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DOI: 10.1055/a-2170-9080
Wilhelm Conrad Röntgen – der Mann hinter der Entdeckung der „X-Strahlen“
Zum 100. Todesjahr von Wilhelm Conrad Röntgen 2023Anna-Katharina Kätker, Marcel Michels, Uwe Busch, Deutsches Röntgen-Museum
Es war eine der Sternstunden der Menschheit, als Wilhelm Conrad Röntgen am 8. November 1895 am physikalischen Institut der Universität Würzburg eine neue Art von Strahlen entdeckte, die später unter dem Namen „Röntgenstrahlen“ in aller Welt bekannt wurden. Am 10. Februar 2023 jährte sich zum 100. Mal der Todestag des ersten Physiknobelpreisträgers. Aus diesem Anlass möchten wir gerne noch einmal mit einem speziellen Fokus auf die Person Röntgens und seine Heimatstadt Lennep, in der sein Geburtshaus nun als Treffpunkt und Begegnungsstätte für Röntgenforscherinnen und -forscher aus der ganzen Welt dient, zurückblicken.
Teil III: Wilhelm Conrad Röntgen – Rezeption in der alten Heimat
Ein Sohn der Stadt Lennep?
Das Lenneper Kreisblatt erwähnt die „Röntgenschen Entdeckungen“ zum ersten Mal am 27. Januar 1896 und danach erscheinen fast täglich Neuigkeiten dazu; dass Röntgen ein Sohn der Stadt war, scheint aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht allgemein bekannt gewesen zu sein, es wird zumindest nicht in den Artikeln erwähnt. Allerdings machte Röntgen selbst sich Gedanken über seine Herkunft: angeregt durch viele Briefe von (mehr oder weniger) verwandten Mitgliedern der Familie, die nach seiner Entdeckung großes Interesse an ihm zeigten, schrieb er im Februar 1896 an seinen in Lennep wohnenden entfernten Vetter Emil Rudolf Röntgen um mehr über die verschiedenen Zweige der Familie zu erfahren. Leider ist der Brief nicht erhalten, wohl aber die Antwort des Vetters, der ihm am 29. Februar 1896 als kleine Freude ein Bild des Geburtshauses und eine Gesamtansicht von Lennep zuschickte.


Auch das Lenneper Bürgermeisteramt war auf eine mögliche Verbindung zwischen Lennep und dem Physiker aufmerksam geworden. Am 23. Februar ging dort ein Antrag von 37 Lenneper Bürgern ein, Professor Röntgen zum Ehrenbürger seiner Geburtsstadt zu machen. Ganz sicher schien man sich aber nicht zu sein, und so fragte man am 27. Februar 1896 bei Röntgen selber nach, ob die „gedachte Eintragung [ins Geburtsregister] Ihren Geburtsfall betrifft“ und ob er „eine Bezeichnung Ihres Geburtshauses“ vornehmen könne. Er schrieb darauf am 2. April 1896 aus Sorrent an den Bürgermeister: „Was nun die Sache anbetrifft so bin ich in der That der am 27. März 1845 zu Lennep geborene Wilh. Conr. R., Sohn von Fr. C. R. und C. C. Frowein. Mein Geburtshaus muss noch in Lennep existieren, da mir Herr E. R. Röntgen aus Lennep vor einiger Zeit eine Photographie davon schickte, die in Übereinstimmung ist mit einem Modell, das mein seliger Vater vor vielen Jahren angefertigt hat.“ Diese Nachricht löste große Freude in Lennep aus und bereits am 16. April 1896 beschloss die Stadtverordneten-Versammlung, W.C. Röntgen das Ehrenbürgerrecht anzutragen. „In Lennep scheinen die Menschen nicht wenig stolz auf meinen Mann zu sein, denn sie sollen daran denken an seinem Geburtshaus eine Gedenktafel anzubringen; auch wollten sie ihn zum Ehrenbürger ernennen“ berichtete Bertha Röntgen am 04.03.1896 stolz der Cousine ihres Mannes Louise Grauel nach Indianapolis, USA.
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Lenneper Stolz und Röntgens Freude
Während die meisten der Zuschriften, die Röntgen nach der Entdeckung erhielt, unerwünscht waren und er auch Besucher im Würzburger Institut fast immer abwimmeln ließ, so erfreute ihn offensichtlich die Anerkennung, die er in Lennep erfuhr. Er teilte Bürgermeister Sauerbronn am 20. April 1896 mit, dass „ich das mir angetragene Ehrenbürgerrecht der Stadt Lennep mit dem wärmsten Dank für die mir zum Theil gewordene hohe Auszeichnung und mit der größten Freude annehmen werde.“


