Schlüsselwörter Medizinstudium - Praktisches Jahr - Wahlfach Öffentliches Gesundheitswesen - Öffentlicher
Gesundheitsdienst - Implementierung
Keywords undergraduate medical education - final year - elective subject public health - public
health service - implementation
Einleitung
Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) in Deutschland umfasst Einrichtungen der
Gesundheitsverwaltung auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. Er nimmt ein
breites Aufgabenspektrum zur Gesundheitsförderung, Prävention von Erkrankungen und
zum Gesundheitsschutz auf Bevölkerungsebene wahr. Gesundheitsämter sind
multiprofessionell besetzt [1 ]
[2 ]. Die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) fordert eine interprofessionelle Ausbildung und gemeinsame Lern- und
Arbeitsprozesse zur Förderung von Gesundheitsprofessionen im ÖGD [3 ]
[4 ]. In Deutschland verabschiedete die
Gesundheitsministerkonferenz 2018 ein „Leitbild für einen modernen ÖGD“, in dem die
Relevanz der Kooperation des ÖGD mit der Wissenschaft und evidenzbasierten
Arbeitsweisen innerhalb des ÖGD herausgestellt wird [5 ]. Der "Pakt für den ÖGD"
des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 29.09.2020 stärkte die zentrale
Bedeutung des ÖGD nicht nur zur Bewältigung der Corona-Pandemie, sondern fokussiert
mit seinen fünf Säulen auf seine nachhaltige Weiterentwicklung und Modernisierung
für einen wirksamen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung [6 ]. Neben einer Stärkung der
wissenschaftlichen Kompetenz innerhalb des ÖGD selbst bedarf es nachhaltiger
Kooperationen mit Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen, um eine Aus- und
Weiterbildung der Mitarbeitenden des ÖGD und des fachlichen Nachwuchses zu
etablieren und zu fördern. Auch die Neuerung der Ärztlichen Approbationsordnung
(ÄApprO) vom 21.09.2021 sieht deshalb eine Integration des ÖGD in die medizinische
Ausbildung insbesondere im Praktischen Jahr (PJ) seit dem 1. Mai 2022 vor [7 ].
Erfahrungen mit der Etablierung eines Wahlfaches Öffentliches Gesundheitswesen (ÖGW)
im PJ gab es bisher in Deutschland lediglich am Universitätsstandort Frankfurt/Main
in Kooperation mit dem dortigen Gesundheitsamt [8 ]. Die erste Initiative zur
Sichtbarmachung des Ausbildungsstandorts Gesundheitsamt für Medizinstudierende in
Göttingen und zur Etablierung des PJ-Wahlfachs ÖGW ging bereits 2015 von dem
damaligen Leiter des Gesundheitsamtes Göttingen (Autor EM) aus und wurde in einer
standortübergreifenden Arbeitsgruppe mit mehreren Gesundheitsämtern, u. a. dem in
Frankfurt/Main, weiterentwickelt. Als ein Ergebnis dieser Initiative absolvierten
seit 2018 einige Medizinstudierende eine Famulatur im Gesundheitsamt Göttingen und
es folgten seit 2019 erste Kooperationsgespräche mit der Universitätsmedizin
Göttingen (UMG) zum PJ-Wahlfach.
Am Hochschulstandort Göttingen studieren jährlich ca. 360 Studierende der
Humanmedizin der UMG und ca. 120 Studierende am Gesundheitscampus Göttingen (GCG),
einer Kooperation der UMG und der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
Hildesheim/Holzminden/Göttingen (HAWK), in den Studiengängen Soziale Arbeit im
Gesundheitswesen, Pflege, Therapiewissenschaften und Hebammenwissenschaften. Für
eine Integration dieser Ausbildungen in den ÖGD wurde 2021 das Kooperationsprojekt
„UNITE – Gemeinsam lernen und studieren in Einrichtungen der öffentlichen
Gesundheit“ ins Leben gerufen, um das PJ-Wahlfach ÖGW wie auch Praktika für
Studierende der akademisierten Gesundheitsberufe im Gesundheitsamt für Stadt und
Landkreis Göttingen anzubieten und dabei auch interprofessionelles Lernen zu
ermöglichen.
Ziel dieses Manuskriptes ist es, das Vorgehen und die Schritte zur Implementierung
des PJ-Wahlfachs ÖGW als Teilprojekt des Kooperationsprojektes „UNITE – Gemeinsam
lernen und studieren in Einrichtungen der öffentlichen Gesundheit“ zu beschreiben
und zu evaluieren. Ergebnisse der Evaluationen der ersten PJ-Studierenden im
Gesundheitsamt Göttingen werden in Hinblick auf die weitere Umsetzung dieses
PJ-Angebots diskutiert. Dieser Bericht soll andere Fakultäten und Gesundheitsämter
bei der Etablierung des PJ-Wahlfachs ÖGW und anderer Lehrformen unterstützen.
