Key words
bones - MR-imaging - inflammation - radiography
Einleitung
Die Chronische Nicht Bakterielle Osteomyelitis (CNO) bezeichnet eine aseptische Knochenentzündung,
die bevorzugt bei Kindern und Jugendlichen auftritt und durch autoinflammatorische
Mechanismen ausgelöst wird [1]. Die Beschwerden sind häufig unspezifisch und die Latenz zwischen Beschwerdebeginn
und Diagnosestellung wird in größeren Studien mit bis zu 12 Monaten und länger angegeben
[2]
[3]
[4]. Die Radiologie ist eine der ersten Anlaufstellen, wenn es um die Abklärung unklarer
muskuloskelettaler Beschwerden geht. In der Diagnostik der CNO fällt der Bildgebung
eine Schlüsselrolle zu, da bei charakteristischen Befunden frühzeitig an das Vorliegen
einer CNO gedacht werden sollte und damit eine wichtige Weichenstellung für die weitere
Diagnostik und Therapie der Patientinnen und Patienten erfolgen kann. Da die betroffenen
Kinder und Jugendlichen primär häufig in ambulanten und nicht kinderradiologisch spezialisierten
Bereichen gesehen werden, sind Kenntnisse über diese Erkrankung für jede Radiologin/jeden
Radiologen von großer Bedeutung. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die CNO weitaus
häufiger vorkommt als ursprünglich angenommen, teilweise werden Häufigkeiten beschrieben,
die im Bereich der infektiösen hämatogenen Osteomyelitis liegen [5]. Dies ist nicht zuletzt auch ein Verdienst der Radiologie, da durch den zunehmenden
Einsatz der Ganzkörper-MRT spezifische Verteilungsmuster der CNO aufgezeigt werden
können, die eine eindeutige und frühzeitige Diagnose zulassen [6]
[7].
In der folgenden Übersichtsarbeit werden die bildmorphologischen Merkmale der CNO
näher erläutert und die aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik dargelegt. Dabei
werden auch ungewöhnliche Verläufe und wichtige Differenzialdiagnosen gezeigt, sowie
der Stellenwert der histologischen Diagnosesicherung diskutiert. Das Ziel ist es,
dem Leser/der Leserin zu verdeutlichen, dass diese Erkrankung in der differenzialdiagnostischen
Abklärung unklarer Knochenveränderungen bei Kindern und Jugendlichen regelhaft mit
in Betracht gezogen werden muss, um unnötige Therapieverzögerungen oder invasive diagnostische
Eingriffe und sich daraus ableitende Komplikationen zu vermeiden.
Grundlagen
Definition
Die CNO ist keine neue Erkrankung, es gibt sie wahrscheinlich schon genauso lange
wie es infektiöse Knochenerkrankungen gibt. Zumindest lassen radiologische, klinische
und auch histopathologische Beschreibungen der Plasmazellenosteomyelitis oder der
chronisch sklerosierenden Osteomyelitis Garré an Verlaufsformen einer nicht bakteriellen
Osteomyelitis denken [8]. Auch der Begriff der diffusen sklerosierenden Osteomyelitis der Mandibula bezeichnet
eine nicht bakterielle Osteomyelitis in einer charakteristischen Lokalisation der
CNO. Große klinisch-radiologische Überschneidungen gibt es mit der infantilen kortikalen
Hyperostose, der sogenannten Caffey-Silverman-Erkrankung [9]
[10].
Die Erstbeschreibung einer CNO wird dem schweizer Pädiater und Radiologen Andres Giedion
zugeschrieben, der 1972 über eine subakute chronische symmetrische Osteomyelitis bei
vier Kindern berichtete [11]. Der bei Diagnosestellung meist bereits chronische Verlauf, die Multifokalität und
die Rezidivneigung der Erkrankung führten 1978 zur Krankheitsbezeichnung der Chronisch
Rekurrierenden Multifokalen Osteomyeltis (CRMO) durch Probst, eine Bezeichnung, die
auch heute noch gängig verwendet wird [12].
