Key words photon-counting - computed tomography - diagnostic imaging - photon-counting detector
- spectral computed tomography - energy-integrating detector
Einleitung
Die Computertomographie (CT) ist nach wie vor eine der am häufigsten zum Einsatz kommenden
Bildgebungsmodalitäten bei der Untersuchung onkologischer, pneumologischer, skelettaler
und kardiovaskulärer Erkrankungen und wird gezielt auch bei bestimmten pädiatrischen
Krankheitsbildern eingesetzt. Jedoch bleibt eine wesentliche Einschränkung der CT-Bildgebung
die mit ihr einhergehende Strahlenbelastung, welche insbesondere die folgenden drei
Untergruppen betrifft: Erstens onkologische Patienten, die wiederholt zur CT-Verlaufskontrolle
überwiesen werden; zweitens kardiovaskuläre Patienten, die eine koronare CT-Angiographie
zum Screening für koronare Herzerkrankungen erhalten, insbesondere unter Verwendung
eines retrospektiven Gatings; und drittens pädiatrische Patienten, die empfindlicher
auf die Auswirkungen ionisierender Strahlung reagieren, da ihre Körper eine schnelle
Zellteilung durchlaufen [1 ]
[2 ]
[3 ]. Mit der Einführung des Photon-Counting Detektors (PCD)-CT sollte nun eine deutliche
Dosisreduktion bei vergleichbarer oder sogar verbesserter Bildqualität möglich sein
[4 ]
[5 ]. Weitere wesentliche technische Vorteile gegenüber herkömmlichen Energie-integrierenden
Detektoren (EID) sind die verbesserte räumliche Auflösung und die Fähigkeit, die Energie
einzelner Photonen zu registrieren und damit eine CT in „Multi-Energie“-Technik durchzuführen.
Diese technischen Vorteile ergeben sich direkt aus der neuen Detektortechnologie.
Ein PCD basiert auf einem Halbleitermaterial (meistens Cadmium Tellurid), welches
jedes einzeln eintreffende Röntgenphoton direkt in ein elektrisches Signal umwandelt,
wobei die Höhe des vom Röntgenphoton erzeugten Stromimpulses proportional zur Energie
desselben ist [6 ]. Daher spricht man bei PCD auch von direkt-konvertierenden Detektoren. Hierdurch
wird der für EID benötigte Umwandlungszwischenschritt umgangen, bei welchem Röntgenphotonen
zunächst in einem Szintillator in sichtbares Licht und anschließend in einer Photodiode
in ein elektrisches Signal konvertiert werden müssen [6 ]. Deshalb sind auch die sonst nötigen reflektierenden „Septen“ zwischen den einzelnen
Detektorzellen obsolet, da keine Lichtphotonen auf eine Detektorzelle gebündelt werden
müssen. Hierdurch wird eine höhere Auflösung am PCD-CT erreicht, da einerseits eine
höhere Zelldichte auf dem PCD möglich wird und andererseits der sonst auf die Septen
auftreffende und damit informationslose Energieanteil wegfällt [6 ]
[7 ]. Nebenbei ist somit auch eine flachere Bauart des Photon-Counting Detektors möglich.
Ein weiterer Vorteil des Photonenzählens ist der Wegfall des Elektronikrauschens,
da nun nur noch ganzzahlige Photonenzahlen ausgelesen werden. Die daraus resultierenden
spezifischen Vorteile sollen im Folgenden in den Unterabschnitten onkologische, kardiovaskuläre
und pädiatrische Radiologie beleuchtet werden.