Methoden
Das Projekt „UNITE – Gemeinsam lernen und studieren in Einrichtungen der öffentlichen
Gesundheit“ unter Beteiligung der Gesundheitsregion Göttingen/Südniedersachsen wurde
vom Institut für Allgemeinmedizin der UMG sowie dem Gesundheitscampus in einer
Projektlaufzeit von zwölf Monaten vom 01.07.2021 bis zum 30.06.2022 durchgeführt.
Eine Zuwendung des Landes Niedersachsen erfolgte nach der Richtlinie über die
Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Gesundheitsregionen in Niedersachsen.
Mit den hieraus verfügbaren Personalmitteln wurden zwei wissenschaftliche
Mitarbeiterinnen (LE, SB) für ein Jahr teilzeitig im Projekt beschäftigt.
Kooperationspartner war das Gesundheitsamt für die Stadt und den Landkreis
Göttingen. Der Fokus des Teilprojektes seitens der UMG (Teilprojektleitung durch die
Autorin ID) lag auf der Etablierung des PJ-Wahlfachs „Öffentliches
Gesundheitswesen“.
Die Etablierung des PJ-Wahlfachs ÖGW erfolgte mittels eines Mixed-Methods-Ansatzes
in
sieben aufeinanderfolgenden Schritten ([Abb. 1 ]):
Abb. 1 Schritte in der Etablierung des PJ-Wahlfaches ÖGW.
Zur Analyse und Beschreibung der Rahmenbedingungen für das PJ-Wahlfach ÖGW
wurden die gesetzlichen Vorgaben, Positionspapiere zur Umsetzung sowie
Lernzielkataloge herangezogen [9 ] und
das Vorgehen am Standort Göttingen beschrieben.
Zur Konzeption des Wahlfachs wurden die Leiter*innen der sechs Fachdienste
(FD) -Gutachten und Bestattungswesen, Kinder- und Jugendärztlicher Dienst,
Infektionsschutz, Zahngesundheit, Sozialpsychiatrischer Dienst, Sozialdienst und
Gesundheitsverwaltung – des Gesundheitsamtes von den Projektmitarbeiterinnen (LE,
SB) persönlich oder telefonisch befragt. Der Interviewleitfaden wurde vom
Projektteam (ID, LE) entwickelt und mit dem Leiter des Gesundheitsamtes (EM)
abgestimmt. Ziel war es, Informationen zu den Aufgaben und der Teamzusammensetzung
des jeweiligen Fachdienstes, Vorerfahrungen mit Auszubildenden und Studierenden in
Praktika, Kooperationen mit Hochschulen, Einstellungen zur Betreuung von
Medizinstudierenden und möglichen Lernfeldern für Medizinstudierende zu erhalten
(Anhang 1). Die Ergebnisse wurden handschriftlich dokumentiert, im Projektteam
diskutiert, schriftlich zusammengefasst und gingen insbesondere in die Entwicklung
des Logbuchs und die darin enthaltenen Fachdienstbeschreibungen ein.
Die Erstellung des Logbuches erfolgte auf Basis des Frankfurter Logbuches
[10 ]. In der Pilotierungsphase
unseres Projektes wurden die Fachdienstleiter*innen und die Studierenden gebeten,
anhand von Druckversionen der im Frankfurter Logbuch ausformulierten Lernziele ein
schriftliches Feedback zu notwendigen Anpassungen und eine Einschätzung zur
Umsetzbarkeit der Lernziele und zu erreichbaren Kompetenztiefen („demonstriert
bekommen“, „unter Supervision durchgeführt“ und „eigenverantwortlich durchgeführt“)
am Göttinger Standort zu erstellen.
Die Mitwirkung Medizinstudierender an der Konzeption des PJ-Wahlfachs ÖGW
wurde durch freiwillige Teilnahme von fünf PJ-Studierenden im Wahlfach
Allgemeinmedizin in einwöchigen freiwilligen PJ-Rotationen im Gesundheitsamt
Göttingen realisiert, deren Feedback zu Lehr-Lernformen, Logbuch und Lernziele)
eingeholt wurde.
Die Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte sich auf die öffentliche
Sichtbarmachung des PJ-Wahlfachs ÖGD für die Studierenden im bundesweiten PJ-Portal
und auf der Homepage der UMG.
Die Konzeption, Durchführung und Evaluation einer medizindidaktischen Schulung
für Lehrende und M3-Prüfende (M3: dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung) des
Göttinger Gesundheitsamtes orientierte sich am Positionspapier des Ausschusses
Primärversorgung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung zur didaktischen
Qualifikation von Lehrenden in der Primärversorgung [11 ] sowie an der Vorgehensweise eines
Modellprojektes zur Schulung für lehrende Hausärzt*innen des Instituts für
Allgemeinmedizin der UMG [12 ]. Bei der
Evaluation der Schulung der Lehrenden orientierten wir uns an in der Medizindidaktik
empfohlenen Skalen zur Beurteilung von Lehrveranstaltungen [13 ].
