschland aktuell ca. 200 hepatologische Schwerpunktpraxen zertifiziert. Diese betreuen hepatologische Patienten häufig als Teil des gesamten Spektrums der Gastroenterologie. Darüber hinaus werden diese, insbesondere solche mit viralen Hepatitiden, auch von Internisten mit infektiologischem Schwerpunkt betreut. Auch hier wird eine hepatologische Expertise vorgehalten, die sich häufig vor allem auf die viralen Hepatitiden bezieht und ebenfalls meist nur Teil eines deutlich größeren Versorgungsspektrums ist. Viele hausärztliche Praxen verfügen nicht über die Expertise und die Rahmenbedingungen (Laborbudget etc.) für eine Experten-spezifische Leberdiagnostik. Vielfach sind sie verständlicherweise nicht mit dem notwendigen spezifischen und teureren sonografischen Equipment ausgerüstet, um eine selbstständige Versorgung dieser Patienten zu übernehmen. Insbesondere eine Abschätzung der Erkrankungsschwere mittels transienter Elastografie ist in der Regel nicht möglich.

Insgesamt wird somit ein großer Teil der Patienten derzeit in Ambulanzen hepatologischer Schwerpunktpraxen als auch -kliniken versorgt. Mit den stetig steigenden Zahlen ist absehbar, dass diese Versorgungsform in Zukunft nicht mehr tragfähig sein wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Awareness für Fettlebererkrankungen steigt und die gegenwärtig vielfach nicht diagnostizierten oder nicht behandelten Patienten einer fachärztlichen strukturierten Versorgung zugeführt werden sollen. Dazu kommt, dass eine solche Versorgung Patientinnen und Patienten im ländlichen Raum nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung steht.

Mit den steigenden Zahlen von Patienten mit Fettlebererkrankungen [9] wird in der nahen Zukunft somit eine tiefgreifende Veränderung der medizinischen, hepatologischen Versorgung der Bevölkerung notwendig sein.


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Ansätze alternativer Versorgungsmodelle

Um den zuvor dargestellten Versorgungsschwierigkeiten hepatologischer Patienten zu begegnen, werden an den deutschen Universitätskliniken und in speziellen „Leberzentren“ in den letzten Jahren eine Reihe von Modellprojekten etabliert, um eine Optimierung der Versorgung einer großen Zahl von Patienten mit Fettlebererkrankungen im Deutschen Gesundheitssystem zu erreichen. Diese sollen insbesondere die Patienten, aber auch die beteiligten Behandler, in die Lage versetzen, den Schweregrad der Lebererkrankung einzuschätzen, diese Befunde in die Behandlung einzubeziehen und daraus erwachsende, gezielte Präventiv- und Therapiemaßnahmen anzubieten.

An verschiedenen Kliniken werden derzeit (teils digitale) Leber- oder metabolische Boards zur Diskussion komplex erkrankter Patienten, einschließlich Patienten mit nichtalkoholischer Steatohepatitis (NASH) evaluiert (z.B. in Mannheim, Bochum, Würzburg und Wiesbaden). Dies geschieht zum Teil auch unter Einbeziehung weiterer Fachdisziplinen wie Kardiologie, Endokrinologie/Diabetologie, Pathologie und Ernährungsmedizin. Auf der Basis eines standardisierten metabolischen Assessments wird nachfolgend eine interdisziplinäre Empfehlung ausgesprochen (Bochum). Diese Boards haben den Vorteil einer unkomplizierten technischen Einrichtung. Die Möglichkeit, notwendige Diagnostik (z.B. transiente Elastografie) zentralisiert anzubieten, wurde im Rahmen von Liverscreening-Projekten in Würzburg und Mainz evaluiert und als kostendeckend und hilfreich empfunden. Dies unterstützte in Würzburg die Etablierung einer speziellen Elastografiesprechstunde für Patienten aus der Primärversorgung [10].