Onkologische Bildgebung
Kopf- und Halsbereich
Die Herausforderung bei der CT der Kopf-/Halsregion besteht darin, ein optimales Gleichgewicht
zwischen der applizierten Strahlendosis (um die Strahlenbelastung der strahlenempfindlichen
Organe im Mittelgesicht zu minimieren) und der zu erzielenden detailreichen Bildqualität
zu erreichen [8 ]. Insbesondere feine Strukturen wie die Nasennebenhöhlen oder aber auch die Schädelbasis
profitieren von der höheren Bildauflösung des PCD-CT, da hierdurch sowohl traumatische
Komplikationen des Innen-/Mittelohrs als auch subtile Knocheninfiltrationen durch
Entzündungen oder Tumorerkrankungen besser visualisiert werden können (siehe [Abb. 1 ]) [8 ]. Diese hohe Bildauflösung ist auch entscheidend bei den u. U. schwer darstellbaren
Tumoren des Larynx und des (Naso-)Pharynx. Insbesondere die Beurteilung, ob eine Infiltration
des Kehlkopfknorpels, des Zungenbeins oder sogar der Schädelbasis vorliegt, ist hierbei
entscheidend und wird durch die höhere räumliche Auflösung des PCD-CTs erleichtert
[9 ]. Auch ermöglicht die Kombination der höheren Auflösung des PCD-CTs mit bereits validierten
Knochensubtraktionsalgorithmen die Beurteilung eines möglichen Befalls der Schädelbasis
[10 ]. Zudem kann ein potenzieller Bezug zu den zervikalen Gefäßen, welche beispielsweise
durch Hochkontrastartefakte in Form von Zahnimplantaten überlagert werden, auf ein
Minimum reduziert werden. Wie schon bei den Dual-Energy EID-CT, wird durch die Berechnung
von virtuell monoenergetischen (VMI) Bilddatensätzen wahlweise ein hoher Gewebekontrast
durch ein gesteigertes Iod-Signal (niedrige keV) oder die Strahlaufhärtungsartefaktreduktion
(hohe keV) ermöglicht [11 ]. Des Weiteren ermöglicht die PCD-CT im Vergleich zur EID-CT einen höheren Gewebekontrast
zwischen grauer und weißer Substanz, welcher in Kombination mit dem verminderten Bildrauschen
insbesondere bei der Diagnostik von akuten Schlaganfällen (1–3 Stunden) entscheidend
sein kann [12 ].
Abb. 1 76-jähriger Patient im präoperativen Status vor Implantation eines Cochlea-Implantats.
a Ultrahochauflösende Single-Source-Untersuchung des Felsenbeins (Siemens SOMATOM Definition
AS + 120 kV). b Ultrahochauflösende PCD-CT (Siemens Naeotom Alpha 120 kV) des Felsenbeins. Im Vergleich
fällt insbesondere das geringere Rauschen der PCD-CT-Bilder und auch die höhere Auflösung
der Trabekelstrukturen auf. Anstatt etwas verwaschener Spongiosaarchitektur, finden
sich sehr detailreiche Strukturkonturen z. B. im Mittelohr. Fensterbreite: 3514 HU,
Fenstermitte: 927 HU.
Thorax und Brust
Die spektralen Datensätze, welche durch die PCD-CT generiert werden, können durch
die Definierung verschiedener Energieschwellenwerte in unterschiedliche Energiebereiche
unterteilt werden. Durch diese Unterteilung können die auf den Detektor eintreffenden
Photonen, je nach Energielevel, in sogenannte „Bins“ einsortiert werden [13 ]. In der Thoraxdiagnostik ermöglicht diese Bündelung niederenergetischer Photonen
nach der Kontrastmittelgabe einen hohen Gewebekontrast, sowohl im Mammaparenchym [14 ] als auch im Lungenparenchym [15 ]. Hierdurch werden auch kleine Strukturen wie Lungennoduli mit der hochauflösenden
PCD-CT im Randbereich schärfer dargestellt und, bezogen auf deren Größe im Verlauf,
besser vergleichbar [16 ]
[17 ]. Das insgesamt niedrigere Rauschen sowie die höhere räumliche Auflösung des nativen
PCD-CT führen auch zu einer verbesserten Detaildarstellung der peripheren Lungenstrukturen,
wie z. B. von verdickten Bronchialwänden (siehe [Abb. 2 ]), milchglasartigen Veränderungen sowie dem „tree-in-bud“-Mosaikmuster, welche allesamt
entscheidend für Diagnostik interstitieller Lungenerkrankung sind [18 ]. Milos et al zeigen, dass sich unter Verwendung eines geeigneten Rekonstruktionskernels
(Bl64) bronchiale Aufzweigungen in den peripheren Lungenanteilen, die Lappenfissuren
und auch die Bronchialwände im hochauflösenden (UHR = ultra-high-resolution) PCD-CT
besser darstellen, ohne dass das Gefäßrauschen und die Detailschärfe pulmonaler Rundherde
beinträchtigt werden [19 ]. Zur weiteren Verbesserung der pulmonalen Bildqualität besteht die Möglichkeit,
virtuell monoenergetische (VMI) Bilddatensätze zu generieren. Hierdurch werden beispielsweise
Lungenemphyseme zwischen 60 und 70 keV am besten sichtbar gemacht [20 ]. Außerdem kann der Gefäßkontrast bei weniger als 60 keV in der kontrastverstärkten
Thorax PCD-CT deutlich erhöht werden, was jedoch den Nachteil eines höheren Rauschens
mit sich bringt [20 ]
[21 ]. Die Erzeugung von VMI-Bilddatensätzen verringert auch die Strahlaufhärtungs- und
Metallartefakte bei 90 keV erheblich [22 ] und erlaubt so eine bessere Beurteilung von Artefakt-nahen Tumormanifestationen
und Metastasen. Darüber hinaus ist eine Verringerung der Strahlendosis um 66 % im
Vergleich zur EID-CT möglich, ohne dass die Bildqualität und die diagnostische Sicherheit
beeinträchtigt werden, welche beispielsweise bei der Beurteilung von interstitiellen
Lungenerkrankungen (ILD) wichtig sind [23 ]
[24 ]. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, virtuell kontrastmittelfreie Bilder (VNC)
zu erstellen, die eine bessere Quantifizierung eines Lungenemphysems ermöglichen,
da die höhere Parenchymdichte in der kontrastverstärkten CT zu einer Unterschätzung
des Emphysems führen kann [25 ].