Da die Erkrankung auch unifokal und einseitig auftreten kann, wurde der Begriff der
CRMO in den letzten Jahren durch die allgemeinere Bezeichnung CNO abgelöst [13]. Ebenfalls Verwendung findet aktuell der Begriff NBO (Nicht Bakterielle Osteitis)
[14]. Aufgrund der sehr variablen klinischen und bildmorphologischen Befunde ist die
Diagnose einer CNO hinsichtlich der Abgrenzung zu anderen entzündlichen und tumorösen
Skeletterkrankungen eine Ausschlussdiagnose.
Ätiologie und Pathogenese
Die CNO ist eine sterile Knochenentzündung, die durch autoinflammatorische Mechanismen
ausgelöst wird. Pathophysiologisch geht man von einer Imbalance zwischen pro- und
anti-inflammatorischen Zytokinen aus. Die erhöhten Spiegel an pro-inflammatorischen
Zytokinen wie IL1, IL6 und TNF α führen zu einer Osteoklastenaktivierung und einer
dadurch induzierten Knochenresorption [15]
[16]. Ähnliche Knochenveränderungen werden auch bei seltenen monogenetischen autoinflammatorischen
Erkrankungen wie dem Majeed-Syndrom oder einem angeborenen IL1-Rezeptor Antagonisten
Defizit (DIRA) gefunden [17]
[18]. Dies und die Beobachtung, dass bei vielen Patientinnen und Patienten chronisch
entzündliche Erkrankungen verschiedener Organsysteme in bis zu 50 % bei Verwandten
ersten oder zweiten Grades vorliegen, legt eine genetische Ursache der CNO nahe [13].
Epidemiologie und Klinik
Die CNO ist eine vorwiegende Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Das mittlere Erkrankungsalter
wird mit 10 Jahren angegeben und Mädchen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie
Jungen [2]
[19]. Die für Deutschland 2011 erhobene Inzidenz von 0,4 pro 100000 Kinder pro Jahr ist
aktuell sicherlich deutlich höher [20]. Dies liegt unter anderem auch an den Fortschritten der bildgebenden Diagnostik
und dem zunehmenden Einsatz der Ganzkörper-MRT.
Klinisch präsentieren sich die Patientinnen und Patienten meist mit Knochen- oder
Gelenkschmerzen, die häufig auch nachts auftreten. Der Allgemeinzustand ist in der
Regel gut, Fieber oder B-Symptome sind selten [21].
Auch die Laborveränderungen sind unspezifisch. Leichte Entzündungszeichen wie eine
erhöhte BSG, leichte Leukozytose oder geringe CRP-Erhöhung können als einzige Veränderung
vorliegen, korrelieren jedoch nicht mit der Krankheitsaktivität und dem Krankheitsausmaß.
In bis zu 20 % der Fälle werden assoziierte chronisch-entzündliche Erkrankungen des
Darms, der Haut oder Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis beobachtet [2]
[4].
In seltenen Fällen kann die CNO auch im Erwachsenenalter auftreten. Verglichen mit
Jugendlichen und Kindern werden bei Erwachsenen häufiger mukokutane Begleiterkrankungen
beschrieben [2]. Auch das SAPHO-Syndrom (Synovitis, Akne, Pustulosis, Hyperostosis, Osteitis) gehört
im weitesten Sinne in diese Erkrankungsgruppe und wird von einigen Autoren auch als
adulte Form der CNO angesehen [22].
Therapie und Verlauf
Die Therapie der CNO beruht im Wesentlichen auf einer anti-inflammatorischen Medikation,
um die Entzündungsreaktion zu hemmen, die klinischen Beschwerden der Patienten zu
lindern und Komplikationen vorzubeugen. Mittel der ersten Wahl stellen nicht steroidale
Antiphlogistika dar, wobei Naproxen die am häufigsten verschriebene Substanz bei Kindern
ist, die in über 50 % der Fälle zu einer klinischen und auch bildmorphologischen Verbesserung
führt [23]
[24]. In schweren Fällen können zusätzlich Glucocorticoide kurzzeitig eingesetzt werden.
Bei Persistieren der klinischen Beschwerden oder Befundverschlechterung werden verschiedene
second-line-Therapeutika wie Sulfasalazin, Methotrexat, TNF α Blocker oder Bisphosphonate
eingesetzt [4]
[21]. Letzteren wird vor allem eine hohe therapeutische Wirksamkeit bei der Behandlung
von Wirbelkörperläsionen zugeschrieben [25].