In einem von den Projektmitarbeiter*innen (ID, LE) erstellten onlinebasierten
schriftlichen Fragebogen wurden Schulungsbedarfe der Lehrenden im Gesundheitsamt
Göttingen zum Wahlfach ÖGW und zur Didaktik anhand von neun Kompetenzzielen („Nach
der Schulung möchte ich befähigt sein, …“), mittels einer Likert-Skala von 1
„niedrige Relevanz“ bis 6 „hohe Relevanz“ eingeschätzt. Diese Befragung erfolgte
anonym und richtete sich an alle Fachdienstleiter*innen und ihre Vertretungen
(insgesamt 12 Personen). Es nahmen acht Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamtes
teil.
Die Schulung der Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamtes, die in die
PJ-Studierendenbetreuung eingebunden sind, zum Wahlfach ÖGW und zur Didaktik
erfolgte durch Mitarbeiterinnen des Projektteams (ID, LE, SB) im Rahmen einer
zweistündigen Präsenzveranstaltung. Die Schulungsinhalte werden in [Tab. 1 ] beschrieben. Es nahmen zehn
Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamtes aus vier FD teil. Ergänzend nahmen alle
Fachdienstleiter*innen sowie die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamtes an
einem 20-minütigen Feedbacktraining im Onlineformat teil (insgesamt neun Personen),
das an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg im
Lernkrankenhaus TheSiMa in Kooperation mit der Abteilung Allgemeinmedizin entwickelt
wurde. Es informiert in Texten über Qualitätskriterien von Feedback sowie
Vorgehensweisen bei geplantem sowie spontanem Feedback. Die Leiterin des
Gesundheitsamtes (AP) und eine ärztliche Mitarbeiterin, Fachärztin für ÖGW, nahmen
darüber hinaus an einer von der Projektleiterin (ID) durchgeführten
M3-Prüferschulung teil, in der sie Informationen zum Prüfungsablauf, zu
Prüferaufgaben und Tipps zur Erstellung von praktischen Aufgaben und Fallvignetten
erhielten. Ziel der Prüferschulung war die umfassende Vorbereitung auf die Rolle als
Wahlfachprüfer im M3-Examen. Alle Schulungsmaterialien wurden den Teilnehmer*innen
digital zur Verfügung gestellt.
Tab. 1 Themen und Inhalte des zweistündigen Didaktikworkshops
für Mitarbeitende des Gesundheitsamtes.
Themen
Inhalte
PJ-Ablauf und Organisation
Rahmenbedingungen, Anmeldung zum Wahlfach, Checkliste vor Beginn
des PJ
Rechte und Pflichten der Studierenden
Formale Anforderungen, Leistungsnachweise, Haftungsfragen
Zusammenarbeit mit der UMG
Fortbildungen Lehren und Prüfen, Interessenvertretung in der
Fakultät
Ausbildungsziele und PJ-Logbuch
Nutzung des PJ-Logbuches, Evaluation des PJ-Wahlfachs.
PJ-Seminarreihe „Prävention und Gesundheitsförderung“
Ausbildungsgespräche
Inhalte von Einführungs-,Verlaufs- und Abschlussgespräch;
Feedback
Lehr- und Assessmentmethoden
Rollenvorbild, Lehr-Lerngelegenheiten, arbeitsplatzbasierte
Rückmeldungen, Anleitung und Supervision Studierender im Kontakt
mit Bürger*innen
Die Schulung wurde nach der Durchführung mittels eines onlinebasierten schriftlichen
Fragebogens evaluiert, der mit 16 positiv formulierten Items die didaktische
Qualität auf einer Skala von 1 (trifft voll zu) bis 5 (trifft nicht zu) erhob, die
Erreichung von 10 Lernzielen im Prä-Post-Vergleich (Skala von 1 (trifft voll zu) bis
6 (trifft überhaupt nicht zu) erhob und eine Gesamtnote als Schulnote von 1 (sehr
gut) bis 6 (ungenügend) erhob.
Die Umsetzung des PJ-Wahlfachs ÖGW orientierte sich im Vorgehen an
Empfehlungen zur Einbeziehung von Praxen ins Praktische Jahr [9 ].
Die Evaluation des PJ-Tertials erfolgte durch drei Studierende der UMG, die das neue
Wahlfach ÖGW 2022/23 vollständig im Gesundheitsamt Göttingen absolvierten. Zur
mündlichen dialogischen Evaluation fand nach jeder Rotation ein persönliches ca.
15-20-minütiges Gespräch der PJ-Studierenden mit den jeweiligen
Fachdienstleiter*innen statt. In der schriftlichen Evaluation des PJ-Wahlfachs ÖGW
wurden die Fragen und Skalen aus dem Frankfurter Logbuch übernommen. Pro
absolviertem Fachdienst erfolgte eine Einschätzung zur Supervision und Integration
ins Team, zur Wissensvermittlung und zu den umgesetzten Tätigkeiten (einschl. Erhalt
von Feedback) anhand von jeweils fünf positiv formulierten Items anhand einer Skala
von 1 (sehr zutreffend) bis 5 (gar nicht zutreffend) erhoben. Zur besseren
Auswertbarkeit wurden die Skalenwerte in Schulnoten transferiert („sehr zutreffend“
als „sehr gut“ bis „trifft gar nicht zu“ als „ungenügend“). Nur die Leiterin des
Gesundheitsamtes und Wahlfachleiterin (AP) und die PJ-Beauftragte (ID) hatten Zugang
zu den Evaluationsdokumenten der Studierenden.