Abb. 2 65-jährige Patientin mit chronischer Bronchitis. a EID-CT (Siemens SOMATOM Definition AS+ 120 kV), b PCD-CT (Siemens Naeotom Alpha 120 kV). Insbesondere die Bronchialwände sind deutlich
schärfer dargestellt (langer Pfeil). Auch die Aufzweigung der peripheren Gefäße unmittelbar
an der Pleura (siehe Pfeilspitze) sind im PCD-CT detailreicher als in der EID-CT.
Fensterbreite: 1500 HU, Fenstermitte: –500 HU, 1 mm Schichtdicke.
Die Bildgebung der weiblichen Brust profitiert ebenfalls deutlich von der PCD-CT.
Aufgrund der höheren räumlichen Auflösung ist es möglich, Herdbefunde [14 ] und Gefäßstrukturen in guter Qualität abzubilden (siehe [Abb. 3 ]). Darüber hinaus könnten durch Nachbearbeitung der Bilddaten Jodkarten rekonstruiert
werden, welche Rückschlüsse auf die Kontrastmittelaufnahme innerhalb des Brustdrüsengewebes
ermöglichen. Auf diese Weise können Mammakarzinome besser erkannt, hinsichtlich ihrer
Ausdehnung beurteilt und charakterisiert werden, ähnlich wie dies bereits für das
Dual-Energy EID-CT berichtet wurde [14 ]
[26 ]
[27 ]. Schlussendlich ist im Vergleich zur Mammographie keine Kompression der Brust erforderlich
und dementsprechend ein deutlich höherer Patientenkomfort gegeben [28 ]. Auch wenn die Mammographie weiterhin als Standard-Diagnostik in der Mammabildgebung
anerkennt ist, bietet die PCD-CT dennoch vielversprechende neue Möglichkeiten (z. B.
in Staging-Untersuchungen), die in weiteren klinischen Studien evaluiert werden sollten.
Abb. 3 Erstdiagnose einer malignomsuspekten Raumforderung im oberen inneren und oberen äußeren
Quadranten der rechten Mamma (Pfeil a –c ). MIP eines MRT, das die verdächtige Raumforderung zeigt (a ). Entsprechende 5 mm MIP des PCD-CT (b ). Bemerkenswert sind die feinen Gefäßstrukturen, die sowohl im MRT- als auch im PCD-CT
des inneren oberen Quadranten der linken Brust sichtbar sind (Pfeilspitze).
Abdomen und Becken
Die abdominopelvine Bildgebung wird maßgeblich durch den oftmals konstitutionsbedingten
höheren Fettanteil in diesem Körpergebiet beeinflusst, da hierdurch eine erhöhte Strahlendosis
erforderlich wird. Mithilfe des PCD-Scanners wird einerseits die Bildqualität verbessert
und andererseits das Bildrauschen und die Photonen-Starvation-Artefakte, insbesondere
bei adipösen Patienten verringert. In mehreren Studien wurde berichtet, dass mit steigendem
BMI das Signal-zu-Rausch-Verhältnis verschiedener abdominaler Strukturen bei der PCD-CT
weniger stark abfällt und das Rauschen weniger stark ansteigt als bei der EID-CT (siehe
[Abb. 4 ]) [4 ]
[29 ]
[30 ]. Weiteres Verbesserungspotenzial bezüglich der Bildqualität besteht darin, die verschiedenen
iterativen Rekonstruktionsstufen (Quantum Iterative Reconstruction, QIR-), welche
in den Stufen 1 bis 4 wählbar sind und mit zunehmender Stufe eine zunehmende Rauschunterdrückung
erzielen, zur optimalen Detektion von Leberläsionen einzusetzen [31 ].