Ein ähnlicher Gedanke wird auch an der Berliner Charité verfolgt, wo ein niederschwelliges „Leber-Check-up“-Angebot eingerichtet wurde und Patienten nach initialer Diagnostik (Elastografie) und Stratifizierung entweder in die Versorgung der Hochschulambulanz überführt oder an den Zuweiser zurücküberwiesen werden. Der Patient erhält in einem Gespräch die wichtigsten Informationen und ein ergänzendes Schreiben zu wichtigen Lebensstilmodifikationen.


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Diagnostik der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) und der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH)

Aufgrund der großen und immer noch unterschätzten Zahl von potenziellen Patienten mit nichtalkoholischer Fettlebererkrankung erscheint es zunächst sinnvoll, Patienten zu identifizieren, die ein hohes Risiko für eine fortgeschrittene NAFLD oder NASH haben. Darüber hinaus ist eine frühe Diagnose wichtig, um die Krankheitsprogression aufzuhalten oder gar umzukehren [11]. Darauf aufbauend kann das Screening auch auf größere Populationen ausgedehnt werden. Auch ermöglicht die Identifikation solcher Risikogruppen eine frühzeitige Intervention hinsichtlich der Ursachen einer Fettlebererkrankung, aber auch zur Vermeidung einer Fibroseprogression.

Dementsprechend sollte ein Diagnostikalgorithmus grundsätzlich so aufgestellt sein, dass einerseits möglichst keine Patienten mit fortgeschrittener Fibrose übersehen werden (hohe Sensitivität), andererseits aber auch nicht zu viele Patienten in die fachärztliche Betreuung überwiesen werden (hohe Spezifität, geringer diagnostischer Graubereich, hoher negativ prädiktiver Wert). Da Patienten mit einer Fettleber nicht zwangsläufig einer fachärztlich-gastroenterologischen Vorstellung bedürfen, müssen die Patienten mit intermediärem oder hohem Risiko für eine fortgeschrittene Erkrankung identifiziert und einer fachärztlichen Konsultation zugeführt werden. Dies stellt im primärärztlichen Bereich jedoch bereits eine erste Hürde dar. Jeder Parameter, der sich nicht aus Routinewerten der niedergelassenen Praxis erschließt und ökonomisch nicht rebudgetiert erhältlich ist, erscheint unter den gegenwärtigen gesundheitsökonomischen und zeitlimitierten Rahmenbedingungen für die breitere Anwendung als Screening ungeeignet. Insofern bietet der Fibrosis (FIB)-4-Score [12] der lediglich das Alter, Thrombozyten, Alanin-Aminotransferase (ALT, ALAT; synonym: Glutamat-Pyruvat-Transaminase, GPT) und Aspartat-Aminotransferase (AST, ASAT; synonym: Glutamat-Oxalacetat-Transaminase, GOT) beinhaltet, die gegenwärtig realistischste Möglichkeit, serologische Scores zur Bestimmung der Leberfibrosierung in die primärärztliche Routine als Präventionsleistung einzupflegen. Eine automatisierte Ausgabe dieses Scores über medizinische Labore sollte daher unbedingt angestrebt werden, nicht zuletzt da es die zeitlichen Ressourcen schonen und damit vermutlich auch die Akzeptanz verbessern würde. Die seit kurzem durch die KBV gegebene Möglichkeit eines einmaligen Screenings auf Hepatitis B und C für Versicherte ab 35 Jahren im Rahmen der Gesundheitsvorsorgeuntersuchung ist für die Verbesserung der Lebergesundheit und differenzialdiagnostischen Aufarbeitung erhöhter Leberwerte, an deren Ende häufig die Diagnose einer Fettlebererkrankung steht, ein weiterer unterstützender Schritt. Mittelfristig ist insgesamt eine auskömmliche Vergütung von präventiv beratenden Tätigkeiten auch für die Früherkennung und Prävention der Fettlebererkrankungen anzustreben.

