Key words
panoramic radiograph - orthopantomogram - incidental finding - foreign body - maxilla
- mandibula
Einleitung
Zu den bildgebenden Verfahren in der Zahnmedizin gehören neben dem Orthopantomogramm
(OPG), der Einzelzahnaufnahme, Bissflügelaufnahmen und der digitalen Volumentomografie
(DVT) auch die Computertomografie (CT) des Schädels, die Magnetresonanztomografie
der Kiefergelenke und in jüngster Zeit auch die Magnetresonanztomografie (Dental-MRT)
[1]
[2]
[3]. Neben der in der Medizin häufig durchgeführten Röntgen-Thoraxaufnahme macht die
dentale Bildgebung etwa 40 % der Röntgenuntersuchungen in Deutschland aus. Auch aus
diesem Grund sind für den klinisch tätigen Radiologen fundierte Kenntnisse im Bereich
des zahnärztlichen Röntgens notwendig [3]. Unter den Röntgenaufnahmen ist bei den Zahnärzten, Oralchirurgen, Kieferorthopäden
und Fachärzten für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie das OPG als Standardröntgenaufnahme
zu bezeichnen [4].
Das OPG gehört zu den Verfahren der Projektionsradiografie und basiert auf einer konventionellen
Röntgentomografie. Bezüglich der komplexen Technik des OPG-Verfahrens sei hier auf
die entsprechende Fachliteratur verwiesen [3]
[5]
[6]. Die Aufnahme umfasst die Zähne von Ober- und Unterkiefer, die Kiefergelenke sowie
Teile der Kieferhöhlen [3]. Das OPG liefert somit einen Überblick über alle Zähne und die Kiefer sowie Informationen
über angrenzende Regionen. Folgende 3 radiologische Qualitätsmerkmale sind für Panoramaschichtaufnahmen
definiert [3]:
-
Freie, symmetrische Projektion des Ramus mandibularis einschließlich des Processus
condylaris,
-
erhaltene Graustufen-Differenzierung und
-
möglichst „reale“ Größendarstellung der Zahnkronen der Oberkieferfrontzähne.
Durch die Aufnahmetechnik sind typische Nachteile und Artefakte bekannt, z. B. eine
unscharfe Projektion röntgendichter Fremdmaterialien auf der kontralateralen Seite
[3]. Weitere Beeinträchtigungen sind eine gewisse Unschärfe der Aufnahme, Summationseffekte,
Vergrößerung und Verzerrung einzelner Regionen, die durch das Verfahren der Schichtaufnahme
bedingt sind [7]. Daher ist es umso wichtiger Einflüsse zu vermeiden, die die Bildqualität mindern
[7]. Neben dieser Aufnahmebesonderheit und Anwendungsfehlern bei der Positionierung
des Patienten können anatomische Besonderheiten zu diagnostischen Schwierigkeiten
führen, bei denen dann der Radiologe als medizinischer Experte für Bildgebung zu Rate
gezogen wird. Metallene Objekte in der orofazialen Region können im OPG Röntgenartefakte
und Geisterbilder hervorrufen. Der Beitrag fokussiert deshalb auf metallene Fremdkörper
im OPG, um den Facharzt für Radiologie mit dem Auftreten dieser seltenen, aber letztlich
typischen Zufallsbefunde im OPG vertraut zu machen. Da der Radiologe aufgrund des
Teilgebietsröntgens in der Zahnmedizin nicht routinemäßig an der Auswertung zahnärztlicher
Röntgenaufnahmen beteiligt ist, wohl aber bei auftretenden Schwierigkeiten bei der
Diagnostik mit hinzugezogen werden kann, geben wir in dieser Publikation eine Übersicht
über Metallartefakte im OPG.
Methode
Es wurde eine Literaturrecherche mit der Datenbank PubMed und der Cochrane Library
sowie Google Scholar zu unerwarteten, metallenen Fremdkörpern im OPG durchgeführt.
Die Suchbegriffe umfassten „panoramic radiograph“, „orthopantomogram“, „dental radiography“,
„incidental finding“, „metal“ und „foreign body“. Eingeschlossen wurden Arbeiten,
die im Zeitraum 1990–2022 in deutscher oder englischer Sprache veröffentlicht wurden.
Ausgeschlossen wurden metallene Fremdkörper, die in den Fachgebieten der Zahnmedizin,
Oralchirurgie und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der fachspezifischen Stelle
im klinischen Alltag regelmäßig anzutreffen sind. Darunter sind nachfolgend konkret
Amalgam-Füllungen, Goldinlays, Teilkronen, Kronen, Brücken, Wurzelstifte, enossale
Implantate und Osteosynthesematerial zu verstehen. Zur Ergebnispräsentation wurde
auf Panoramaschichtaufnahmen zurückgegriffen, die von den Autoren im klinischen Alltag
an verschiedenen Zentren über viele Jahre zu Schulungszwecken gesammelt wurden.
