Psychiatr Prax 2023; 50(02): 113
DOI: 10.1055/a-2017-0038
Mitteilungen BDK

Mitteilungen aus der Bundesdirektorenkonferenz (BDK)

 

Bericht des Arbeitskreises Forensik

Der Arbeitskreis Forensik in der Bundesdirektoren Konferenz trifft sich 2x/Jahr jeweils in einer Einrichtung und bespricht aktuelle Themen, Strategien und Problem Stellungen. Die 2022 berichteten aktuellen Themen haben sich zwischenzeitlich eher noch verschärft:

  • Überbelegung

  • Fachkräfte-Mangel

  • Reform des Paragrafen 64 StGB

  • Ideen zum Paragraf 63 StGB


#

Ideen zum Paragraf 63 StGB

Überbelegung: Fast alle Maßregelvollzugskliniken in Deutschland sind mit forensischen Patienten überbelegt. Dies betrifft sowohl die Unterbringung gemäß Paragraf 64 StGB als auch die gemäß Paragraf 63 StGB, hier insbesondere Unterbringung nach Paragraf 126 A StPO. Nach dramatischen Presseberichten über den Maßregelvollzug in Berlin hatte die DGPPN eine Umfrage in den Kliniken durchgeführt und als Ergebnis zunehmende Enge, Begrenzung von therapeutischen Möglichkeiten und zunehmende Gewalt in den Kliniken bestätigt gefunden. Eine Publikation der Ergebnisse erfolgt in Kürze. Zum Teil sind Therapieräume und Isolierungsräume mit regulär untergebrachten Patienten belegt oder gar Doppelstockbetten aufgestellt. Dies alles führt dazu, dass reguläre Therapieangebote nur noch sehr defizitär angeboten werden können.

Fachkräfte Mangel: Die Schwierigkeiten der Behandlung in überfüllten Stationen wird durch den bestehenden Fachkräftemangel nur noch verschärft. Insbesondere aus dem Bereich der ärztlichen und pflegerischen Versorgung finden sich kaum noch Nachwuchskräfte, sodass überall freie Stellen zur Verfügung stehen, und auch hier die vollständig notwendige Versorgung gefährdet ist.

Reform des Paragrafen 64 StGB: Große Hoffnungen werden in die Reform des Paragrafen 64 StGB gesetzt, insbesondere darin, dass sich die Einstiegsvoraussetzungen in den Maßregelvollzug präzisieren. Immer noch kommt es in Deutschland zu ca. 50% Beendigung wegen Aussichtslosigkeit, letztlich also Patienten, in die viel Arbeit und wenig Effizienz gesteckt wurde (Stichtagserhebungen Paragraf 64 StGB). Wenn es hier gelingen würde die Eingangsvoraussetzungen deutlich klarzustellen, im Sinne einer wirklichen Diagnose, eines deutlicheren Zusammenhangs zwischen Erkrankung und Delinquenz und Wegfall der Möglichkeit sehr frühe Entlassung zum halb straffen Zeitpunkt, wäre hier auf deutlich weniger Zuweisungen zu hoffen.

Ideen zum Paragrafen 63 StGB: In der Unterbringung gemäß Paragraf 63 StGB finden sich immer mehr schizophren erkrankte Patienten, die zuvor Kontakt zum allgemeinpsychiatrischen System hatten und hier gescheitert sind. Im Zuge fehlender Krankheitseinsicht, fehlender Behandlungscompliance und zunehmend gefährlicher Straffälligkeit landen diese dann schließlich in einem chronischen Zustand im Maßregelvollzug, wo sie nur mühselig und langwierig wiederbehandelt werden können mit allen Widrigkeiten der Organisation einer Zwangsbehandlung, der Motivationsförderung und der Bearbeitung komorbider Suchtproblematiken. Oft ist es dann am Ende einer Behandlung schwer geeignete Anschluss-Wohnformen zu finden. Hier wäre es dringend notwendig optimierte Prävention und Nachsorgeangebote umzusetzen, um eine Unterbringung im Maßregelvollzug zu vermeiden oder eben auch eine hochfrequente ambulante Nachsorge sichern zu können. Bisher gibt es hier nur wenig gute Modellprojekte.

Treffen des Arbeitskreises Forensik im März: Dennoch wird sich der Arbeitskreis im März mit einer Reihe völlig anderer Themen beschäftigen: Qualitätsmanagement im Maßregelvollzug, Prognosen bei untergebrachten Frauen im Maßregelvollzug, sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche und assistierter Suizid in der Freiheitsentziehung.


#
#

Korrespondenzadresse

Jutta Muysers
LVR-Klinik Langenfeld
Kölner Straße 82, 40764 Langenfeld
Deutschland

Publication History

Article published online:
14 March 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany