Schlüsselwörter SARS-CoV-2 Pandemie - Schulen - PCR-Pooltest - Präsenzunterricht - Surveillance -
COVID-19
Key words SARS-CoV pandemic - schools - PCR pool testing - face-to-face teaching - surveillance
- COVID-19
Einleitung
Welche Rolle SARS-CoV-2-Infektionen (severe acute respiratory syndrome coronavirus
type 2) in Schulen spielen, war in Deutschland seit Beginn der Pandemie (Februar
2020) und nach dem Inkrafttreten der Bundesregelungen zur Eindämmung der
dritten Infektionswelle (04/2021) [1 ]
von hohem Interesse. Schulschließungen, Wechselunterricht, Homeschooling und
Kontaktverbote wirkten sich massiv auf den Alltag der Kinder und deren Familien aus.
Es kam zu gesundheitlichen [2 ], psychosozialen
[3 ] und ökonomischen [4 ] Beeinträchtigungen. Dabei war der
Effekt von Schulschließungen oder -öffnungen auf die Kontrolle einer
SARS-CoV-2 Übertragung unklar [5 ] und
medizinische Fachgesellschaften empfahlen Schulschließungen nur in
Ausnahmefällen [6 ].
Während der ersten beiden Pandemiewellen zeigten sich Kinder weniger
suszeptibel gegenüber SARS-CoV-2 als Erwachsene [7 ]. Ihre klinischen Verläufe waren
meist mild oder asymptomatisch [8 ]. Allerdings
wurden auch bei Kindern Hospitalisierungen, schwere Verläufe,
Folgeerkrankungen (etwa PIMS – pediatric inflammatory multisystem syndrome)
sowie Todesfälle beschrieben [9 ]. Das
Risiko für Kinder unter verschiedenen Virusvarianten an Post/Long
COVID zu erkranken war unklar [10 ]. Die
Ständige Impfkommission (STIKO) empfahl ab dem 16.08.2021 eine COVID-Impfung
für 12- bis 17-Jährige und ab dem 24.05.2022 auch für Kinder
zwischen 5 und 11 Jahren [11 ].
Zu Beginn des Schuljahres 2021/22 lagen folgende epidemiologische
Erkenntnisse zur Infektionsdynamik in Schulen vor. Die Anzahl der seropositiven
Kinder betrug das 3- bis 6-fache der im Vergleichszeitraum gemeldeten
Erkrankungsfälle [12 ]. Kinder waren
selten Indexfälle [9 ] und selten an
„Superspreading-Events“ beteiligt [13 ]. Nationale und internationale Ergebnisse berichteten von
Übertragungen an Schulen ohne nennenswerten Beitrag zum gesamten
Pandemiegeschehen [13 ]. Nach den Osterferien
2021 legten Studien nahe, dass die Infektionsübertragung vor allem in
Familien oder bei Freizeitaktivitäten erfolgten [14 ]. Ende 2020 ließen Daten aus Schulen
in Rheinland-Pfalz erkennen, dass nur jeder sechste Indexfall innerhalb der Schule
zu Übertragungen führte [15 ].
Viermal mehr Sekundärfälle wurden durch Lehrpersonal als durch
Kinder verursacht [16 ]. Eine Analyse der
Ausbruchsdaten (definiert als zwei oder mehr SARS-CoV-2-Infektionen in einem
epidemiologischen Zusammenhang) zeigte für Bayern, dass 2,4% aller
Ausbrüche zwischen September 2020 und März 2021 in Schulen
erfolgten. Die Hälfte dieser Ausbrüche umfasste lediglich zwei bis
drei Fälle [16 ]. Damit zeigten sich
Schulen nicht als Risikosettings, so dass im Schuljahr 2021/22 der
Präsenzbetrieb unter Einhaltung von Infektionsschutzmaßnahmen als
verantwortbar erachtet wurde.
Das Robert Koch-Institut empfahl zum Schuljahresanfang 2021/22
PCR-Pooltestungen als kostengünstige und zuverlässige
Möglichkeit, SARS-CoV-2-Infektionen in Gruppen [17 ] zeitnah nachzuweisen. Nordrhein-Westfalen
führte als erstes Bundesland in Deutschland im Mai 2021 PCR-Pooltestungen
mittels „Lolli-Methode“ flächendeckend an Grund- und
Förderschulen ein [18 ]. Diese Tests
galten als ungefährlich, einfach durchführbar und von Kindern besser
akzeptiert als Nasen- oder Rachenabstriche [19 ]. Pooltestungen wurden als ressourceneffizient und bei niedriger
Prävalenz als gut skalierbar bewertet [20 ]. Sie waren bei der Überwachung von Infektionsdynamiken und
der Reduktion des Übertragungsrisikos effektiv [18 ]
[20 ].