Ergebnisse
In der Literatur finden sich zahlreiche Fallberichte, Fallserien und Pictorial Essays.
In speziellen Lehrbüchern zur zahnärztlichen Radiologie sind selbstverständlich einige
generelle Hinweise und Röntgenaufnahmen enthalten. Exemplarisch sei hier das Lehrbuch
von Andreas Fuhrmann (2013) angeführt, bei dem sich im Kapitel zur Panoramaschichtaufnahme
ein Unterkapitel findet, in dem auch auf die Problematik von metalldichten Strukturen
im Strahlengang eingegangen wird und hierzu eine Fallsammlung enthält [5]. Ebenso finden sich im speziellen Lehrbuch zu Panoramaschichtaufnahmen von Jürgen
Düker (2000) einige entsprechende Röntgenbilder [6]. An Übersichtsarbeiten finden sich jedoch lediglich 2 Beiträge, die über unerwartete
radioopake Fremdkörper in der zahnärztlichen Praxis berichten. Die Arbeit von Omezli
et al. (2015) ist eine retrospektive Auswertung von 11 887 Panoramaschichtaufnahmen,
bei der 62 Aufnahmen (0,6 %) mit Fremdkörpern im Kiefer gefunden wurden. Die Fremdkörper
waren in dieser Studie lediglich Füllungsmaterialien (Amalgam, Wurzelkanalfüllmaterial),
eine Heftklammer und Granatsplitter [8]. In der Studie von Hwang et al. (2019) wurden neben Panoramaschichtaufnahmen auch
CTs sowie DVTs mit eingeschlossen und es fand keine Limitation auf Fremdkörper aus
Metall statt. Die Autoren dieser Studie ermittelten 508 Aufnahmen mit Fremdkörpern.
Es wurden 19 unterschiedliche Fremdkörpertypen gefunden. Die Untersucher teilten die
röntgendichten Materialien in die 2 Kategorien absichtliche/unabsichtliche Einbringung
ein [9].
Eine trennscharfe Unterteilung in absichtlich/unabsichtlich ist nicht immer zweifelsfrei
möglich. Insofern ließen sich nach Sichtung und Auswertung der Literatur sowie der
Abgleichung mit den eigenen Fällen zu metallenen Fremdkörpern im OPG die Fremdkörper
in die 6 Kategorien Schmuck, Kleidung, persönliche Schutzausrüstung, medizinisch-technische
Hilfsmittel, iatrogene Fremdkörper und seltene Zufallsbefunde zuordnen ([Tab. 1]).
Tab. 1
Einteilung der gefundenen metallischen Fremdkörper.
Kategorie
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Beispiele
|
I. Schmuck
|
-
Ohrringe in unterschiedlicher Form und Größe
-
Extra- und intraorale Piercings
-
Halsketten
-
Haarspangen und Haarnadeln
-
Susuks und Charmenadeln
|
II. Kleidung
|
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III. Persönliche Schutzausrüstung
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IV. Medizinisch-technische Geräte
|
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V. Iatrogene Fremdmaterialien
|
-
Chirurgische Nadeln
-
Frakturiertes Instrumentarium, z. B. zahnärztliche diamantierte Schleifkörper und
Lindemannfräsen, Elevatorium, Injektionsnadeln etc.
-
Metallene Gefäßclips zur Blutstillung bei chirurgischen Eingriffen
-
Nicht herausgenommene Interimsprothesen
-
Nicht herausgenommener definitiver Zahnersatz
-
Epithesen
-
Stents
-
Drahtligaturen zur Fixierung eines Drainagerohres
-
Platten und Schrauben bei einer HWS-Spondylodese
|
VI. Seltene sonstige Zufallsbefunde
|
-
Splitter von Schusswaffen, Schrotkugeln, Granatsplitter
-
Im Ohrläppchen eingewachsene Verschlüsse von Ohrringen
-
Fremdkörper im äußeren Gehörgang bei Kindern, z. B. Schmuck, kleine Batterien, Knöpfe
etc.
-
Fremdkörper in der Nase, v. a. bei Kindern, z. B. Perlen, Heftklammer, Siegelring
etc.