Ergebnisse
Rechtlicher Rahmen, Kooperation und Finanzierung
Zur Umsetzung des PJ-Wahlfaches ÖGW wurde in der Neuerung der ÄApprO zur
Kooperation zwischen Fakultät und Gesundheitseinrichtung formuliert: „Die
Universitäten können … geeignete Einrichtungen des öffentlichen
Gesundheitswesens im Einvernehmen mit der zuständigen Gesundheitsbehörde in die
Ausbildung einbeziehen; sie treffen hierzu Vereinbarungen mit den …
Einrichtungen. Die jeweilige … Einrichtung muss gewährleisten, das Logbuch der
Universität einzuhalten.“ (§3 Abs. 2a in [7 ]). Deshalb wurde bereits in der
Initialphase des Projektes UNITE ein Kooperationsvertrag zwischen UMG, vertreten
durch den Vorstand, und der Stadt Göttingen, Fachbereich Gesundheitsamt für die
Stadt und den Landkreis Göttingen als akademische Lehreinrichtung, vertreten
durch die Oberbürgermeisterin, erstellt, der die Zusammenarbeit regelt. Hierzu
gehören u. a. Vereinbarungen zur Anzahl der Ausbildungsplätze pro Jahr,
Ausbildungsziele, Anforderungen an die Lehreinrichtung und die ausbildenden
Mitarbeiter*innen, qualitätssichernde Maßnahmen, Dokumentation und
Haftungsthemen. Als Wahlfachleiterin fungiert die Leiterin des Gesundheitsamtes
(Autorin AP, Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen) und als
PJ-Beauftragte seitens der UMG die Projektleiterin (Autorin ID, Fachärztin für
Allgemeinmedizin).
Die Stadtverwaltung Göttingen schließt mit den einzelnen Studierenden einen
Kooperationsvertrag ab, in dem die pauschalen Zahlungen des Ausbildungsgeldes,
die Pflichten und versicherungs- und haftungsrechtlichen Belange der
Studierenden vertraglich geregelt werden. Derzeit erhalten die Studierenden eine
PJ-Ausbildungsvergütung von 450 Euro pro Monat.
Konzeption des PJ-Wahlfachs
An den Interviews nahmen alle Fachdienstleiter*innen (6) teil. Die Fachdienste
(FD) Gutachten und Bestattungswesen, Kinder- und Jugendärztlicher Dienst,
Infektionsschutz und Sozialpsychiatrischer Dienst werden durch Fachärzt*innen
geleitet, der FD Zahngesundheit durch eine Zahnärztin und der Sozialdienst durch
eine Sozialarbeiterin. Positiv herausgestellt wurden als attraktive Faktoren für
die Tätigkeiten in den einzelnen FD die versorgende und beratende Funktion für
die jeweiligen Zielgruppen der Bevölkerung und deren An- und Zugehörige, die
Vielfalt der Tätigkeiten und (ausgenommen FD Gutachten und Bestattungswesen) die
professions- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit mit anderen
Versorgern.
Vorerfahrungen mit Auszubildenden und/oder Studierenden wurden von allen
FD außer dem Zahnärztlichen Dienst berichtet. Es habe sich überwiegend um
Praktikant*innen verschiedener Ausbildungsrichtungen (z. B. Hygiene, Pflege) aus
dem Bildungsbereich der Gesundheitsberufe gehandelt. Studierende der
Humanmedizin absolvierten bisher vereinzelt Famulaturen oder kürzere
Hospitationen im Gesundheitsamt. Kooperationsstrukturen zwischen Gesundheitsamt
und UMG zum Ziel der medizinischen Ausbildung bestanden jedoch noch nicht.
Die Einstellung zur Betreuung von Medizinstudierenden wurde in den
Interviews mit den Fachdienstleiter*innen insgesamt positiv herausgestellt.
Längere Praktika wie im PJ wurden mit einem tieferen Einblick in die Tätigkeit
der FD assoziiert, verlässliche Rotationspläne wurden ausdrücklich gewünscht,
direkte Bürger*innenkontakte im Gesundheitsamt – bei Begehungen oder
Hausbesuchen oder im Rahmen von Präventionsprojekten – wurden als besonders
geeignete Lerngelegenheiten herausgestellt. Die Erfahrungen mit den enormen
Arbeitsanforderungen an die Gesundheitsämter in der Coronapandemie wurden
mehrfach thematisiert und Lehren unter Pandemiebedingungen wurde rückblickend
als einschränkend für eine zufriedenstellende Betreuung von Studierenden
wahrgenommen.