An bayerischen Schulen wurden ebenfalls regionale Modellprojekte unter Verwendung
unterschiedlicher PCR-Testverfahren durchgeführt [21 ]
[22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ].
Vor diesem Hintergrund beschloss die Bayerische Staatsregierung am 06.07.2021 zum
neuen Schuljahr flächendeckend Präsenzunterricht mit kostenfreien
PCR-Pooltestungen an allen bayerischen Grund- und Förderschulen. Für
diesen Unterricht galt ein spezifisches der Delta-Variante angepasstes
Hygienekonzept (Online-Appendix II). Pooltests sollten schnell und effektiv
Ausbrüche entdecken und die Isolation infektiöser Kinder
ermöglichen. Ein negativer SARS-CoV-2-Test war die Voraussetzung für
eine Teilnahme am Präsenzunterricht, sofern das Kind weder geimpft noch
genesen war [26 ]. Eine flächendeckende
Umsetzung der PCR-Pooltestungen erfolgte ab Kalenderwoche (KW) 38/2021 bis
einschließlich KW 14/2022.
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und
das Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und
Epidemiologie (IBE) der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
wurden mit der Begleitevaluation beauftragt. Erste Ergebnisse sind bereits berichtet
[27 ].
Ziel der Begleitevaluation war die zeitnahe Bereitstellung kontinuierlicher Daten
zur
Infektionsdynamik an bayerischen Grund- und Förderschulen im Schuljahr
2021/22 über ein Dashboard und wöchentliche Berichte.
Dadurch sollten Entscheidungsträger gut informiert werden und schnell
erkennen, ob die Offenhaltung der Schulen verantwortbar ist.
Diese Arbeit zeigt die wesentlichen Inhalte dieser Surveillance: Schul- und
Klassen-Positivitätsraten im zeitlichen Verlauf differenziert nach (1)
Region (Bayern und Regierungsbezirke), (2) Schultyp (Grund- und
Förderschulen) und (3) Altersgruppen der Kinder. Die Infektionsinzidenzen
der an den PCR-Pooltestungen teilnehmenden Kinder werden mit denen der
vergleichbaren Altersgruppe der 6- bis 11-Jährigen sowie der bayerischen
Gesamtpopulation im Zeitverlauf verglichen.
Methodik
Studienpopulation
Eingeschlossen wurden Kinder der Grundschulstufe (Klassenstufen 1 bis 4 der
Grund- und Förderschulen) in Bayern mit Zustimmung der
Erziehungsberechtigen zur Teilnahme an den PCR-Pool-Testungen. Klassen mit einem
medianen Alter unter 6 oder über 11 Jahre wurden von der Analyse
ausgeschlossen (Grundschule: n=16, Förderschule:
n=1131). Dokumentiert wurden Daten aus Schulen, die im Analysezeitraum
mindestens einen Test übermittelt hatten.
Pooltest-Methode
[Abb. 1 ] zeigt den Ablauf der
Pooltestungen für eine Klasse in einer KW. Anwesende Kinder wurden
zweimal wöchentlich getestet. Sie lutschten jeweils 30 Sekunden an zwei
Abstrichstäbchen: Pool- und Rückstellprobe. Wenn ein Pool
positiv oder inkonklusiv getestet wurde, wurden die Rückstellproben des
betreffenden Pools ausgewertet. Bei einem negativen Testergebnis eines Pools
galten die zugehörigen Einzelproben ebenfalls als negativ und wurden
sofort entsorgt. Die Labore übermittelten die Ergebnisse der positiven
PCR-Rückstellproben an Eltern und lokale Gesundheitsämter, und
PCR-positiv getestete Kinder wurden vom Präsenzunterricht
ausgeschlossen.
Abb. 1 Darstellung der durchgeführten PCR-Testungen einer
Klasse (k) innerhalb einer Kalenderwoche (w). Eine Klasse wurde zweimal
pro Kalenderwoche getestet. Die Abstrichstäbchen einer Klasse
wurden zu einer Poolprobe zusammengefasst und die individuellen
Rückstellproben der Schüler*innen wurden
zeitgleich entnommen. Im Falle eines positiven oder inkonklusiven
Pool-Testergebnisses wurden die individuellen Rückstellproben
dieser Klasse analysiert und infizierte Kinder herausgefiltert. Aus
Gründen der Lesbarkeit wurde bei den Abkürzungen auf die
Indizes w und k (w: Kalenderwoche und k: Klasse) verzichtet.