-
„Verschwundene“ kieferorthopädische Befestigungen
-
Dünne Drähte von Goldfaden-Lifting
|
I. Schmuck
Ohrringe
Ohrringe finden sich im OPG in unterschiedlicher Anzahl, Größe und Form ([Abb. 1], [2]). Nicht für die Aufnahme herausgenommene Ohrringe können potenziell projektionsbedingte
Artefakte (Geisterbilder) auf der kontralateralen Gesichtshälfte hervorrufen ([Abb. 3]). In der Literatur existieren hierzu Veröffentlichungen, die das Phänomen der Geisterbilder
ausführlich technisch beschreiben [10]
[11]. Entstandene Geisterbilder können relevante Befunde verschleiern oder diese vollständig
maskieren. In einem eindrücklichen Fallbericht zu einer 30-jährigen Patientin, die
bei der Röntgenuntersuchung angab, ihre Ohrringe nicht ohne weiteres entfernen zu
können, wurde dargestellt, wie sich ihre Ohrringe auf einen hoch in der Kieferhöhle
am Unterrand der Orbita ektop verlagerten Weisheitszahn projizierten, der durch das
Artefakt im OPG vollständig maskiert wurde und erst auf einer erneuten Röntgenaufnahme
ohne Ohrringe erkannt werden konnte [11].
Abb. 1 Multiple in unterschiedlicher Form und Größe belassene Ohrringe und weiterer äußerer
Gesichtsschmuck führen hier bei einer zahnärztlichen Erstdiagnostik zu einem Röntgenbild
mit zahlreichen Artefakten. Beispielsweise sind auf dieser Aufnahme die Apikalregionen
der Zähne 17, 24–26 nicht beurteilbar.
Abb. 2 Diese im Rahmen der zahnärztlichen Erstbefundung erstellte Röntgenaufnahme zeigt
im Oberkiefer rechts und links je einen mit Lückenschluss fehlenden Prämolaren. Die
Weisheitszähne 18, 28, 38 und 48 sind vorhanden. Die unteren Weisheitszähne 38 und
48 sind teilretiniert. In der Unterkieferfront ist an den Zähnen 33–43 ein Retainer
befestigt. Nebenbefundlich ist ein „Tunnel“ (blauer Kreis) im linken Ohrläppchen und
eine zugehörige Geisterstruktur (rosa Kreis) zu erkennen. Diese verunmöglicht eine
Beurteilung der Zahnwurzeln 18 und 17.
Abb. 3 Das OPG wurde bei der Erstvorstellung einer Neupatientin angefertigt. Dentalradiologisch
ist ein Knochenabbau im Ober- und Unterkiefer und 3 wurzelkanalgefüllte Molaren (27,
37 und 47) zu erkennen. Nebenbefundlich sind 3 Ohrringe (blaue Kreise) mit zugehörigen
Geisterbildern (rosa Kreise) auf der jeweils kontralateralen Seite im Bereich der
Kieferhöhlen abgebildet.
Extra- und intraorale Piercings
Auch nicht entfernte Piercings der Nasenflügel, der Ober- und Unterlippe ([Abb. 4]) sowie an anderen äußeren Hautpartien im Kopf-Hals-Bereich sind im OPG seltene,
aber letztlich typische Fremdkörper auf der Panoramaschichtaufnahme. Intraorale Piercings
der Zunge, des Lippenbändchens und der Uvula können im Röntgenbild ebenso relevante
Befunde verdecken.
Abb. 4 Bei diesem im Rahmen der Erstvorstellung der Patientin aufgenommenem OPG sind dentalradiologisch
ein elongierter, kariös weitgehend zerstörter Weisheitszahn 28, persistierende Milchzähne
75 und 85 und eine hyperdense Struktur an der distalen Wurzelspitze des Zahnes 37
zu erkennen. Das von der Patientin nicht zu entfernende Piercing (blauer Kreis) in
der Mitte der Unterlippe projiziert sich auf die Zahnkrone des unteren linken Eckzahnes.
Halsketten, Haarspangen und Haarnadeln
Halsketten, die vor der Aufnahme nicht abgenommen wurden, sind im Röntgenbild unmittelbar
zu identifizieren. Metallene Haarspangen und Haarnadeln ([Abb. 5]) rufen am oberen Bildrand lokalisierte Artefakte hervor. Auch Haargummis können
durch einen Metallkern Auslöschungen hervorrufen ([Abb. 6]). Ebenfalls können bestimmte synthetische Haarverlängerungen zu diagnostischen Schwierigkeiten
führen [12]. Diese können sich in der Panoramaschichtaufnahme als lineare bis krummlinige Trübungen
mit diffusen Rändern zeigen, die sich vertikal über das gesamte Bild erstrecken [13].
Abb. 5 Bei dem anlässlich einer zahnärztlichen Routinekontrolle angefertigtem OPG erkennt
man dentalradiologisch mehrere röntgendichte Füllungen, wurzelgefüllte Zähne 24 und
37 sowie Zahnstein an der Distalfläche des elongierten Weisheitszahnes 18. Die Patientin
trägt beidseits Haarklammern (blaue Kreise).