Abb. 4 69-jähriger Patient mit einem BMI von 43. a Single-Source-EID-CT mit geringem Kontrast und reduzierter Abgrenzbarkeit der Mesenterialvenen
(weiße Pfeile). b PCD-CT mit hohem Kontrast und verbesserte Abgrenzbarkeit der Mesenterialvenen. Zu
beachten ist das geringere Bildrauschen der PCD-CT-Bilder sowie der höhere vaskuläre
Kontrast. Fensterbreite: 342 HU, Fenstermitte: 56 HU.
Neben der absoluten Dosisreduktion pro Scan aufgrund höherer Dosiseffizienz bietet
die PCD-CT die theoretische Möglichkeit, die erforderliche Anzahl der Gesamtscans
pro Untersuchung durch simultane Applikation mehrerer Kontrastmittel zu reduzieren
[9 ]. Mehrere vielversprechende Studien haben gezeigt, dass die Trennung zweier elementar
unterschiedlicher Kontrastmittel, welche mit einer bestimmten Verzögerung oder auf
unterschiedliche Weise verabreicht wurden, in einem Scan möglich ist [32 ]
[33 ]
[34 ]. So wurde in einem ex-vivo-Phantom gezeigt, dass die gleichzeitige Anwendung von
rektalem und intravenösem Kontrastmittel eine Unterscheidung zwischen einfachen Polypen
und Darminhalt ermöglicht [35 ]. Darüber hinaus zeigt eine Studie im Tiermodell unter Verwendung von Gadolinium-
und jodhaltigem Kontrastmittel zur Unterscheidung von Leberarterien und -venen in
einem biphasischen Single-Scan mittels PCD-CT vielversprechende Ergebnisse und ebnet
den Weg, Leberläsionen anhand ihrer charakteristischen Kontrastaufnahme und -auswaschung
in jeder Phase richtig zu unterscheiden [33 ]
[36 ]. Eine weitere Technik zur Charakterisierung von Leberläsionen stellt die sogenannte
Volumen-Perfusions-CT (VP-CT) dar. Diese wird als Alternative zur Leber-MRT bereits
an EID-CT angewendet, da hierdurch der Arterialisierungsgrad der hepatozellulären
Karzinome (HCCs) und anderer Tumore quantifizierbar wird [37 ]. Die Volumenperfusion-CT der Leber in Verbindung mit der höheren Auflösung und der
geringeren Strahlenbelastung der PCD-CT lässt vielversprechende Ergebnisse erwarten
und kann eventuell zu Änderungen in den Leitlinien führen (siehe [Abb. 5 ]). Darüber hinaus wird die Beurteilung des Leberparenchyms durch die PCD-CT erleichtert,
da durch die spektralen Informationen VNC-Bilder erzeugt werden können, welche sehr
nahe an die echt kontrastmittelfreien (nativen) Datensätze kommen. Hierdurch kann
die Steatosis hepatis mit einer Sensitivität von 94 % aus VNC-Bildern am PCD-CT detektiert
werden [38 ].
Abb. 5 63-jähriger Mann, der an einem HCC leidet. a Volumen-Perfusions-PCD-CT, die eine hyperarterialisierte Leberläsion im Segment 8
zeigt (weiße Pfeile). b Dynamisches Perfusions-PCD-CT mit Darstellung der arteriellen und venösen Gefäße
in einer MIP unter Nutzung einer 3D-Angio-Nachbearbeitungssoftware. c , d Entsprechende MRT-Aufnahmen zeigen die Leberläsion weniger kontrastreich (C = T1
Vibe DIXON DCE arterielle Phase axial, d T2 Blade FS axial).
In Bezug auf die Nieren liefert einerseits die Energiediskriminierung zwischen den
gruppierten Photonenenergien Informationen über die elementare Zusammensetzung besonders
kleiner (< 3 mm) renaler Konkremente. Andererseits ermöglicht die PCD-CT im Vergleich
zur EID-CT auch eine bessere Detektion solch kleiner Konkremente [39 ].