Bildgebende Diagnostik
Bei chronischen oder rezidivierenden Knochenschmerzen wird nach sorgfältiger Anamnese
und einer laborchemischen Basisdiagnostik im nächsten Schritt häufig eine lokalisierte/auf
den Beschwerdefokus zentrierte Bildgebung durchgeführt. Die bildgebende Diagnose einer
CNO basiert auf der Kombination typischer Knochenveränderungen in charakteristischen
Lokalisationen, die an mehreren Stellen des Skelettsystems gefunden werden können.
Viele dieser zusätzlich zur Hauptläsion gefundenen Herde sind klinisch asymptomatisch,
sodass eine Ganzkörper-Diagnostik aufgrund der unifokalen klinischen Beschwerden zunächst
häufig nicht in Betracht gezogen wird und es dadurch zu Diagnose- und Therapieverzögerungen
kommt [3]
[19]. Für den diagnostischen Ablauf entscheidend ist also zum einen bei charakteristischen
Lokalveränderungen an die mögliche Diagnose einer CNO zu denken und im nächsten Schritt
eine Ganzkörper-MRT einzuleiten, um die Diagnose bildgebend zu sichern ([Abb. 1]).
Abb. 1 a–h 10 Jahre altes Mädchen mit Rückenschmerzen seit mehreren Wochen. Akute Vorstellung
wegen neu aufgetretenen Schmerzen beim Atmen nach dem Sport. Anamnestisch Schmerzen
in beiden Sprunggelenken seit Monaten. MRT der Wirbelsäule mit frischer Wirbelkörperfraktur
BWK 7 (a). Aufgrund der Anamnese und der WK-Fraktur Anfertigung einer GK-MRT mit weiteren
Herden im linken proximalen Femur in Angrenzung an die Trochanterapophyse (→ b), im rechten Os pubis in Angrenzung an die Symphyse (→ c), in beiden distalen Fibulametaphysen (→ d, e) und in der rechten medialen Klavikula (→ f). Aufgrund des radiologischen Verteilungsmusters Diagnose einer CNO und Beginn einer
antiphlogistischen Therapie. Das Kontroll-MRT 4 Monate später zeigt eine komplette
Rückbildung des Knochenmarködems in Wirbelkörper (g) und Femur (h), Patientin inzwischen beschwerdefrei.
Technik der Ganzkörper-MRT [26]
Die Ganzkörper-MRT stellt einen wesentlichen diagnostischen Baustein bei der Diagnosestellung
einer CNO dar [27]. Zur Erfassung der knöchernen Läsionen sind vor allem koronare STIR-Sequenzen erforderlich.
Aufgrund der prognostischen Bedeutung von Wirbelkörperläsionen sollte das Untersuchungsprotokoll
in jedem Fall auch eine STIR-Sequenz der gesamten Wirbelsäule in sagittaler Schichtführung
beinhalten [28]
[29]. Zusätzliche T1-gewichtete Sequenzen können bei der Beurteilung von Knochenmarkveränderungen
hilfreich sein, etwa wenn es um die Differenzierung zwischen hämatopoetischem Knochenmark
und einer echten CNO-Läsion geht [30]. Allerdings wird dadurch die Untersuchungszeit deutlich verlängert. Eine Kontrastmittelgabe
ist in der Regel nicht erforderlich [31]. Zum Stellenwert der Diffusionsbildgebung bei CNO gibt es bisher keine aussagekräftigen
Daten, die eine Überlegenheit oder einen diagnostischen Zugewinn der Diffusionsbildgebung
bei dieser Fragestellung bestätigen können [32].
Kritisch ist die Darstellung und Beurteilbarkeit der kleinen knöchernen Strukturen
von Händen und Füßen. Die Hände können alternativ zur Lagerung neben dem Körper auch
auf dem Bauch oder unter dem Gesäß gelagert werden [32]. Wesentlich häufiger als im Handskelett finden sich CNO-Läsionen in den Fußknochen,
vor allem in Calcaneus und Talus [33]. Hier ist eine Abgrenzung zu den physiologisch im jugendlichen Fußskelett auftretenden
Knochenmarkveränderungen häufig schwierig [34].