Die PCR-Proben wurden von zehn Laborstandorten in Bayern mittels
Real-time-quantitative-PCR analysiert. Novid20 [28 ] integrierte die Testergebnisse in eine Projektdatenbank. Die
Daten wurden hinsichtlich Schüler*innen und Klasse innerhalb der
Klassenstufe einer Schule pseudonymisiert und täglich an das IBE
übermittelt.
Ab dem 29.11.2021 wurden jeden Montagmorgen zusätzlich verpflichtende
Antigen-Selbsttests durchgeführt. Antigen-Selbsttests liefern sofortige
Ergebnisse und bieten den Vorteil, hochgradig ansteckende Kinder mit einer hohen
Viruslast zu identifizieren. Sie werden von Kindern gut akzeptiert [29 ]. Trotzdem sind die Nachteile der
Antigen-Selbsttests bekannt, wie geringe Sensitivität [30 ], Schwankungen in der
Probenqualität [31 ] und
Schwierigkeiten bei jüngeren Kindern bei der korrekten
Durchführung der Eigenentnahme. Um die Unsicherheit aufgrund von falsch
negativen Antigen-Selbsttests zu verringern, wurden nachfolgend PCR-
Pooltestungen für Kinder mit einem negativen Antigen-Selbsttest
durchgeführt. Für den Fall, dass ein Kind einen positiven
Antigen-Selbsttest erzielte, war es von der Teilnahme am Unterricht und der
PCR-Pooltestung ausgeschlossen. Obwohl die Anzahl der durchgeführten
Antigen-Selbsttests sowie ihre spezifischen Ergebnisse nicht erfasst wurden,
trug die Kombination dieser beiden Verfahren dazu bei, die Effektivität
des Screening-Prozesses zu steigern und ein ausgewogenes Verhältnis
zwischen schneller Erkennung und der Berücksichtigung potenzieller
Test-Unsicherheiten zu gewährleisten. Drei Zeitperioden mit jeweils
vorherrschenden Virusvarianten werden betrachtet: (1) Delta-Welle ohne
Schnelltest: 20.09.2021 bis 28.11.2021, 9 Wochen, ohne Herbstferien; (2)
Delta-Welle mit Schnelltest: 29.11.2021 bis 23.12.2021, 4 Wochen; (3)
Omikron-Welle mit Schnelltest: 09.01.22 bis 08.04.22, 12 Wochen, ohne
Winterferien. In den Schulferien fanden keine Testungen statt und es wurden
keine Daten übermittelt.
Variablen/Zielgrößen
Schul- und testbezogene Variablen (Online-Appendix Ia)
Für jede pseudonymisierte Klasse mit Datum (und damit mit Zuordnung
zur KW und Testdurchführung wurde die Anzahl der insgesamt
getesteten, der positiv getesteten, der anwesenden aber nicht getesteten und
der abwesenden Schüler*innen dokumentiert. Das Ergebnis des
PCR-Pooltests (positiv, negativ, inkonklusiv, Test nicht
durchgeführt) wurde in der Klasse zum Testtag der KW dokumentiert.
Nach Auflösung eines Pools in einer Klasse wurde die Anzahl der
positiven wie negativen individuellen Rückstellproben dokumentiert.
Für jede Klasse wurden Schulstandort, Schultyp sowie ein medianes
Geburtsdatum ihrer Schüler*innen dokumentiert. Zur
Beschreibung des Vorgehens siehe Online-Appendix Ia.
Klassenwochen (Online-Appendix Ib)
Der Nenner der berechneten Raten ist die Anzahl der in einer Periode oder
Teilgruppe beobachteten Klassenwochen: Die Summe über alle Klassen
und Wochen, an denen bei ihnen Pooltestungen erfolgten. Findet innerhalb
einer KW für eine Klasse mindestens eine Testung statt, so wird
diese KW zu den beobachteten Klassenwochen gezählt. Ferienzeiten
werden nicht mitgezählt. Für eine Klasse beginnt die
Zählung ihrer Klassenwochen nach der ersten Übermittlung
eines Testergebnisses.
Positivitätsrate (PR) der Klassen in Kalenderwoche w
(Online-Appendix Ic)
Für die Berechnung der Klassen-PR für die Woche w wurden
Klassen als positiv gewertet, in denen mindestens eine individuelle
Rückstellprobe positiv war oder bei denen keine Daten
übertragen wurden (unter der konservativen Annahme, dass sich die
ganze Klasse in dieser Woche in Quarantäne befand). Im Nenner stehen
alle Klassen im Projekt.
