Phlebologie 2022; 51(06): 285-286
DOI: 10.1055/a-1963-3690
Literatur weltweit

Wundheilung bei Patienten mit chronischer Gliedmaßen-bedrohender Ischämie

Authors

    Contributor(s):
  • Claudia Stöhr

Browder SE. et al.
Analysis of wound healing time and wound-free period in patients with chronic limb-threatening ischemia treated with and without revascularization.

J Vasc Surg 2022;
DOI: 10.1016/j.jvs.2022.05.025
 

Bislang beziehen sich die meisten Behandlungsergebnisse bei Patienten mit ischämischen Wunden auf das amputationsfreie Überleben. Für den Patienten wichtige Kriterien, wie die Wundheilungszeit (WHT) und die wundfreie Periode (WFP) finden kaum Beachtung. Die Autoren beobachteten im Langzeitverlauf über 3 Jahre die Wundheilung von Patienten mit chronischer Gliedmaßen-bedrohender Ischämie (CLTI), die mit und ohne Revaskularisation behandelt wurden.


Browders et al überprüften die Krankenakten von Patienten, die von Januar 2014 bis Dezember 2017 in der Abteilung für Gefäßchirurgie an der Universität von North Carolina at Chapel Hill eine Dopplersonographie der Arterien der unteren Extremität erhalten hatten. Von den 572 Patienten, die die symptomatischen und hämodynamischen Kriterien einer CLTI aufwiesen, wurden 129 Patienten, die keine ischämischen Wunden hatten, sowie 187 Patienten ohne vollständige Kontrolluntersuchungen ausgeschlossen. Als Primärdaten erfassten die Autoren die Wundgröße, die Wundlokalisation, der WIfI-Score (Wunde, Ischämie, Fußinfektion), WHT, WFP, die Amputationshöhe und den Todeszeitpunkt. Die Wundbehandlung erfolgte an dem multidisziplinären Zentrum für Wundheilung und Gliedmaßenerhalt nach einem festgelegten Protokoll mit optimierter Druckentlastung, Wunddebridement und Infektionskontrolle. Eine hyperbare Oxygenierung oder zelluläre Therapien kamen in einigen Fällen zum Einsatz. Die Wundgröße wurde bei jeder Kontrolle anhand der maximalen Länge und Breite bestimmt. Wunden galten als nicht geheilt, wenn eine Major-Amputation (oberhalb der Knöchelregion) erforderlich war oder der Patient vor der Wundheilung verstarb. Ein Vergleich der Wundheilungsparameter, stratifiziert nach dem Revaskularisationsstatus, wurde mit dem Student t-Test durchgeführt. Ein verallgemeinertes lineares Modell, das für Alter, Geschlecht, anfängliche Wundgröße und WIfI-Grad angepasst wurde, wurde verwendet, um die Wahrscheinlichkeit einer Wundheilung mit und ohne Revaskularisation zu bestimmen.

Ergebnisse

Insgesamt konnten 372 Wunden von 256 Patienten ausgewertet werden. Bei 48% dieser Wunden wurde eine offene oder endovaskuläre Revaskularisation durchgeführt. Im Untersuchungszeitraum waren 97 Minor-Amputationen und 100 Major-Amputationen erforderlich. Bei 28% der Patienten (n=27) mit einer Minor-Amputation erfolgte im weiteren Verlauf eine Major-Amputation. Von den 141 Patienten, bei denen eine Revaskularisation erfolgte, mussten sich 36 (25,5%) während der 3-jährigen Studiendauer einem erneuten Eingriff unterziehen. 132 Patienten verstarben. Die anfängliche durchschnittliche Wundgröße betrug 13,9±52,0 cm². Die durchschnittliche Wundgröße der 155 Wunden (42%), die geheilt werden konnten, lag bei nur 4,0±9,6 cm². Wie erwartet hatten Patienten mit weniger ausgeprägter Ischämie, gemessen anhand des WIfI-Scores, eine größere Chance auf eine Wundheilung. So heilten 55% der Wunden bei WIFI-Grad 1, 49% bei Grad 2 und 33% bei Grad 3. Bei Patienten mit einem WIfI-Grad 4 erfolgte keine Wundheilung ohne Revaskularisation. Die Wundheilung unter Berücksichtigung der anfänglichen Wundgröße zeigte sich vom Revaskularisationsstatus unabhängig. Die Wunden, bei denen eine Abheilung beobachtet werden konnte, hatten eine durchschnittliche WHT von 173±169 Tagen und eine durchschnittliche WFT von 775±317 Tagen. Die WHT war in der Patientengruppe mit einer Revaskularisation statistisch nicht signifikant schneller als bei Patienten ohne Revaskularisation (155 vs. 188 Tage). Neue Wunden traten mit einer Rate von 8,9 Wunden/100 Personenjahren bei Patienten ohne Revaskularisation und von 4,6 Wunden/100 Personenjahren mit Revaskularisation auf.

Fazit

Die Ergebnisse der retrospektiven Studie zeigen, dass außer bei Patienten mit einer schwerwiegenden Ischämie (WIfI-Grad 3 und 4) eine Revaskularisation zu keiner verbesserten Wundheilung führte. Die Wunden, die zur Ausheilung kamen, hatten unabhängig vom anfänglichen Ischämie-Grad mit Revaskularisation keine schnellere Wundheilung oder längere wundfreie Perioden als ohne. Die Wundheilung hängt den Autoren zufolge von der anfänglichen Wundgröße ab.


Dr. Claudia Stöhr, Dipshorn



Publication History

Article published online:
29 November 2022

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