Schlüsselwörter
ambulante Operationen - Patientensicherheit - Netzwerke - Strukturen - Weiterbildung
- Vergütung
Internationaler Vergleich
Internationaler Vergleich
Entscheidend für den Erfolg bei der Behandlung kranker Menschen ist nicht der Ort,
an dem sie nachts schlafen.
International belegt Deutschland mit 7,8 Krankenhausbetten pro 1000 Einwohnern nach
Japan und Korea einen Spitzenplatz und ist in Europa führend [1]. An der Spitze liegt Deutschland aber auch bei der Anzahl der Patienten, die eine
Pflegekraft im Krankenhaus zu betreuen hat (2018: 13,0 Patienten pro Pflegekraft).
Eine niederländische Pflegekraft hat demgegenüber nur gut halb so viele Patienten
zu versorgen (6,9 Patienten) [2]. Ein Krankenhausbett ist aber nur dann sinnvoll, wenn es auch mit einer adäquaten
medizinischen und pflegerischen Betreuung einhergeht. Aufgrund dieser Zahlen besteht
das Potenzial, dass die Versorgung im Krankenhaus besser würde, wenn mancher bisher
stationäre Patient ambulant betreut werden könnte.
Dass dies möglich ist, zeigen ebenfalls internationale Vergleiche. Hysterektomien
beispielsweise erfolgen in Deutschland und Österreich zu 100%, im Vereinigten Königreich
zu 98% im stationären Setting. In Dänemark dagegen werden 57,7% der Hysterektomien
ambulant durchgeführt. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Brustkrebsoperationen: Brusterhaltende
Operationen erfolgen in Deutschland in 0,4%, Mastektomien in 0% ambulant, in Dänemark
dagegen zu 88,3 bzw. 45,6% und im Vereinigten Königreich zu 77,8 bzw. 21,2% [3].
Allerdings werden in Ländern mit einer hohen Quote ambulanter Operationen wie Dänemark
ein umfassendes Netzwerk und ambulante Betreuungsangebote vorgehalten. Dies wird im
Gutachten des IGES-Instituts [3] ganz deutlich herausgestellt. Diese Struktur gibt es in Deutschland aber (noch)
nicht [4]. Auch die rechtlichen Vorgaben und finanziellen Bedingungen sind anders. Laut IGES
obliegt die Entscheidung, ob ein Patient stationär aufgenommen oder ambulant behandelt
wird, international immer dem behandelnden Arzt. Dabei fließen u. a. die Art des Eingriffs
mit der entsprechenden Komplikationsrate oder postoperativen Überwachungs- und Behandlungsnotwendigkeiten
ein sowie der physische Zustand des Patienten, das soziale Umfeld und die Betreuungsmöglichkeiten
zu Hause. Ebenso sind ausführliche und strukturierte präoperative Patientenedukation
sowie die postoperative Betreuung und Nachsorge von großer Bedeutung für die Erweiterung
des ambulanten Operationspotenzials. Die Organisation von Ansprechpersonen postoperativ
sowie auch die Betreuung zu Hause sind fixe Bestandteile des im Voraus zu planenden
Behandlungsprozesses [3].
Ein System wie in Deutschland, bei dem im Wesentlichen Abrechnungsprüfungen der Krankenkassen
und des Medizinischen Dienstes auf die ambulante Durchführung entsprechend katalogisierter
Leistungen hinwirken und gegebenenfalls durch Erlöskürzung sanktionieren, gibt es
in den Vergleichsländern nicht. Im Gegenteil werden hier positive Anreize geschaffen,
eine ambulante Leistungserbringung anzustreben. Besonders wird im IGES-Gutachten auch
darauf hingewiesen, dass in den Ländern mit hoher Ambulantisierungsquote die Notwendigkeit
eines effizienten Qualitätssicherungssystems erkannt und dieses etabliert wurde [3].