Versionen der Test-PR der PCR-Pool-Proben in Kalenderwoche w
(Online-Appendix Id)
Definition 1 (Online-Appendix Id, PPR1
w
) : Die
Test-PR der analysierten PCR-Pool-Proben einer KW berechnet sich aus dem
Anteil der positiven Pools an allen in dieser KW untersuchten Pools
(negativ, positiv, inkonklusiv). Definition 2 (Online-Appendix Id,
PPR2
w
) : Die Test-PR aller PCR-Pool-Proben
einer KW berechnet sich aus dem Anteil der positiven Pools an allen in
dieser KW erhobenen Pools (negativ, positiv, inkonklusiv, nicht
analysiert).
Test-PR der PCR-Rückstellproben (PSP-PR) in Kalenderwochen w
(Online-Appendix Ie)
Für die RSP-PR werden ebenfalls zwei Definitionen verwendet.
Definition 1: Die RSPPR1w ist der Anteil positiver
Rückstellproben an allen getesteten Rückstellproben
innerhalb einer KW. Definition 2: Die RSPPR2w ist der Anteil
positiver Rückstellproben an allen Kindern aller Klassen.
RSPPR2w berücksichtigt auch die nicht-getesteten und
abwesenden Kinder.
Infektionsbelastung (Online-Appendix If und Ig)
Ein Schulstandort galt in KW w als infektionsbelastet, wenn drei oder mehr
Klassen an diesem Standort in dieser KW positiv getestet wurden. Eine Klasse
galt in KW w als infektionsbelastet, wenn drei oder mehr
Schüler*innen dieser Klasse innerhalb der KW positiv
getestet wurden. Die Infektionsbelastung bestimmt sich über den
Anteil der belasteten Schulen an allen getesteten Schulen und über
den Anteil der belasteten an allen getesteten Klassen innerhalb einer
KW.
Waren alle Klassen einer Schule innerhalb einer KW ohne Datenmeldung, wurde
dies als Schulschließung interpretiert.
7-Tage-Infektionsinzidenz pro 100 000 in der Pooltestpopulation
und in der Allgemeinbevölkerung (Online-Appendix Ih)
Die 7-Tage-Infektionsinzidenz pro 100 000
Schüler*innen in KW w für die Pooltestpopulation
berücksichtigt nur diejenigen Klassen, die in der KW mindestens
einen Pool-Test durchgeführt hatten.
Die 7-Tage-Inzidenz wurde auf Basis der nach Infektionsschutzgesetz
gemeldeten SARS-CoV-2-Infektionen in der bayerischen
Gesamtbevölkerung und in der Altersgruppe der 6- bis
11-Jährigen berechnet. Für die 7-Tage-Inzidenz wurden die
Fälle mit Meldedatum in der jeweiligen KW gezählt. Die Daten
zum Infektionsgeschehen wurden vom LGL am 18.05.2022 zur Verfügung
gestellt. Die demografischen Daten wurden aus dem Statistischen Bericht des
Bayerischen Landesamtes für Statistik für das Jahr 2020 auf
Kreisebene extrahiert [32 ].
Datenanalyse und -auswertung
Die Kennzahlen wurden deskriptiv für Bayern und die Regierungsbezirke
(RB) berichtet: Mittelwert, Median, Interquartilabstand (IQR). Die PRs der
Klassen und Schulen wurden nach Schultyp (Grund- und Förderschulen)
und dem medianen Alter der Klassen (jünger 8 Jahre, 8 bis
jünger 9 Jahre, 9 bis jünger 10 Jahre, 10 bis 11 Jahre)
analysiert. Schulstandorte wurden entsprechend der Anzahl ihrer Klassen in
Quartile aufgeteilt (bis zu 5, 6 bis 8, 9 bis 12, mehr als 12). Aufgrund der
Vollerhebung wurden keine inferenzstatistischen Verfahren verwendet. Die
Analysen erfolgten mit der Software R (V 4.1.2) [33 ].
Ethik und Datenschutz
Die Ethikkommission der Medizinische Fakultät (Antrag
21–0957) sowie der Behördliche Datenschutzbeauftragte
(Stellungnahme 031.0.1.2.2) der LMU München befürworteten
das Projekt.
Ergebnisse
Vom 20.09.2021 (KW 38/2021) bis 08.04.2021 (KW 14/22) wurden in 2430
Grundschulen 23 021 Klassen und 456 478 Kindern eingeschlossen. In
339 Förderschulen waren es 2711 Klassen mit 29 200 Kindern
(100% der Grund- und Förderschüler*innen dieser
Altersgruppe, vgl. [34 ]). Insgesamt wurden
611 463 Klassenwochen (Grundschulen: 548 926, Förderschulen:
62 537, aufgeteilt nach Periode beobachtet.
