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DOI: 10.1055/a-1967-3720
Neoadjuvante Chemotherapie plus Nivolumab verbessern Prognose bei NSCLC
Authors
Neoadjuvant Nivolumab plus Chemotherapy in Resectable Lung Cancer.
N Engl J Med 2022;
386: 1973-1985
DOI: 10.1056/NEJMoa2202170
20–25% aller nicht kleinzelligen Bronchialkarzinome (NSCLC) sind resektabel, aber 30–55% der Patienten erleiden nach dem kurativen Eingriff im Verlauf ein Rezidiv und versterben letztlich an ihrer Erkrankung. Durch eine neoadjuvante Chemotherapie lässt sich die Prognose nur geringfügig verbessern. Die Kombination einer neoadjuvanten Chemotherapie mit dem PD-1-Antikörper Nivolumab ist aber mit einem deutlich verbesserten ereignisfreien Überleben assoziiert, wie eine aktuelle Phase-3-Studie zeigte.
Nivolumab gehört als monoklonaler Antikörper gegen den PD-1-Rezeptor (Programmed-Cell-Death Rezeptor 1) auf T-Zellen zu den Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Die Substanz stimuliert das Immunsystem, indem die inhibitorische Interaktion zwischen Antigen-präsentierenden Zellen und T-Lymphozyten unterbrochen wird. Bei einer neoadjuvanten Gabe besteht die Chance, Mikrometastasen frühzeitig zu beseitigen und die Immunreaktion gegenüber der Tumormasse zu verstärken.
Im Rahmen der internationalen im Open-Label-Design konzipierten Check-Mate-816-Studie erhielten zwischen 2017 und 2019 insgesamt 358 Patientinnen und Patienten mit NSCLC im Stadium IB bis IIIA vor der Tumorresektion eine sog. Platin-Dublette-Chemotherapie. Die Hälfte der Patienten wurde zusätzlich neoadjuvant mit 360 mg Nivolumab behandelt. Geplant wurden in beiden Studiengruppen jeweils 3 Therapiezyklen im Abstand von jeweils 3 Wochen. Die operative Entfernung des Tumors erfolgte spätestens 6 Wochen nach dem Ende der neoadjuvanten Behandlung. Nachfolgend konnten die Patienten zusätzlich bis zu 4 Zyklen einer adjuvanten Chemotherapie und/oder Radiatio erhalten (11,9% in der Nivolumab + Chemotherapie-Gruppe; 22,2% in der Vergleichsgruppe). Primäre Endpunkte waren zum einen das ereignisfreie Überleben und zum anderen das vollständige Ansprechen der Behandlung nach histopathologischen Kriterien. Als Ereignisse definierten die Autoren dabei jedwede Erkrankungsprogression, die ein chirurgisches Vorgehen unmöglich machte, eine Progression bzw. ein Rezidiv nach dem operativen Eingriff sowie die Gesamtmortalität.
Die neoadjuvante Therapie wurde in der Nivolumab + Chemotherapie-Gruppe von 93,8% und in der Vergleichsgruppe von 84,7% der Patienten vollständig absolviert. Eine chirurgische Tumorresektion erfolgte schließlich bei jeweils 83,2% bzw. 75,4% der Patienten. Das ereignisfreie Überleben wurde in der Nivolumab + Chemotherapie-Gruppe mit 31,6 Monaten und in der Vergleichsgruppe mit 20,8 Monaten beziffert (HR 0,63; 97,38%-KI 0,43–0,91). Nach einem Jahr lebten jeweils noch 76,1% bzw. 63,4% der Patienten ohne Progression oder Rezidiv und nach 2 Jahren belief sich das ereignisfreie Überleben auf 63,8% bzw. 45,3%. Subgruppenanalysen ergaben einen größeren Benefit für Patienten mit einem weiter fortgeschrittenen Erkrankungsstadium (IIIA), mit einem PD-L1 (Programmed Cell Death 1 Ligand 1)-Expressionslevel des Tumors ≥1% bzw. einer Nicht-Plattenzell-Histologie. Eine vollständige histopathologische Tumorfreiheit konnte bei insgesamt 24% der Patienten der Nivolumab + Chemotherapie-Gruppe erreicht werden; demgegenüber lag diese Rate in der Vergleichsgruppe nur bei 2,2% (OR 13,94; 95%-KI 3,49–55,75). Schwerwiegendere Nebenwirkungen (v.a. Neutropenie) traten im Rahmen der beiden Therapiestrategien mit einer vergleichbaren Häufigkeit auf (33,5% bzw. 36,9%). Zu einer Verzögerung bzw. Absage des operativen Eingriffs aufgrund von Nebenwirkungen der neoadjuvanten Therapie kam es in der Nivolumab + Chemotherapie-Gruppe in 3,4% bzw. 1,1% und in der Vergleichsgruppe in 5,1% bzw. 0,6% der Fälle. Die Inzidenz immunvermittelter Nebenwirkungen, wie sie für Immun-Checkpoint-Inhibitoren beschrieben werden, war insgesamt niedrig.
Nebenwirkungen wurden dabei nicht beobachtet – und insbesondere die Durchführbarkeit des chirurgischen Eingriffs wurde durch Nivolumab nicht weiter beeinträchtigt.
Die zusätzliche Gabe von Nivolumab zu einer neoadjuvanten platinbasierten Chemotherapie war bei Patienten mit resektablem NSCLC mit einer signifikanten Prognoseverbesserung verbunden. Über das Maß der Chemotherapie hinausgehende schwerwiegende Nebenwirkungen wurden dabei nicht beobachtet – und insbesondere die Durchführbarkeit des chirurgischen Eingriffs wurde durch Nivolumab nicht weiter beeinträchtigt.
Dr. med. Katharina Franke, Darmstadt
Publication History
Article published online:
07 December 2022
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