Knochen und Knochenmark
Durch die PCD-CT wird die trabekuläre Knochenmikrostruktur deutlich besser dargestellt,
ebenfalls ein primärer Effekt der verbesserten räumlichen Auflösung. Einerseits profitieren
davon osteoporotische Patienten, da hierdurch die Knochenfestigkeit über die Knochenmineraldichte
bestimmt werden kann und auch Frakturen besser visualisiert werden können [40 ]. Andererseits profitieren onkologische Patienten hiervon, da ossäre Metastasen und
deren Verläufe deutlich detailgetreuer dargestellt werden können (siehe [Abb. 6 ]). Wie in anderen Körperregionen wird eine Rauschreduktion bei der Verwendung von
ultrahochauflösenden PCD-CT-Bilddatensätzen erzielt [40 ], wodurch sich knöcherne Strukturen detailreicher darstellen und somit eine bessere
Detektion von Metastasen und Frakturen ermöglicht wird [41 ]
[42 ]
[43 ]. Darüber hinaus geht die verbesserte Darstellung auch mit einer signifikanten Reduktion
der Strahlendosis bei PCD-CT-Untersuchungen der Extremitäten von bis zu 49 % in den
Handgelenkstrukturen einher [44 ]
[45 ]. Vielversprechende Ergebnisse konnten bereits bei der Visualisierung des Knorpels
bei Patienten mit Kniearthrose erzielt werden, die das Potenzial besitzen, die diagnostische
Aussagekraft der PCT-CT bei Gelenkerkrankungen zu verbessern [46 ]. Auch ermöglicht die PCD-CT eine Unterscheidung zwischen Kalziumpyrophosphat- und
Hydroxylapatitablagerungen im Gelenkknorpel. Dies könnte neue Erkenntnisse über die
Pathogenese rheumatischer Erkrankungen mit Kristallablagerungen liefern [47 ]. Darüber hinaus ermöglicht die multienergetische Nachbearbeitung die Quantifizierung
von Gichtablagerungen und die Erstellung von virtuellen Nicht-Kalzium-Bildern (VNCa)
zur Visualisierung von Knochenmarködemen [48 ]. Ähnlich wie bei den Dual-Energy EID-CTs soll die Detektion von subtilen Frakturen
sowie die Abschätzung des Frakturalters durch die Visualisierung der Knochenmarködeme
erleichtert werden [49 ].
Abb. 6 73-jähriger Patient mit laborchemisch stabilen Multiplen Myelom bei ausgeprägten
lytischen Veränderungen des gesamten Achsenskeletts. a DSCT Siemens Somatom Definition Flash. b PCD-CT Siemens Naeotom Alpha. Zu beachten ist das deutlich geringere Rauschen in
der PCD-CT sowie die deutlich bessere Randschärfe der lytischen Knochenstruktur in
LWK 3. Durch die PCD-CT war eine Dosisreduktion von 27 % möglich (CTDIvol 11,37 mGy
vs. 8,19 mGy). Fensterbreite: 1500 HU, Fenstermitte: 450 HU.
Kardiovaskuläre Bildgebung
Kardiovaskuläre Bildgebung
Die kardiovaskuläre Bildgebung profitiert von der PCD-CT aufgrund dreier wesentlicher
technischer Vorteile gegenüber der herkömmlichen EID-CT: erstens eine verbesserte
räumliche Auflösung, zweitens ein verbessertes Signal-zu-Rausch-Verhältnis und drittens
der Möglichkeit, die gesamten spektralen Informationen der Photonen zu registrieren.
Verbesserte räumliche Auflösung kardiovaskulärer Strukturen
Die Segmentierung und Charakterisierung von Koronarplaques sowie des -gefäßlumens
ist durch die räumliche Auflösung der derzeitigen konventionellen EID-CT begrenzt
[50 ]
[51 ]
[52 ]
[53 ]. Insbesondere die Quantifizierung von Koronarstenosen in verkalkten Plaques wird
durch Blooming-Artefakte der Koronarkalkablagerungen eingeschränkt, die in erster
Linie von der räumlichen Auflösung abhängen [54 ]. Deshalb kommt es in der klinischen Routine oftmals zu einer Überschätzung der Koronarstenosen
[52 ]. In Phantomstudien wurde bereits bestätigt, dass die verbesserte räumliche Auflösung
der PCD-CT gegenüber der EID-CT insbesondere nicht-kalzifizierte und lipidreiche Plaques
exakter darstellt [55 ]
[56 ]. In ähnlicher Weise verbessert die hochauflösende PCD-CT im Vergleich zu EID-Scannern
die Visualisierung des Gefäßlumens im Stent und damit die Beurteilung relevanter In-Stent-Stenosen
[57 ]
[58 ]
[59 ].
In diesem Zusammenhang ist die seit kurzem verfügbare „ultrahochauflösende“ CT-Koronarangiographie
an PCD-CTs hervorzuheben, da diese auch die Verringerung von Blooming-Artefakten in
verkalkten Plaques ermöglicht [60 ]. Eine erste Arbeit zeigte eine sehr gute Abbildbarkeit des Gefäßlumens und der koronaren
Plaques im UHR-Modus, insbesondere bei Rekonstruktionen mit harten Faltungskernen
[61 ]. Die [Abb. 7a–d ] zeigen eine CT-Koronarangiographie im UHR-Modus mit sehr guter Darstellung des Lumens
an einem PCD-Scanner. Hier ist zu betonen, dass eine UHR-Akquisition bei derselben
Zielschärfe (gleicher Faltungskern usw.) wie eine „normale“ Akquisition a priori keine
zusätzliche Dosis erfordert und dennoch die Vorteile einer Rauschreduktion ermöglicht.