[Tab. 1 ] zeigt weiterhin die mittlere Anzahl
getesteter Klassen und durchgeführter Rückstellproben innerhalb
einer KW. Online-Appendix III, [Tab. 1 ] zeigt
die Ergebnisse aufgeteilt nach RB.
Tab. 1 Überblick über die Anzahl an
Schulstandorten, Klassen und Kindern, die an den Pooltestungen
teilnahmen und eine Grund- oder Förderschule in Bayern
besuchten. Median und der Interquartilsabstand (IQR) der
durchgeführten Poolproben und durchgeführten
Rückstellproben pro Kalenderwoche in den Zeiträumen:
Periode 1 (Delta-Welle ohne Schnelltest 20.09.2021 bis 28.11.2021),
Periode 2 (Delta-Welle mit Schnelltest 29.11.2021 bis 23.12.2021) und
Periode 3 (Omikron-Welle mit Schnelltest 09.01.2022 bis 08.04.2022)
angegeben. Die Tab. berücksichtigt die Daten vom 20.09.2021 bis
zum 08.04.2022. Klassen mit einem medianen Alter unter 6 oder
über 11 wurden von der Analyse ausgeschlossen
(Ngesamt =1147,
NGrundschule =16,
NFörderschule =1131).
Anzahl (n)
Median [IQR]
Bayern
Schulstandorte
Klassen
Kinder
Pooltestungen durchgeführt/KW
Rückstellproben erhoben/KW
Periode 1
Periode 2
Periode 3
Periode 1
Periode 2
Periode 3
Gesamt
2769
25 732
485 678
48 851 [660]
48 552 [393 75]
48 872 [891]
844 562 [36224]
817 439 5 [6402 5]
712 316 [68272 75]
Grundschulen
2430
23 021
456 478
43 853 [540]
43 639 [378 25]
43 960 [808 75]
799 043 [34828]
773 172 5 [6109 75]
672 536 [65349 5]
Förderschulen
339
2711
29 200
4967 [137]
4913 [5,36]
4 947 5 [92]
44 943 [1396]
44 267 [292 75]
40 254 5 [3016 25]
Im Mittel umfasste ein Pool 16,7 Grundschulkinder und 8,5 Kinder in
Förderschulen. Pro Testtag nahmen in Grundschulen durchschnittlich 19,4
Kinder (Median: 20,0; IQR: 5,0) pro Klasse und 95,7 Kinder (Median: 83,0; IQR: 72,0)
pro Schule teil. An Förderschulen waren es durchschnittlich 10,4 Kinder
(Median: 10,0; IQR: 4,0) pro Klasse und 46,5 Kinder (Median: 41,0; IQR: 36,0) pro
Schule. An Grundschulen (Förderschulen) wurden 45 279
(3 697) Kinder nach Auflösung von 35 892 (3150)
PCR-Pooltests positiv getestet.
[Tab. 2 ] zeigt pro Periode die Ergebnisse der
durchgeführten Testungen, Online-Appendix IV, [Tab. 2 ]
3
4 die Ergebnisse analog pro
RB. In Periode 3 waren die PRs der Rückstell- und Poolproben generell
deutlich höher als in den Perioden 1 und 2. Online-Appendix V, Tab. 5 zeigt die RSP-PR und Pool-PR
aufgeteilt nach Laboren und Zeiträumen.
Tab. 2 Überblick über die Kennzahlen der
PCR-Pool- und Rückstellproben in Bayern aufgeteilt in die
Zeiträume Periode 1 (Delta-Welle ohne Schnelltest 20.09.2021 bis
28.11.2021), Periode 2 (Delta-Welle mit Schnelltest 29.11.2021 bis
23.12.2021) und Periode 3 (Omikron-Welle mit Schnelltest 09.01.2022 bis
08.04.2022). Die beobachteten Klassenwochen ergaben sich aus der Anzahl
der Klassen, die pro Kalenderwoche mindestens eine Testung
durchgeführt hatten, multipliziert mit der Anzahl der
Kalenderwochen ohne Ferien. Eine Klasse, die in der Kalenderwoche keine
Testübermittlung durchgeführt hatte, wurde als nicht
beobachtet gewertet. Die Kennzahlen beziehen sich auf die beobachteten
Klassenwochen in der angegebenen Zeitperiode. 1 Die
Gesamtanzahl an Schüler*innen pro Klasse ergab sich aus
dem Maximum der anwesenden (getesteten und nicht getesteten) und der
abwesenden Schüler*innen einer Klasse innerhalb der
Zeitperiode. 2 Die berichteten Poolproben ergaben sich aus der
Summe der positiven, negativen, inkonklusiven und nicht analysierten
Poolproben innerhalb der Zeitperiode.