Als Ergebnis des Austauschs zwischen Projektleitung (Autorin ID),
Projektmitarbeiterinnen (Autorinnen LE und SB), der Leitung des Gesundheitsamtes
(Autoren EM und als Nachfolgerin AP) und den FD-Leiter*innen wurde gemeinsam
festgelegt, dass die PJ-Studierenden
in bis zu vierwöchigen Rotationen die FD Sozialpsychiatrischer Dienst,
Begutachtung und Bestattungswesen, Kinder- und Jugendgesundheitlicher
Dienst und Infektionsschutz absolvieren
Wahlrotationen von bis zu einer Woche Dauer in die FD Zahnärztlicher
Dienst und Sozialer Dienst durchführen können und
für jede Rotation einen monatlichen Plan mit Ansprechpartnern und
Terminen (z. B. Für Begehungen, Konferenzen) erhalten.
Lernfelder und Lernziele, Logbuchentwicklung
Das im Projekt erstellte Logbuch für PJ Studierende der UMG im Gesundheitsamt der
Stadt und des Landkreises Göttingen ist unter
https://www.umg.eu/fileadmin/Redaktion/Dachportal/005_Studium_Lehre/CONTENT_NEU/id87_Humanmedizin/id90_Praktisches_Jahr/studium_pj_logbuch_Oeffentliches_Gesundheitswesen.pdf
abrufbar. Abschnitte und Inhalte werden in [Tab. 2 ] dargestellt.
Tab. 2 Abschnitte und Inhalte des Logbuches für
PJ-Studierende im Wahlfach ÖGW.
Abschnitt
Inhalte
Einleitende Informationen
Vorstellung des Gesundheitsamtes, Aufgaben und Leitbild des
ÖGD, Aufgaben und Tätigkeitsschwerpunkte der einzelnen
Fachdienste
Personalien der Studierenden
Personenangaben, Anwesenheit und Fehltage
Informationen für Studierende
Ansprechpartner*innen, Rahmenbedingungen (rechtliche,
Haftungs- und Versicherungsfragen, Informationsquellen im
Internet, allgemeine Ausbildungsziele im PJ)
Ausbildungsziele nach Fachdiensten
Lernziele mit Dokumentationsmöglichkeit des erreichten
Kompetenzniveaus (Demonstration, unter Supervision
durchgeführt, eigenständig durchgeführt); weitere, optionale
Lernziele
Gutachten und Bestattungswesen
Einführung und theoretische Hintergründe für die
unterschiedlichen Begutachtungen mit Erwerb von Kenntnissen
über die gesetzlichen Grundlagen, amtsärztliche
Sprechstunde, Aufsicht über die med. Heil- und Hilfsberufe
und Prostituiertenschutzgesetz, Bestattungswesen
Infektionsschutz
Epidemiologische Überwachung, Meldepflichtige Erkrankungen,
Bekämpfung übertragbarer Erkrankungen, Infektionshygienische
Überwachungen von med. Einrichtungen, Unternehmen und
Personen, Tuberkulosefürsorge, HIV-Sprechstunde, Trink- und
Badewasserangelegenheiten, Gesundheitliche Anforderungen an
das Personal beim Umgang mit Lebensmitteln
Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
Einschulungsuntersuchungen, Untersuchungen in den 4. Klassen
der Grundschulen, Untersuchungen im Rahmen sozialrechtlicher
Gutachten, Hospitationen/Besprechungen/Fortbildungen,
Sprechstunden und sonstige Arbeitsbereiche, Impfwesen im
Kindes- und Jugendalter
Sozialpsychiatrischer Dienst
ÖGD-Spezifika und Rechtsgrundlagen, Begutachtung, Beratung
und Prävention, Berichte und Dokumentation, Gesprächsführung
und Diagnostik
Dokumentation von Feedbackgesprächen
Anleitung für Gesprächsinhalte und Feedbackfragen,
fachdienstbezogene Kurzevaluationen aus Sicht der
Studierenden (Betreuung, Unterricht, Tätigkeiten,
Gesamtbewertung, Gefallen/Missfallen/Verbesserungen)
Einsatznachweise
Mit Unterschrift für die absolvierten
Fachdienstrotationen
Referenzen
Die Auswahl, Formulierung und Festlegung der im PJ erreichbaren Kompetenztiefen
der Lernziele erfolgte in einem zweischrittigen Vorgehen:
Die Lernziele aus dem Logbuch Frankfurt wurden fachdienstbezogen von den
Fachdienstleiter*innen auf ihre Umsetzbarkeit im Gesundheitsamt
Göttingen bewertet und ggf. gestrichen oder hinsichtlich der
erreichbaren Kompetenztiefe angepasst. Die FD-Leiter*innen ergänzten
stichwortartig Lernziele, die im Rahmen des Workshops der
Didaktikschulung zusätzlich herausgearbeitet wurden oder die sie aus
ihrer persönlichen Erfahrung im FD zusätzlich als umsetzbar
einschätzten, und legten die jeweils erreichbare Kompetenztiefe
fest.