Abb. 6 Auf dieser Routineaufnahme einer 31-jährigen Patientin ist sowohl ein Piercing im
rechten Nasenflügel (blauer Kreis) als auch ein Haarband mit einem kleinen metallenen
Logo (rosa Kreis), das sich kranial des linken Kondylus projiziert, zu erkennen. Die
Zähne und die zahntragenden Kieferabschnitte sind ohne Auffälligkeiten.
Susuks
Sogenannte Susuks oder Charmenadeln sind eine besondere Form der kulturellen Praxis
in Südostasien, v. a. in Malaysia, Thailand, Singapur, Indonesien und Brunei [14]
[15]
[16]. Susuks sind dünne Metallstifte aus Silber, Gold oder deren Legierungen, die zwischen
5 und 10 mm lang sind und einen Durchmesser von etwa 0,5 mm aufweisen. Susuks sollen
die Träger schöner machen, jung halten, die Gesundheit fördern, Schmerzen lindern
und karriereförderlich sein [15]
[17]. Diese Objekte werden unter die äußere Haut platziert, wobei die orofaziale Region,
speziell das Kinn, die häufigste Stelle ist. Im OPG ist es als radioopakes nadelartiges
Objekt erkennbar [17]. Einige Falldarstellungen stellen Panoramaschichtaufnahmen mit einem oder mehreren
Susuks und Charmenadeln vor [15]
[16]
[17]. Einig sind sich die Autoren, dass Susuks insofern verwirrend sein können, da sie
nicht offenkundig sicht- und tastbar sind [14]
[15]
[16]
[17].
II. Kleidung
In der Röntgenaufnahme sind Knöpfe aus Metall oder Reißverschlüsse an der Vorder-
oder Rückseite der Kleidung des Patienten aufgrund der Lage zumeist einfach zuzuordnen.
III. Persönliche Schutzausrüstung
III. Persönliche Schutzausrüstung
Durch die COVID-19-bedingten Schutzmaßnahmen wurden oft radiologische Untersuchungen
ohne das Ablegen einer Mund-Nasen-Schutzmaske durchgeführt. Die zur besseren Adaptation
an die Gesichtskonturen eingearbeiteten metallenen Nasenbügel (technisch auch „Nasendraht“
genannt) bilden sich – je nach Ausführung – als linienförmige ein-, doppel- oder sogar
dreireihige Opazität mit gebogenem Verlauf ab. Diese Linien befinden sich üblicherweise
median am obersten Bildrand oder sie überlagern die Conchae nasales ([Abb. 7]). Der Verlauf ist dabei projektionsabhängig, aber auch eine Asymmetrie beim Anlegen
der Maske wirkt sich auf den speziellen Verlauf des Artefakts aus.
Abb. 7 OPG zur Focussuche sowie Beurteilung der Wertigkeit der Restbezahnung zur Festlegung
eines Therapieplanes unter Pandemie-Schutzmaßnahmen. Der nicht abgenommene Mund-Nasenschutz
bewirkt 3 parallel verlaufende Linien im oberen Bildbereich (blauer Pfeil). Der Brückenpfeiler
35 zur Aufnahme der zahngetragenen Brücke im Unterkiefer links ist frakturiert.
IV. Medizinisch-technische Hilfsmittel
V. Iatrogenes Fremdmaterial
V. Iatrogenes Fremdmaterial
Rotierende Instrumente
Frakturierte zahnärztliche Schleifkörper und Lindemannfräsen finden sich im OPG relativ
häufig [18]. Lindemannfräsen kommen bei der operativen Entfernung der Weisheitszähne oder bei
der Bildung von Knochenblöcken für Knochenaugmentationen zur Anwendung. Sie sind durch
ihre Lokalisation und Form meistens einfach zu erkennen ([Abb. 11]). Eine exakte Lagebestimmung ist allerdings mit der zweidimensionalen Aufnahme nicht
möglich. Über einen Fall mit Bergung eines frakturierten Fissurenbohrers bei der Unterkiefer-Weisheitszahnentfernung
berichten Chen et al. (2020). Die Autoren führten die Entfernung mithilfe eines Referenzrahmens
durch, um das Fragment gezielt entfernen zu können [19]. Auch von frakturierten Spiralbohrern bei der zahnärztlichen Implantation wird berichtet
[20].