Zeitperiode
Periode 1
Periode 2
Periode 3
Anzahl der Kalenderwochen (ohne Ferien)
9
4
12
Beobachtete Klassenwochen
209413
100230
301820
Anteil der beobachteten Klassenwochen an den maximal
möglichen Klassenwochen (%)
99,88
99,73
99,72
Anteil der an Kindern durchgeführten
Rückstellproben an der Gesamtanzahl an
Schüler*innen1 über die
Zeitperiode (%)
92,04
88,87
80,08
Positivitätsrate
Rückstellproben/10 000
Rückstellproben (berücksichtigt nur getestete
Kinder einer Klasse)
9,67
9,80
45,95
Positivitätsrate
Rückstellproben/10 000
Rückstellproben (berücksichtigt alle
Kinder einer Klasse)
8,90
8,71
36,80
Anteil der positiven Poolproben an der Gesamtanzahl der
berichteten Poolproben2 über die Zeitperiode
(%)
1,75
1,84
6,22
Anteil der negativen Poolproben an der Gesamtanzahl der
berichteten Poolproben über die Zeitperiode
(%)
95,45
95,71
91,77
Anteil der nicht analysierten oder nicht durchgeführten
Poolproben an der Gesamtanzahl der berichteten Poolproben
über die Zeitperiode (%)
2,80
2,45
1,99
[Abb. 2 ] zeigt die klassenbasierten PR im
Zeitverlauf in Bayern und nach RB (a), für Grund- und Förderschulen
(b) und Altersklassen (c). Die klassenbasierte PR (Definition 2) war nach den
Weihnachtsferien (KW 2/2022) in allen Strata höher. Sie lag im RB
Oberpfalz über der der anderen RBs. In Förderschulen lag sie
unterhalb der der Grundschulen. Die klassenbasierten PR der Altersgruppen
unterschieden sich kaum. Online-Appendix VI [Abb.
1 ] zeigt die klassenbasierte PR unter progressiver Annahme (Definition
1).
Abb. 2 Klassenbasierte Positivitätsraten im Zeitverlauf
aufgeteilt nach Bayern und den Regierungsbezirken (a ), nach
Schultypen (b ) und nach dem medianen Alter der Klasse (c ). Bei
der Berechnung wurde eine konservative Annahme zugrunde gelegt; demnach
wurden alle Klassen berücksichtigt, wobei nicht getestete Klassen
als positiv gewertet wurden.
[Tab. 2 ] zeigt die Test-PR der
PCR-Rückstellproben einer Schule sowie aller Kinder einer Schule. In Periode
3 zeigte sich eine vierfache Zunahme der Test-PR der PCR-Rückstellproben.
Ebenso nahmen in dieser Periode die Test-PR der PCR-Poolproben zu. Die prozentualen
Anteile der negativen Poolproben sowie der inkonklusiven/nicht analysierten
Poolproben an der Gesamtanzahl der berichteten Poolproben nahm ab ([Tab. 2 ]). Die Test-PR aufgeteilt nach Region,
Schultyp und dem medianen Alter zeigten einen ähnlichen Verlauf über
die Zeit mit einem deutlichen Anstieg nach den Weihnachtsferien (Online-Appendix
VII, [Abb. 2 ]).
Die Infektionsbelastung der Schulen (Online-Appendix VIII [Abb. 3 ]) lag bei 8,7% im
Gesamtzeitraum (2,3% in Periode 1, 2,0% in Periode 2 und
15,8% in Periode 3). Schulen mit mehr als 12 Klassen zeigten insbesondere im
Zeitraum 3 eine höhere Infektionsbelastung. Die Infektionsbelastung der
Klassen (Online-Appendix IX Abb. 4 ) betrug
0,3% im Gesamtzeitraum (0,1% in Periode 1, 0,1% in Periode 2
und 0,6% in Periode 3). Förderschulen waren in Periode 3 weniger
infektionsbelastet als Grundschulen.
Abb. 3 7-Tage-Inzidenzen pro 100 000 Einwohnern der
bayerischen Gesamtpopulation (durchgezogene Linie), der bayerischen
Kinderpopulation der 6- bis 11-Jährigen (gepunktete Linie) und der
an den PCR-Pooltestungen teilnehmenden Population (gestrichelte Linie) in
Bayern (a ) und nach Regierungsbezirken: Oberbayern (b ),
Niederbayern (c ), Oberpfalz (d ), Oberfranken (e ),
Mittelfranken (f ), Unterfranken (g ) und Schwaben
(h ).
