Schlüsselwörter breast - lymphatic - breast radiography - covid-19 vaccine
Abkürzungen
BI-RADS:
Breast Imaging Reporting and Data System
CT:
Computer Tomographie
EUSOBI:
European Society of Breast Imaging
FDG-PET:
Fluorodeoxyglucose (FDG)-Positronen-Emissions-Tomographie
HIV:
Humanes Immundefizienz Virus
LA:
Lymphadenopathie
LK:
Lymphknoten
MRT:
Magnetresonanztomografie
mRNA:
Boten Ribonukleinsäure
NST:
No special type
Einleitung
In der Brustdiagnostik kommt der Beurteilung der axillären Lymphknoten (LK) in der
Früherkennung, Abklärung und Nachsorge eine besondere Bedeutung zu. Auffällige LK
können einen Hinweis auf ein bislang unbekanntes Malignom geben, Indiz einer Metastasierung
sein oder reaktiv im Rahmen zahlreicher anderer Ursachen auftreten [1 ]
[2 ]. Durch die seit Ende 2020 zur Verfügung stehenden Impfstoffe zur Prävention einer
schweren COVID-19-Erkrankung traten gehäuft meist ipsilaterale axilläre Lymphadenopathien
(LA) auf. Auch wenn der Zusammenhang aus der Anamnese oftmals klar erschien, bestand
eine Unsicherheit, wie mit solchen Befunden umgegangen werden sollte. Eine zuverlässige
Aussage bezüglich einer impfinduzierten LA anderer Impfstoffe wie der saisonalen Influenzaimpfung
ist aufgrund der mangelnden Datenlage nicht möglich. Die in den Herbst- und Wintermonaten
vermehrt durchgeführten Impfungen (SARS-CoV-2 und Influenza) sowie die möglicherweise
in Zukunft verfügbaren kombinierten Influenza-/COVID-19-Impfungen könnten zu einer
erneuten Häufung einer axillären LA in der Gesamtbevölkerung führen [3 ]. Eine Auseinandersetzung mit Einflüssen und Vorgehen im Fall einer impfassoziierten
axillären LA erscheint daher sinnvoll.
Der Artikel gibt einen Überblick über die aktuelle Datenlage und illustriert diese
anhand der nun vorliegenden Evidenz mit Untersuchungsbeispielen. Angelehnt an die
initial 2021 veröffentlichten, im Jahr 2023 aktualisierten Empfehlungen der EUSOBI
[4 ]
[5 ] werden in einem Flussdiagramm Handlungsempfehlungen gegeben ([Abb. 1 ]).
Abb. 1 Zusammenfassendes Flowchart für das Procedere bei einer LA im Rahmen der Mammadiagnostik
nach COVID-19-Impfung. BI-RADS = Breast Imaging and Reporting Data System, LA = Lymphadenopathie,
“>” und “<” bedeutet zeitlicher Abstand zur Impfung, LK = Lymphknoten.
Diagnostik axillärer Lymphknoten
Diagnostik axillärer Lymphknoten
Die Mammografie eignet sich eingeschränkt zur Beurteilung der Dignität axillärer LK
([Abb. 2 ]). Bei auffälligen axillären LK wird eine ergänzende Sonografie und gegebenenfalls
eine Biopsie entsprechend dem vorgeschlagenen Algorithmus zur Abklärung klinisch suspekter
LK empfohlen ([Abb. 1 ]).
Abb. 2 Lymphknoten in der Mammografie. A–B Mammografie in MLO-Projektion. A Screening-Mammografie einer 53-jährigen Frau mit unauffälligen axillären LK. B Mammografie einer 73-jährigen Patientin. Rechts axillär sind mehrere runde und ovale
LK mit hoher Dichte abgrenzbar. Die letzte COVID-19-Impfung lag mehr als 8 Monate
zurück. Die Sonografie ergab mehrere LK ohne Fetthilus. Die sonografsiche Verlaufskontrolle
nach 3 Monaten ergab einen unveränderten Befund. Einer der LK wurde repräsentativ
stanzbiopsiert und ergab histologisch entzündliche, benigne Veränderungen.
