Aktuelle Urol 2023; 54(05): 354-356
DOI: 10.1055/a-2059-0493
Referiert und kommentiert

Radio-Chemo-Therapie beim Seminom

SAKK 01/18 Radio-Chemotherapie mit reduzierter Intensität bei Patienten mit einem Seminom des Hodens im Stadium IIA/B. Eine multizentrische, offene Phase-II-Studie mit zwei Patientengruppen – Studie AH 16/21 der AUOContributor(s):
Heidrun Rexer
1   AUO Geschäftsstelle, Schwarz, Deutschland
,
Arndt-Christian Müller
2   Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie, RKH Gesundheit, Ludwigsburg
,
David Pfister
3   Organgruppe Prostatakarzinom der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie, Deutschen Krebsgesellschaft,
› Author Affiliations

Für Patienten mit einem Seminom der Stadien IIA oder IIB besteht die Standardtherapie nach der Orchiektomie derzeit aus einer Strahlentherapie (Hockey-Stick, 30–36 Gy) oder einer Polychemotherapie (3 Zyklen PEB (Cisplatin, Etoposid und Bleomycin) bzw. 4 Zyklen PE (Cisplatin, Etoposid)). Diese intensiven Therapien sind jedoch mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden, die teilweise auch langfristig auftreten können. Außerdem können beide Therapien das Risiko für Zweitkarzinome signifikant erhöhen.

Die vorangegangene Studie (SAKK 01/10) untersuchte eine Therapiedeeskalation mit der Kombination aus einem Zyklus Carboplatin AUC7 und einer kleinvolumigen Strahlentherapie der befallenen Lymphknoten mit dem Ziel, kurz- und langfristige Toxizitäten zu reduzieren. Das progressionsfreie Überleben war in der Studie ähnlich wie bei der Standardtherapie und bei den wenigen Patienten mit einem Rückfall konnte mit einer Standardpolychemotherapie eine langfristige Tumorremission erzielt werden.

Die nun vorliegende Studie SAKK 01/18 prüft nun, ob die Bestrahlungsdosis an den betroffenen Lymphknoten weiter reduziert werden kann und ob beim Stadium IIB eine Chemotherapie mit 1 Zyklus EP zu besseren Resultaten als mit 1 Zyklus Carboplatin führt. Ferner werden in SAKK 01/18 auch Patienten eingeschlossen, die im Stadium I eine adjuvante Carboplatin- oder Strahlentherapie erhielten und nun ein Rezidiv haben.

Dazu werden die Patienten in 2 Kohorten eingeteilt:

Kohorte 1 nimmt Patienten mit primärem Stadium IIA oder rezidiviertem Stadium IIA unter Active Surveillance (AS) im Stadium I auf. Diese Patienten erhalten einen Zyklus Carboplatin AUC 7, gefolgt von einer Bestrahlung der betroffenen Lymphknoten mit 12×2 Gy (Total 24 Gy).

Kohorte 2 schließt Patienten mit primärem Stadium IIB oder rezidiviertem Stadium IIB unter AS oder rezidiviertem Stadium IIA oder IIB nach adjuvanter Carboplatin- oder Strahlentherapie in Stadium I ein. Diese Patienten erhalten einen Zyklus mit 100 mg/m2/d Etoposid und 20 mg/m2/d Cisplatin über 5 Tage gefolgt von einer Bestrahlung der betroffenen Lymphknoten mit 15×2 Gy (Total 30 Gy).

In der Folge werden die Patienten einem 20-jährigen Follow-up unterzogen. In den ersten beiden Jahren erfolgen die Nachsorgen alle 3 Monate, in den Jahren 3–5 halbjährlich und danach jährlich.

Primärer Endpunkt der Studie ist das progressionsfreie Überleben (PFS) 3 Jahre nach Einschluss in die Studie. Als sekundäre Endpunkte werden Ansprechrate (RR), Progressionsfreies Überleben (PFS), Zeit bis Progression (TTP), Gesamtüberleben (OS), Seminomspezifisches Überleben, Zeit bis Auftreten von Fernmetastasen, Zeit bis zur nächsten Behandlung, Lokalisation der Progression, Nachweismethode für die Progression, Unerwünschte Ereignisse (AEs) in zeitlichem Zusammenhang mit der Studientherapie, späte AEs, Inzidenz von Zweittumoren, Entwicklung eines metabolischen Syndroms sowie Entwicklung eines Hypogonadismus untersucht.

In diese internationale Phase-II-Kohortenstudie sollen 135 Patienten eingeschlossen werden. Es nehmen insgesamt 16 Zentren in Deutschland und der Schweiz teil. Die Zentren nehmen gerne Patientenzuweisungen entgegen, Kontaktdaten hierfür finden sich in [Tab. 1] [Tab. 2] enthält eine Auswahl der Ein- und Ausschlusskriterien zur Studie. [Abb. 1] zeigt die bisherige Rekrutierung in der Studie in Deutschland.