Schulschließungen traten im gesamten Projektzeitraum in 18 KW auf (keine
Datenübermittlung von 43 Schulen). In den 5 Wochen der Periode 1 waren es 8
Schulen (0,06% aller Schulen). In den 4 Wochen der Periode 2 waren es 9
Schulen (0,08% aller Schulen). In den 12 Wochen der Periode 3 waren es 26
Schulen (0,08% aller Schulen).
[Abb. 3 ] vergleicht die 7-Tage-Inzidenzen pro
100 000 Einwohner der bayerischen Gesamtpopulation, der bayerischen
Kinderpopulation der 6- bis 11-Jährigen und der an den PCR-Pooltestungen
teilnehmenden Population in Bayern und nach RB. Für Bayern und alle RB lagen
die Infektionsinzidenzen der PCR-Pooltestungen (gestrichelte Linie) deutlich
niedriger als die zeitgleich gemeldeten Inzidenzen in der altersentsprechenden
(gepunktete Linie) und allgemeinen Bevölkerung (durchgezogene Linie).
Diskussion
An bayerischen Grund- und Förderschulen wurden im gesamten Projektzeitraum
(20.9.2021 bis 8.4.2022) Corona-bedingte Schulschließungen bis auf sehr
wenige Ausnahmen vermieden. Der Präsenzunterricht für Schulklassen
wurde mit einzelnen kurzen Unterbrechungen aufrechterhalten. Es kam 2482-mal vor,
dass eine Klasse mit einem Corona-Fall in der Folgewoche nicht getestet wurde
(0,4% der 611 463 möglichen Klassenwochen) und
möglicherweise in Quarantäne war.
Im gesamten Zeitraum haben nahezu alle beteiligten Klassen wöchentlich Daten
übermittelt. Der Anteil der beobachteten Klassenwochen an der maximalen Zahl
möglicher Klassenwochen lag stets über 99,7%. Dies
bestätigt Kern et al. in der Aussage, dass Bayerische Grundschulen kein
erhöhtes Übertragungsrisiko aufwiesen [24 ].
Die klassenbasierten PR variierten im Zeitverlauf und stiegen nach dem Auftreten der
Omikron-Virusvariante Anfang 2022 an ([Abb.
2 ]). Es zeigen sich nahezu parallele Zeitverläufe für
Bayern und die RBs abhängig vom Schultyp und Alter. Der Einfluss des
Schultyps auf die PR ergibt sich über die entsprechenden
Klassengrößen. Grundschulklassen sind im Durchschnitt fast doppelt
so groß wie die der Förderschulen ([Tab. 1 ]: 19,8 vs. 10,8 Schüler*innen pro Klasse). Engels
et al. konnten nachweisen, dass mit zunehmender Klassengröße die
Wahrscheinlichkeit für mindestens ein positiv getestetes Kind innerhalb
einer Klasse steigt [29 ].
Nach dem Auftreten der Omikron-Virusvariante stiegen auch die PR der
Rückstellproben (RSP-PR) und mehr Schüler*innen nahmen nicht
am Unterricht und somit nicht an den Testungen teil ([Tab. 2 ]). Die Ergebnisse zu den beiden
Versionen der RSP-PR in [Tab. 2 ] weichen in
Periode 3 stark voneinander ab.
Obwohl in Deutschland verschiedene Projekte mit PCR-Pool-Testverfahren implementiert
wurden, fanden diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlich
vorherrschenden Virusvarianten statt: Nordrhein-Westfalen [18 ], Mecklenburg-Vorpommern [19 ] und Bayern [21 ]
[27 ]. Daher sind diese Projekte
eingeschränkt vergleichbar: Testzeiträume und -prozeduren sowie
Verordnungen und Hygienemaßnahmen unterschieden sich.
Untersuchungen von Schulprojekten in Bayern belegen die Effektivität und eine
gute Akzeptanz von PCR-Pooltestungen [21 ]. Es
wurde gezeigt, dass kein erhöhtes Risiko für eine
SARS-CoV-2-Übertragung an Schulen bestand [24 ]
[25 ]. Diese Ergebnisse
unterstützen die Entscheidung für das hier dargestellte Projekt.