Im FDG-PET-CT können reaktive LK nach COVID-19-Impfung eine Tracerbelegung aufweisen
[6 ]
[7 ]. Eine therapierelevante PET-CT sollte nicht durch eine COVID-19-Impfung verzögert
werden. Wenn möglich, sollte die FDG-PET-Untersuchung mit einem zeitlichen Abstand
zur Impfung durchgeführt werden, bei Malignomen von mehr als 2 Wochen nach Impfung,
bei allen anderen Erkrankungen von 4 bis 6 Wochen nach Impfung [7 ].
Der Ultraschall gilt bei der Beurteilung der axillären LK als die Modalität der Wahl
[8 ] und weist verglichen mit der Mammografie eine bessere diagnostische Genauigkeit
auf [9 ]. Ein unauffälliger LK hat eine ovale Form mit echoreichem, fetthaltigem Hilus und einem echoarmen, schlanken
Kortex mit einer Breite ≤3mm ([Abb. 3 ]).
Abb. 3 Morphologie benigner und malingomsuspekter LK in der Sonografie der Axilla. A und B Unauffällige LK mit einer Größe von A: 27 × 7 mm, Rinde <2 mm und B: 12 × 6 mm, Rinde
bis 2 mm. Der Fetthilus ist jeweils erhalten und die Rinde misst <3 mm. C Asymmetrisch verbreiterter Kortex bis 8 mm mit abgrenzbarem Fetthilus. Für die Herangehensweise
der LK-Diagnostik ist die Kortexbreite entscheidender als der Gesamtdiameter des LK
von 25 × 12 mm. Die Histologie ergab benigne, reaktive Veränderungen. D Suspekter LK mit destruiertem Fetthilus bei einer Patientin, die sich im Rahmen der
Früherkennung vorstellte. Es handelte es sich um einen reaktiven LK nach stattgehabter
COVID-Impfung. E + F Sonografie (E ) und Farbdoppler (F ) bei einer Patientin, die sich im Rahmen der bislang unauffälligen Nachsorge eines
Mammakarzinoms vorstellte. Es fiel eine vermehrter Gefäßperfusion des Kortex auf,
sodass sich der Verdacht auf einen malignomsuspekten Befund ergab. Die histologische
Sicherung ergab hier eine chronische lymphathische Leukämie.
Der metastatische Befall eines LK erfolgt von peripher nach zentral, wodurch die Rinden-Mark-Struktur
entsprechend verändert wird. Kriterien für suspekte axilläre LK sind eine teilweise oder vollständig verdickte Rinde >3 mm, eine gelappte,
asymmetrische Konfiguration der Rinde und eine Auflösung der Rinden-Mark-Struktur
mit randlich verdrängtem, partiellem oder komplettem Verlust des Fetthilus [10 ]
[11 ]. Maligne LK können eine vermehrte Vaskularisation einschließlich peripherer und
subkapsulärer Anteile aufweisen ([Abb. 3 ], [Abb. 4 ], [Abb. 5 ]).
Abb. 4 Mammografie und Sonografie mit Lymphknotenmetastase links axillär. Mammografie (A ) und Sonografie (B ) einer 40-jährigen Patientin mit histologisch gesichertem Mammakarzinom links (G2,
mäßig differenziert, no special type (NST), Östrogenrezeptor 95%, Progesteronrezeptor
5%, HER2/neu: negativ, Ki-67: 10%) und histologisch gesicherter LK-Metastase. A Mammografie der linken Brust (MLO). Das Mammakarzinom entspricht dem spikulierten
Herdbefund, die Lymphknotenmetastase dem vergrößerten LK ohne positives Fetthilushiluszeichen
(Stern). B Sonografisch zeigt der LK einen irregulär konfigurierten und verbreiterten Kortex
und Hilusrarefizierung.