Charakteristische Lokalisationen der CNO-Herde
Für die differenzialdiagnostische Einordnung von benignen und malignen Knochenveränderungen
im Kindesalter spielt die Lokalisation der Veränderung im Skelettsystem eine wichtige
Rolle. Die meisten entzündlichen und tumorösen Erkrankungen sind in der stoffwechselaktivsten
Zone des Knochens, der Metaphyse, lokalisiert. Hier findet das primäre Knochenwachstum
statt und dieser Bereich des Knochens ist durch ein reiches arterielles und venöses
Gefäßnetz gekennzeichnet. Auch die sogenannten metaphysen-äquivalenten Lokalisationen
gehören zu den stoffwechselaktiven Arealen des Knochens, in denen gehäuft Entzündungen
auftreten. Zu den metaphysen-äquivalenten Regionen werden Areale gezählt, die in Nachbarschaft
zu Knorpelgewebe wie Apophysenfugen oder Synchondrosen liegen [35]. Auch die CNO-Herde treten bevorzugt in Metaphysen und metaphysen-äquivalenten Regionen
auf. Damit entspricht das Verteilungsmuster dem der bakteriellen Osteomyelitis, die
dadurch in vielen Fällen zur Hauptdifferenzialdiagnose wird.
Betrachtet man das Verteilungsmuster von CNO-Herden noch etwas genauer, ergibt sich
folgendes Bild [6]
[7]
[28]:
Die häufigsten Lokalisationen sind:
-
Metaphysen und metaphysen-äquivalente Regionen langer Röhrenknochen mit Bevorzugung
der unteren Extremitäten,
-
metaphysen-äquivalente Regionen des Beckenskeletts (in Angrenzung an ISG-Fuge, Y-Fuge,
Symphyse),
-
Wirbelsäule mit Bevorzugung der BWS.
Weitere typische Lokalisationen mit je nach Studie unterschiedlicher Häufigkeit sind
-
mediale Clavikula,
-
Mandibula,
-
Sternum, Rippen,
-
Fuß- und Handskelett.
Die unterschiedlichen Häufigkeiten einzelner Lokalisationen sind eventuell auch Ausdruck
unterschiedlicher Verlaufsformen der Erkrankung. Es gibt hierzu Unterscheidungen zwischen
bilateral-symmetrischen Befallsmustern, Erkrankungen mit multiplen, vorwiegend peripher
lokalisierten Herden und solche mit wenigen Herden und Beteiligung von Clavikula-
und/oder Wirbelsäule [36]. Für die Routinediagnostik spielen diese Unterscheidungen unserer Erfahrung nach
jedoch keine wesentliche Rolle.
CNO-Herde in Röntgenbild und MRT
Die Röntgenuntersuchung einer klinisch auffälligen Region ist in vielen Fällen der
erste diagnostische Schritt. Sie dient der ersten Orientierung über eine mögliche
zugrundeliegende Erkrankung. Benigne und maligne Tumore können anhand der Röntgenmorphologie
(Wachstums-/Destruktionsmuster, Periostreaktion) und der Lokalisation in vielen Fällen
bereits relativ zuverlässig eingeordnet werden. Je nach Körperregion und Beschwerdedauer
besitzt die Röntgendiagnostik unterschiedliche Sensitivitäten in der Detektion von
knöchernen Veränderungen. Wir beobachten immer wieder Fälle, bei denen initial eine
MRT durchgeführt wird und keine Röntgenuntersuchung vorliegt. Bei einem unauffälligen
MRT-Befund kann eine knöcherne Pathologie mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen
werden, im Falle eines auffälligen Befundes hat die ergänzende Röntgenaufnahme jedoch
weiterhin einen hohen Stellenwert in der differenzialdiagnostischen Beurteilung.
CNO im peripheren Skelett
Im Rahmen der inflammatorisch induzierten Osteoklastenaktivierung kommt es zu fugennahen
osteolytischen Veränderungen, die länglich oder säulenartig angeordnet sind. Zum Diagnosezeitpunkt
werden die Osteolysen meist bereits von einem sklerotischen Randsaum umgeben ([Abb. 2]). Die fugennahe Knochenresorption führt zum Bild der „Pseudoerweiterung“ der Epiphysenfuge
[7] ([Abb. 3]). Im chronischen Stadium überwiegen die sklerotischen und hyperostotischen Veränderungen,
der Knochen wird zunehmend aufgetrieben und die Veränderungen dehnen sich in die Diaphyse
aus [37] ([Abb. 4]).