Eine mögliche Vorselektion liegt insbesondere in einer Auswahl von Patienten mit metabolischen Erkrankungen [13]. So haben z.B. bis zu 68% der Patienten mit Diabetes mellitus auch eine Fettlebererkrankung [14] und zeigen eine enge Assoziation von Diabetes, BMI und erhöhten Transaminasen [15]. Nicht zuletzt deshalb hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) diese Thematik in ihren jährlichen Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes, NAFLD-Risiko-erfasst (16) [16], sowie in ihre jährlichen Praxisempfehlungen aufgenommen, während eine vergleichbare Strategie in der kardiovaskulären Medizin (trotz hoher kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität) bisher fehlt [17] [18]. Auch die Amerikanische Diabetesgesellschaft (ADA) empfehlt seit 2020 eine Checkliste für Patienten mit Diabetes mellitus, die Baselinedaten und jährliche Transaminasen enthält [19]. Das Hinzufügen der Thrombozytenzahl zu dieser Checkliste würde leicht die Berechnung des FIB-4-Scores ermöglichen, um so Patienten mit einem hohen Risiko für eine fortgeschrittene Fibrose zu identifizieren. Es kann jedoch nicht erwartet werden (auch im Hinblick auf zeitliche Kapazitäten), dass ein Diabetologe die Fettlebererkrankung, das metabolische Syndrom und kardiovaskuläre Erkrankungen im Behandlungsalltag zeitlich gesehen angemessen berücksichtigen kann. Die Aufnahme z.B. eines serologischen NAFLD-Risiko-Scores zur Fettleberevaluation in den Diabetes-Gesundheitspass wäre daher eine hilfreiche Ergänzung. Diese 10 bis 20% der NAFLD-Patienten mit hohem Progressionsrisiko, die dann auch ein erhöhtes Risiko für leberspezifische Ereignisse und eine erhöhte Mortalität haben, könnten so erfasst werden [20]. Umgekehrt bedeutet der Verdacht auf das Vorliegen einer Fettlebererkrankung (erhöhte Transaminasen oder ultraschallbasiert) aber auch ein Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus [21]. Dies verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, die Identifikation und Versorgung dieser Patienten interdisziplinär und über die Schnittstellen der einzelnen Fachdisziplinen hinaus zu verzahnen.

Insbesondere wichtig erscheint die Identifikation von Patienten, bei denen eine Leberfibrose vorliegt. Dazu sind zunächst anamnestische Angaben und Basislaborparameter wegweisend. Serologische Marker, insbesondere der auf in der Routine häufig bestimmten Laborparametern basierende FIB-4-Score, können hier wertvolle erste Hinweise liefern [22]. Der FIB-4-Score hat unter den veröffentlichten serologischen Tests mit die verlässlichste Datenbasis [23]. In einer longitudinalen, nicht interventionellen Kohortenstudie an 44 481 Patienten im Vereinigten Königreich konnte eine klare Stratifizierung der leberbezogenen und kardiovaskulären Events, aber auch der Mortalität in Abhängigkeit vom FIB-4-Score gezeigt werden [24]. Eine einmalige jährliche Erhebung des FIB-4 bei Patienten in diabetologischen Schwerpunktpraxen oder in der hausärztlichen Betreuung von Diabetes-Patienten hätte sicher sehr wertvolle Implikationen für die Früherkennung von (Fett-) Lebererkrankungen. In diesem Zusammenhang wäre auch eine automatische Auszeichnung des FIB-4-Scores auf Laborbefunden sehr begrüßenswert, die von Labormedizinern technisch ohne größeren Aufwand umgesetzt werden könnte. Als Referenzwerte für den FIB-4 bei Fettlebererkrankungen können für die Altersgruppe 36 bis 64 Jahre folgende Werte gelten: FIB-4 < 1,3 unauffällig, FIB-4 1,3–2,67 intermediäres Fibroserisiko, FIB-4 > 2,67 auffällige Werte, hohes Fibrose/Zirrhose-Risiko [13]. Ab einem FIB-4 >1,3 sollten gemäß Leitlinie weitere Untersuchungen erfolgen [25]. Bei Personen ≤35 Jahre ist der FIB-4 allerdings nicht als Score geeignet, und es müssen bei klinischem Verdacht direkt andere Verfahren zum Einsatz kommen. Für die Verwendung des FIB-4 bei Menschen mit höherem Lebensalter (≥65 Jahre) wurde eine verminderte Spezifität (35% bei einem Cutoff von 1,3) festgestellt, was zu einer falsch hohen Positiv-Rate der Fibroseklassifikation mit unnötigen invasiven Anschlussuntersuchungen führen kann. Daher wurde für Personen ≥65 Jahre ein neuer Cutoff von >2 (anstelle 1,3) für die Durchführung weiterer Untersuchungen vorgeschlagen [26]. Bei fortgeschrittener Fibrose wird eine Vorstellung beim Hepatologen bzw. diesbezüglich spezialisierten Gastroenterologen vorgeschlagen. Patienten mit hochgradiger Fibrose (F3) und Zirrhose (F4) sollten aufgrund des Risikos einer Fibroseprogression und der Entwicklung eines HCC in einer Einrichtung mit hepatologischer Expertise geführt werden. Auch in diesem Stadium ist die Prävention leberspezifischer Ereignisse sehr wichtig und soll die erhöhte Mortalität dieser Patienten senken [20].