Abb. 5 Malingomsuspekte Lymphknoten in unterschiedlichen Modalitäten. 34-jährige Patientin
mit histopathologisch gesichertem, invasiv duktalem Mammakarzinom in der linken Mamma
(no special type (NST), triple negativ, G3, Ki-67: 30%). A Mammografie der linken Mamma in MLO-Projektion. In dem inhomogen dichten Drüsengewebe
ist das Mammakarzinom nicht eindeutig abgrenzbar. Ein axillärer LK lässt sich abgrenzen
(Pfeil). Eine Aussage über dessen Dignität ist nicht möglich. B Mamma-MRT mit T1-gewichteter Subtraktionsaufnahme. Das Mammakarzinom mit einer Ausdehnung
von 2 cm nimmt randständig betont, inhomogen Kontrastmittel auf und ist zentral nekrotisch
(Pfeil). C Mamma-MRT: Die T2-gewichtete Sequenz zeigt links axillär in der Anzahl vermehrte
LK mit nicht eindeutig pathologischer LK-Morphologie (Pfeil). D Sonografisch stellte sich das Mammakarzinom als inhomogener, hypoechogener Herdbefund
mit unregelmäßiger Konfiguration dar. E Die Sonografie links axillär: Alle LK hatten in der Sonografie einen erhaltenen Fetthilus
und eine ovale Form. Einer dieser LK zeigte eine asymmetrische Kortexverbreiterung
mit 5 mm und entsprach histologisch einer LK-Metastase (Pfeil).
Ursachen für eine axilläre Lymphadenopathie
Ursachen für eine axilläre Lymphadenopathie
Für eine axilläre LA können zahlreiche Ursachen verantwortlich sein ([Tab. 1 ]). Eine reaktive LA liegt in 13–24% der Fälle vor [12 ]. Neben infektiöser Genese können autoimmunologische oder seltener maligne Erkrankungen
für eine axilläre LA ursächlich sein (8). Die impfassoziierte axilläre LA wurde vor
Einführung der COVID-19-Impfungen selten beobachtet. Eine LA nach Influenza-, Masern-,
Pocken- oder Milzbrand-Impfung ist bekannt [13 ]. Ein weiterer Grund für die unter COVID-19-Impfungen beobachtete Häufung von axillärer
LA könnte in der immunogenen Wirkung von mRNA Impfstoffen liegen [14 ]. Im Hinblick auf die Ursachenfindung ist die Erhebung der Anamnese entscheidend.
Auch ein unilaterales vs. bilaterales Vorliegen der LA kann Hinweise auf die Genese
geben. Während eine unilaterale axilläre LA auf eine lymphatische Metastasierung oder
ein lokales Infektgeschehen hinweist, kann die bilaterale axilläre LA ein Indiz für
eine systemische inflammatorische Erkrankung, ein Lymphom oder eine Leukämie sein.
Tab. 1 Ursachen für axilläre Raumforderungen: Lymphadenopathien (LA) und deren Differenzialdiagnosen.
Formenkreis
Erkrankung oder Erreger
HIV = Humanes Immundefizienz-Virus, LA = Lymphadenopathie, LK = Lymphknoten
Reaktiv ohne Erregernachweis
LK-Abszess, Hautverletzungen, Abszesse an Arm und Hand, Dermatitis, Phlegmone, unspezifisch
nach Infektionen, Endokarditis, nach Operationen
Reaktiv durch Fremdkörper
Silikonimplantate, Fremdkörpergranulom, Reaktion auf Nahtmaterial, Z.n. Tätowierung
Reaktiv impfassoziiert
COVID-19, Influenza, Masern, Pocken, Milzbrand
Reaktiv mit Erregernachweis
Viral: Ebstein-Barr Virus, Zytomegalievirus, infektiöse Hepatitis, postvirale Lymphadenitis,
Adenoviren, Herpesviren, Humanes immunodefizienz-Virus (HIV), Kaposi-Sarkom
Bakteriell: Lokale kutane Infektionen mit Staphylokokken oder Streptokokken.