In einem iterativen Vorgehen mit informellem mündlichem und schriftlichem
Austausch zwischen Projektteam, Leiter*in des Gesundheitsamtes und den
Fachdienstleiter*innen erfolgten formale und inhaltliche Anpassungen und
Ausformulierungen und eine finale Abstimmung jedes fachdienstbezogenen
Lernzielkatalogs mit den FD-Leiter*innen.
Im Logbuch findet sich für jeden FD ein an das Logbuch Frankfurt/Main angelehnter
Evaluationsbogen für ein Feedback für den jeweiligen FD. Darin können
PJ-Studierende Feedback zu Betreuung, Unterricht, Tätigkeiten und
Gesamteinschätzung geben. Ebenso können positiv/negativ aufgefallene Aspekte
sowie Verbesserungsmöglichkeiten dokumentiert werden.
Didaktikschulungen
In der schriftlichen Fragebogenerhebung zur Untersuchung des Bedarfs an einer
medizindidaktischen Schulung wurden alle Kompetenzziele mit einer eher hohen
Relevanz zwischen 3 und 6 bewertet ([Abb. 2 ]). Die höchste Relevanz wurde den Kompetenzzielen „Aufgaben
bei der Vorbereitung, Durchführung und Evaluation der PJ-Betreuung zu benennen“
und „Studierenden im PJ strukturiertes Feedback zu geben“ zugeordnet (Median
jeweils 6).
Abb. 2 Relevanz von Kompetenzzielen für eine didaktische Schulung
aus Sicht PJ-lehrender Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamtes
(Fragebogenerhebung, 8 Teilnehmende).
In der vom Projektteam durchgeführten Evaluation der Schulung schätzten die
Teilnehmer*innen eine hohe Zufriedenheit mit der Didaktikschulung (Schulnote
Median 1, MW 1,4, Standard Deviation SD=0.5) und einen Lernzielzuwachs für
sämtliche 10 Lernziele im Post-Prä-Vergleich ein. Sie erachteten auf einer Skala
von 1 (trifft voll zu) bis 5 (trifft nicht zu) den Zeitumfang mit 1.3 (SD=0.7)
als sehr angemessen und schätzten eine gute Umsetzbarkeit der vermittelten
Inhalte mit 1.8 (SD=0.4) ein.
Öffentlichkeitsarbeit
Das Wahlfach ist über das bundesweite PJ-Portal standortübergreifend wählbar. Zur
Information und Ansprache Göttinger Studierender zum PJ-Wahlfach ÖGW wurde ein
fünfminütiges Video für die digitale PJ-Messe der Fakultät erstellt, in dem eine
Studierende aus der Pilotierungsphase ihre Erfahrungen in den FD anschaulich
beschrieb. Inzwischen findet die PJ-Messe wieder halbjährlich im Präsenzformat
statt und das Fach wird dort mit Poster und Stand von der Wahlfachleiterin (AP)
und der PJ-Beauftragten (ID) der Fakultät vertreten.
Darüber hinaus wurde ein digitaler Informationskatalog erstellt, der
studiengangübergreifend Informationen zu Praktika in Gesundheitsämtern der
Region enthält und kontinuierlich aktualisiert wird:
https://generalpractice.umg.eu/fileadmin/Redaktion/Allgemeinmedizin/Dokumente/Informationskatalog_UNITE_Stand_April_2023.pdf
Teilnahme Studierender
Im Zeitraum von Oktober 2021 bis März 2022 nahmen fünf PJ-Studierende aus dem
Wahlfach Allgemeinmedizin im Rahmen der Pilotierungsphase auf freiwilliger Basis
an einwöchigen Hospitationen im Gesundheitsamt teil. In halb- bzw. tageweisen
Rotationen erhielten sie Einblick in die Arbeitsfelder der einzelnen FD und
konnten Teammeetings, Begehungen und Hausbesuche erleben. Sofern es ihnen im
Rahmen der kurzen Rotationen möglich war, gaben sie zu ausgewählten Lernzielen
des Logbuchs mündliches Feedback an das Projektteam und erstellten einen
Kurzbericht über die Rotationen in die jeweiligen FD.
Das PJ-Wahlfach ÖGW im Gesundheitsamt Göttingen ist für Studierende seit
September 2022 buchbar. Im Kooperationsvertrag zwischen UMG und Gesundheitsamt
ist geregelt, dass „die Lehreinrichtung mindestens drei Ausbildungsplätze pro
Jahr für die PJ-Ausbildung im Wahlfach Öffentliches Gesundheitswesen bereit
hält“. Seit Mai 2022 absolvierten drei Studierende der UMG das PJ-Wahlfach ÖGW
vollständig im Gesundheitsamt Göttingen, die vierte Studierende befindet sich
zurzeit im Wahlfach. Sie erhielten Rotationspläne mit Angaben zu den jeweiligen
FD und multiprofessionelle Ansprechpartner*innen. Dies erwies sich für alle
beteiligten Mitarbeiter*innen als praktikabel und transparent. Das Tertial
umfasst monatliche Rotationen in die Bereiche:
Amtsärztlicher Dienst und Bestattungswesen
Kinder- und Jugendmedizinischer Dienst
Infektionsschutz
Sozialpsychiatrischer Dienst.