Abb. 11 Die Kontrollröntgenaufnahme nach Insertion von Implantaten in den Oberkieferregionen
14, 12, 21 und 24 zeigt im Unterkiefer gleich 2 frakturierte Lindemannfräsen (blaue
Kreise) in der Regio 37 und Regio 48, die jeweils zur Knochenblockentnahme verwendet
wurden. Neben den insgesamt 7 enossalen Implantaten sind multiple Minischräubchen
zur Fixierung von Knochenblöcken erkennbar.
Chirurgisches Instrumentarium
Andere iatrogene metallene Fremdkörper können durchaus diagnostische Schwierigkeiten
bereiten: Demirkol (2015) berichtete z. B. von einem 45-jährigen Patienten, bei dem
ein angefertigtes OPG ein Objekt mit ausgeprägter Radiodensität im Bereich der Extraktionswunde
des Zahnes 16 zeigte. Dieser Fremdkörper imitierte in Bezug auf seine Lokalisation,
seine achsengerechte Positionierung und Größe ein Zahnimplantat. Anamnestisch berichtete
der Patient von einer traumatischen Zahnentfernung, jedoch nicht von einer dentalen
Implantation. Mit einer DVT-Aufnahme wurde der radioopake Fremdkörper lokalisiert.
Es zeigte sich, dass der Fremdkörper in Regio 16 palatinal unter der Schleimhaut gelegen
war. In Lokalanästhesie konnte ein frakturiertes Elevatorium geborgen werden [21].
In der Literatur finden sich zudem einige Fallberichte zu chirurgischen Nadeln, die
im Operationsgebiet zurückgelassen wurden. Ein Bericht illustriert den Fall eines
23-jährigen Patienten, der aufgrund von Zahnschmerzen ein OPG angefertigt bekommen
hatte, und auf dem im Kieferwinkel rechts unterhalb des Mandibularkanals eine Nadel
zu sehen war. Die Anamnese brachte zutage, dass im Alter von 4 Jahren eine Tonsillektomie
durchgeführt worden war [22]. Die häufigere Ursache sind allerdings zahnärztlich-chirurgische Eingriffe, wie
Sencimen et al. (2010) berichten. Dort wurde eine Nadel, die bei der Entfernung des
oberen dritten Molaren versehentlich im pterygomandibulären Raum zurückblieb, dann
intraoral unter Verwendung eines C-Arm-Fluoroskops entfernt [23].
Injektionskanülen
Frakturierte Injektionskanülen bei der Lokalanästhesie stellen u. a. durch die Einführung
der Einweginjektionskanülen heutzutage eine Seltenheit dar [24]
[25]
[26]
[27]
[28]. Dennoch wird gelegentlich über dieses seltene Ereignis sowie die Bergung bei der
Leitungsanästhesie frakturierter Kanülen berichtet, wie z. B. bei einer 18-jährigen
Patientin, die ein Jahr zuvor bei ihrem Hauszahnarzt 4 Weisheitszähne entfernt bekommen
hatte, und bei der die gebrochene Injektionskanüle bei der Anästhesie des N. mandibularis
rechts belassen wurde, da eine Bergung des Fragments nicht möglich war [27]. Die Patientin wurde ein Jahr später mit Schmerzen in eine MKG-Klinik überwiesen,
bei der das angefertigte OPG die Kanüle im rechten pterygomandibulären Raum zeigte.
Die Entfernung gelang nach Anfertigung einer CT mit Unterstützung eines chirurgischen
Navigationssystems [27]. In einem ähnlich gelagerten Fall, bei dem die Bergung ohne dreidimensionale röntgenologische
Lokalisation gelang, gaben die Autoren als Gründe für die Fraktur der 35 mm langen
Kanüle zur Leitungsanästhesie eine fehlerhafte Ausführung der Lokalanästhesie, Bewegungen
des Patienten während der Injektion und herstellungsbedingte Fehler an [25].
Amalgam
Weitere typische metallische Fremdkörper in der Mundhöhle sind im Kieferknochen oder
im Gewebe versprengte kleine Amalgamstücke bei der Extraktion von Zähnen ([Abb. 12]) und in die Kieferhöhle bzw. die Nasennebenhöhlen gewanderte, „verschwundene“ Implantate
[29]
[30]. Hierbei handelt es sich häufig um Implantate, die bei geringer Restknochenhöhe
im Oberkiefer-Seitenzahngebiet inseriert wurden und die Osseointegration ausgeblieben
ist oder diese durch mechanische Traumata in die Kieferhöhle getrieben wurden. Aufgrund
der Lokalisation in den Nasennebenhöhlen sind diese Fremdkörper als unerwartet zu
bezeichnen.