Erst der kombinierte Einsatz aus sehr scharfem Kernel und Rauschminimierung geht mit
einer erhöhten Strahlendosis einher. Der Informationsgewinn rechtfertigt jedoch den
Einsatz einer höheren Strahlendosis, insbesondere bei Patienten mit einer höheren
Vortestwahrscheinlichkeit für eine stenosierende Koronarerkrankung.
Abb. 7 Ultra-high-resolution (UHR) PDC-CT (Siemens Naeotom Alpha 120 kV) eines 88-jährigen
Patienten zur Planung vor transarteriellem Aortenklappenersatz (TAVI). Neben der Darstellung
der Aortenklappe gelingt, trotz ausgeprägten Koronarverkalkungen bei einem Agatston-Score
von 1281, eine diagnostische Visualisierung der Koronararterien und somit der Ausschluss
einer obstruktiven Koronararterienerkrankung. a Dreidimensionale Darstellung mittels Cinematic-Rendering-Technik. b Gestreckte MPR des Ramus interventricularis anterior. c Native Koronarkalk-CT, axiale 2,0 mm Schichten und Rekonstruktion mittels Weichteil-Kernel
(Qr36). d UHR-CT mit Kontrastmittel, axiale 0,2 mm Schichten und Rekonstruktion mittels Gefäß-Kernel
(Bv56, Q4).
Theoretisch sollte auch die CT-basierte fraktionelle Flussreserve (CT-FFR) von der
höheren räumlichen Auflösung profitieren [62 ], da die Genauigkeit von der präzisen Segmentierung der Herzkranzgefäße abhängt.
Verbessertes Signal-zu-Rausch-Verhältnis kardiovaskulärer Strukturen
Das optimierte Signal-zu-Rausch (SNR)-Verhältnis führt zu zwei wesentlichen Vorteilen
bei der Beurteilung von Koronarstenosen: Zum einen kann das detektorbedingt verbesserte
SNR den härteren Faltungskernel kompensieren, der zur Reduzierung von Blooming-Artefakten
bei konstanter Strahlendosis eingesetzt wird [63 ]. Andererseits kann bei konstantem SNR die Strahlendosis reduziert werden, wovon
insbesondere Patienten bei Verlaufskontrollen (z. B. Marfan-Syndrom) profitieren [64 ]. [Abb. 8 ] zeigt exemplarisch eine CT-Koronarangiographie an einer PCD-CT unter Verwendung
einer High-Pitch-Spiraltechnik mit niedriger Strahlendosis bei einer jungen Patientin.
Das detektorbasierte erhöhte SNR kann bei niereninsuffizienten Patienten zur Reduktion
der Kontrastmitteldosis eingesetzt werden. So konnte eine Studie an 100 Patienten
mit Indikation zur follow-up PCD-CT-Aortographie eine Kontrastmittelreduktion von
25 % im Vergleich zur EID-CT bei gleichbleibender Bildqualität aufzeigen [65 ].
Abb. 8 Herz PCD-CT (Siemens Naeotom Alpha 120 kV) bei einer 41-jährigen Patientin mit atypischem
thorakalen Beschwerdebild zum Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung (KHK). Aufgrund
geringer Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer obstruktiven KHK und des
jungen Patientenalters wurde eine Dosis-sparende High-Pitch-Spiraluntersuchung mit
90 kV durchgeführt (CTDIvol: 2,7 mGy; DLP: 52 mGy*cm). a Dreidimensionale Darstellung des Herzens mittels Cinematic-Rendering-Technik. b Axiale 0,6 mm Schichten nach Kontrastmittelgabe und Rekonstruktion mittels Gefäß-Kernel
(Bv40, Q3). c Gestreckte MPR der rechten Koronararterie ohne Nachweis von Stenosen.