Als erster Schritt der Diagnostik ist eine Ultraschalluntersuchung der Leber (und des Abdomens) zur Identifikation der Fettleber und zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen notwendig. Zu beachten ist, dass die Fettleber im Ultraschall sichtbar sein kann, auch wenn die Leberwerte (noch) unauffällig sind. Ebenso ist die Sensitivität des B-Mode-Ultraschall für das Vorliegen einer Steatose erst ab 30% Verfettung überzeugend [27]. Eine Metaanalyse an 2815 Patienten mit Leberbiopsie als Referenz zeigte eine Sensitivität und Spezifität von 85% und 93% des Ultraschalls in der Unterscheidung zwischen fehlender und mäßig/schwer Steatose [28] [29]. Darüber hinaus ist die sonografische Untersuchung sicher auch für den Ausschluss anderweitiger Lebererkrankungen sinnvoll. Dieser erste Schritt kann im Alltag gegenwärtig bereits eine diagnostische Hürde darstellen, da nicht jeder Hausarzt die Möglichkeit eines Ultraschalls hat.

Die in Großbritannien bestehende NICE-Leitlinie könnte ggf. Empfehlungen und Daten zum Thema Screening liefern, aus denen auch allgemeine Rückschlüsse für Deutschland gezogen werden könnten. Zu beachten ist jedoch, dass hier andere Scores (z.B. ELF-Score, [30]) zur Anwendung kommen, die nicht auf Routineparametern basieren und mit nicht unerheblichen zusätzlichen Kosten für die Labordiagnostik einhergehen.

Die diagnostische Aussagekraft der transienten Elastografie ist auch den meisten direkten Fibrosetests (wie z.B. dem ELF-Test) geringfügig überlegen [13] und bei vergleichbaren Kosten zu bevorzugen. Nachteil ist hier jedoch das Vorhalten eines Elastografiegerätes vor Ort mit sehr hohen Anschaffungskosten, das derzeit bei fehlender Vergütung der Leistung im GKV-System nur an größeren, zumeist universitären Standorten möglich ist. Ideal wäre daher die breitere Verfügbarkeit einer Elastografie zur Einschätzung des Fibrose- und somit des Schädigungsgrads der Leber in der gastroenterologischen Versorgung. Um die Qualität der Befunde dieser hochspezialisierten Methode sicherzustellen, erscheint zum Beispiel die Einrichtung von Elastografie-Hubs als eine mögliche Alternative, die wie zuvor bereits dargestellt an diversen Schwerpunktkliniken gegenwärtig vorgedacht wird. Ein Patient mit einer Lebersteifigkeit unter 6 kPa bleibt in hausärztlicher Versorgung. Das Monitoring auf ein Fortschreiten der Erkrankung im Verlauf kann dann über regelmäßige FIB-4-Bestimmungen erfolgen [20] [31]. Sollte sich eine Dynamik der Krankheitsprogression entwickeln, dann sollte der Patient erneut dem Facharzt vorgestellt werden. Sofern der Patient beim Hausarzt verbleibt, wird sowohl aus hausärztlicher als auch fachärztlicher Sicht ein 1–3-jährliches Kontrollintervall des FIB-4 vorgeschlagen.

