Einleitung
Wissenschaftliche Aktivitäten sind für den Fortschritt einer medizinischen Fachdisziplin
und die hohe Qualität der Patientenversorgung von großer Bedeutung [1 ]
[2 ]. Neben Krankenversorgung und Lehre ist die Wissenschaft zudem zentrales Element
der akademischen Radiologie.
Durch steigende Arbeitsverdichtung [3 ] und zunehmenden Fachkräftemangel kann die Durchführung erfolgreicher und nachhaltiger
Forschungsaktivitäten sehr anspruchsvoll sein. In diesem Zusammenhang ist die Kenntnis,
Bereitstellung und Förderung wissenschaftlicher Erfolgsfaktoren entscheidend, um
auch zukünftig die Qualität wissenschaftlicher Aktivitäten in der Radiologie zu garantieren.
Die objektive Messbarkeit wissenschaftlichen Erfolgs stellt eine Herausforderung dar
und ist Gegenstand fortlaufender Diskussion [4 ]
[5 ]
[6 ]
[7 ]. Das Comprehensive Career-Success Model for Physician–Scientists von Rubio et al. beschreibt Faktoren, die akademischen Erfolg in der Medizin bedingen und Merkmale,
die den resultierenden Erfolg kennzeichnen [8 ]. Die Autoren unterscheiden zwischen persönlichen und organisatorischen Erfolgsfaktoren sowie intrinsischen und extrinsischen Erfolgsmerkmalen.
Zahlreiche Arbeiten haben in den vergangenen Jahren Aspekte des beschriebenen Modells
in internationalen, nicht-radiologischen Umgebungen bestätigt. So konnten z.B. Mentoring,
Netzwerke und geschützte Forschungszeiten als relevante organisatorische Erfolgsfaktoren identifiziert werden [8 ]
[9 ]
[10 ]
[11 ]. Die Motivation der Forschenden wurde als relevanter persönlicher Erfolgsfaktor beschrieben [7 ]. Die Kenntnis solcher Faktoren erlaubt ihre Berücksichtigung und Integration in
bestehende wissenschaftliche und interpersonelle Strukturen und kann so den Erfolg
wissenschaftlicher Aktivitäten steigern. Für das Fachgebiet der Radiologie gibt es
bisher keine Untersuchung zu wissenschaftlichen Erfolgsfaktoren.
Ziel dieser Arbeit war es, die Motivation und Erfolgsfaktoren von Forschenden in der
deutschen Radiologie zu identifizieren.
Material und Methoden
Fragebogen
Für die Datenerhebung wurde ein deutschsprachiger strukturierter Fragebogen mit 54
Fragen entwickelt (siehe Supplemente). Der Fragebogen beinhaltete im ersten Teil Fragen
zu persönlichen Merkmalen wie Alter, Geschlecht und aktueller Arbeitsposition. Im
Falle keiner bestehenden wissenschaftlichen Aktivität des Teilnehmenden wurde die
Umfrage nach Erfassung der persönlichen Merkmale beendet.
Für wissenschaftlich aktive Teilnehmende wurden in Anlehnung an das Karriere-Erfolgsmodel
von Rubio et al.
[8 ] im zweiten Block Fragen zu persönlichen und organisatorischen Erfolgsfaktoren sowie intrinsischen (z.B. Zufriedenheit) und extrinsischen (z.B. Anzahl wissenschaftlicher Publikationen) Erfolgsmerkmalen gestellt ([Tab. 1 ]). Auf Basis des Modells wird davon ausgegangen, dass Erfolgsmerkmale durch Erfolgsfaktoren
bedingt bzw. begünstigt werden. Um diesen Zusammenhang zu untersuchen, wurden Auswahlfragen
verwendet, entweder mit einer einzelnen Antwortmöglichkeit oder Fragen, die auf einer
7-stufigen Likert-Skala beantwortet wurden (1: stimme überhaupt nicht zu; 7: stimme
völlig zu). Vor der Versendung des finalen Fragebogens an die Teilnehmenden wurde
ein kognitives Pretesting
[12 ] mit fünf Personen verschiedener wissenschaftlicher und klinischer Erfahrungsstufen
durchgeführt.
Tab. 1 Darstellung des Karriere-Erfolgsmodells für ärztliche Wissenschaftler nach Rubio et al.
[8 ].
Erfolgsfaktoren
Erfolgsmerkmale
In Klammern sind die jeweils in dieser Umfrage erfassten Faktoren und Merkmale genannt.
Persönliche Faktoren:
Demografische Faktoren (Alter, Geschlecht, Familienstruktur), Psychosoziales Milieu
(nicht untersucht), Bildung (Abschlüsse/Titel, Forschungserfahrung), Persönlichkeit
(Motivation, Interesse)
Organisatorische Faktoren:
Institutionelle Ressourcen (Infrastruktur, Unterstützung von Wissenschaft), Training
(Didaktische Programme, Forschungserfahrung), Beziehungsfaktoren (Mentoring als Mentee,
Netzwerke), Interessenkonflikte (Klinische Verantwortlichkeiten bzw. Freistellung)
Extrinsische Merkmale:
Führungspositionen (Titel), Drittmittel, Publikationen
Intrinsische Merkmale:
Berufliche Zufriedenheit, Karriere-Zufriedenheit, Lebenszufriedenheit
Datenakquisition
Die Datenerhebung wurde im Zeitraum vom 17.03.2023 bis zum 30.06.2023 als anonyme
Online -Querschnittsumfrage (Microsoft Forms, Microsoft, Redmond, U.S.A.) durchgeführt. Der
Link zum Fragebogen wurde als Teil der monatlichen Newsletter an alle Mitglieder der
DRG und des Forums Junge Radiologie (FJR) gesandt. Zusätzlich erfolgte die Aufforderung
zur Teilnahme über die Social-Media-Kanäle der DRG (LinkedIn: 5267 Follower, Instagram:
1765 Follower, Stand 01.03.2024) und des FJR (Instagram: 1655 Follower, Stand 01.03.2024).
Statistik
Die Analyse der Daten erfolgte mit R (Version 4.3.1, R Foundation for Statistical
Computing, Wien, Österreich). In der deskriptiven Datenauswertung wurden kontinuierliche
Variablen als Mittelwert, Standardabweichung (SD) und Spannweite angegeben. Kategoriale
Variablen wurden als absolute Werte sowie relativ in Prozent beschrieben. Antworten
auf Likert-Skalen wurden für alle sieben Kategorien als relative Werte in Prozent
dargestellt. Um die Verständlichkeit zu erhöhen, wurden in der Verschriftlichung der
Ergebnisse die Kategorien 1 bis 3 der siebenstufigen Likert-Skala als „Ablehnung“
und die Kategorien 5 bis 7 auf der Likert-Skala als „Zustimmung“ zusammengefasst [13 ].
Regressionsanalysen wurden für kontinuierliche Variablen mittels linearer Regressionsmodelle,
für binäre Variablen mittels binär-logistischer Regressionsmodelle und für multikategoriale
Variablen mittels multinominaler logistischer Regressionsmodelle durchgeführt. Die
Confounder-Variablen Alter (außer bei der Analyse des Habilitationsalters), Geschlecht,
Anzahl der Kinder, Arbeitsposition und Arbeitsinstitution sowie alle Prädiktorvariablen
(Erfolgsfaktoren) wurden in die Regressionsmodelle eingeschlossen. Alle Antwortmöglichkeiten
der 7-Punkte Likert-Skala (auch die „indifferente“ 4) wurden in den Regressionsanalysen
berücksichtigt.
Vor Durchführung der binär-logistischen und multinominalen Regressionsmodelle wurden
basierend auf inhaltlichen Überlegungen die relevantesten Prädiktorvariablen ausgewählt,
um die Anzahl der Prädiktorvariablen auf diejenigen mit dem größten messbaren Einfluss
zu reduzieren. Für die Analysen wurden bei einigen Variablen einzelne Kategorien zusammengefasst.
(Kategorie „Höchster Titel“: Dr., PD, Prof., „weniger“ als ein Dr.-Titel; Kategorie
„Motivation“: Karrierechancen, intrinsisches Interesse an der Forschung, Sonstige;
Kategorie „Freistellungstage“: 0, 1–2, mehr als 2; Kategorie „Freizeitforschung“:
0–40%, 41–80%, >80%; Kategorie „Originalarbeiten als Erstautor“: 0, 1–5 und 6–10,
>10; Kategorie „Originalarbeiten als Letztautor“: 0, 1–5 und 6–20, >20; Kategorie
„Drittmitteleinwerbungen als Hauptantragssteller“: 0, mindestens 1).
Da nur wenige fehlende Werte in einzelnen Variablen aufgetreten sind, wurde eine available case analysis durchgeführt. Das bedeutet, dass alle jeweils verfügbaren Antworten in die Auswertung
miteinbezogen wurden. Da nur einmal die Geschlechtskategorie „divers“ angegeben wurde,
wurden die Ergebnisse dieser Person nicht in die Regressionsanalysen miteinbezogen.
Zudem wurden die persönlichen Merkmale dieser Person zur Wahrung der Anonymität nicht
in [Tab. 2 ] angegeben.
Tab. 2 Persönliche Merkmale der Teilnehmenden stratifiziert nach dem Geschlecht.
weiblich (N=58)
männlich (N=115)
Total (N=173)
Alter (in Jahren)
Mittelwert ± SD
37,4 ± 9,6
40,7± 10,6
39,6 ± 10,4
Spannweite
26–70
22–78
22–78
Anzahl der Kinder
Mittelwert ± SD
0,8 ± 1,0
1,1 ± 1,2
1,0 ± 1,1
Spannweite
0–4
0–4
0–4
Höchster akademischer Titel
kein Titel
7 (12,1%)
16 (14,0%)
23 (13,4%)
B. Sc.
1 (1,7%)
0 (0,0%)
1 (0,6%)
Dr.
45 (77,6%)
48 (42,1%)
93 (54,1%)
PD
3 (5,2%)
20 (17,5%)
23 (13,4%)
Prof.
2 (3,4%)
30 (26,3%)
32 (18,6%)
Habilitationsalter (in Jahren)
Mittelwert ± SD
35,7 ± 10,0
35,8 ± 3,3
35,7 ± 4,3
Spannweite
27–54
30–43
27–54
Arbeitsposition
Assistenzärztin/Assistenzarzt
29 (50,0%)
33 (28,7%)
62 (35,8%)
Fachärztin/Facharzt
4 (6,9%)
14 (12,2%)
18 (10,34)
Oberärztin/Oberarzt
17 (29,3%)
35 (30,4%)
52 (30,1%)
Chefärztin/Chefarzt
6 (10,3%)
20 (17,4%)
26 (15,0%)
ausschließlich Forschung
2 (3,4%)
3 (2,6%)
5 (2,9%)
Praxisinhaberin/Praxisinhaber
0 (0,0%)
2 (1,7%)
2 (1,2%)
Praxisangestellte/Praxisangestellter
0 (0,0%)
3 (2,6%)
3 (1,7%)
nicht mehr berufstätig
0 (0,0%)
1 (0,9%)
1 (0,6%)
Sonstiges
0 (0,0%)
4 (3,6%)
4 (2,4%)
Arbeitsinstitution
Universitätsklinikum
50 (86,2%)
88 (76,5%)
138 (79,8%)
nicht-universitäres Krankenhaus
6 (10,3%)
14 (12,2%)
20 (11,6%)
Praxis
2 (3,4%)
8 (7,0%)
10 (5,8%)
Sonstige
0 (0,0%)
5 (4,5%)
5 (3,0%)
Arbeitsstunden (pro Woche)
Mittelwert ± SD
44,8 ± 18,0
53,6 ± 11,4
50,7 ± 14,5
Spannweite
0–80
3–80
0–80
Davon Wissenschaftsstunden (pro Woche)
Mittelwert ± SD
9,8 ± 13,9
10,1 ± 12,2
10,0 ± 12,8
Spannweite
0–65
0–70
0–70
Die Ergebnisse der Regressionsanalysen wurden als Estimate (β) mit p-Werten oder Odds Ratio (OR) mit Angabe des 95% Konfidenzintervalls (95% CI) berichtet. Aufgrund des explorativen
Studiendesigns wurden die Daten nicht für multiples Testen adjustiert und alle p-Werte
sind deskriptiv zu interpretieren.
Ergebnisse
Merkmale des Studienkollektivs
Es konnten die persönlichen Merkmale von 173 Teilnehmenden analysiert werden ([Tab. 2 ]).
Von den insgesamt 174 Teilnehmenden waren 164 wissenschaftlich aktiv und zehn nicht
wissenschaftlich aktiv. Die folgenden Ergebnisse und Auswertungen beziehen sich auf
die jeweils verfügbaren Antworten der wissenschaftlich aktiven Teilnehmenden.
Erfolgsfaktoren
Persönliche Erfolgsfaktoren
Die Teilnehmenden der Umfrage waren im Mittel 39,6 Jahre (±10,4) alt und hatten 1
Kind (±1,1). 34% der Teilnehmenden waren weiblich (58/173) und 66% männlich (115/173).
Der größte Teil der Befragten (68%, 110/161) war in der angewandten klinischen Forschung
aktiv ([Abb. 1 ]a).
Abb. 1 Übersicht über a die Verteilung der verschiedenen Forschungsfelder, b die Hauptmotivation für wissenschaftliche Aktivitäten, c die Anteile der wissenschaftlichen Aktivitäten die von den Teilnehmenden in der Freizeit
erarbeitet wurden sowie d die Anzahl der Freistellungstage pro Monat.
Die Teilnehmenden nannten bei der Frage nach ihrer Hauptmotivation für wissenschaftliche
Aktivitäten ein intrinsisches Interesse an der Forschung (55%, 89/163) gefolgt von
gesteigerten Karrierechancen (25%, 41/163) ([Abb. 1 ]b). Die Hälfte (50%, 82/164) der Befragten gab an, der Überzeugung zu sein, dass
die eigene Forschung die Patientenversorgung verbessert. 71% (116/163) waren der Ansicht,
dass die wissenschaftliche Aktivität die eigenen Karrierechancen steigert. 62% (107/164)
der Teilnehmenden gaben zudem an, weiterhin wissenschaftlich aktiv sein zu wollen,
auch wenn die eigenen Karriereziele erreicht wurden.
In einer Subgruppenanalyse wurden Unterschiede der Merkmale Geschlecht (weiblich,
männlich), Alter (≤35, >35 Jahre) und akademischer Titel (nicht habilitiert, habilitiert)
hinsichtlich der Hauptmotivation für wissenschaftliche Aktivitäten untersucht ([Abb. 2 ]). Männliche Umfrageteilnehmer gaben intrinsische Motivation häufiger an als Teilnehmerinnen
(62% bzw. 40%). Frauen nannten als Hauptmotivation häufiger die Verbesserung der Patientenversorgung
als männliche Umfrageteilnehmer (17% bzw. 7%). Bei jüngeren Teilnehmenden waren die
Karrierechancen häufiger Hauptmotivation als bei älteren Teilnehmenden (33% bzw. 18%).
Das intrinsische Interesse wurde von älteren Teilnehmenden häufiger als Hauptmotivation
genannt als bei Jüngeren. Dieser Trend ließ sich auch bei Habilitierten und nicht
habilitierten Teilnehmenden beobachten.
Abb. 2 Subgruppenanalyse der Hauptmotivation für Forschungsaktivitäten.
Organisatorische Erfolgsfaktoren
57% (99/173) der Teilnehmenden stimmten zu, in ihrer Abteilung eine etablierte wissenschaftliche
Infrastruktur vorzufinden ([Abb. 3 ]). 39% (62/158) der Befragten fühlten sich jedoch bei der Ausübung wissenschaftlicher
Aktivitäten nicht ausreichend von der Abteilungsleitung unterstützt.
Abb. 3 Auswertung von Fragen zu persönlichen und organisatorischen Erfolgsfaktoren, die mit
7-stufigen Likert-Skalen beantwortet wurden.
Die Anzahl der Arbeitsstunden pro Woche (einschließlich Freistellung für Forschung)
betrug im Mittel 50,7 h (±14,5). Der Umfang der Stunden pro Woche mit wissenschaftlichen
Aktivitäten belief sich auf 10,0 h (±12,8). Der Aussage „Durch regelmäßige Freistellung nimmt die Qualität von Forschung deutlich zu“ stimmten 95% (156/164) der Teilnehmenden zu. 64% (105/163) der wissenschaftlich aktiven
Befragten gaben jedoch an, keine Freistellungstage für wissenschaftliche Aktivitäten
zu erhalten ([Abb. 1 ]d). 53% (86/163) der Teilnehmenden haben mehr als 60% ihrer gesamten wissenschaftlichen
Tätigkeiten in ihrer Freizeit ausgeübt ([Abb. 1 ]c). 31% (51/164) der Befragten stimmten der Aussage zu „Ich habe das Gefühl eine gute Work-Life-Balance zu haben“ ([Abb. 3 ]).
124 von 164 Teilnehmenden (76%) gaben an, nicht an einem strukturierten wissenschaftlichen
Programm teilgenommen zu haben ([Tab. 3 ]). 55% (90/164) der Befragten haben jedoch ein wissenschaftliches Mentoring erfahren.
67% (60/90) der Mentorinnen und Mentoren hatten dabei die Position einer Oberärztin
bzw. eines Oberarztes inne. Der Aussage „Das Mentoring hatte relevanten Einfluss auf meine wissenschaftliche Karriere“ stimmten 76% (68/89) der Befragten zu. Aktives Engagement in radiologischen Fachgesellschaften
bejahten 43% (70/164) der Teilnehmenden. 70% (48/69) der fachgesellschaftlich Aktiven
empfanden dieses Engagement und die damit verbundenen Netzwerke als zum eigenen wissenschaftlichen
Erfolg zuträglich.
Tab. 3 Übersicht über das Vorhandensein organisatorischer Erfolgsfaktoren.
Erfolgsfaktor
Total (N=164)
Teilnahme an strukturierten Programmen
Nein
124 (75,6%)
Ja
40 (24,4%)
Wissenschaftliches Mentoring
Nein
74 (45,1%)
Ja
90 (54,9%)
Position der Mentorin/des Mentors
Chefärztin/Chefarzt
14 (15,7%)
Oberärztin/Oberarzt
60 (67,4%)
Fachärztin/Facharzt
2 (2,2%)
Assistenzärztin/Assistenzarzt
5 (5,6%)
Wissenschaftlerin/Wissenschaftler
7 (7,9%)
Sonstige
1 (1,1%)
Aktivität in Fachgesellschaften
nein
94 (57,3%)
ja
70 (42,7%)
Erfolgsmerkmale
Intrinsische Erfolgsmerkmale
54% (88/163) der Befragten gaben an, mit ihrer alltäglichen beruflichen Situation
zufrieden zu sein ([Abb. 4 ]). 71% (116/163) stimmten der Aussage „Ich bin mit meinem Karrierefortschritt zufrieden“ zu. 77% (125/163) der Teilnehmenden gaben an, mit ihrem Leben insgesamt zufrieden
zu sein.
Abb. 4 Darstellung der Antworten zu den intrinsischen Erfolgsmerkmalen (Zufriedenheit mit
dem Leben, dem Karrierefortschritt und der beruflichen Situation) auf 7-stufigen Likert-Skalen.
Extrinsische Erfolgsmerkmale
54% (93/163) gaben als höchsten akademischen Titel einen Doktortitel an, 14% (23/163)
den Titel eines Privatdozenten und 19% (32/163) einen Professorentitel ([Tab. 2 ]). Das Habilitationsalter betrug 35,7 ± 4,3 Jahre.
56% (91/164) der Befragten gaben an, keine Drittmittel als Hauptantragsteller eingeworben
zu haben ([Tab. 4 ]). 26% (43/164) der Teilnehmenden konnten jedoch ein oder zwei Drittmittelprojekte
als Hauptantragsteller akquirieren. 18% (30/164) haben drei oder mehr Drittmittelprojekte
eingeworben. Basierend auf eigenen Forschungsarbeiten eingeworbene Drittmittel konnten
37% (60/164) der Teilnehmenden vorweisen.
Tab. 4 Darstellung der Antworten zum Vorhandensein der extrinsischen Erfolgsmerkmale Drittmittel
und Originalarbeiten.
Erfolgsmerkmal
Total (N=164)
Drittmittel-Einwerbungen als Hauptantragsteller
0
91 (55,5%)
1–2
43 (26,2%)
3–5
16 (9,8%)
> 5
14 (8,5%)
Drittmittel auf Basis eigener Forschungsarbeiten
Ja
60 (36,6%)
Nein
104 (63,4%)
Originalarbeiten als Erstautor
0
29 (17,8%)
1–5
58 (35,6%)
6–10
22 (13,5%)
11–20
21 (12,9%)
> 20
33 (20,2%)
Originalarbeiten als Letztautor
0
76 (46,6%)
1–5
34 (20,9%)
6–10
15 (9,2%)
11–20
11 (6,7%)
> 20
27 (16,6%)
Die Mittelgeber der Projekte waren homogen verteilt mit dem größten Anteil im Bereich
intramuraler Fördermittel (15%) ([Abb. 5 ]). 20% (33/164) der Befragten konnten mehr als 20 Erstautorenschaften vorweisen ([Tab. 4 ]). 18% (29/164) der Befragten hatten hingegen noch keine Originalarbeit als Erstautorin
bzw. Erstautor publiziert. 47% (76/164) der Teilnehmenden hatten als Letztautorin/Letztautor
keine Originalarbeit veröffentlicht. 21% (34/164) hatten hingegen ein bis fünf Letztautorenschaften.
Abb. 5 Übersicht über die Drittmittelgeber der Projekte, die von den Teilnehmenden eingeworbenen
wurden.
Zusammenhänge zwischen Erfolgsfaktoren und Erfolgsmerkmalen
Die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation stand im positiven Zusammenhang mit
der Unterstützung durch die Abteilungsleitung (β=0,26, p<0,001), der Work-Life-Balance
(β=0,37, p<0,001) sowie der Bereitschaft, Wissenschaft auch nach Erreichen des Karriereziels
auszuüben (β=0,16, p<0,016) ([Abb. 6 ]a). Das Gefühl von Zufriedenheit mit dem eigenen Karrierefortschritt zeigte keinen
Zusammenhang mit den getesteten Erfolgsfaktoren ([Abb. 6 ]b). Die Zufriedenheit mit dem Leben ging in signifikantem Maße mit einer guten Work-Life-Balance
einher (β=0,24, p<0,001) ([Abb. 6 ]c). Die Freistellung für Forschung zeigte einen nicht signifikanten negativen Zusammenhang
mit den Zufriedenheiten ([Abb. 6 ]a–c ). Das Habilitationsalter wies keinen signifikanten Zusammenhang mit den untersuchten
Erfolgsfaktoren auf ([Abb. 6 ]d).
Abb. 6 Forrest-Plots zum Einfluss der Erfolgsfaktoren auf die intrinsischen Erfolgsmerkmale:
a Zufriedenheit mit der beruflichen Situation, b Zufriedenheit mit dem Karrierefortschritt, c Zufriedenheit mit dem Leben sowie das extrinsische Erfolgsmerkmal d Habilitationsalter. Die Analysen wurden adjustiert für Geschlecht, Alter, Anzahl
der Kinder, Arbeitsposition und Arbeitsinstitution. Der Korrelationskoeffizient (Estimate)
wird als schwarzer Punkt und das 95%-Konfidenzintervall als schwarze Linie dargestellt.
Liegt das gesamte Konfidenzintervall über oder unter null, ist von einem signifikanten
Zusammenhang auszugehen.
Das Einwerben von Drittmitteln auf Basis eigener Forschungsarbeiten stand im Zusammenhang
mit der Aktivität in radiologischen Fachgesellschaften (OR 4,54 [95% CI 1,33–17,81])
und dem Vorhandensein von ein bis zwei (OR 6,67 [95% CI 1,02–56,69]) oder mehr als
zwei Freistellungstagen pro Monat (OR 17,93 [95% CI 2,69–166,05]) ([Tab. 5 ]). Teilnehmende, die Drittmittel als Hauptantragsteller eingeworben haben, waren
zudem bedeutend häufiger in radiologischen Fachgesellschaften aktiv als Personen ohne
eingeworbene Drittmittel (OR 6,50 [95% CI 2,04–24,77]).
Tab. 5 Regressionsanalysen extrinsischer Erfolgsmerkmale.
Erfolgsfaktor
Erfolgsmerkmal
Drittmittel auf Basis von Forschungsarbeiten
OR [95% CI]
Drittmittel als Hauptantragsteller
OR [95% CI]
Anmerkung: Referenz (Ref) der Erfolgsmerkmale zur Berechnung der Odds Ratio (OR):
keine eingeworbenen Drittmittel. Für kontinuierliche Variablen werden keine Referenzkategorien
angegeben. Die Analysen wurden adjustiert für Geschlecht, Arbeitsposition und Arbeitsinstitution.
Wissenschaftliche Infrastruktur
1,32 [0,89–2,04]
1,14 [0,82–1,63]
Motivation: Karrierechancen
Ref: intrinsisches Interesse
1,10 [0,16–7,82]
1,83 [0,37–9,57]
Motivation: Sonstige
Ref: intrinsisches Interesse
0,19 [0,03–1,11]
0,10 [0,01–0,52]
Wissenschaft nach Erreichen des Karriereziels
1,52 [1,01–2,43]
1,33 [0,92–1,98]
Aktivität in Fachgesellschaften
Ref: keine Aktivität
4,54 [1,33–17,81]
6,50 [2,04–24,77]
Mentoring
Ref: kein Mentoring
2,16 [0,61–8,39]
2,18 [0,69–7,30]
Arbeitsstunden
1,06 [1,00–1,14]
1,00 [0,96–1,05]
Wissenschaftsstunden
0,93 [0,85–1,00]
1,04 [0,98–1,11]
Freizeitforschung: 41–80%
Ref: ≤ 40%
0,70 [0,10–4,39]
3,76 [0,79–20,58]
Freizeitforschung: 81–100%
Ref: ≤ 40%
0,62 [0,10–3,73]
1,61 [0,34–8,37]
Freistellungstage: 1–2
Ref: 0
6,67 [1,02–56,69]
1,74 [0,36–8,78]
Freistellungstage: mehr als 2
Ref: 0
17,93 [2,69–166,05]
0,90 [0,15–4,77]
Personen mit Doktor-, Privatdozent- oder Professorentitel waren signifikant häufiger
Teil von Mentoring-Beziehungen als Mentee im Vergleich zu Teilnehmenden ohne Titel
(OR 5,97 [95% CI 1,18–30,25], OR 16,39 [95% CI 1,51–178,40], OR 18,24 [95% CI 1,43–232,71])
([Tab. 6 ]). Die Wahrscheinlichkeit, ein Mentoring zu erfahren, nahm mit aufsteigenden akademischen
Titeln zu. Teilnehmende mit Professorentitel waren zudem signifikant häufiger in Fachgesellschaften
aktiv als Personen ohne Titel (OR 22,93 [95% CI 1,28–410,08]).
Tab. 6 Regressionsanalysen zum Erfolgsmerkmal akademischer Titel.
Erfolgsfaktor
Erfolgsmerkmal
Doktor
OR [95% CI]
Privatdozent
OR [95% CI]
Professor
OR [95% CI]
Anmerkung: Referenz (Ref) der Erfolgsmerkmale zur Berechnung der Odds Ratio (OR):
kein Titel. Für kontinuierliche Variablen werden keine Referenzkategorien angegeben.
Die Analysen wurden adjustiert für Geschlecht, Arbeitsposition und Arbeitsinstitution.
Wissenschaftliche Infrastruktur
0,55 [0,30–0,99]
0,57 [0,26–1,22]
0,65 [0,28–1,47]
Motivation: Karrierechancen
Ref: intrinsisches Interesse
0,51 [0,07–3,69]
1,45 [0,04–50,39]
2,72 [0,07–101,53]
Motivation: Sonstige
Ref: intrinsisches Interesse
0,06 [0,01–0,53]
0,01 [0,00–0,18]
0,00 [0,00–0,25]
Wissenschaft nach Erreichen des Karriereziels
0,80 [0,51–1,27]
1,06 [0,53–2,14]
0,95 [0,44–2,03]
Aktivität in Fachgesellschaften
Ref: keine Aktivität
2,00 [0,26–15,13]
15,02 [0,88–256,58]
22,93 [1,28–410,08]
Mentoring
Ref: kein Mentoring
5,97 [1,18–30,25]
16,39 [1,51–178,40]
18,24 [1,43–232,71]
Arbeitsstunden
1,00 [0,95–1,06]
0,95 [0,86–1,05]
0,92 [0,82–1,02]
Wissenschaftsstunden
0,97 [0,90–1,05]
0,95 [0,84–1,07]
0,98 [0,86–1,12]
Freizeitforschung: 41–80%
Ref: ≤ 40%
2,26 [0,35–14,71]
19,80 [0,82–480,52]
9,48 [0,43–208,69]
Freizeitforschung: 81–100%
Ref: ≤ 40%
1,37 [0,22–8,45]
21,59 [0,63–734,35]
9,41 [0,32–279,54]
Freistellungstage: 1–2
Ref: 0
2,35 [0,24–22,71]
46,87 [0,77–2844,30]
13,31 [0,16–1089,94]
Freistellungstage: mehr als 2
Ref: 0
7,44 [0,28–197,42]
14,15 [0,21–933,66]
6,03 [0,07–505,56]
Teilnehmende, die eine bis fünf Erstautorenschaften oder mehr als zehn Erstautorenschaften
bzw. über 20 Letztautorenschaften vorweisen konnten, waren aktiver in radiologischen
Fachgesellschaften als Teilnehmende ohne Erst-/Letztautorenschaften (OR 21,33 [95%
CI 1,29–352,83], OR 49,29 [95% CI 2,40–1012,04], OR 27,68 [95% CI 2,85–268,70]) ([Tab. 7 ]). Teilnehmende mit einer bis fünf Letztautorenschaften oder mehr als zehn Originalarbeiten
als Erstautoren hatten signifikant häufiger ein bis zwei Freistellungstage pro Monat
als Personen ohne Erstautorenschaften (OR 11,67 [95% CI 1,02–134,00], OR 45,59 [95%
CI 1,95–1067,83]). Befragte die ein bis fünf Letztautorenschaften vorweisen konnten,
hatten bedeutend öfter mehr als zwei Freistellungstage pro Monat im Vergleich zu Personen,
die keine als Erstautor publizierten Originalarbeiten vorweisen konnten (OR 12,31
[95% CI 1,06–143,41]).
Tab. 7 Regressionsanalysen zum Erfolgsmerkmal Anzahl von Originalarbeiten mit Erst- oder
Letztautorenschaft.
Erfolgsfaktor
Erfolgsmerkmal
1 bis 5 EA/
1 bis 5 LA
OR [95% CI]
6 bis 10 EA/
6 bis 20 LA
OR [95% CI]
mehr als 10 EA/
mehr als 20 LA
OR [95% CI]
Anmerkung: Referenz (Ref) der Erfolgsmerkmale zur Berechnung der Odds Ratio (OR):
keine Erstautorenschaften (EA) oder Letztautorenschaften (LA). Für kontinuierliche
Variablen werden keine Referenzkategorien angegeben. Die Analysen wurden adjustiert
für Geschlecht, Arbeitsposition und Arbeitsinstitution.
Wissenschaftliche Infrastruktur
0,54 [0,30–0,98]
0,77 [0,51–1,17]
0,46 [0,23–0,92]
0,84 [0,52–1,37]
0,61 [0,31–1,22]
0,95 [0,52–1,73]
Motivation: Karrierechancen
Ref: intrinsisches Interesse
0,82 [0,11–6,05]
0,81 [0,09–6,95]
0,85 [0,06–11,59]
0,84 [0,07–9,84]
3,14 [0,20–48,23]
0,74 [0,04–14,37]
Motivation: Sonstige
Ref: intrinsisches Interesse
0,40 [0,05–3,06]
0,51 [0,08–3,16]
0,09 [0,01–1,35]
0,32 [0,03–3,55]
0,09 [0,01–1,46]
0,05 [0,00–1,49]
Wissenschaft nach Erreichen des Karriereziels
0,96 [0,63–1,47]
0,90 [0,57–1,42]
0,85 [0,49–1,49]
0,92 [0,56–1,53]
1,45 [0,82–2,58]
1,11 [0,56–2,17]
Aktivität in Fachgesellschaften
Ref: keine Aktivität
21,33 [1,29–352,83]
2,87 [0,59–14,01]
7,02 [0,29–171,12]
5,19 [0,87–31,13]
49,29 [2,40–1012,04]
27,68 [2,85–268,70]
Mentoring
Ref: kein Mentoring
2,00 [0,36–11,23]
2,45 [0,52–11,50]
3,17 [0,38–26,40]
8,92 [1,53–52,20]
6,58 [0,76–56,81]
5,42 [0,67–44,13]
Arbeitsstunden
1,01 [0,95–1,07]
0,97 [0,92–1,03]
1,06 [0,97–1,16]
0,98 [0,90–1,06]
0,99 [0,91–1,07]
0,91 [0,83–1,01]
Wissenschaftsstunden
1,10 [0,94–1,29]
1,00 [0,94–1,06]
1,11 [0,94–1,31]
1,02 [0,96–1,09]
1,14 [0,97–1,34]
0,99 [0,88–1,12]
Freizeitforschung: 41–80%
Ref: ≤40%
3,85 [0,61–24,36]
21,86 [2,09–228,97]
89,99 [3,32–2442,53]
4,58 [0,32–65,26]
22,91 [1,77–295,93]
9,78 [0,42–229,66]
Freizeitforschung: 81–100%
Ref: ≤40%
2,71 [0,47–15,74]
6,47 [0,54–77,68]
68,80 [2,33–2032,56]
6,96 [0,42–115,90]
26,19 [1,91–358,96]
13,49 [0,45–404,27]
Freistellungstage: 1–2
Ref: 0
7,67 [0,62–94,68]
11,67 [1,02–134,00]
12,90 [0,58–289,51]
6,59 [0,50–86,69]
45,59 [1,95–1067,83]
1,65 [0,06–44,91]
Freistellungstage: mehr als 2
Ref: 0
1,55 [0,06–39,17]
12,31 [1,06–143,41]
6,40 [0,17–242,24]
2,26 [0,15–33,93]
4,18 [0,11–152,08]
5,90 [0,26–134,96]
Diskussion
Die vorliegende Umfrage diente der Untersuchung von Motivation und Erfolgsfaktoren
sowie deren Assoziation zu Erfolgsmerkmalen von forschungsaktiven Radiologinnen und
Radiologen in Deutschland. Als Hauptmotivation ergab sich ein intrinsisches Forschungsinteresse
gefolgt von gesteigerten Karrierechancen. Extrinsischer wissenschaftlicher Erfolg waren vor allem mit Mentoring und regelmäßiger Freistellung
für Forschungsaktivitäten assoziiert. Intrinsischer Erfolg wie Zufriedenheit ging insbesondere mit einer guten Work-Life-Balance und
der Unterstützung wissenschaftlicher Aktivitäten durch die Abteilungsleitung einher.
Die Basis dieser Umfrage war das Comprehensive Career-Success Model for Physician-Scientists
[8 ]. Zahlreiche Studien haben in den vergangenen Jahren verschiedene Teilaspekte des
Modells bestätigt. So haben Robinson et al. den Karriere-Erfolg von klinischen und translational tätigen Wissenschaftlern untersucht
[10 ]. Sie konnten Persistenz, Resilienz, Initiative, Autonomie sowie persönliche und
professionelle Balance als persönliche Erfolgsfaktoren identifizieren. In der Literatur ist zudem die Motivation der Forschenden
als persönlicher Erfolgsfaktor beschrieben. Insbesondere die Resilienz sei von der Motivation abhängig
[7 ]. In unserer Umfrage wurde die persönliche Balance bzw. Work-Life-Balance als persönlicher wissenschaftlicher Erfolgsfaktor bestätigt. Ein Zusammenhang zwischen der Art der
Motivation und dem wissenschaftlichen Erfolg ließ sich in unserer Arbeit nicht beobachten.
Es erfolgte keine Unterscheidung zwischen der Art der Forschung und Motivation. Es
bestanden jedoch insbesondere geschlechtsabhängige Motivationsunterschiede für wissenschaftliche
Aktivitäten. Männer nannten eine intrinsische Motivation häufiger als Frauen. Letztere
gaben hingegen vermehrt an, durch die Verbesserung der Patientenversorgung motiviert
zu sein. Eine geschlechtsspezifische Förderung dieser differenten Motivatoren könnte
zu einer effizienteren Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses beitragen.
Wir konnten Mentoring, fachgesellschaftliches Engagement, Unterstützung wissenschaftlicher
Aktivitäten durch die Abteilungsleitung und Forschungsfreistellung als organisatorische Erfolgsfaktoren identifizieren. Diese Beobachtung bestätigt die von Robinson et al. beschriebenen organisatorischen Erfolgsfaktoren [10 ]. Dass systemische Unterstützung für weitere Qualifizierung auch von in Deutschland
tätigen Radiologinnen und Radiologen erwartet wird, konnte zudem in einer aktuellen
Umfrage gezeigt werden [14 ]. In einer Arbeit, in der die Karrieren von 31 Physician Scientists in den U.S.A. untersucht wurden, konnten unter anderem organisatorische Unterstützung,
Rollen-Balance, Autonomie und Mentoring als Erfolgsfaktoren identifiziert werden [9 ]. Es scheint jedoch auch geografische Unterschiede hinsichtlich wissenschaftlicher
Erfolgsfaktoren zu geben. So ergab eine Arbeit aus Singapur im Gegensatz zu Studien
aus anderen Teilen der Welt, dass die Studienteilnehmer die Vereinbarkeit von Beruf
und Privatleben weder als Hindernis noch als Grund für das Verlassen der akademischen
Laufbahn empfanden [11 ]. In Deutschland werden planbare Arbeitszeiten jedoch von allen Radiologinnen und
Radiologen, ausgenommen der Chefärzte, als wichtig erachtet [14 ], sodass zur Förderung der Forschungsaktivitäten geschützte Forschungszeiten während
der Arbeitszeit voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen werden. Die beobachteten
Zusammenhänge zwischen wissenschaftlichem Erfolg und fachgesellschaftlichem Engagement
unterliegen womöglich einem Bias, da die Umfrage innerhalb der DRG durchgeführt wurde.
Auch Mentoring konnte in den vergangenen Jahren als relevanter Erfolgsfaktor identifiziert
werden. Neben der persönlichen Entwicklung werden auch extrinsische Erfolgsmerkmale, wie Publikationen und Drittmitteleinwerbungen durch Mentoring begünstigt
[15 ]. Dieser Zusammenhang bestätigte sich in unserer Umfrage für die Anzahl der Publikationen.
Darüber hinaus war der Effekt des Mentorings vor allem in Bezug auf die erreichten
akademischen Titel zu beobachten. Mentoring wurde zudem von einer Mehrheit der Teilnehmenden
(76%) als entscheidender Einflussfaktor für die wissenschaftliche Karriere benannt.
Aspekte, die eine erfolgreiche Mentoring-Beziehung in der Radiologie ausmachen, werden
in einer rezenten Arbeit detailliert beschrieben [16 ]. In dieser wird auch auf den bilateralen Charakter als essenziellen Bestandteil
erfolgreicher Mentoring-Beziehungen hingewiesen. Neben einzelnen Mentoring-Beziehungen
ist möglicherweise auch die Summe unterstützender persönlicher Beziehungen im Sinne
eines Netzwerkes für den akademischen Erfolg relevant [17 ].
In Umfragen unter Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten in Deutschland wurde
eine geringe Anzahl an Freistellungstagen für Forschung beschrieben [17 ]
[18 ]. So ergab eine Befragung in der Rheumatologie, dass mehr als 70% der Befragten ihre
wissenschaftlichen Tätigkeiten in der Freizeit ausübten [18 ]. In einer Befragung von radiologischen Weiterbildungsassistenten gaben 87% an, den
größten Teil ihrer Forschung in der Freizeit zu tätigen [19 ]. Unsere Umfrage bestätigt diese Beobachtung in einem Kollektiv, das die gesamte
klinische Hierarchie inkludiert. Zwei Drittel gaben an, über keine geschützten Forschungszeiten
zu verfügen. Fast alle Teilnehmenden waren jedoch von dem positiven Einfluss der Freistellungstage
auf den wissenschaftlichen Erfolg überzeugt. Diese Einschätzung wird durch die Ergebnisse
der Regressionsanalysen gestützt. Insbesondere die Anzahl der Veröffentlichungen und
das erfolgreiche Einwerben von Drittmitteln basierend auf eigenen Forschungsarbeiten
stand in signifikantem Zusammenhang mit der Freistellung für Forschung. Somit ist
der aus den oben genannten Arbeiten bekannte Erfolgsfaktor der geschützten Forschungszeit
auch in der deutschen Radiologie ein entscheidendes Kriterium für erfolgreiches wissenschaftliches
Arbeiten.
Unsere Umfrage weist Limitationen auf. Insbesondere die Strichprobengröße in Relation
zu der Zahl der kontaktierten Personen (Mitglieder der Deutschen Röntgengesellschaft
mehr als 10000) geht mit einer reduzierten Repräsentativität der Ergebnisse einher.
Ein Selektions-Bias scheint aufgrund der Zielstellung der Umfrage zu bestehen. Da
der Titel bereits „radiologische Forschung“ beinhaltet, könnten sich möglicherweise
hauptsächlich wissenschaftlich Aktive angesprochen gefühlt haben. Die große Anzahl
von Teilnehmenden mit Privatdozenten- und Professoren-Titel bestätigt diese Annahme
und lässt zudem vermuten, dass überproportional viele wissenschaftlich Erfolgreiche
an der Umfrage teilgenommen haben. Die Hauptmotivation der Teilnehmenden für ihre
wissenschaftlichen Aktivitäten bestand im intrinsischen Forschungsinteresse, gefolgt
von der Steigerung persönlicher Karrierechancen. In diesem Zusammenhang könnte der
Effekt der sozialen Erwünschtheit einen Einfluss auf die gegebenen Antworten haben
[20 ]. Zudem kann die Kausalität der beobachteten Zusammenhänge mit dem gewählten Fragebogen-Design
nicht ergründet werden. Hierfür sind zukünftig komplexe quantitative Längsschnittuntersuchungen
insbesondere zum Einfluss einzelner Erfolgsfaktoren auf wissenschaftliche Erfolgsmerkmale
notwendig.
Zusammenfassung und Implikationen für die Praxis
Als Hauptmotivation für wissenschaftliche Aktivitäten konnten wir intrinsisches Interesse
an der Forschung identifizieren. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren waren Mentoring und
geschützte Forschungszeiten. Damit konnten aus der Literatur bekannte Faktoren für
wissenschaftlichen Erfolg in internationalen akademischen Systemen in der deutschsprachigen
Radiologie bestätigt werden. Um den wissenschaftlichen Erfolg unseres Faches zu steigern,
lassen sich auf Basis dieser Umfrage Hinweise zur praktischen Umsetzung ableiten.
Die systematische Initiierung und strukturierte Umsetzung von Mentoring-Beziehungen
könnten aufgrund des großen Einflusses auf den wissenschaftlichen Erfolg von großem
Nutzen sein. Oberärztinnen und Oberärzte realisieren den größten Teil des Mentorings.
Das hohe Erfahrungslevel von Chefärztinnen und Chefärzten qualifiziert sie jedoch
in besonderem Maße für Mentoring und birgt somit großes Potenzial für die nachhaltige
Wirkung von Mentoring-Beziehungen.
Darüber hinaus sind geschützte Forschungszeiten unabdingbar, um kontinuierlich und
produktiv wissenschaftlich aktiv zu sein. Daher sollten strukturierte Förderprogramme,
wie die an deutschen Universitätsklinika flächendeckend etablierten Clinician Scientist Programme, als wirkungsvolle Instrumente vermehrt eingesetzt werden [21 ]. Da die meisten Förderinstrumente jedoch eigene Vorarbeiten voraussetzen, sind Drittmittel-unabhängige
Freistellungen für die Forschung vor allem in der Anfangsphase einer wissenschaftlichen
Karriere von enormer Relevanz [22 ]. Durch diese Form der „Starthilfe“ kann vor allem die publikatorische Basis für
selbst eingeworbene Drittmittel gelegt werden. Zusätzlich könnte die Integration von
Forschungsaktivitäten in den Berufsalltag die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
steigern. Dieser Aspekt zeigte sich in der durchgeführten Umfrage als bedeutender
Faktor für die Zufriedenheit der Forschenden.
Schlussfolgerung
Neben individuellen persönlichen Faktoren sind es insbesondere infrastrukturelle Aspekte,
die den Erfolg radiologischer wissenschaftlicher Aktivitäten begünstigen und somit
einen bedeutenden Teil der Zukunft unserer Fachdisziplin bestimmen.