Selten waren sich die Beschäftigten im Gesundheitswesen so einig: diese aktuelle Politik
ist inakzeptabel, nicht umsetzbar und zum Schaden von Patientinnen und Patienten.
Neben den medizinischen Fachberufen und dem Pflegepersonal, den Ärztinnen und Ärzten
in Niederlassung und Klink formiert sich auch der Protest bei Klinikverwaltungen und
Krankenhausträgern. Organisiert von den jeweiligen Verbänden treibt es die Menschen
in ungeahnter Zahl und Häufigkeit auf die Straße, getrieben von der Sorge um die zu
versorgenden Patientinnen und Patienten, aber auch die eigene Existenz in Zeiten von
Inflation und allgemeiner Verunsicherung. Der BDR hat sich dabei sowohl am bundesweiten
Protesttag der Kliniken unter dem Motto „Alarmstufe Rot“ am 20.9. als auch beim bundesweiten
Protesttag der Praxen am 2.10. unter der Überschrift „Praxis in Not“ prominent beteiligt.
Keine der beteiligten Berufsgruppen stellt sich gegen die Notwendigkeit von Reformen
im Gesundheitswesen und Veränderungen auch im eigenen unmittelbaren Umfeld. Wer, wenn
nicht die vor Ort Beschäftigten könnte beurteilen, dass Reformen dringend nötig sind
angesichts des bereits bestehenden oder unmittelbar bevorstehenden Fachkräftemangels,
der sich parallel zur zu erwartenden Zahl an Patientinnen und Patienten entwickelt.
Wer wüsste besser wie ambulante Patientenversorgung geht und wo sie ausgebaut werden
kann als die dort beschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Wer wenn nicht die Klinikverwaltungen
könnte den Umfang des Investitionsstaus in ihren Häusern beziffern. Und wer könnte
besser die überbordende Bürokratie in allen Bereichen beurteilen als die Menschen,
die täglich damit konfrontiert werden und wertvolle Arbeitszeit dafür hingeben müssen.
Daher sind die Beschäftigten mehr als bereit, ja geradezu motiviert ihre Expertise
einzubringen, wenn man sie denn hören und berücksichtigen wollte. Und wenn bis zum
Zeitpunkt des Greifens der Krankenhausreform noch genügend Häuser übrig sind, die
man reformieren kann. Auch wenn es immer geleugnet wird: diese kalte Reduktion an
Kliniken kommt nicht ungelegen.
Was ist aus dem „Gesundheitsminister der Herzen“ geworden, der in diese aufgewühlten
Zeiten hinein mit dem Krankenhaustransparenzgesetz ein weiteres Bürokratiemonster
auf den Weg bringt. Um nicht falsch verstanden zu werden: niemand, weder unter den
Demonstrierenden noch hier ist gegen Transparenz im Krankenhaus. Niemand hat dort
etwas zu verstecken und im Gegensatz zum allgemeinen Bashing ist die Qualität natürlich
immer verbesserbar, aber nicht auf einem derart schlechten Niveau wie behauptet wird.
Wurde nicht gerade erst den Beschäftigten zugejubelt und gedankt für ihre Leistungen
während der Pandemie? Und wen es interessiert, der findet bereits heute alle relevanten
und für eine anstehende Entscheidung notwendigen Daten zur Ergebnisqualität in Krankenhäusern
öffentlich zugänglich. Man fragt sich daher schon wie das Chaos, das durch Vorwegnahmen
von Festlegungen für die Krankenhausreform im jetzt gepushten Transparenzgesetz entsteht
wieder aufgelöst werden soll? Und warum man den gesamten Bereich der ambulanten Krankenversorgung
mit Verbänden, Institutionen und Beschäftigten nicht in eine Krankenhausreform einbezieht,
die als großes Ziel die Verschiebung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten
Sektor vorsieht?
Warum also diese Konfrontation nach allen Seiten von einer wissenschaftlich renommierten
Persönlichkeit? Jeglicher Forschungserfolg ist bekanntermaßen das Ergebnis von Teamarbeit.
Selbst dem Laien wird dies jedes Jahr bei der Veröffentlichung der Nobelpreisträger
deutlich, wenn viele der Ausgezeichneten ihren Preis dem Team widmen. Man möchte daher
dem Gesundheitsminister zurufen: Herr Professor, besinnen Sie sich auf die Tugenden
der Alma mater; gehen Sie auf die Beteiligten im Gesundheitswesen zu, die Verbände,
die Organisationen der Selbstverwaltung und die Beschäftigten; beziehen sie die, die
vor Ort Ihre Reformen umsetzen sollen in die Gestaltung mit ein! Gleichsam mit der
Brechstange und durch die Wand, also gegen die davon Betroffenen wird keine Reform
gelingen. Und vor allem: geben Sie den Akteuren Planungssicherheit für die kommenden
Monate. Es hängen Arbeitsplätze, Familien und Existenzen daran – bei Beschäftigten
wie Patientinnen und Patienten!
Der BDR steht als Gesprächspartner gerne bereit, wird aber die Anliegen seiner Mitglieder
in Niederlassung und Klinik weiterhin auch lautstark vertreten.