Abb. 2 Typischer Röntgenbefund bei CNO der distalen Tibiametaphyse. Länglich-oval angeordnete
Osteolysen mit randständiger Sklerose.
Abb. 3 Pseudoerweiterung der Epiphysenfuge der proximalen Tibia bei CNO-Befall. Deutlich
vermehrte Sklerosierung der Metaphyse in Angrenzung an den Defekt (→).
Abb. 4 a, b Bioptisch gesicherte CNO bei einem Patienten mit chronischen Beinschmerzen seit Wochen.
Auftreibung der distalen Femurdiaphyse mit periostaler Knochenneubildung, Sklerosierung
und Osteolysen. Einfache lamelläre Periostreaktion in Höhe der Läsion (→).
Je nach Krankheitsaktivität und Ausdehnung sind auch Periost- und Weichteilreaktionen
möglich. Dies tritt vor allem beim Befall von Knochen mit geringem Durchmesser auf
[38] ([Abb. 5]). Bezüglich der Diagnosestellung kann man festhalten, dass die Indikation zur Biopsie
vom Ausmaß der knöchernen Veränderungen abhängig ist. Je ausgeprägter die knöchernen
Veränderungen sind, desto eher wird man eine Biopsie durchführen.
Abb. 5 a–c CNO der 7. Rippe links. Bereits im Röntgenbild erkennbare Auftreibung des Knochens
(→a). Ausgeprägte Weichteilreaktion um die aufgetriebene Rippe (*) in den angrenzenden
Zwischenrippenräumen (→b). Im Ganzkörper-MRT weitere Läsion in der distalen Radiusmetaphyse mit großer Osteolyse
und periostaler Knochenneubildung im Röntgenbild (c). Zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung einer LCH erfolgte die Biopsie mit Diagnose
einer CNO.
Die MRT ist vor allem zur Detektion klinisch oder radiologisch inapparenter Läsionen
hilfreich. Man findet in den typischen fugennahen Lokalisationen Knochenmarködem-äquivalente
Veränderungen, die bei fortgeschritteneren Krankheitsverläufen auch in osteolytische
Läsionen übergehen. Neben den typischen Lokalisationen in den Metaphysen rund um das
Knie- oder Sprunggelenk sind Läsionen um Apophysen und Synchondrosen ein sehr spezifischer
Hinweis auf das Vorliegen einer CNO ([Abb. 1b]). Bei Herdbefunden in der Metaphyse kann das Knochenmarködem auch auf die Epiphyse
übergreifen [6]
[36] ([Abb. 6]). Rein epiphysäre Läsionen sind selten und nicht typisch für die CNO [32].
Abb. 6 CNO-Herd in der distalen Fibulametaphyse. Das den Herd umgebende Knochenmarködem
dehnt sich bis in die Fibulaepiphyse aus.
CNO im Beckenskelett
Das Beckenskelett ist neben der unteren Extremität und der Wirbelsäule die am häufigsten
betroffene Region bei einer CNO [28]
[29]
[33]. Die Röntgendiagnostik spielt bei Beckenläsionen eher eine untergeordnete Rolle,
da die meisten Beckenläsionen klinisch häufig wenig symptomatisch sind und erst im
Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik mittels Ganzkörper-MRT diagnostiziert werden [7]. Die typische Konstellation MRT-positiver Beckenbefunde in charakteristischer Lokalisation
bei fehlender Klinik ist somit vor allem für die Bestätigung der Verdachtsdiagnose
CNO entscheidend. Zu den typischen Lokalisationen zählen die metaphysen-äquivalenten
Regionen um Knorpelstrukturen wie ISG-Fuge, Y-Fuge oder Symphyse [7] ([Abb. 7]).
Abb. 7 a–c Typische Beckenherde bei CNO. Die Herde finden sich in den metaphysen-äquivalenten
Regionen um Knorpelstrukturen. Gezeigt werden typische Lokalisationen um die Y-Fuge
(→ a), in Angrenzung an die Symphyse (→ b) und in Angrenzung an die ISG-Fuge (→ c).