Status quo in Deutschland
Status quo in Deutschland
In Deutschland wurde nicht an den Strukturen der Krankenversorgung gearbeitet, um
eine zunehmende ambulante Durchführung von Operationen sinnvoll umzusetzen. Stattdessen
wurden und werden Kataloge ambulanter Leistungen erstellt und erweitert und der Medizinische
Dienst mit der Überwachung beauftragt. Die klinische Realität des Einzelfalls wird
dabei unzureichend berücksichtigt, ebenso die medizinische Einschätzung durch die
behandelnden Ärztinnen und Ärzte sowie der jeweilige tatsächliche Verlauf. Das von
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft
beauftragte IGES-Gutachten würde ein exzellentes Pflichtenheft für zu errichtende
Strukturen ergeben. Dass Ambulantisierung nicht als Verbesserung der Versorgung und
des Patientenwohls, sondern ausschließlich zur Kostensenkung vorangetrieben wird,
tritt hier trotz gegenteiliger Versicherungen klar zutage. Die finanzielle Gefährdung
der Krankenhausstrukturen, die eine gute
Versorgung erst möglich machen, wird dabei billigend in Kauf genommen.
Erfordernisse für eine patientengerechte und nachhaltige Ambulantisierung
Erfordernisse für eine patientengerechte und nachhaltige Ambulantisierung
Die ambulante Durchführung von Operationen kann durchaus dem Wohl der Patienten dienen.
Sie werden u. a. nicht aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen, erhalten Fürsorge und
Unterstützung durch vertraute Personen, Krankenhauskeime sind weniger zu befürchten.
Häufig kann die Rückkehr zur Normalität, sei es privat oder beruflich, schneller erfolgen
[5].
Entscheidend ist aber, dass im Rahmen der Behandlung alle Bedürfnisse befriedigt werden,
die zur Gesundung erforderlich sind. Denn nur, wenn eine ambulante Behandlung die
Bedürfnisse der Kranken genauso befriedigt und die gleichen Ergebnisse erzielt wie
die stationäre Behandlung (vergleichbare Erkrankung, Stadien, Patientinnengruppen
usw. vorausgesetzt), ist sie tatsächlich eine Fortentwicklung hin zu einer steten
Verbesserung des Gesundheitswesens. Voraussetzung dafür ist, dass bei der Ambulantisierung
nicht nur die operative Leistung, also die sogenannte OPS betrachtet wird, sondern
der gesamte komplexe Behandlungsprozess, der bei der stationären Behandlung im Krankenhaus
abgebildet ist und in das ambulante Setting übertragen werden muss.
Ambulante Betreuungsstrukturen
Die Anforderungen an entsprechende Strukturen sind bei der Ambulantisierung sogar
höher als im stationären Bereich. Der Wegfall der unmittelbar verfügbaren Informationsmöglichkeit
und Betreuung im Krankenhaus stellt höhere Anforderungen an die Edukation der Patienten
und der häuslichen Betreuungspersonen. Die postoperativen Arzt- und Pflegevisiten
im Krankenhaus müssen ersetzt werden durch ein ambulantes, also mobiles Betreuungsangebot
durch Fachpersonal. Dies kann zwar partiell durch Telemedizin geleistet werden, aber
auch dafür braucht es die entsprechende Infrastruktur aufseiten der Patienten und
der Leistungserbringer. Andere wichtige Maßnahmen, z. B. Wundpflege, müssen analog
erfolgen und erfordern qualifiziertes und erreichbares Fachpersonal.
Die Sektorengrenzen des deutschen Gesundheitswesens sind hinderlich [4]. Die postoperative ärztliche Kontrolle und Betreuung erfolgen heute regelhaft nicht
durch die operierenden Personen und Institutionen, sondern durch andere (niedergelassene)
Ärzte. Die Kommunikation über die Sektorengrenzen hinweg ist hier entscheidend. Kenntnisse
über die Art des Eingriffs, die intraoperativen und perioperativen Befunde und Ereignisse
und die sich daraus potenziell ergebenden Komplikationsmöglichkeiten sind erforderlich.