Abb. 12 Das zur Einschätzung des knöchernen Prothesenlagers aufgenommene OPG weist einen
stark atrophierten Kieferkamm in Ober- und Unterkiefer aus. Es ist ein Amalgamrest
(blauer Kreis) im Kiefer bzw. in der den Kieferkamm bedeckenden Schleimhaut zu erkennen.
Nebenbefundlich sind 2 durch Ohrringe hervorgerufene Opazitäten am seitlichen Bildrand
erkennbar und die zugehörigen Geisterstrukturen im Bereich der Orbita.
Gefäßclips zur Blutstillung
Weitere iatrogene Fremdkörper sind Gefäßclips, die im Kopf-Halsbereich z. B. bei der
Blutstillung bei einer Neck Dissection zur Anwendung kommen können ([Abb. 13]). Diese nicht ferromagnetischen Klammern bestehen häufig aus Titan bzw. Titanlegierungen
oder können auch aus resorbierbarem Kunststoff hergestellt werden. Gefäßclips werden
bewusst belassen und stellen keine entfernungspflichtigen Fremdkörper dar.
Abb. 13 Bei dem zur zahnärztlichen Routinekontrolle aufgenommenen OPG sind 6 Implantate und
3 wurzelgefüllte Zähne zu erkennen. Auf dem Implantat in Regio 24 befindet sich eine
provisorische Versorgung. Im Kieferwinkel links sind nebenbefundlich Gefäßclips aus
Titan zu sehen (blauer Kreis). Die Anamnese ergab Z. n. Zungenkarzinom links mit Neck
Dissection. Die Gefäßclips wurden bei der Lymphknotenausräumung zur Blutstillung verwendet.
Herausnehmbarer Zahnersatz und Epithesen
Wenn vor der Röntgenaufnahme der Patient nicht gebeten wurde herausnehmbaren Zahnersatz
zu entnehmen, kann dieser zu nicht auswertbaren Aufnahmen [7] führen. Neben definitivem herausnehmbarem Zahnersatz (Totalprothesen mit Metallgerüst,
Modellguss- und Teleskopprothesen) ([Abb. 14]), kann es sich bei herausnehmbarer Prothetik auch lediglich um vorübergehenden Zahnersatz,
z. B. um eine Interimsprothese mit handgebogenen Klammern handeln ([Abb. 15]).
Abb. 14 In der routinemäßig aufgenommenen Röntgenaufnahme sind dentalradiologisch im Bereich
der Wurzel des Zahnes 35 ein Metallstift sichtbar und Amalgamfüllungen auf den Zähnen
14, 25, 46 und 48 zu erkennen. Die nicht herausgenommene Modellgussprothese (blauer
Pfeil) zum Ersatz der fehlenden Unterkieferzähne 36, 32–42 erschwert eine weitere
Diagnostik der klinischen Kronen im Unterkiefer.
Abb. 15 Nach erfolgter Parodontitisbehandlung wurde bei einem 76-jährigen Patienten zur definitiven
Zahnersatzplanung dieses OPG angefertigt. Bei der Röntgenaufnahme wurde der vorübergehende
Zahnersatz nicht herausgenommen. Der Patient trägt im Ober- und Unterkiefer eine Interimsprothese
mit handgebogenen Klammern (blaue Pfeile) als Halteelemente.
Darüber hinaus können im Strahlengang befindliche nicht abgenommene Epithesen bspw.
bei den Verankerungselementen Metallanteile aufweisen und dann ebenso zu vermeidbaren
Fremdkörpern im OPG führen.
Ebenso können als weitere Beispiele für die Kategorie iatrogene Fremdmaterialien Stents
zum Offenhalten von Gefäßen als röhrenförmige Spiraldrahtprothesen auf einer Panoramaschichtaufnahme
abgebildet sein ([Abb. 16]). Auch Drahtligaturen zur Befestigung von Drainagerohren können unbeabsichtigt abgebildet
werden ([Abb. 17]). Auch können in der Panoramaschichtaufnahme stabilisierende Eingriffe an der Halswirbelsäule
abgebildet sein, wie etwa teilerfasste Platten und Schrauben bei einer HWS-Spondylodese
([Abb. 18]).
Abb. 16 Die Routineaufnahme bei einem 82-jährigen Patienten zeigt im Ober- und Unterkiefer
umfangreiche Kronen- und Brückenrestaurationen. Im Unterkiefer sind 3 ennosale Implantate
sichtbar. Nebenbefundlich ist ein Stent in der linken A. carotis (blauer Pfeil) zu
erkennen.
Abb. 17 Postoperatives OPG nach Tumorresektion und prophylaktischer Stabilisierung des Ramus
durch eine Frakturplatte: Rechtslateral ist am unteren Bildrand eine Drahtligatur
(blauer Pfeil) zur Aufnahme eines Drainagerohres als Artefakt abgebildet. Darüber
hinaus ist die Lochplatte aus Titan zu erkennen, zu der eine kontralaterale Verwischungsstruktur
gehört.