CNO der Wirbelsäule
Entzündliche Veränderungen an den Wirbelkörpern werden bei der CNO ebenfalls häufig
beobachtet. In der Literatur wird von einer Mitbeteiligung in bis zu 30 % der Fälle
berichtet, am häufigsten betroffen ist die BWS gefolgt von der LWS [7]
[33]
[36]. Nicht selten ist die Wirbelsäule die primär symptomatische Region und es kann bei
der initialen Diagnostik bereits eine pathologische Wirbelkörperfraktur vorliegen
[39]. Wirbelkörperfrakturen stellen neben Wachstumsstörungen und Achsfehlstellungen an
den Röhrenknochen die Hauptkomplikation der CNO dar. Daher ist die frühzeitige Diagnose
eines Wirbelkörperbefalls im Rahmen der Erstdiagnostik wichtig, um einer Fraktur durch
frühzeitige Therapie vorzubeugen [7]
[33]
[40]. In der MRT sind Frühzeichen grund- und deckplattennahe Ödem-äquivalente Veränderungen
im Wirbelkörper, in fortgeschrittenen Stadien kann das Ödem auch in den Wirbelbogen
reichen ([Abb. 8]). Aus der Bedeutung der Wirbelkörperveränderungen für Diagnose und Therapie leitet
sich auch die Notwendigkeit ab, die gesamte Wirbelsäule in der Ganzkörper-MRT in sagittaler
Schichtführung darzustellen [7].
Abb. 8 Mehrere Herde der BWS bei einem Patienten mit CNO. Typische bandförmige, grund- und
deckplattennahe Knochenmarködemzonen im GK-MRT.
CNO der Clavikula
Das mediale Clavikulaende ist ebenfalls eine klassische Lokalisation der CNO und nicht
selten die Erstmanifestation der Erkrankung. Die Patienten stellen sich meist mit
einer mehr oder weniger schmerzhaften, in der Regel einseitigen Schwellung über der
medialen Clavikula vor. Im Röntgenbild sieht man eine Auftreibung des Knochens mit
Sklerosierungen und umschriebenen Osteolysen. Besser sieht man die knöchernen Veränderungen
im CT, auch eine Periostreaktion ist im fortgeschrittenen Stadium möglich [33] ([Abb. 9]). Die MRT zeigt neben der Formveränderung des Knochens ein vermehrtes Knochenmarködem
und eine ödematöse Weichteil-Reaktion [7].
Abb. 9 a–c Linksseitiger Klavikulabefall bei CNO. Die Röntgenaufnahme zeigt eine Auftreibung
der linken medialen Klavikula (→ a). Die CT der Klavikula zeigt das typische Mischbild aus sklerotischen und osteolytischen
Veränderungen, sowie die knöcherne Auftreibung und Knochenneubildung (→ b). Die MRT-Untersuchung zeigt zudem ausgeprägte entzündliche Weichteilveränderungen
(→ c).
Differentialdiagnosen
Die CNO ist eine Ausschlussdiagnose. Dies bedeutet insbesondere in den Fällen, in
denen auf eine Biopsie verzichtet und die Diagnose allein anhand der Bildgebung gestellt
wird, dass die potenziellen Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden müssen. Zu
den häufigsten Differenzialdiagnosen zählen die infektiöse Osteomyelitis inklusive
der Tuberkulose, die Langerhans-Zell-Histiozytose sowie benigne und maligne Knochentumore
inklusive Leukämie und Lymphom [37]. Allgemein kann man festhalten, dass infektiöse Osteomyelitiden und Knochentumore
häufiger unifokal auftreten [41]. Die Lokalisation im Knochen ist kein zuverlässiges Unterscheidungskriterium, da
sowohl bakterielle Entzündungen als auch viele Tumorerkrankungen bevorzugt in den
Metaphysen zu finden sind. Während subperiostale Abszesse, Weichteilabszesse und Fistelbildungen
stark für eine infektiöse Osteomyelitis sprechen, kann eine intraossäre Abszedierung
auch bei einer CNO auftreten, wobei die typische Mehrschichtung eines Brodie-Abszesses
fehlt [42] ([Abb. 10]). Aggressive Periostreaktionen und Weichteiltumore sind klare Hinweise auf maligne
Tumorerkrankungen, andererseits können Lymphome oder leukämische Knocheninfiltrate
auch primär auf den Markraum begrenzt bleiben und einen entzündlichen Prozess vortäuschen
[43].