Am 21. Juni 1896 reisten Bürgermeister Ferdinand Sauerbronn und der erste Beigeordnete Albert Hammacher zu Röntgen nach Würzburg, um ihm persönlich die Ehrenbürgerurkunde zu überreichen. Dieser hieß sie „hochwillkommen“ und bat sie „meiner Frau und mir die Ehre zu erweisen, an dem genannten Tag unsere Tischgäste sein zu wollen.“ Ein geplanter Gegenbesuch im November 1897 konnte leider nicht zustandekommen und auch in den folgenden Jahren gab es keine Gelegenheit zu einem Besuch Röntgens in Lennep. Nur ein einziges Mal, und zwar auf der Durchreise zu den Stätten seiner Jugend in den Niederlanden im Herbst 1911, besuchte er Lennep. Brieflich blieben er und die Stadt aber immer verbunden, ob zum 10-jährigen Jubiläum der Entdeckung 1905, zum 70. Geburtstag 1915, zum 75. Geburtstag 1920, als die Stadt ihm zu Ehren eine Gedenktafel am Geburtshaus anbringen ließ, immer gedachte die Stadt ihrem Ehrenbürger und dieser dankte es ihr. „Die Stadtgemeinde meiner Vaterstadt lässt keine Gelegenheit vorübergehen, wo sie mir eine rechte Freude machen kann; und so durfte ich auch zu meinem 75ten Geburtstag von ihr herzlich gemeinte Wünsche und außerdem noch die Nachricht erhalten, dass sie beabsichtigt an meinem Geburtshaus eine Inschrifttafel anbringen zu lassen. Für diese wiederholten Beweise freundlichster Theilname und höchster Ehrerweisung, die mich ganz besonders erfreut und berührt haben, bitte ich den Ausdruck meines innigsten Dankes entgegen nehmen zu wollen.“ (W. C. Röntgen an Bürgermeister Rudolf Stosberg, 09.05.1920). Eine weitere Ehre erfuhr Röntgen durch den Druck von Notgeldscheinen der Kreisstadt Lennep im Jahr 1921. Auf der Vorderseite der Geldscheine sind sein Geburtshaus in Lennep und sein Porträt abgebildet. Auf der Rückseite befindet sich die Abbildung der Inschrifttafel.




An der Einweihungsfeier des Realgymnasiums (heute Röntgen-Gymnasium) 1916 konnte Röntgen leider aus Altersgründen nicht teilnehmen, äußerte aber schriftlich seinen „herzlichen Wunsch, dass die Anstalt reiche Früchte tragen möge.“ Auch am Tod von Röntgens Ehefrau Bertha am 31. Oktober 1919 nahm Lennep Anteil. Im Februar 1921 folgte die Benennung der Straße vor dem Realgymnasium nach Röntgen, anlässlich der 25. Wiederkehr seiner Entdeckung. Die Verbundenheit zwischen Lennep und Röntgen ging auch über seinen Tod hinaus. Der Stadtrat ehrte ihn in seiner Sitzung am 7. März 1923: „Mit Prof. Röntgen ist ein Mann dahingegangen, der nicht nur der deutschen, sondern der gesamten Wissenschaft den allergrößten Dienst erwiesen hat.“ Röntgen hatte schon 1920 seinen Geburtsort in sein Testament aufgenommen und der Stadtverwaltung 30.000 Mark für gemeinnützige Zwecke hinterlassen. Im Juli 1923 überraschten die Testamentsvollstrecker die Stadt mit der erfreulichen Nachricht. „Dank“ Hyperinflation belief sich der Wert der hinterlassenen Aktien und Anleihen auf 3 Billiarden, 399 Billionen und 520 Milliarden Papiermark, was aber nach der Inflation nur einem Wert von 3654,10 Goldmark entsprach. Mit dieser Summe richtete die Stadt Lennep die gemeinnützige „Prof. Dr. Röntgen-Stiftung“ ein, deren Stiftungszweck es war, „Erziehungsbeihilfen an begabte, würdige und bedürftige Schüler und Schülerinnen höherer Lehranstalten, sowie Fach- und Baugewerbsschulen pp. zu gewähren, zwecks Besuch einer Hochschule.“ 1930 folgte, initiiert durch die Rheinisch-westfälische Röntgengesellschaft, die Aufstellung des Röntgen-Denkmals „Genius des Lichts“ von Arno Breker in Lennep und am 18. Juni schließlich die Eröffnung des Deutschen Röntgen-Museums. Aus Anlass des 50. Jahrestages der Verleihung des ersten Nobelpreises an Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1951 stiftete die Stadt Remscheid die Röntgenplakette, die seitdem an Persönlichkeiten vergeben wird, die sich um den Fortschritt der Röntgenstrahlen in Wissenschaft und Praxis besonders verdient gemacht haben.




Teil III der Beitragsserie über Wilhelm Conrad Röntgen lesen Sie in der nächsten Ausgabe der RöFo.
Weitere Informationen zur Geschichte Wilhelm Conrad Röntgens und der Radiologie finden Sie unter www.roentgen-geburtshaus.de und www.roentgenmuseum.de.
Zudem engagieren sich die Mitglieder der Historischen Kommission in der Deutschen Röntgengesellschaft mit der Geschichte unseres Faches, um so Impulse für die Gestaltung der Radiologie von Morgen zu geben: historische-kommission.drg.de
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Publication History
Article published online:
01 January 2024
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