Zusammenfassung
Die Migräne als häufige neurologische Erkrankung (10-15% der Bevölkerung) ist mit
zahlreichen Komorbiditäten assoziiert, insbesondere mit anderen
Schmerzsyndromen, psychischen Erkrankungen und funktionellen Störungen. Diese
‚psychosomatischen‘ Komorbiditäten nehmen mit der Migräneschwere weiter zu.
Schwer betroffene, komorbide Patienten haben oft auch ein schlechteres
Ansprechen auf die spezifische Migränetherapie. Interessanterweise haben die
Migräne und die genannten Komorbiditäten zahlreiche gemeinsame ätiologische oder
begünstigende Faktoren, z.B. genetische Faktoren, das häufigere Vorkommen bei
Frauen und bei Menschen mit traumatischen Vorerfahrungen, sowie (bei
Schmerzsyndromen) Zeichen einer zentralen Sensibilisierung. Eine weitere
Gemeinsamkeit ist der Zusammenhang mit aktuellem oder chronischem Stresserleben.
Wir schlagen ein erweitertes Diathese-Stress-Modell vor, das zusammenhängende,
aber doch individuell unterschiedliche Vulnerabilitäten berücksichtigt und,
abhängig vom Stresserleben, sowohl das Auftreten einzelner Erkrankungen (z.B.
einer isolierten Migräne) als auch das gemeinsame Auftreten der Migräne mit
anderen Schmerzsyndromen und weiteren psychosomatischen Komorbiditäten abbilden
kann. Zusammenfassend sollten psychosomatische Begleiterkrankungen in der
Migränetherapie stets im Blick behalten und ggf. frühzeitig und multimodal
behandelt werden.
Abstract
As a common neurological disorder (10-15% of the population), migraine is
associated with numerous comorbidities, particularly other pain syndromes,
mental illnesses and functional disorders. These 'psychosomatic'
comorbidities increase with migraine severity. Severely affected, comorbid
patients also often have a poorer response to specific migraine therapy.
Interestingly, migraine and the comorbidities mentioned have a number of common
aetiological or facilitating factors, e.g. genetic factors, and show a higher
incidence in women and in people with previous traumatic experiences, as well as
(in the case of pain syndromes) signs of central sensitization. Another common
feature is the association with current or chronic stress. We propose an
extended diathesis-stress model that takes into account interrelated but
individually different vulnerabilities and, depending on the stress experience,
can depict both the occurrence of individual disorders (e.g. an isolated
migraine) and the joint occurrence of migraine with other pain syndromes and
other psychosomatic comorbidities. In summary, psychosomatic comorbidities
should always be kept in mind in migraine therapy and, if necessary, treated
early and multimodally.
Schlüsselwörter
Migräne - Kopfschmerz - Depression - Angst - funktionelle Beschwerden
Keywords
Migraine - depression - anxiety - functional disorders - headache