Abb. 10 a–d Ungewöhnliche abszessartige Formation in der Epiphysenfuge der rechten proximalen
Tibia bei einem 14 Jahre alten männlichen Patienten mit Knieschmerzen seit Wochen.
Im Röntgenbild Pseudoerweiterung der Epiphysenfuge (→ a). Randständig Kontrastmittel-anreichernde Flüssigkeitsansammlung in der Epiphysenfuge
(→ b) sowie ausgeprägtes Knochenmarködem (c). Die Läsion wird kürettiert, es entleert sich nur steriles Sekret. Anamnestisch
besteht bei dem Patienten seit Monaten eine schwere Akne vulgaris. Die GK-MRT zeigt
typische Zusatzbefunde einer CNO unter anderem um die rechte Trochanterapophyse (d).
Die wichtigste und bildmorphologisch schwierigste Differenzialdiagnose der CNO ist
die LCH. Bei dieser Erkrankung kommt es in verschiedenen Organsystemen zu einer atypischen
Proliferation dendritischer Zellen. Bei isoliertem Knochenbefall kann eine differenzialdiagnostische
Abgrenzung zur CNO schwierig werden. So ist etwa der Vertebra plana bei Wirbelkörperbefall
eine typische ossäre Manifestation der LCH, die rein bildmorphologisch nicht von der
CNO zu unterscheiden ist [33] ([Abb. 11]). Unterscheidungsmerkmale sind hingegen die bevorzugte diaphysäre Lokalisation der
LCH-Herde an den langen Röhrenknochen und der häufige Befall der Schädelkalotte, der
für die CNO sehr ungewöhnlich ist. Für die CNO sprechen metaphysäre Lokalisation und
Multifokalität [44].
Abb. 11 a, b Bioptisch gesicherte Langerhans-Zell-Histiozytose bei einem 5 Jahre alten Mädchen
mit Rückenschmerzen seit mehreren Wochen. Höhenminderung und Knochenmarködem des LWK
2 im sagittalen STIR-Bild (a). Die GK-MRT zeigt einen weiteren Herd im rechten Os ilium, bestehend aus einer zentralen
Läsion mit umgebendem Knochenmarködem.
Verlaufskontrollen
Nach Diagnosestellung und Therapieeinleitung sind Kontrolluntersuchungen notwendig,
um das Ansprechen der Therapie zu bestätigen. Dies ist insbesondere bei nicht bioptisch
gesicherten Fällen wichtig, um bei fehlendem Ansprechen die Diagnose nochmals zu überdenken.
Neben der Bildgebung spricht die Besserung der Symptomatik unter Therapie für die
Korrektheit der Diagnose, sodass das Intervall zur Kontrollbildgebung von der klinischen
Symptomatik mitbestimmt werden sollte. Im Allgemeinen führen wir die erste MRT-Kontrolle
6 Wochen nach Therapiebeginn durch. Im weiteren Verlauf sind dann meist Kontrollintervalle
von 3–6 Monaten ausreichend. Auch nach Absetzen der medikamentösen Therapie sind radiologische
Verlaufskontrollen wichtig, um ein Wiederaufflammen der Erkrankung frühzeitig zu erfassen
[45]. Gerade bei radiologisch ausgeprägten Knochenveränderungen mit Hyperostose und Deformierung
kann die Rückbildung der knöchernen Veränderungen unter Therapie Monate bis Jahre
dauern ([Abb. 12]) [31]. Eine Wirbelkörperfraktur ist, wie bereits erwähnt, irreversibel.
Abb. 12 a, b Bioptisch gesicherte CNO der linken distalen Fibula. Das initiale Bild zeigt eine
ausgeprägte Auftreibung des Fibulaschaftes mit periostaler Knochenneubildung Osteolysen
und Markraumsklerosen (a). Die Kontrollaufnahme 6 Jahre später zeigt eine komplette Rückbildung der Veränderungen
und Remodellierung des Knochens (b).