Die Informationsübermittlung erfolgt in der gegenwärtigen Struktur regelhaft durch
einen Arztbrief, häufig zwischen Kollegen, die sich nicht kennen. Die Arztbrieferstellung
erfolgt im optimalen Fall vom operierenden, im suboptimalen, aber häufigen Setting
durch einen bei dem Eingriff gar nicht anwesenden Arzt, der keine unmittelbaren Detailkenntnisse
über den operativen Verlauf hat. Verbesserungen des Informationsflusses, z. B. auch
durch effektive Digitalisierung, sind zwingend. Bei zunehmender Ambulantisierung ist
es
erforderlich, die perioperative Betreuung unter direkter Aufsicht der Leistungserbringer
durchzuführen, da nur hier die genaue Kenntnis über die operative Leistung und sich
daraus ergebende Notwendigkeiten der perioperativen Versorgung vorhanden ist. Die
Kommunikation mit dem Patienten über den Eingriff und die postoperative Phase kann
sinnvoll nur durch Personen erbracht werden, die direkt an der Erbringung der operativen
Leistung beteiligt sind.
Sicherstellung der barrierearmen stationären Behandlung im Bedarfsfall
Nach internationalen Daten ist in bis zu 6% der Fälle nach einer ambulanten Operation
aufgrund von Komplikationen oder unerwarteten Ereignissen eine stationäre Weiterbetreuung
nötig [6]
[7]
[8]. Darüber hinaus kann nicht in allen Fällen eine Operation wie geplant ambulant erfolgen.
Eine aktuelle systematische Literaturübersicht zur ambulanten minimalinvasiven Hysterektomie
berichtete beispielsweise eine durchschnittliche Versagerrate von 40%. Zu den Hauptgründen
dafür, dass eine Entlassung nach Hause am Operationstag nicht möglich war, gehörten
auch nicht planbare oder voraussehbare Ursachen wie fehlgeschlagene Miktion, Notwendigkeit
einer intensiveren Schmerzbehandlung, Übelkeit, Erbrechen sowie der späte Zeitpunkt
der Operation [8]. Aus Sicht der Patientensicherheit muss in diesem Fall der barrierearme Übergang
in die stationäre Behandlung mit vollem Zugang zu allen relevanten prä-, intra- und
perioperativen Informationen gewährleistet sein.
Sicherstellung und Finanzierung der gesamten Behandlungskette
Operationen stellen ein einschneidendes, oft lebensveränderndes, manchmal als traumatisch
bis lebensgefährdend empfundenes Ereignis dar. Dies gilt bei Weitem nicht nur für
onkologische Krankheitsbilder. Darum wurden im stationären Setting Strukturen geschaffen,
die auch den psychosozialen und rehabilitativen Bedürfnissen der Patienten Rechnung
tragen, beispielsweise im onkologischen Zertifizierungssystem, aber auch bei Endometriose-
oder Beckenbodenzentren. Derartige Strukturen fehlen im ambulanten Setting. Es sollte
unbedingt vermieden werden, dass den Patienten durch die Streichung der Übernachtung
diese notwendigen Unterstützungs- und Stabilisierungsangebote verloren gehen [9]
[10]. Insbesondere ist zu bedenken, dass die Kosten für diese Strukturen gegenwärtig
durch die Erlöse der stationären Leistungen getragen werden, und zwar nicht als Pauschale,
sondern enthalten in den Erlösen der einzelnen stationären Leistungen. Stationäre
Fallzahlreduzierung zugunsten der ambulanten Leistungen dürfen sich dementsprechend
nicht negativ auf die Finanzierung der geschaffenen stationären Strukturen auswirken,
sondern die freiwerdenden Gelder müssen zur Schaffung der notwendigen Vorhaltestrukturen
eingesetzt werden. Das muss in den Erlösen für ambulante Leistungen entsprechend abgebildet
werden, sonst sind sie nicht aufrechtzuerhalten mit der Folge eines dramatischen Verlusts
an Qualität.
Sektorenübergreifende Qualitätssicherung
Im stationären Bereich, insbesondere im Fachgebiet der Gynäkologie/Geburtshilfe und
Senologie, wurde in den letzten Jahrzehnten ein beispielhaftes, teils freiwilliges,
teils staatlich verordnetes, aufwandsintensives Qualitätssicherungssystem geschaffen.