Katzen-Kratz-Krankheit (Bartonella henselae), Tuberkulose, atypische Mykobakterien,
Syphilis, Chlamydien, Toxoplasmose, Borreliose, Rickettsien, Helminthien (Filiarisis),
Salmonellen,
Mykotisch: Histoplasmose, Kryptokokkose
Maligne
Lokoregionäre Metastasen des Mammakarzinoms und des malignen Melanoms, Fernmetastasen
aller anderen Malignome, Lymphome, akute und chronische Leukämien
Autoimmun
Rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes, Psoriasis, Dermatomyositis,
Sjögren Syndrom
Atypische lymphoproliferative Krankheiten
Angiofollikuläre LK-Hyperplasie (Castleman disease), angioimmunoblastische LA mit
Dysproteinämie, angiozentrische immunproliferative Erkrankungen
Granulomatöse Erkrankungen
Sarkoidose (Morbus Boeck), Tuberkulose, Granulomatose mit Polyangiitis, Berylliose,
Silikose, lymphomatoide Granulomatose
Hypersensitivitäts-Syndrome
Medikamentenassoziiert: Diphenylhydantoin, Carbamazepin, Primidone, Gold, Allopurinol,
Indomethacin, Sulfonamide), Silikonreaktion, Serumkrankheit, Graft-vs.Host-Krankheit
Lymphatisch und Lymphoproliferativ
Lymphangiom, Amyloidose, Speichererkrankungen, Vaskulitiden, systemische Mastozytose,
Waldenström Makroglobinämie
Andere seltene Ursachen der LA
Inflammatorischer Pseudotumor der LK, histiozytische nekrotisierende Lymphadenitis
(Kikuchi LA), Rosai-Dorfmann-Erkrankung
LK imitierende axilläre Raumforderungen ohne Bezug zu lymphatischem Gewebe
Neurogen: Perineuralscheidentumore, Schwannom/Neurofibrom
Lipomatös: Lipom, Liposarkom
Vaskulär: Hämangiom
Muskulär: Rhabdomyom, Rhabdomyosarkom
Chondrogen: Osteochondrom, Chondrom, Chondrosarkom
Fibrös: Fibrom, malignes fibröses Histiozytom
Einen Überblick über die Ursachen einer axillären LA gibt [Tab. 1 ].
Studien zur Lymphadenopathie mit Fokus auf die COVID-19-Impfung
Studien zur Lymphadenopathie mit Fokus auf die COVID-19-Impfung
Das Auftreten der axillären LA nach Impfung in die Oberarmmuskulatur ist bei einigen
Impfstoffen bekannt und Ausdruck einer lokalen Immunantwort. Im Unterschied zu den
COVID-19-Impfungen ist die Datenlage bezüglich anderer Impfstoffe unzureichend, um
genaue Aussagen zur Häufigkeit und Dauer der axillären LA zu treffen ([Tab. 2 ]).
Tab. 2 Impfstoffe mit Häufigkeiten und Dauer einer Lymphadenopathie.
Impfstoff
Häufigkeit
Dauer
Influenza
5,13–19% [15 ]
[16 ]
[17 ]
Mind. 5–7 Tage
Masern (attenuierter Lebendimpfstoff)
Fallbericht [18 ]
Nicht angegeben
Tetanus
Fallbericht [19 ]
Nicht angegeben
Pocken
61,8% [20 ]
Mind. 10 Tage
Die Immunantwort in Form einer axillären LA nach Impfung wurde in PET-CT-Studien verschiedener
Impfstoffe beschrieben [15 ]
[21 ]. In einer Kohortenstudie wurde im Jahr 2021 mittels PET-CT bei 4 von 78 Patientinnen
und Patienten nach einer kürzlich durchgeführten Influenza-Impfung eine vermehrte
Tracer-Aufnahme in den axillären LK festgestellt, was einem Anteil von 5% entspricht
[15 ]. In einer direkten Vergleichsstudie zwischen COVID-19- und Influenza-Impfung trat
die axilläre LA nach einer COVID-19-Impfung signifikant häufiger auf (45%) als nach
Influenza-Impfung (19%) [16 ].
Nach Beginn der COVID-19-Impfungen klagten viele der Geimpften, insbesondere jüngere
Menschen [22 ], in den folgenden Tagen über eine häufig schmerzhafte Schwellung der axillären LK.