Kardiovaskuläre Nachbearbeitungsapplikationen
Die Eigenschaft der PCD-CT, die Energie einzelner Photonen zu registrieren und als
separates Signal zu verarbeiten, birgt grundsätzlich das technische Potenzial einer
universellen Multi-Energie-Erfassung für alle Scans [66 ]. Im Gegensatz zu den Zweischichtdetektoren eines Herstellers aktueller EID-Scanner,
die nur zwei verschiedene effektive Photonenenergien registrieren können, könnten
hier jedoch im Prinzip mehrere Photonenenergien registriert werden [66 ]. Hierdurch wird eine Materialdifferenzierung möglich, wodurch VNCa-Datensätze erzeugt
werden können und folglich auf einen vorausgehenden nativen Scan zur Quantifizierung
der koronaren Kalklast verzichtet werden kann [67 ]. Außerdem ermöglicht die PCD-CT die Berechnung virtuell monoenergetischer Bilder
und die daraus resultierenden Vorteile. Zum einen hat sich gezeigt, dass eine stärkere
Gewichtung der hochenergetischen Bins hilfreich ist, um Hochkontrastartefakte zu reduzieren,
die beispielsweise von Herzklappen, Herzschrittmachern oder linksventrikulären Unterstützungsgeräte
stammen [68 ]. Dies könnte in Zukunft die Herzklappendiagnostik durch PCD-CTs verbessern. Andererseits
kann eine höhere Gewichtung der niederenergetischen Bins den Jodkontrast erhöhen und
ist daher für die CT-Angiographie, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter
Nierenfunktion, von Bedeutung.
Darüber hinaus können die spektralen Bilddatensätze auch zur Erstellung von Iod-Karten
im Lungenparenchym genutzt werden, um Perfusionsdefizite darzustellen und so Rückschlüsse
auf Lungenarterienembolien zu ermöglichen [69 ]. Bisher ist dies nur auf den Dual-Source EID-CT erprobt worden, sollte in Anbetracht
des besseren intraluminalen Kontrasts am PCD-CT allerdings dazu beitragen, auch kleine
subsegmentale Embolien besser darzustellen.
Ein weiteres Einsatzgebiet der Multi-Energy-Technik ist die Detektion eines myokardialen
Late Enhancements im CT zur Diagnose von Myokardinfarkten. Hier konnten klinische
Studien an EID-CTs bereits belegen, dass die multienergetische Bildgebung die Detektion
eines Late Enhancements verbesserte [70 ]. Dies konnte sogar für Late Enhancements nicht ischämischer Ursache an EID gezeigt
werden [71 ]. Mittels Late Enhancement-Scans konnte an PCD-CTs in einer Studie technisch bereits
das myokardiale extrazelluläre Volumen (ECV) ohne zusätzliche native Phase berechnet
werden. Dies wurde hier allerdings noch nicht mit dem des MRTs verglichen, sodass
bislang nur erste Ergebnisse vorliegen und das CT Late Enhancement noch nicht als
etablierte Methode angesehen werden kann [72 ].
In Übereinstimmung mit den abdominalen Anwendungen zeigte die zeitlich gestaffelte
Applikation von Jod und Gadolinium und deren Differenzierung in Phantomstudien vielversprechende
Ergebnisse für den Nachweis von Endoleaks [73 ]. Auf diese Weise könnte in Zukunft auch die getrennte Detektion von Jod und Gadolinium
genutzt werden, um gleichzeitig eine CT-Koronarangiographie durchzuführen und Myokardinfarkte
in einem Scan zu erkennen.
Pädiatrische Bildgebung
Bei der Anwendung ionisierender Strahlung bei Kindern sind Überlegungen zur Strahlenexposition
aufgrund der erhöhten Strahlenempfindlichkeit von Kindern besonders bedeutsam, da
das Risiko für die Entwicklung einer bösartigen Erkrankung nach Strahlenexposition
im Kindesalter als erhöht eingeschätzt wird [74 ]
[75 ]. Dabei spielt vor allem die Computertomographie eine entscheidende Rolle, da sie
den Großteil der Strahlenbelastung in der Medizin ausmacht. Gleichzeitig ist die CT
bei korrekter Indikationsstellung für die Therapieplanung und Entscheidungsfindung
bei vielen pädiatrischen Erkrankungen von relevanter Bedeutung [76 ].
Größter Vorteil der PCD-CT in der pädiatrischen Radiologie ist deshalb die Reduktion
der Strahlenbelastung [77 ]. Durch die sogenannten „low dose“ PCD-CT wird einerseits die Strahlendosis stark
reduziert, andererseits allerdings die Detailtreue relevanter anatomischer Strukturen
beibehalten und hinzukommend das Bildrauschen deutlich reduziert [78 ]. Der Effekt der Dosisreduktion kommt insbesondere bei repetitiven Untersuchungen
zum Tragen (siehe [Abb. 9 ]).