Ab Ende November 2021 wurden in Bayern montägliche Schnelltests in den
Grundschulen eingeführt, um die Anzahl der positiven Kinder einer Klasse,
die an den Pooltests teilnahmen, zu reduzieren, die Anzahl von negativen Pools zu
erhöhen und PCR-Testkapazitäten einzusparen. Mit dem beginnenden
Winter nahmen Infektionsinzidenzen und -prävalenzen zu. Vermutlich trug
diese Maßnahme dazu bei, dass sich die PR der PCR-Pool- und
-Rückstellproben zwischen Periode 1 und Periode 2 kaum unterscheiden ([Tab. 2 ]).
Die schulbasierten Infektionsinzidenzen lagen unter den zeitgleich gemeldeten
altersentsprechenden und allgemeinen Inzidenzen. Es zeigte sich ein nahezu
paralleler Verlauf der Inzidenzen an Schulen im Vergleich zu denen in der
Allgemeinbevölkerung [18 ]
[24 ]. Das Begleitprojekt konnte nicht
beantworten, welche Mechanismen infizierte Kinder vom Unterricht fernhielten und
weshalb ein Mehrfaches der schulpflichtigen Grundschulkinder außerhalb der
Schultests positiv getestet wurde. Wir können nicht belegen, dass ein
sachgerechtes anlassbezogenes Testen der Kinder außerhalb der Schule (bspw.
nach Kontaktnachweis, Symptomeintritt) ein Grund hierfür gewesen ist.
Eine Modellrechnung zur Frage, wie oft Schulen geschlossen oder Klassen in
Quarantäne geschickt hätten werden müssen, wenn der
Unterricht ohne Pooltestung und nur mit Hygienemaßnahmen stattgefunden
hätte, konnte nicht durchgeführt werden. Szenarien für eine
solche Modellierung standen nicht zur Verfügung.
Zu den Limitationen der Arbeit gehören das Fehlen reliabler direkter Daten zu
Klassengrößen, Krankmeldungen oder den Einwilligungen. Sie wurden
indirekt aus den Daten erschlossen. Weiterhin standen PCR-spezifische Daten
(CT-Werte der Rückstellproben, Virusvarianten etc.),
sozioökonomische Faktoren, Angaben zum Geschlecht der infizierten Kinder und
Daten des Lehrpersonals nicht für die Evaluation zur Verfügung. Es
gab keine Zahlen zu den positiven Ergebnissen der montags an den Schulen
durchgeführten verpflichteten Antigen-Selbsttests ab Periode 2.
Die Daten aus den Pooltests auf SARS-CoV-2 zeigen, dass bayerische Grund- und
Förderschulen während des Einsatzes des Pooltest- und
Hygienekonzepts trotz hochinfektiöser Virusvarianten weithin offengehalten
werden konnten. Es kam zu keinen extremen Infektionsbelastungen an Schulen und in
Klassen. Die Testergebnisse konnten zeitnah an die Eltern vermittelt werden.
Entscheidungsträgern erhielten zeitnahe regionale Informationen zu der
Infektionsdynamik in den Schulen.
PCR-Pooltestungen und Hygienemaßnahmen sicherten im Schuljahr
2021/22 durch einen schnellen und validen Informationsaustausch zwischen
Schulen und Entscheidungsträgern den Präsenzunterricht an
bayerischen Grund- und Förderschulen. Auch in Hochinzidenzzeiten
ermöglichte das Projekt eine gut funktionierende SARS-CoV-2-Surveillance
im Präsenzunterricht an bayerischen Grundschulstufen.
Die PCR-Schultestungen ermöglichten eine verbesserte Einbindung der
Kinder in ihr soziales Umfeld, da negative Ergebnisse die Teilnahme an
außerschulischen Freizeitaktivitäten erlaubten.
Es wurden keine zeitversetzten Trends zwischen den Surveillancedaten in den
Schulen und der Infektionsdynamik in der Gesamtbevölkerung festgestellt.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Bindung der Entscheidungen zum Unterricht an
die 7-Tages-Inzidenz – so wie von der Landesregierung anfangs vorgesehen
– irreführend ist. Auch in Hochinzidenzzeiten kam es an Schulen
zu keinen dramatischen Infektionsereignissen.
Weitere Studien sind erforderlich, um genauer die Prozesse zu verstehen, die die
kindliche Infektionsinzidenz zwischen Allgemeinbevölkerung und
Schulsetting gefiltert haben.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Einhaltung ethischer Richtlinien
Für diese Arbeit führten die Autor*innen keine
interventionellen Studien an Menschen oder Tieren durch. Für die
aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
Richtlinien.
Fördermittel
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
— AZ K3–2484-PN-21–34-V3-D47324/2021