Bei einer Lebersteifigkeit von 8–12 kPa soll eine hepatologische Vorstellung einmal jährlich erfolgen. Bei Patienten mit höheren Messwerten in der transienten Elastografie muss von einer höhergradigen Leberfibrose (DD-Zirrhose) ausgegangen werden [13]. Diese sollten halbjährlich hepatologisch überwacht werden (Sonografie, Laborverlauf der Leberfunktionsparameter, klinische Risikofaktoren).


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Versorgung von Patienten mit Fettlebererkrankungen

Rolle des Hausarztes, Integration des Hausarztes in die Gesamtversorgung

Den Primärärzten kommt in der Versorgung von Patienten mit Fettlebererkrankung eine zentrale Rolle zu, über sie entsteht in den allermeisten Fällen der Erstkontakt. Hier werden zum ersten Mal erhöhte Leberwerte diagnostiziert, oder es fällt im Ultraschall eine vermehrte Verfettung der Leber auf. Allerdings müssen auch die notwendigen Konsequenzen aus den erhobenen Befunden gezogen und weiterführende Maßnahmen abgeleitet werden. Letztere umfassen eine erhebliche Bandbreite: von diätetischen Maßnahmen und Gewichtsreduktion bis hin zur Vorstellung in einer hepatologischen Schwerpunktklinik bei Leberzirrhose mit Einschränkung der Organfunktion. Die hausärztliche Praxis ist somit meist der Ausgangspunkt des Diagnose- und Behandlungspfades ([Abb. 1], [Abb. 2]).

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Abb. 1 Anamnese und Diagnostik beim Hausarzt.
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Abb. 2 Rolle des Hausarztes im Versorgungsprozess.

Wichtig in diesem Kontext ist unter anderem ein erhöhtes Bewusstsein (Awareness) für Fettlebererkrankungen [32]. Patienten in der hausärztlichen Grundversorgung bekommen i.d.R. über einen Mehrjahreszeitraum nur eine einmalige Bestimmung der Transaminasen und des Blutbildes. Auffällige Werte müssen zur Kenntnis genommen und bei erhöhten Werten weitere diagnostische und therapeutische Schritte eingeleitet werden. Dabei sind auch gering erhöhte Leberwerte beachtenswert [33] und erst aus dem Verhältnis der Parameter Alter, GOT, GPT und Thrombozyten im FIB-4-Score ergibt sich eine valide Aussage zum Risiko des Patienten. Eine weitere Eingrenzung, insbesondere der Ausschluss von Viruserkrankungen der Leber (HAV, HBV, HCV), häufiger metabolischer Erkrankungen (z.B. Hämochromatose) oder Lebertumoren (Ausschluss mittels Ultraschalles) sowie eine dezidierte Alkoholanamnese kann durch den Hausarzt erfolgen – sofern die entsprechenden Kenntnisse vorliegen.

Generell sollten adipöse oder metabolisch auffällige Patienten (z.B. Diabetes mellitus, vgl. [Abb. 1]) auf eine NAFLD gescreent und mittels FIB-4 eine Fibroseabschätzung erfahren. Wichtig ist insbesondere die Identifikation von (Hoch-)Risikopatienten in der hausärztlichen Praxis, um diese rasch präventiven Maßnahmen und einer ggf. spezialisierten Therapie zuzuführen. Eine Schädigung der Leber muss nicht immer mit erhöhten Leberwerten verbunden sein.