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung und Ausblick
Die CNO ist eine häufige, chronisch entzündliche Skeletterkrankung im Kindes- und
Jugendalter, die durch eine überschießende inflammatorische Reaktion verursacht wird.
Die Kenntnis der bildmorphologischen Merkmale hat in den letzten Jahren dazu geführt,
dass die Diagnose in vielen Fällen anhand bildmorphologischer Besonderheiten gestellt
wird und die Anzahl der Biopsien dadurch deutlich verringert werden kann. Entscheidend
dazu beigetragen hat der zunehmende Einsatz der Ganzkörper-MRT, da hier die Multifokalität
in charakteristischen und klinisch häufig asymptomatischen Lokalisationen aufgezeigt
werden kann. Verschiedentlich wurde daher auch versucht, Scores zu etablieren, um
die Diagnosestellung zu standardisieren. Dabei gibt es bisher vor allem klinische
Scores, in die radiologische Kriterien einfließen. In einer Arbeit von Jansson und
Mitarb. gehen die radiologischen Kriterien > 1 Läsion, Vorhandensein symmetrischer
Knochenherde, Vorliegen von Läsionen mit randständiger Sklerose und Lokalisation in
Sternum, Clavikula oder Wirbelsäule in einen Diagnosescore ein [14]. In einer Arbeit von Roderick und Mitarb. werden die sogenannten „Bristol diagnostic
Criteria“ zur Diagnosestellung einer CNO vorgeschlagen. Auch hier spielen die radiologischen
Kriterien Multifokalität und osteolytische Läsionen mit Sklerosierung und Knochenneubildung
eine große Rolle [46]. Rein radiologische Klassifikationen wurden bisher nur zur Beurteilung des Krankheitsausmaßes
und der Krankheitsaktivität beschrieben. Der von Arnoldi und Mitarb. beschriebene
RINBO-Score (Radiological Index for NBO) basiert auf Ganzkörper-MRT-Untersuchungen
und berücksichtigt die Kriterien Anzahl und Größe der Läsionen, extramedulläre Veränderungen
wie Periost- oder Weichteilreaktion und Wirbelsäulenbeteiligung [29]. Da die Diagnose auf der Kombination klinischer, laborchemischer und radiologischer
Parameter beruht, ist ein rein radiologischer Score zur Diagnosestellung bisher nicht
beschrieben. Dennoch gibt es klare bildgebende Hinweise auf das Vorliegen einer CNO.
Der entscheidende Schritt zur radiologischen Diagnosestellung ist die frühzeitige
Durchführung einer Ganzkörper-MRT, um klinisch inapparente aber für die Erkrankung
charakteristische Läsionen zu diagnostizieren. Prinzipiell sollte man bei jeder unklaren
knöchernen Läsion, die aufgrund der Klinik und der Röntgenmorphologie nicht eindeutig
für eine bakterielle Osteomyelitis oder eine Tumorerkrankung spricht, großzügig eine
Ganzkörper-MRT indizieren ([Abb. 13]). Dadurch kann eine unnötige Verzögerung der Diagnosestellung vermieden werden,
die insbesondere bei Befall der Wirbelsäule zu irreversiblen Folgeschäden führen kann.
Eine Biopsie sollte insbesondere bei unifokalen Läsionen, Herden mit fortgeschrittenem
Knochenumbau, Läsionen in atypischen Lokalisationen (z. B. diaphysäre Lage) und bei
fehlendem Therapieansprechen erfolgen [46].
Abb. 13 a–c Ungewöhnlicher Fall einer CNO mit primär symptomatischem Befall der Patella. Die
Ausgangsuntersuchung zeigt ein ausgeprägtes Knochenmarködem der Patella und Weichteilödem
präpatellar und im Hoffa-Fettkörper (a). Im CT-Mischbild aus osteolytischen Veränderungen und Sklerosierungen (b). Die GK-MRT (nicht abgebildet) zeigt zusätzliche charakteristische Herde in Becken
und Metaphysen der unteren Extremitäten. Unter Therapie mit Naproxen komplette Rückbildung
der Veränderungen im Kontroll-MRT nach 4 Monaten (c).