Die Leitung der Studie hat Dr. med. Alexandros Papachristofilou; Leiter der klinischen Studie (LKP) in Deutschland ist Prof. Dr. Arndt-Christian Müller; seine Aufgaben liegen in der medizinischen Durchführung der Studie, der Abwägung von Nutzen–Risiko der Studie, Umsetzung des Prüfplans in ärztlichen Belangen. Er ist Ansprechpartner für Ethikkommission und Behörden und mit zuständig für die abschließende ärztliche Bewertung der Ergebnisse. Sponsor der Studie ist die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK). Die Studie ist unter der Nummer NCT03937843 bei clinicaltrials.gov registriert.

Tab. 1 Teilnehmende Studienzentren.

Ort

Kontaktdaten

Basel

Dr. med. Alexandros Papachristofilou, Tel.: 0041+61/265–49 40, E-Mail: alexandros.papachristofilou@usb.ch

Berlin

PD Dr. Peter Reichardt, Tel.: 030/94 01–54 800, E-Mail: peter.reichardt@helios-gesundheit.de

Berlin

Dr. Anette Dieing, Tel.: 030/13 02–22 184, E-Mail: annette.dieing@vivantes.de

Bern

Dr. Mohamed Shelan, Tel.: 0041+31/632–29 70, E-Mail: Mohamed.shelan@insel.ch

Chur

PD Dr. Richard Cathomas, Tel.: 0041+81/256–66 95, E-Mail: richard.cathomas@ksgr.ch

Essen

Prof. Dr. Susanne Krege, Tel.: 0201/174–29 036, E-Mail: s.krege@kem-med.com

Hamburg-Altona

Prof. Dr. Christian Wülfing, Tel.: 040/18 18 81–16 60, E-Mail: c.wuelfing@asklepios.com

Hamburg

Dr. Christoph Oing, Tel.: 040/74 105–13 38, E-Mail: c.oing@uke.de

Ludwigsburg

Prof. Dr. med. Arndt Christian Müller, Tel.: 07141/99–67 901, E-Mail: arndt-christian.mueller@kh-kliniken.de

München

Dr. Marcus Hentrich, Tel.: 089/13 03–43 72, E-Mail: marcus.hentrich@swmbrk.de

Sion

Keine Freigabe zur Nennung der Kontaktdaten

St. Gallen

Dr. Paul Martin Putora, Tel.: 0041+71/494–22 68, E-Mail: paul.putora@kssg.ch

Tübingen

Prof. Dr. Steffen Rausch, Tel.: 07071/29-86 111, E-Mail: Steffen.Rausch@med.uni-tuebingen.de

Ulm

Dr. Friedemann Zengerling, Tel.: 0731/500–58 036, E-Mail: friedemann.zengerling@uniklinik-ulm.de

Winterthur

Dr. Miklos Pless, Tel.: 0041+52/266–25 52, E-Mail: miklos.pless@ksw.ch

Zürich

Prof. Dr. Anja Lorch, Tel.: 0041+43/253–02 50, E-Mail: anja.lorch@usz.ch

Tab. 2 Ein- und Ausschlusskriterien der Studie (Auswahl).

Einschlusskriterien

Ausschlusskriterien

  • histologisch bestätigtes klassisches Seminom, behandelt mit primärer inguinaler Orchiektomie oder partieller Orchiektomie

  • Patienten mit Stadium IIA oder B Seminom, entweder neu diagnostiziert oder rezidiviert nach anfänglicher aktiver Überwachung, adjuvanter Carboplatin- oder Strahlentherapie bei Stadium I Erkrankung

  • Patienten im Stadium IIA mit nicht eindeutig suspekter Lymphknotenvergrößerung muss der Befund mit wiederholtem CT/MRT-Scan bestätigt werden

  • Patienten mit weiteren Tumorerkrankungen in der Vorgeschichte, die mit einer kurativen Intention behandelt wurden, sind für die Studie geeignet, solange die Behandlung mindestens 5 Jahre vor Registrierung abgeschlossen wurde, und der Patient keine Krankheitsanzeichen bei der Registrierung aufweist

  • adäquate Organfunktionen

  • WHO Performance Status 0–2

  • adäquate Knochenmarks- und Nierenfunktion

  • weitere histologische Komponenten als Seminom

  • erhöhte AFP (≥2-mal lU/ml)

  • schwerwiegende zugrunde liegende Erkrankungen (z.B. gegenwärtige Niereninsuffizienz, schwerwiegende Leberinsuffizienz, schwerwiegende Knochenmarksdysfunktion, Tumorblutungen, erhebliche Hörschäden) oder schwerwiegende Begleiterkrankungen, die einen Einfluss auf die Fähigkeit zur Studienteilnahme haben könnten (nach Ermessen des Prüfarztes)

  • Begleitmedikationen, die entsprechend der Fachinformation kontraindiziert sind gegenüber der Gabe der Studienmedikation ist bzw. gegenüber einer Strahlentherapie

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Abb. 1 Rekrutierung in Deutschland.


Publication History

Article published online:
23 August 2023

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