Die Studierenden nehmen regelmäßig an FD-Besprechungen, an amtsinternen
Fortbildungen wie auch an Online-Fortbildungen der Akademie des öffentlichen
Gesundheitswesens und Veranstaltungen des Niedersächsischen
Landesgesundheitsamtes teil. Im Rahmen der Implementierung wurde eine
strukturierte Rotation ins Niedersächsische Landesgesundheitsamt erarbeitet und
etabliert, so dass die Studierenden Einblicke in die Tätigkeitsfelder der oberen
Landesgesundheitsbehörde erhielten.
Gemeinsam mit PJ-Studierenden im Wahlfach Allgemeinmedizin absolvierten sie eine
Online-Seminarreihe zu multiprofessionellen Themen der Öffentlichen Gesundheit
und der Primärversorgung.
In der schriftlichen Evaluation wurde die Betreuung in allen FD von den
Studierenden als „sehr gut“ (10x) oder „gut“ (2x) eingeschätzt, die
Wissensvermittlung als „sehr gut“ (2x), „gut“ (9x) oder „zufriedenstellend“ (1x)
und die umgesetzten Tätigkeiten als „sehr gut“ (2x), „gut“ (2x),
„zufriedenstellend“ (5x) oder „genügend“ (1x). Alle Studierenden gaben an, im
PJ-Wahlfach ÖGW viele relevante Aspekte für ihre spätere ärztliche Tätigkeit
gelernt zu haben und es anderen Studierenden weiterempfehlen zu können. Ihr
Interessensfokus lag insbesondere auf der Weiterentwicklung ärztlicher
Kompetenzen im Bereich der bürgerbezogenen Prävention und Versorgung. Besonders
positiv herausgestellt wurden:
das hohe Lehrengagement der Mitarbeitenden des Gesundheitsamts
die Teilnahme an der Beratung und Untersuchung von Klient*innen und
Bürger*innen im Gesundheitsamt und im Rahmen von aufsuchenden
Tätigkeiten
die Teilnahme an interdisziplinären Fallbesprechungen und an
Fortbildungen und einer Rotation ins Niedersächsische
Landesgesundheitsamt
Einblick in die Umsetzung von Präventionsprojekten.
Die Studierenden regten zur Weiterentwicklung des PJ Wahlfachs ÖGW konkret an:
Ermöglichung von Gutachtenerstellung unter Supervision, Digitalisierung des
Logbuchs, die Bereitstellung von fachdienstbezogenen medizinischen Dokumenten,
gesetzlichen Vorgaben und Informationen in Form eines (digitalen) Ordners und
die verlässliche Organisation von Mitfahrgelegenheiten für Aktivitäten außerhalb
des Gesundheitsamtes Göttingen (Stadt) wie zum Beispiel in Zweigstellen.
Diskussion
Im Rahmen des Projektes UNITE wurden innerhalb eines Jahres schrittweise die
Voraussetzungen für die Umsetzung eines PJ-Wahlfaches ÖGD im Gesundheitsamt für
Stadt und Landkreis Göttingen geschaffen. Die ersten drei Medizinstudierenden haben
diesen PJ-Abschnitt absolviert und das Wahlfach wird weiterhin regelmäßig
gebucht.
Von besonderem Wert waren in der Konzeptionsphase die durchgeführten einwöchigen
Pilotierungen durch Studierende und in der Umsetzungsphase die umfassenden
Rückmeldungen der ersten PJ-Studierenden über ihr absolviertes PJ-Wahlfach ÖGW. Ihre
Auswertung ermöglichte eine studierendenorientierte Ausrichtung des Lehr-
Lernkonzeptes. Das multiprofessionelle Team des Gesundheitsamtes wurde in die
PJ-Etablierung einbezogen, bedarfsgerecht zu Themen der Lehre und Prüfungen geschult
und erhält aus den Evaluationen der Studierenden Anregungen zur kontinuierlichen
Weiterentwicklung seiner Ausbildungskompetenzen und -inhalte.
Wesentliche Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung des Projektes waren ein
multiprofessionelles Projektteam, eine kontinuierliche Kooperation mit dem
Gesundheitsamt und allen beteiligten Mitarbeiter*innen, das Vorhandensein
personeller und finanzieller Ressourcen im Projekt und die Vergütung der
PJ-Ausbildung durch die Stadt Göttingen sowie das hohe Engagement der teilnehmenden
Studierenden bei der Pilotierung, Umsetzung und Evaluation des PJ-Wahlfachs.
Mit der Umsetzung des neuen PJ-Wahlfachs für die ersten Studierenden offenbarten sich
auch Herausforderungen und Bedingungen für eine erfolgreiche Verstetigung dieses
Wahlfachangebotes. So benötigen die Studierenden während des PJ-Tertials eine
umfassende Supervision durch Lehrende, da sie im klinischen Studienabschnitt bisher
nur wenig Einblick in die Aufgaben und die Arbeitsweise im ÖGD erhalten hatten. Die
Gewährleistung umfassender Supervision bedarf aufgrund der unterschiedlichen
Arbeitszeitmodelle der Mitarbeiter*innen im Gesundheitsamt einer sorgfältigen
Vorabplanung. Auch zur Anleitung und Schulung der nun in Lehre und Prüfungen
involvierten Mitarbeiter*innen und zur Koordination der PJ-Rotationen und
-fortbildungen im Gesundheitsamt werden qualifizierte Mitarbeiter*innen mit
zeitlichen Ressourcen für die neuen Aufgaben benötigt.
Studierende der UMG erhalten nun zum PJ-Wahlfach ÖGD ausführliche Informationen durch
fachlich kompetente Ansprechpartner*innen wie auch digitale Informationsquellen und
können das Fach für ein vollständiges Tertial oder eine Rotation aus einem anderen
Wahlfach heraus wählen und nach festgelegten Standards (geschulte Lehrende,
Fachdienstrotationen, Logbuch mit Ausbildungszielen und standardisierte Evaluation)
absolvieren.
Zur Implementierung interprofessionellen Lernens müssten zeitgleich Praktikant*innen
der Studiengänge der Gesundheitsfachberufe und Medizinstudierende im Gesundheitsamt
lernen. dies war bei den ersten drei PJ-Studierenden noch nicht gegeben. Somit
ergibt sich für die Lehrverantwortlichen der beiden am Projekt beteiligten
Hochschulstandorte und die Lehrenden im Gesundheitsamt mittelfristig die Aufgabe,
potenziell gemeinsam Lernende im Gesundheitsamt Göttingen zu identifizieren, sie zu
begleiten und die Erreichung interprofessioneller Lernziele und Kompetenzen mit
geeigneten Lehr-Lernformen zu fördern.
Für Medizinstudierende der UMG wird die von der Bundesärztekammer wie auch von der
Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. geforderte stärkere
Verankerung von Themen der öffentlichen Gesundheit in die medizinische Ausbildung
für den Ausbildungsabschnitt des Praktischen Jahres beispielhaft umgesetzt [14 ]
[15 ]. Die Etablierung einer Kooperation
zwischen der medizinischen Fakultät und dem kommunalen Gesundheitsamt setzt
gleichzeitig Impulse für eine weiterführende Zusammenarbeit in der Lehre im
vorklinischen und klinischen Studienabschnitt. Ziel ist eine longitudinale und
aufeinander aufbauende Verankerung von Themen der öffentlichen Gesundheit in den
Curricula, die sich am Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM
2.0) [16 ] orientieren, in
medizinischen Prüfungen wie auch in gemeinsamen Präventions- und Forschungsprojekten
. Im aktuellen Gutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung
im Gesundheitswesen wird eine systematische Verankerung der ÖGD-Forschung und eine
wissenschaftliche Fundierung der Ausbildungsinhalte durch die Einrichtung von
Professuren für Öffentliche Gesundheit empfohlen [17 ]. Zur Stärkung der
wissenschaftlichen Grundlagen des ÖGD empfiehlt die Steuerungsgruppe des
Zukunftsforums Public Health darüber hinaus in ihrer Stellungnahme Pakt für den ÖGD,
Kooperationen der Hochschulen zu den Akademien für ÖGW und den Aus-, Fort- und
Weiterbildungsangeboten des ÖGD sicherzustellen sowie Postgraduierten-Programme und
Karriereoptionen für Mitarbeiter*innen des ÖGD zu etablieren, um wissenschaftliche
Laufbahn und Tätigkeit im ÖGD verbinden zu können [18 ]. Ein PJ-Tertial im Medizinstudium
wie auch Praktika gesundheitswissenschaftlicher Berufsgruppen in den verschiedenen
Studiengängen sollen berufliche Perspektiven, z. B. für Mediziner die Weiterbildung
zum Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen, für verschiedene Berufsgruppen,
Spezialisierungen, und wissenschaftliche Karrierewege im Public Health Bereich
aufzeigen, erste Erfahrungen mit multiprofessioneller Zusammenarbeit und
Interdisziplinarität im ÖGD ermöglichen und einem Nachwuchsfachkräftemangel
entgegenwirken [19 ].
Das in diesem Bericht dargelegte Konzept zur Etablierung des PJ-Tertials im
Gesundheitsamt Göttingen und die beschriebenen Erfahrungen in der Umsetzungsphase
sollen anderen Standorten als Beispiel für die Implementierung dieses PJ-Wahlfachs
dienen. Das Logbuch ist online verfügbar und kann auf spezifische Vorortbedingungen
angepasst werden.
Ethik
Die Durchführung von Fragebogenevaluationen wurde der Ethikkommission der
Universitätsmedizin Göttingen (UMG) vorgelegt (3/5/22; 1.6.2022)