Kritisch ist bei diesem Konzept, dass eine gute Charakterisierung häufig mit aufwendigen Untersuchungstechniken verbunden ist (Ultraschall, Elastografie, Leberbiopsie). Hinsichtlich eines Screenings auf Fettlebererkrankungen durch den Hausarzt fehlt für das (große) Patientenkollektiv noch die Evidenz. Allerdings können für eine Risikoabschätzung serologische Scores (wie z.B. FIB-4, NAFLD fibrosis score (NFS) [20]) hilfreich sein und sollten niederschwellig Anwendung finden, insbesondere bei Vorliegen klinischer Risikofaktoren, wie dem Vorliegen eines Typ-2-Diabetes oder einer kardiovaskulären Erkrankung. Voraussetzung für eine breitere Nutzung ist die einfache Anwendung gängiger Laborwerte für die (idealerweise automatisierte) Berechnung von Risikoscores. In Zusammenschau der gegenwärtig verfügbaren Literatur zu serologischen Scores und Fettlebererkrankungen erscheint insbesondere die Integration des FIB-4 als Hilfsmittel für die erste Diagnosestufe in der Primärversorgung wünschenswert [13] [22] ([Abb. 3]). Zu diesem Score sind die meisten Vergleichsdaten verfügbar und alle Parameter werden häufig in der Routine bestimmt. Allerdings ist für eine flächendeckende Nutzung der Scores ein budgetärer Ausgleich notwendig, welcher den Zeitaufwand für die Berechnung und Planung weiterführender Maßnahmen berücksichtigt. Sehr gut wäre die Einbindung eines serologischen Scores in der Gesundheitsuntersuchung (GESU). Durch die Möglichkeit des Check up/GESU und der nun neuen einmaligen Integration der Hepatitisparameter ab 35 Jahren in diese Vorsorgeuntersuchung kann auch diese Bevölkerungsgruppe erreicht werden [34]. Dies ist umso wichtiger, als in dieser Gruppe sonst eher wenig Arztbesuche und damit verbundene Möglichkeiten der Identifikation von Fettlebererkrankungen zu verzeichnen sind.

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Abb. 3 Pathway in der Patientenversorgung (>35 Jahre) in Abhängigkeit Ergebnis des FIB-4-Scores und von Risikofaktoren.

Sofern die primärärztlichen Kollegen nach Erstanamnese und primärer Diagnostik/Risikoeinschätzung Fettleberpatienten mit weiterführendem Diagnostik- oder gar Behandlungsbedarf identifiziert haben, müssen gut definierte, interdisziplinäre Versorgungspfade und -empfehlungen verfügbar sein. Dies betrifft sowohl die hausärztlich-gastroenterologische Abstimmung, als auch die Einbindung weiterer ggfs. notwendiger Fachdisziplinen wie Diabetologen oder Kardiologen. Die fachärztlich labormedizinische Versorgung mit Etablierung entsprechender IT-gestützter Score-Systeme in den Laborinformationssystemen und entsprechend laborärztlich validierten Befunden ist die Basis einer breiten Verfügbarkeit im Prozess der medizinischen Patientenversorgung. Insgesamt muss die Hausärztin oder der Hausarzt in diesen Versorgungszirkel eng eingebunden werden und soll idealerweise die interdisziplinäre Versorgung koordinieren.

Somit sollte der Patient nach der Facharztkonsultation mit den Befunden verlässlich in die hausärztliche Versorgung zurückkommen. Hier werden die entsprechenden Empfehlungen in ein Gesamtkonzept eingefügt und die Abläufe weiterer Follow-up-Untersuchungen hinsichtlich Terminen und Fachdisziplinen koordiniert.