Die Schmerzen waren im Mittel 7 Tage nach Impfung rückläufig [23 ]
[24 ]
[25 ]. Dazu wurden überwiegend Fallberichte veröffentlicht [13 ]
[26 ]
[27 ]. Die Dauer der axillären LA nach COVID-Impfung betrug nach der Grundimmunisierung
im Mittel 97–129 Tage und 102±56 Tage nach Booster-Impfung [28 ]
[29 ]. Damit ist inzwischen bewiesen, dass die LA nach COVID-19-Impfung später auftritt
und länger dauert als zunächst im Jahr 2021 angenommen.
Es wurden variierende Empfehlungen zur Verlaufskontrolle im Fall einer LA nach COVID-19-Impfung
nach 4–12 Wochen herausgegeben [4 ]
[28 ]
[30 ]. Eine Rückbildung der vergrößerten axillären LK nach COVID-19-Impfung wurde im Mittel
nach 4,3 Monaten beobachtet [31 ].
Die axilläre Lymphadenopathie bleibt für die Betroffenen meist unbemerkt. Das zeigt
der Vergleich von zwei großen Kohortenstudien. Bei 16471 mit Spikevax (Moderna) Geimpften
betrug in einer retrospektiven Studie die von Ärzten in der Krankengeschichte dokumentierte
Inzidenz einer axillären LA nach 27 Tagen maximal 0,7% [17 ]. Wurden die Geimpften dezidiert nach einer axillären LA befragt, gaben diese axilläre
Schmerzen und Schwellungen an, die als LA gewertet wurden. Bei dieser fokussierten
Fragestellung zeigt sich bei einer ähnlichen Kohortengröße von 15181 Geimpften eine
Inzidenz von 23,8% [18 ]. Interessanterweise variiert nicht nur die Häufigkeit der axillären LA unter den
Impfstoffen, sondern auch die Morphologie der Lymphknoten. Während nach Gabe von Comirnaty
(Biontech/Pfizer) eine höhere Anzahl vergrößerter LK gefunden wurde, wiesen die mit
Spikevax (Moderna) geimpften Probanden einen im Durchschnitt größeren Diameter und
eine größere Kortexbreite auf als die, die zuvor den Impfstoff Comirnaty (Biontech/Pfizer)
erhalten hatten [17 ]
[19 ].
Die Studien zur Dauer der axillären LA nach Booster-Impfung ergaben insgesamt eine
etwas kürzere Dauer der LA [20 ] im Vergleich zur Primärimpfung. Aufgrund unterschiedlicher Impfstoffkombinationen
sind diese Studien nur schwer vergleichbar.
Die meisten Studien beziehen sich auf die Grundimmunisierung mit COVID-19-Impfstoffen.
Einen Überblick über die gemittelte Häufigkeit der LA nach COVID-Impfung gibt [Tab. 3 ]. Zudem gilt zu berücksichtigen, dass die Datenlage zu den verschiedenen Impfstoffen
sich ebenfalls unterscheidet. Aufgrund der häufigeren Verwendung der mRNA-basierten
Impfstoffe haben viele Studien ihren Fokus auf die axilläre LA nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen
gelegt, während die übrigen Impfstoffe zum Teil in Fallberichten oder kleineren Studien
Erwähnung finden. Eine Studie über die zeitgleiche Applikation der COVID-19-Impfung
und der saisonalen Grippeimpfung ergab keine Erhöhung der Nebenwirkungen und eine
adäquate Antikörperbildung auf beide Impfstoffe [3 ]. Zu den erst seit kurzer Zeit in Phase-2- und -3-Studien befindlichen Kombinationsimpfstoffen
gegen COVID-19 und Grippe liegen derzeit noch keine Ergebnisse vor.
Tab. 3 gibt einen Überblick über die Häufigkeit einer axillären LA, unterteilt nach Impfstoffen.
