Einleitung
Die unterzeichnenden Medizinischen Fachgesellschaften unterstützen die Forderung des
Bundesdrogenbeauftragten, Burkhard Blienert [1], nach einem Verbot von Aromastoffen in E-Zigaretten. Ein derartiges Verbot existiert
schon für Tabakerhitzer. Bereits in 39 Ländern ist der freie Verkauf von E-Zigaretten
mit und ohne Aromastoffe verboten [2].
E-Zigaretten mit mindestens 16 000 verschiedenen Geschmacksbezeichnungen [3] werden über soziale Medien und Influencer besonders bei Jugendlichen beworben. Aromatisierte
Einweg-E-Zigaretten überschwemmen den Markt. Sie sind in vielerlei Hinsicht problematisch.
Die Aromatisierung von Liquids trägt zu einer hohen Attraktivität bei und fördert
den Konsumbeginn [4]
[5]
[7]. Insbesondere fruchtige und süße Aromen erfreuen sich großer Beliebtheit [8]. Gleichzeitig erleichtern Aromen die Inhalation und damit die Aufnahme von Nikotin
und Schadstoffen über die Lunge in den Körper. Nikotin hat bei jungen Menschen einen
negativen Einfluss auf die Hirnentwicklung und kann zu Nikotinabhängigkeit führen.
E-Zigarettengebrauch erhöht die Wahrscheinlichkeit für den späteren Konsum konventioneller
Tabakzigaretten um mehr als den Faktor 3 [9]
[10].
Für das von der Industrie verbreitete Narrativ, dass Aromen in E-Zigaretten bei der
Entwöhnung von Zigaretten helfen, gibt es bisher keine belastbaren Untersuchungsergebnisse
[8]
[11].
Steigender Konsum bei Jugendlichen
Steigender Konsum bei Jugendlichen
Aktuell zeigt der Konsum von E-Zigaretten besonders bei Kindern (9–13 Jahre) und Jugendlichen
(14–17 Jahre) einen ansteigenden Verlauf mit Monatsprävalenzen 2020/2021 von 1,7 %
und 7,7 %, 2021/2022 von 1,7 % und 7,4 % und 2022/2023 von 3,2 % und 11,8 % [11]. Auch bei den über 25-Jährigen wird ein zunehmender Konsum beobachtet [12]. Bei E-Zigaretten-Nutzenden zeigte sich in der DEBRA-Befragung, dass 62 % der Jugendlichen
und 79 % der Erwachsenen zusammen mit E-Zigaretten auch Tabakzigaretten konsumieren
(sog. „dual use“) [13].
E-Zigaretten sind schädlich
E-Zigaretten sind schädlich
Es gibt wissenschaftlich begründete Hinweise für eine schädigende Wirkung von E-Zigaretten
auf die Atemorgane und auf das Herz-Kreislauf-System [14]
[15]
[16]
[17]. Untersuchungen zeigen zellschädigende Prozesse, Beeinträchtigung von Zellfunktionen
oder krankheitsförderliche Prozesse [8]. Auch werden in Liquids von E-Zigaretten krebserzeugende Substanzen gefunden [15], für die es keine Unbedenklichkeitsschwelle gibt.
Aromen in E-Zigaretten sind schädlich
Aromen in E-Zigaretten sind schädlich
Aromazusatzstoffe sind in der Lebensmittelindustrie weit verbreitet und gelten dort
als unbedenklich. Wie sich diese Aromen jedoch beim Erhitzen verhalten, welche Reaktionen
sie mit anderen Bestandteilen der Liquids und deren Erhitzungsprodukten eingehen und
wie die Inhaltsstoffe des E-Zigaretten-Dampfes auf die Lunge, die Blutgefäße, das
Herz und andere Organe des Körpers wirken, ist bislang noch weitgehend unerforscht
[8]. Allein die enorme Zahl an Aromen, die E-Zigaretten-Liquids zugesetzt werden, verdeutlicht
die Problematik. Die Wirkung der Aromen allein lässt sich nur schwer von der Wirkung
der anderen Inhaltsstoffe isolieren. Für einzelne Aromen wurden jedoch bereits gesundheitsschädliche
Wirkungen nachgewiesen [8].