Bei der großen Anzahl von Patienten mit Fettlebererkrankung und weiterhin zunehmender Inzidenz ist eine Stärkung der Disease Awareness und Unterstützung der hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen sowie der Patientinnen und Patienten mit entsprechenden Informationsressourcen und -portalen wichtig. Aufgabe der Fachärzte ist es, die Disease Awareness zu stärken, sodass eine Vorfilterung durch praktische Behandler (diabetologisch tätige Internisten, Hausärzte), die bereits die „Risikofaktoren“ wie Übergewicht oder kardiovaskuläre Erkrankungen betreuen/behandeln, in den Risikokollektiven erfolgen kann. Für diese koordinierende Rolle der Hausärzte wäre übergeordnet die Etablierung eines Disease-Management-Programms (DMP) oder zumindest eine Aufnahme der Fettlebererkrankungen in das DMP Diabetes mellitus Typ 2 und das gegenwärtig sich in Entwicklung befindliche DMP Adipositas wertvoll, insbesondere mit klaren Empfehlungen zu definierten Diagnostik- und Therapieabläufen. Trotz der zu erwartenden Zulassung einer spezifischen Medikation für die Behandlung von Fettlebererkrankungen, werden „Lifestyleinterventionen“ weiterhin ein wichtiger therapeutischer Bestandteil bleiben und die Basis des multimodalen Therapiekonzeptes darstellen. Leider wird der Zeitaufwand dieser notwendigen und risikoarmen Primärbehandlung von den meisten gesetzlichen Krankenkassen nicht oder nicht ausreichend vergütet. Ernährungsberatungen sind in aller Regel IGeL-Leistungen und müssen von den Patienten ganz oder teilweise selbst übernommen werden. Auch hier besteht ein Änderungsbedarf, um eine effiziente Versorgung der großen Zahl von Patienten mit der Basistherapie der Fettlebererkrankung effektiv zu gestalten. In US-amerikanischen Berechnungen konnten für Patienten mit Diabetes mellitus und NAFLD mit einer mindestens mittelgradigen Fibrose (>F2) durch den Einsatz von Ultraschall, AST, ALT und Vibration Controlled Transient Elastography (VCTE) eine Kosteneffizienz des Einsatzes von Lebensstilmodifikationen gezeigt werden [35].


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Fachärztliche hepatologische Versorgung

Aktuell gibt es für die hepatologische Behandlung der Fettleber/NASH keine zugelassenen Medikamente. Somit steht neben der notwendigen Gewichtsabnahme bei übergewichtigen Patienten insbesondere die medikamentöse Behandlung eines möglicherweise begleitenden Diabetes mellitus, kardiovaskulärer Risikofaktoren oder weiterer Begleiterkrankungen der Fettleber bei der therapeutischen Begleitung im Vordergrund [36]. Sollte keine Gewichtsreduktion zu erzielen sein (was nur in etwa 10–20% der Fälle in hinreichendem Umfang gelingt) oder sollten sich unter einer solchen die Leberwerte nicht bessern, muss der Ausschluss anderweitiger Lebererkrankungen erfolgen [37]. Dies erfordert i.d.R. eine Überweisung in eine fachärztlich-hepatologische Betreuung.

Darüber hinaus stellt insbesondere eine Fettleber mit höherem Fibrosegrad und ggf. histologischen Zeichen der NASH eine klare Indikation für eine fachärztlich-hepatologische (Mit-)Betreuung dar. Wichtige Aufgaben sind dort die Surveillance der Patienten hinsichtlich eines Fortschreitens der Leberfibrose sowie bei Patienten mit höhergradiger Fibrose (ab Stadium F3) eine regelmäßige HCC-Surveillance mittels Ultraschall und ggf. Tumormarker-Bestimmung (AFP, GALAD [38] [39]).

Sofern sich elastografisch oder sonografisch Zeichen der Leberzirrhose mit Zeichen der portalen Hypertension zeigen [40], ist ferner eine regelmäßige endoskopische Surveillance auf Ösophagusvarizen und ggf. deren Behandlung mittels β-Blocker bzw. Varizenligatur angezeigt [41] [42].

Ferner sollte auch durch den Hepatologen eine Bestimmung des HbA1c sowie des Lipidprofils erfolgen, um entsprechende Komorbiditäten wie Diabetes mellitus oder Lipidstoffwechselstörungen zu erfassen und ggf. begleitend zu therapieren [43].