Impfstoff
Häufigkeit LA (Spanne in %)
Anzahl der geimpften ProbandInnen pro Studie
Comirnaty (Biontech/Pfizer)
0,3–53 [32 ]
[33 ]
[34 ]
[35 ]
[36 ]
[37 ]
19 [32 ], 91 [33 ], 728 [34 ]
[36 ], 390 [35 ], 51795 [37 ]
Spikevax (Moderna)
0,7–40 [32 ]
[33 ]
[35 ]
[37 ]
[38 ]
[39 ]
14 [32 ], 55 [33 ], 43 [35 ], 15181 [38 ]
[39 ], 16471 [37 ]
Jcovden (Johnson&Johnson)
Keine ausreichenden Daten vorliegend
Vaxzevria (Astrazeneca)
63,6 [33 ]
77 [33 ]
Birmervax (Hipra)
Keine ausreichenden Daten vorliegend
Nuvaxovid (Novavax)
Keine ausreichenden Daten vorliegend
VidPrevtyn Beta (Sanofi Pasteur)
Keine ausreichenden Daten vorliegend
Zusammenfassend ist eine axilläre LA nach COVID-19-Impfung eine häufige Nebenwirkung,
die im Rahmen der senologischen Diagnostik berücksichtigt werden muss.
Procedere bei V. a. impfassoziierte LA im Rahmen der Mammadiagnostik
Procedere bei V. a. impfassoziierte LA im Rahmen der Mammadiagnostik
Anamnestisch sollte zunächst der Impfstatus erhoben werden. Dazu zählen die Dokumentation
von Impfstoff, Impfdatum, Anzahl der Impfungen und Impflokalisation [4 ]. Ein zeitlicher Bezug zur Impfung ist herzustellen, da sich hieraus das weitere
Vorgehen für Verlaufskontrollen ergibt. Liegt die Impfung mehr als 3 Monate zurück
und die LA persistiert, wird eine Verlaufskontrolle empfohlen [31 ]. Eine Kontrolle kann ebenfalls sinnvoll sein, wenn sich kein sicherer Zusammenhang
der axillären LA zu einer Impfung herstellen lässt, z.B. aufgrund fehlender anamnestischer
Informationen oder unklarer Angaben zur Seite der Impfung oder zum zeitlichem Zusammenhang.
Angelehnt an die Empfehlungen der EUSOBI [4 ]
[5 ] zeigt das Flussdiagramm das Vorgehen in Abhängigkeit der Dauer der LA, des klinischen
Befundes und der Anamnese ([Abb. 1 ]). Im Flussdiagramm wurde die 5. Edition des Breast Imaging Reporting and Data System
(BI-RADS) verwendet.
Im Rahmen der Nachsorge ist die Impfung auf der kontralateralen Seite zum behandelten
Mammakarzinom zu bevorzugen und wenn möglich zeitlich versetzt, idealerweise nach
dem geplanten Nachsorgetermin [4 ]. Das Mammografie-Screening sollte aufgrund der Impfsituation nicht verzögert werden,
eine Verlängerung des Screening-Intervalls mit Terminverschiebung der Screening-Mammografie
wird daher nicht empfohlen [5 ]
[32 ]. Dem schließt sich ein Update zum Management axillärer LA nach COVID-19-Impfung
der EUSOBI an, da ein negativer Effekt auf die Brustkrebsmorbidität und –mortalität
in den USA beobachtet wurde [33 ]
[34 ]
[35 ].
A. LA in der Früherkennung und in der Abklärungssituation symptomatischer Patientinnen
ohne Anhalt für Malignität (BI-RADS 1 und 2)
Für eine axilläre LA bislang brustgesunder Patientinnen mit bildgebend unauffälligem
Mammabefund vor (BI-RADS 1 oder BI-RADS 2) gilt [4 ]
[36 ]
[37 ]:
Liegt eine axilläre LA mit einer passenden Impfanamnese (COVID-19-Impfung der symptomatischen
Seite wenige Tage bis Wochen vor LA) und Rückbildung der LA innerhalb von 3 Monaten
vor, ist bei einer ansonsten unauffälligen Brustdiagnostik keine weitere Kontrolle
notwendig [5 ].
Liegt eine länger als 3 Monate bestehende axilläre LA mit positiver Impfanamnese vor,
wird eine einmalige Verlaufskontrolle der LA nach weiteren 3 Monaten empfohlen. Ergibt
die Kontrolle einen persistierenden, größenprogredienten oder morphologisch auffälligen
LK, sollte eine Biopsie durchgeführt werden.