Abb. 18 Auf dieser zum Zwecke der Zahnersatzplanung angefertigten Röntgenaufnahme eines stark
reduzierten Gebisses ist eine teilerfasste anteriore HWS-Spondylodeseplatte (blauer
Pfeil) abgebildet. Am Bildrand rechts und links sind zugehörige Geisterstrukturen
zu sehen. Darüber hinaus ist ein Ohrring am linken Ohrläppchen mit zugehöriger Geisterstruktur
am Unterrand der rechten Orbita vorhanden.
VI. Seltene sonstige Zufallsbefunde
VI. Seltene sonstige Zufallsbefunde
Es existieren noch Fremdkörper, die sich nicht den vorgenannten Kategorien zuordnen
lassen und sehr seltene radiologische Zufallsbefunde hervorrufen. Dazu zählen Splitter
von Schusswaffen, Schrotkugeln und Granatsplitter [8]
[31]
[32]
[33] sowie akzidentielle Fremdkörpereinbringungen im Ohrläppchen, im äußeren Gehörgang
und in der Nase [34]. In der Literatur findet sich ein Fallbericht von einer 16-jährigen Patientin, die
von ihrem behandelnden Kieferorthopäden zur Entfernung der Weisheitszähne in eine
kieferchirurgische Klinik überwiesen wurde. Auf dem präoperativ angefertigten OPG
zeigte sich im Bereich des rechten Ohrläppchens ein Fremdkörper. Nach Rücksprache
mit den Eltern ergab sich, dass vor 12 Jahren ein Ohrring verschwunden war. Bei der
chirurgischen Eröffnung zeigte sich, dass es sich um einen eingewachsenen Verschluss
eines Ohrrings handelte. Zusammenfassend trug die Anamnese zur Klärung des diagnostischen
Problems entscheidend bei [35]. Fremdkörper aus Metall sind auch im äußeren Gehörgang – abgesehen von den bereits
angesprochenen Hörgeräten – anzutreffen [36]
[37].
Einige Fallberichte handeln von den häufigeren Fremdkörpern in der Nase von Kindern.
Das Spektrum der Fundstücke reicht von Schmuck über kleine Batterien, Knöpfen bis
hin zu Spielzeug [34]
[38]. Exemplarisch ist hier Habibullah et al. (2010) anzuführen, die von einem ungewöhnlichen
OPG bei einem unter einer Hyperaktivitätsstörung leidenden 8-jährigen Jungen berichten.
Bei diesem Patienten war aufgrund einer seit 2 Wochen bestehenden Schwellung und mehrerer
zerstörter Zähne eine chirurgische Sanierung vorgesehen. Auf dem präoperativen Röntgenbild
zeigte sich ein intranasaler Fremdkörper. Geborgen wurden 2 Perlen, eine Heftklammer
und ein Stück Radiergummi. Die Inspektion der Gehörgänge war dagegen unauffällig.
Eine 3-D-Bildgebung war hier nicht erforderlich [39]. Selbstverständlich können derartige Fremdkörper auch über viele Jahre hinweg unentdeckt
bleiben, wie Tay et al. (2000) in einem Fallbericht darstellen [40].
Eine weitere Rarität ist eine im Rahmen einer Dysgnathie-Operation verlorengegangene
kieferorthopädische Befestigung, die im Kontrollröntgenbild einen Zufallsbefund darstellte
([Abb. 19]) und dann mit einer DVT-Aufnahme lokalisiert wurde ([Abb. 20]). Abschließend ist als interessanter, seltener Zufallsbefund noch die operative
Technik des Goldfaden-Liftings zu nennen, bei der mittels feiner Golddrähte der Stärke
0,1 mm ein Facelifting durchgeführt werden kann. Diese Goldfäden treten im Röntgenbild
dann als unregelmäßige röntgendichte, fadenförmige Artefakte in Erscheinung, die die
Interpretation eines Orthopantomogramms erschweren und bei der dreidimensionalen Implantatplanung
zu Fehlern führen können [41]
[42].