Abb. 9 16-jähriger Junge mit Infiltraten nach Stammzelltransplantation bei AML. a , b Dual Source CT der dritten Generation (Somatom Force, Siemens Healthineers) – Niedrigdosisprotokoll
mit spektraler Filterung. c PCD-CT (Siemens Naeotom Alpha 120 kV) – Niedrigdosisprotokoll mit Spektralfilterung.
Vergleichbare Dosiswerte und Bildqualität für alle Untersuchungen mit einem CTDI/DLP
von 0,31 mGy/10,1 mGy*cm (a ), 0,32 mGy/9,8 mGy*cm (b ), und 0,38 mGy/12,4 mGy*cm (c ). a Befund vor Therapie, b Infiltrate im rechten Oberlappen, c rückläufige Infiltrate unter antibiotischer und antiviraler Therapie. Aufgrund der
Atemproblematik ergaben sich bei den Untersuchungen unterschiedliche Atemlagen.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Gewinnung spektraler Informationen durch PCD. Die
vollständige spektrale Auswertung der Detektordaten erfordert eine Röhrenspannung
von 120 kV oder 140 kV, die bei pädiatrischen Patienten aufgrund der verbundenen höheren
Strahlendosis nur selten eingesetzt wird. Deshalb wird bei pädiatrischen CTs die Röhrenspannung
oftmals auf 70 bis 90 kV reduziert mit der Folge einer reduzierten Bildqualität auf
Grund höheren Rauschens. Durch die spektralen Daten der PCD-CT sind allerdings monoenergetische
Rekonstruktionen möglich. Hierdurch kann beispielsweise der Kontrast erhöht und somit
die Kontrastmittelmenge reduziert werden (siehe [Abb. 10 ]).
Abb. 10 17 Monate altes Mädchen mit der Frage nach einem pulmonalen Sequester bei bekannter
CPAM (congenital pulmonary airway malformation). a , b Vergleich des Kontrasts zwischen der Standardrekonstruktion bei 90 kV (a ) und der monoenergetischen Rekonstruktion bei 60 kV (b ). Die monoenergetischen Bilder zeigen eine Erhöhung des HU-Wertes des Kontrastmittels,
was zu einer besseren Erkennbarkeit der Gefäßstrukturen beiträgt.
Limitationen/Ausblick
Das Konzept der PCD-CT lässt auf zahlreiche Fortschritte in der onkologischen, kardiovaskulären
und pädiatrischen Bildgebung hoffen. Jedoch wurden die CT-Hersteller vor ein breites
Spektrum technischer Herausforderungen gestellt, um eine exzellente klinische Anwendbarkeit
im Vergleich zu EID-CTs und darüber hinaus zu erzielen. Neben der verbesserten Bildqualität
und der Möglichkeit der Strahlendosisreduktion wird der zukünftige klinische Fokus
mutmaßlich auf den spektralen Bildinformationen liegen. So ist es möglich, durch die
unterschiedlichen Röntgenabschwächungseigenschaften verschiedener Gewebetypen bzw.
neuartiger Kontrastmittel eine Dichtequantifizierung durchzuführen, welche als Referenz
für sekundäre diagnostische und therapeutische Anwendungen dienen könnte [79 ]. Allerdings sind bis zur vollständigen Nutzbarkeit des gesamten klinischen Spektrums
noch einige Schritte zu unternehmen:
Zum einen in der onkologischen Bildgebung, in welcher aktuell noch nicht alle Nachbearbeitungsapplikationen,
wie die Trennung verschiedenartiger Kontrastmittelarten oder die Knochenmarksbildgebung
in kontrastierten Bilddatensätzen, einsatzbereit sind.
Des Weiteren ist zwar aktuell eine räumliche Auflösung von 0,2 mm und eine zeitliche
Auflösung von 66 ms in der kardialen Bildgebung möglich, was der aktuell höchsten
zeitlichen Auflösung entspricht [80 ], allerdings ist zurzeit die spektrale Information im UHR-Modus noch nicht verfügbar.
In der pädiatrischen Bildgebung erhofft man sich mit Hilfe der spektralen Auftrennung
verschiedener Photonen-Energiegruppen möglicherweise Mehrphasenbilder mit einer einzigen
Aufnahmetechnik zu erhalten [81 ]. Hierzu werden im Moment neben den dafür nötigen Kontrastmitteln erst noch die entsprechenden
Nachbearbeitungsapplikationen benötigt.
Generell ergeben sich durch die erhöhte räumliche Auflösung und permanente spektrale
Bildgebung neue praktische Herausforderungen primär aufgrund deutlich größerer Bilddatensätze,
was sehr hohe Anforderungen an die Speicherkapazität der PACS-Systeme und die Performance
von Nachverarbeitungsapplikationen stellt [66 ].