B. LA und intramammärer Befund in der Früherkennung, Abklärung und Nachsorge (BI-RADS
3–5)
BI-RADS 3-Befunde der Mamma können eine Herausforderung darstellen. In solchen Fällen
sollte ein besonderes Augenmerk auf die Morphologie der LK und das Risikoprofil gelegt
werden. Intramammäre BI-RADS 3-Befunde mit axillärer LA sollten nach 3 Monaten verlaufskontrolliert
werden. Intramammäre BI-RADS 4- oder 5-Befunde werden minimal-invasiv abgeklärt. Bei
BI-RADS 5-Befunden kann zeitgleich die minimal-invasive Abklärung der Mamma und der
LA erfolgen.
Sollte sich nach Biopsie eines intramammären Befundes ein Malignom ergeben (BI-RADS
6), wird der suspekte LK sonografisch gestützt stanzbiopsiert.
C. LA bei Diagnose eines Malignoms in Früherkennung, Abklärung und Nachsorge (BI-RADS
6)
Im Fall eines neu diagnostizierten Karzinoms BI-RADS 6 gilt [4 ]
[36 ]
[38 ]
[39 ]:
Suspekte axilläre LK sollten histologisch gesichert werden, auch wenn eine Impfanamnese
besteht. Priorität hat die zeitnahe Einleitung der weiteren Diagnostik und Therapie
(siehe Fallbeispiel, [Abb. 5 ]).
D. LA in der Nachsorge und intramammärer Befund in der BI-RADS 1-, 2- oder 3-Kategorie
In der Nachsorge ist ein individualisiertes Vorgehen zu bevorzugen, je nach Risikoprofil
für ein Rezidiv. Dennoch gilt im Allgemeinen [4 ]
[6 ]
[36 ]:
Im Fall eines geringen Rezidivrisikos, einer zur LA passenden Impfanamnese (COVID-19-Impfung
der symptomatischen Seite wenige Tage bis Wochen vor LA) und Rückbildung der LA innerhalb
von 3 Monaten ist bei einer ansonsten unauffälligen Brustdiagnostik keine weitere
Kontrolle notwendig [5 ]. Die Nachsorgeintervalle werden nicht verändert.
Liegt ein geringes Rezidivrisiko und eine passende Impfanamnese vor und die Dauer
der LA besteht länger als 3 Monate, wird eine einmalige Verlaufskontrolle der LA nach
weiteren 3 Monaten empfohlen. Ergibt die Kontrolle einen persistierenden, größenprogredienten
oder morphologisch auffälligen LK, sollte eine Biopsie durchgeführt werden.
Bei einem hohen Rezidivrisiko wird eine Biopsie unabhängig vom Impfzeitpunkt empfohlen.
E. LA in komplexen Situationen und seltenere Krankheitsbilder
Handelt es sich um eine komplexe Situation wie zum Beispiel bei puerperalen und non-puerperalen
Mastitiden oder Veränderungen aufgrund von Therapiefolgen ist ein individuelles Vorgehen
erforderlich. Die LA kann in diesen Fällen auch durch die zugrundeliegende Erkrankung
verursacht sein. In diesen Fällen wird eine Kontrolle des LK-Status nach 3 Monaten
empfohlen, beziehungsweise nach Abklingen der Mastitis.
Einen Überblick zum Prozedere bei einer LA simultan zu einer COVID-19-Impfung gibt
das an die Empfehlungen der EUSOBI [4 ] angelehnte Flussdiagramm in [Abb. 1 ].
Klinische Relevanz
Die LA, insbesondere nach COVID-19-Impfung, ist ein häufiger Befund, wobei nach spätestens
6 Monaten von einer vollständigen Regredienz ausgegangen werden kann.
Kann eine Malignität in Zusammenschau der Befundkonstellation nicht ausgeschlossen
werden, erfolgt je nach Risikoprofil entweder eine kurzfristige Verlaufskontrolle
mittels Sonografie nach 3 Monaten oder eine bioptische Sicherung.
Liegt in der Kontrollsituation eine Regredienz der Befunde vor, kann eine Rückkehr
zu den allgemein üblichen Früherkennungs- oder Nachsorgeschemata erfolgen.