Abb. 19 Auf dieser nach einer Umstellungsosteotomie routinemäßig angefertigten Aufnahme sind
Osteosyntheseplatten an den Rami mandibulae und an der Maxilla abgebildet. Am unteren
Bildrand ist ein durch eine Röntgenschürze hervorgerufenes Artefakt zu erkennen. Als
Zufallsbefund imponiert eine kieferorthopädische Befestigung (blauer Kreis), die bei
der Umstellungsosteotomie zur Fixierung von Schienen verwendet wurde, sich intraoperativ
gelöst hatte und schlussendlich im Markraum des linken aufsteigenden Unterkieferastes
zu liegen kam. Zunächst wurde davon ausgegangen, dass dieses Befestigungselement in
den M. masseter abgeglitten war. Nach einstimmigem Votum wurde zunächst expektativ
vorgegangen, bis 2 Jahre später eine DVT angefertigt wurde, um den Konsolidierungsfortschritt
zu überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass die UK-Spaltung die Eintrittspforte
war, durch die das Element zwischen die Laminae gelangte. Diesem Umstand wird nach
wie vor keine Therapiepflicht beigemessen. In der vorliegenden Aufnahme wird weiterhin
sichtbar, dass sich das „Bracket“ durch einen erheblich höheren Kontrast von einem
zunächst angenommenen Piercing abhebt. Piercings stellen sich aufgrund ihres Abstandes
zur Fokalebene in der Regel an den Objektgrenzen unschärfer dar.
Abb. 20 Der Fremdkörper aus [Abb. 19] in 3 Ebenen, geschnitten an den Orten der größten Ausdehnung. Dieser ist 2 Jahre
postoperativ im Bereich der Spaltung und in enger nachbarschaftlicher Beziehung zum
Mandibularkanal knöchern eingeheilt.
Diskussion
Unterschiedliche metallische Fremdkörper können Artefakte im OPG hervorrufen. Diese
Bildstörungen sind zum größten Teil vermeidbar, da diese vorher in der Regel bekannt
sind und ab- oder herausgenommen werden können, teilweise sind diese aber auch unerwartet.
An dieser Stelle zeigt sich, dass eine Unterteilung in vermeidbare und unvermeidbare
Metall-Fremdkörper prinzipiell möglich wäre. Eine derartige Einteilung wäre für die
allermeisten Fremdkörper sicherlich passend, anderseits ist z. B. unklar, ob das „gewanderte“
Befestigungselement aus der [Abb. 19] entsprechend dieser Argumentation nicht auch vermeidbar gewesen wäre, wenn es der
Behandler nicht intraoperativ verloren hätte. In einigen Fällen war zur Klärung der
Herkunft die Anamnese hilfreich, in anderen Fällen war für eine Identifizierung bzw.
Bergung der Fremdkörper zusätzliche dreidimensionale Bildgebung erforderlich. Wesentlicher
als formale Einteilungen bleiben die klare Identifikation und Zuordnung der gefundenen
Fremdkörper und das gewissenhaft arbeitende Fachpersonal. Es ist unbedingt zu fordern,
dass jeglicher Schmuck im Kopf-Halsbereich vor Anfertigung einer Röntgenaufnahme entfernt
wird [11]. Vordergründige Argumentationen der Patienten wie z. B., das Zungen-Piercing sei
nur schwierig zu entfernen, dürfen kein Hindernisgrund für eine Entfernung sein. Genauso
müssen – sofern dies möglich ist – medizinisch-technische Geräte abgelegt werden,
da diese unter Umständen ebenso potenziell bedeutsame Befunde verschleiern oder überdecken
können. Es ist darauf zu achten, dass bei Verwendung der Röntgenbleischürze diese
korrekt positioniert und angelegt wird. Ein Faltenwurf ist unbedingt zu vermeiden.
Iatrogene Fremdkörper im Bereich der zahntragenden Kieferabschnitte bereiten den Zahnärzten
vergleichsweise weniger Schwierigkeiten. Neben den hier beschriebenen Fremdkörpern
aus Titan, Blei, Gold, Silber oder ähnlichem sind naturgemäß auch Fremdkörper aus
anderen Materialien auf Röntgenaufnahmen anzutreffen, die genauso Schwierigkeiten
bei der Röntgendiagnostik hervorrufen können. Auch hier ist bei Unklarheiten häufig
eine dreidimensionale Aufnahme hilfreich, die eine Lokalisation und Ausdehnung des
Fremdkörpers in allen 3 Ebenen ermöglicht [43].
Die im vorliegenden Beitrag gezeigten Röntgenaufnahmen verdeutlichen die Problematik
des Teilgebietsröntgens in der Zahnmedizin. Eine entsprechende Kenntnis potenzieller
Fremdkörper ist selbst bei prospektiver flächendeckender Einführung von Software mit
künstlicher Intelligenz zur Erkennung und Klassifizierung von Strukturen und Zahnbehandlungen
in Panoramaröntgenbildern, die bei Implantaten, Kronen, metallenen Füllungen und endodontischen
Behandlungen in zahntragenden Kieferabschnitten recht vielversprechend ist [44], unabdingbar.