Durch den Hepatologen sollte schließlich bei höhergradigen Fibrosestadien und Progression der Erkrankung auch das Angebot eines Einschlusses in laufende Therapiestudien erfolgen, um den schwerer erkrankten Patienten bei fehlenden anderweitigen Therapiemöglichkeiten bestehende experimentelle Therapieoptionen aufzuzeigen ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Spezifische Abklärung durch den Facharzt.

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Fachärztliche diabetologische Versorgung

Bei Patienten mit begleitendem Diabetes mellitus ist eine diabetologische Betreuung essenziell. Entwickelt sich die Fettleber unter der Diabetestherapie nicht positiv, so soll ein Hepatologe hinzugezogen werden (vgl. Elastrografiemessung als Bestandteil der hepatologischen Anamnese und HCC-Screening).

Da für Metformin wiederholt eine Minderung des HCC-Risikos gezeigt wurde, ist die Substanz eine gute Basis für die Diabetestherapie bei Patienten mit begleitender NAFLD [44]. Von den derzeit verfügbaren neuen Diabetesmedikamenten haben ausgewählte Therapeutika (z.B. verschiedene GLP-1 Rezeptor-Agonisten [Liraglutid oder Semaglutid] oder SGLT2-Hemmer [z.B. Empagliflozin, Dapagliflozin]) nicht nur einen positiven Einfluss auf die Diabetes-Einstellung und kardiorenale Komplikationen, sondern auch auf die Gewichtsentwicklung, Gehalt des Leberfetts und/oder Fettleberhepatitis [45] [46]. Aufgrund der günstigen Effekte auf die NASH ist es naheliegend, diese Medikamente bei nicht zirrhotischen NAFLD-Patienten mit Typ-2-Diabetes einzusetzen. Die Steigerung der Awareness bei Diabetologen und Hepatologen, dass durch die Auswahl der Therapiesubstanzen Einfluss auf die Fettlebererkrankung und vielleicht sogar auf die Fibrose genommen werden kann, muss geschaffen werden.


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Fachärztliche kardiologische Versorgung

Eine fachärztliche, kardiologische Vorstellung ist nicht bei jedem Patienten notwendig. Bestimmte Faktoren wie Alter, Zeitraum der bestehenden Erkrankungen wie Fettleber und Diabetes müssen in die Entscheidung einfließen. Ergänzend dazu sind auch weitere Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Nikotinabusus zu bedenken. Das kardiovaskuläre Risiko kann anhand gängiger kardiovaskulärer Risikoscores berechnet werden [18].

Wichtig ist jedoch insbesondere die Awareness bei allen beteiligten Behandlungspartnern, Hausärzten, Fachärzten und nicht zuletzt den Patienten selbst, dass eine NAFLD und ein erhöhter FIB-4 mit kardiovaskulären Major-Ereignissen verbunden sind [47] [48].


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Text verallgemeinernd das generische Maskulinum verwendet. Diese Formulierungen umfassen gleichermaßen weibliche und männliche Personen; alle sind damit selbstverständlich gleichberechtigt angesprochen.



Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. Andreas Teufel
Sektion Hepatologie, Sektion Klinische Bioinformatik, II. Medizinische Klinik, Medizinische Fakultät Mannheim
Theodor Kutzer Ufer 1–3
68167 Mannheim
Prof. Dr. Ali Canbay
Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum
In der Schornau 23–25
44892 Bochum

Publication History

Received: 15 March 2022

Accepted after revision: 22 August 2022

Article published online:
15 February 2023

© 2023. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).

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Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Anamnese und Diagnostik beim Hausarzt.
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Abb. 2 Rolle des Hausarztes im Versorgungsprozess.
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Abb. 3 Pathway in der Patientenversorgung (>35 Jahre) in Abhängigkeit Ergebnis des FIB-4-Scores und von Risikofaktoren.
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Abb. 4 Spezifische Abklärung durch den Facharzt.