Sucht- und konsumfördernde Wirkung der Aromen
Einzelne Aromen wie Menthol oder Farnesol [18], Farnesen, Hexylacetat, Ethylacetat, Methylbutylacetat [19] besitzen verschiedene nikotinunabhängig verstärkende Wirkungen am Belohnungssystem
(z. B. Erhöhung der Zahl hochsensitiver Nikotinrezeptoren und Stimulation dopaminerger
Neurone im ventralen Tegument [VTA]) und können so zur Ausbildung und Aufrechterhaltung
einer Abhängigkeit beitragen. Andere Aromen, wie z. B. Erdbeeraroma, scheinen das
sensorische Profil zu verbessern und dadurch eine erhöhte Nikotinaufnahme zu begünstigen
[20]. Auch der kühlende Effekt von Menthol und anderer, den Liquids von E-Zigaretten
hinzugefügten TRPM8-(cold transient receptor potential melastatin 8)-Rezeptor-Agonisten
wirken der Reizung der Atemwege (z. B. Husten) durch fruchtige/süße Aromastoffe entgegen
und erleichtern damit die Inhalation [21]
[22]
[23]. Sog. Ice Hybrid Flavors und Non-Menthol Synthetic Cooling Agents, die diese Eigenschaften
besitzen, sind in E-Zigaretten weit verbreitet. Zigarettenrauchende nahmen bei Verwendung
aromatisierter E-Zigaretten doppelt so viele Züge wie bei nicht aromatisierten E-Zigaretten
[24].
Organschädigende Effekte der Aromen
Für einzelne Aromen liegen Studien vor, die gesundheitsschädigende Wirkungen belegen.
Menthol führt in Tierversuchen zu einer Vergrößerung von Leber und Milz und zu zystischen
Veränderungen im Kleinhirn [25]. Vanille und Zimtaldehyd unterdrücken natürliche Abwehrvorgänge im Körper [26]
[27]. Zimt- und Tabakaroma führen zu einer Überempfindlichkeit der Atemwege [28]
[29], Vanille zu einer Veränderung der Lungenfunktion [30]. Verschiedene Aromen wie Butter, Vanille oder Zimt setzen Entzündungsreaktionen
und DNA-Schäden in Gang [27]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]. Zimt löst Stressreaktionen in Zellen aus, die als Marker für ein kardiovaskuläres
Risiko gewertet werden [39]. Für die meisten Aromen gibt es bisher keine toxikologischen Untersuchungen, sodass
hier ein unkalkulierbares Risiko vorliegt.
Zusammenfassung
Aromen in E-Zigaretten sind gesundheitsschädlich. Sie fördern den Einstieg von Jugendlichen
und Erwachsenen in den Konsum von E-Zigaretten und setzen sie der Nikotinabhängigkeit
und vielfältigen toxischen Substanzen aus dem Aerosol der E-Zigaretten aus. E-Zigaretten
werden häufig als weniger schädliche Alternative zu Tabakzigaretten beworben. Bislang
konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass die Kommerzialisierung von E-Zigaretten
als Konsumgüter einen Nettonutzen für die öffentliche Gesundheit hat. Stattdessen
häufen sich die Hinweise für die negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung.
Die WHO fordert daher ein Verbot von Aromen und anderen Inhaltsstoffen, die das Inhalieren
erleichtern [40]
[41].
Für die meisten Aromen fehlen bisher toxikologische Bewertungen. Es bestehen erste
Hinweise auf organschädigende Auswirkungen. Hier besteht ein Bedarf für unabhängige
wissenschaftliche Untersuchungen.
Gemäß dem Gesetz über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (TabakerzG vom 04.04.2016,
zuletzt geändert am 19.07.2023) und der EU-Richtlinie für Tabakerzeugnisse (2014/40/EU
vom 03.04.2014) dürfen in Tabakprodukten wie auch in E-Zigaretten und Nachfüllbehältern
nur Inhaltsstoffe verwendet werden, die in erhitzter oder nicht erhitzter Form kein
Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen. Dies muss bereits mit dem diskutierten
heutigen Wissen für die auf dem Markt befindlichen Produkte als nicht gegeben angesehen
werden.
Forderungen
Die beteiligten Fachgesellschaften fordern:
-
Ein Verbot von Aromen in E-Zigaretten.
-
Eine Einheitsverpackung für Tabakprodukte, E-Zigaretten und verwandte Produkte.
-
Ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten.
-
Eine wirksame Regulierung des Verkaufs von E-Zigaretten, auch über das Internet.
-
Eine wirksame Kontrolle und Umsetzung der Bestimmungen des Jugendschutzes (Abgabe-
und Konsumverbot unter 18 Jahre).