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DOI: 10.1055/a-1963-3665
Thromboseprävention bei COVID-19-Patienten
Authors
Thromboembolic prevention and anticoagulant therapy during the COVID-19 pandemic: updated clinical guidance from the anticoagulation forum.
Journal of Thrombosis and Thrombolysis 2022;
DOI: 10.1007/s11239-022-02643-3
Seit bekannt ist, dass COVID-19-Infizierte eine erhöhte Thromboseneigung haben, wird versucht, eine Präventionsstrategie zu finden, mit der sich thrombembolische Ereignisse in dieser speziellen Patientengruppe am effektivsten verhindern lassen. Barnes und seine Kollegen stellen nun die aktuellen Handlungsempfehlungen des Antikoagulationsforums vor.
COVID-19-Patienten, die ambulant behandelt werden, scheinen kein nennenswert erhöhtes Thromboserisiko zu haben. Vor kurzem musste sogar eine placebokontrollierte Studie mit nicht hospitalisierten COVID-19-Patienten beendet werden, weil die Rate thrombembolischer Ereignisse zu niedrig war, um eine Aussage zur optimalen Medikation treffen zu können. Deshalb spricht sich das Antikoagulationsforum (AF) letztlich gegen eine Thromboseprophylaxe bei dieser Patientengruppe aus. Eine ggf. vorbestehende gerinnungshemmende Therapie sollte allerdings fortgeführt werden.
Für COVID-19-Patienten, die stationär behandelt werden müssen, aber nicht kritisch erkrankt sind, empfiehlt das AF aber in jedem Fall eine Thromboseprophylaxe (TP). Diese sollte bei Patienten mit inzidenteller COVID-19-Infektion, die aus anderen Gründen stationär behandelt werden, aus niedermolekularem oder unfraktioniertem Heparin in Standarddosierung bestehen. Eine intensive TP und/oder eine Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern sollte hingegen nur im Rahmen klinischer Studien durchgeführt werden, denn nach derzeitigem Kenntnisstand bringt diese gegenüber der Standardtherapie keinen zusätzlichen Nutzen und erhöht stattdessen das Blutungsrisiko. Sie erfordert demnach eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung.
Auch bei den kritisch kranken Patienten mit COVID-19 spricht sich das AF gegen eine intensive TP und für eine standardmäßige Heparin-basierte Behandlung aus, da auch in dieser Patientengruppe bisher kein zusätzlicher Benefit festgestellt werden konnte. Und auch die Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern wie Aspirin sieht das AF in diesen Fällen durch die derzeitige Studienlage nicht gedeckt.
Hinsichtlich des poststationären Thromboserisikos bei COVID-19-Patienten herrscht derzeit noch Uneinigkeit. Das AF empfiehlt keine routinemäßige TP nach Entlassung aus der Klinik. Bei einigen Patienten mit erhöhtem thrombembolischen Risiko könnte eine zeitlich begrenzte Behandlung mit Rivaroxaban 10mg für 35 Tage in Betracht gezogen werden, wobei sie eine sorgfältige Dokumentation und Kommunikation der Indikation und geplanten Behandlungsdauer für unerlässlich halten.
Bei hospitalisierten asymptomatischen Kindern mit inzidenteller COVID-19-Infektion spricht sich das AF gegen eine routinemäßige TP aus, ebenso wie bei ambulant behandelten Schwangeren. Besteht ein erhöhtes Thromboserisiko, z.B. aufgrund einer Immobilität oder eines malignen Tumors, könnte bei Kindern die Gabe von niedermolekularem Heparin in Betracht gezogen werden. Schwangere, die aufgrund der COVID-19-Infektion stationär behandelt werden müssen, sollten eine TP entsprechend der gynäkologischen Leitlinien erhalten. Eine poststationäre TP sollte bei Kindern und Schwangeren eine Einzelfallentscheidung bleiben.
Tritt während der stationären Behandlung ein thrombembolisches Ereignis auf, empfiehlt das AF, eine Antikoagulation für mindestens 3–6 Monate, entsprechend der aktuellen Leitlinien zur TP. Die Impfung gegen COVID-19 sollte im Allgemeinen kein Anlass sein, eine gerinnungshemmende Therapie abzusetzen oder zu ändern.
Derzeit laufen zahlreiche Studien zum Thema COVID-19 und Thromboseprophylaxe, die das AF möglicherweise in der nächsten Zeit dazu bringen werden, ihre Empfehlungen zu ändern oder anzupassen. Das AF ist bemüht regelmäßig auf neue Studien hinzuweisen und ermutigt Kliniker dazu, sich regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen zu informieren und diese in ihre Therapieentscheidungen für COVID-19-Patienten mit einfließen zu lassen.
Stephanie Gräwert, Leipzig
Publication History
Article published online:
29 November 2022
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