Derartiges existiert im ambulanten Bereich nicht. Bisher sind auch alle Bemühungen
um eine sektorenübergreifende Qualitätssicherung gescheitert. International wurde
die Ambulantisierung vom Aufbau eines effektiven Systems zur Qualitätssicherung und
-verbesserung begleitet [3]. Das ist auch in Deutschland zwingend zu fordern.
Weiter- und Fortbildung des Nachwuchses
Weiterbildung und Nachwuchsqualifizierung sind besondere Herausforderungen, vor allem
auch in operativen Fachgebieten. Der weit überwiegende Anteil der ärztlichen Weiterbildung
findet in den Krankenhäusern und hier überwiegend im stationären Setting statt. Die
bisherige Organisation und Finanzierung ambulanter Operationen bilden die Weiterbildung
und Qualifizierung nicht ab. Zunehmende Ambulantisierung vermindert die Weiterbildungsmöglichkeiten
drastisch und verstärkt den Nachwuchsmangel, wenn hier nicht entschieden gegengesteuert
wird.
Fachliche Empfehlungen ([Tab. 1]; [Abb. 1])
Fachliche Empfehlungen ([Tab. 1]; [Abb. 1])
Für einen medizinisch sinnvollen Ausbau der ambulanten Leistungserbringung im operativen
Bereich ist ein Paradigmenwechsel obligat. Primäres Ziel darf nicht die Kostenminderung
sein. Primäres Ziel muss die Erhaltung oder Verbesserung der bisherigen Prozess- und
Ergebnisqualität mit Priorität für die Patientensicherheit sein. Nur dann können die
Vorteile der ambulanten Leistungserbringung für die Patienten erschlossen und in der
Folge als erwünschter Nebeneffekt auch Kostenoptimierung erreicht werden. Dafür ist
aber erforderlich, erst die entsprechenden Strukturen zu etablieren, dann Anreize
für Leistungserbringer und Patienten zu schaffen und das Ganze mit einer durchdachten
und effizienten Qualitätssicherung zu unterstützen.
Tab. 1
Empfehlungen.
Empfehlung 1
Entscheidungszuständigkeit
|
Die Entscheidung über die ambulante oder stationäre Erbringung der operativen Leistung
soll durch den behandelnden Arzt/die behandelnde Ärztin erfolgen, nicht durch einen
externen Kontrollmechanismus [3].
|
Empfehlung 2
Vergütung
|
Die Vergütung der ambulant erbrachten operativen Leistung soll ausreichend und kostendeckend
sein und sich zunächst an der Vergütung für die stationäre Leistungserbringung inklusive
aller perioperativ erforderlichen Maßnahmen (abzüglich der Hotelkosten) orientieren
[3].
|
Empfehlung 3
Patientinnensicht
|
Für organerhaltende nichtkomplexe operative Maßnahmen bei benignen Erkrankungen des
Uterus sollte, sofern medizinisch und organisatorisch vertretbar und aus Patientinnensicht
möglich, der ambulanten Versorgung der Vorzug gegeben werden [5].
|
Empfehlung 4
Ein- und Ausschlusskriterien Patientin
|
Systematische Reviews haben definiert, welche Patientinnen für kurzstationäre bzw.
ambulante gynäkologische Eingriffe in Frage kommen. Patientinnen mit multiplen Komorbiditäten
sind für die kurzstationäre bzw. ambulante Leistungserbringung nicht geeignet. Im
Regelfall sollte eine Einschätzung nach ASA 1 oder ASA 2 vorliegen. Ein multidisziplinärer
Ansatz mit konsentierten Protokollen für die Patientenbeurteilung, inklusive Ein-
und Ausschlusskriterien für die kurzstationäre bzw. ambulante Leistungserbringung,
ist erforderlich.
Patientinnen mit multiplen Komorbiditäten, ASA 3 oder ASA 4, älter als 70 Jahre, fehlendem
sozialen Netzwerk, sollen nicht ambulant operiert werden [11]
[12].
|
Empfehlung 5
Patientinnensicherheit
|
Die Wahrung der Patientinnensicherheit soll als oberste Priorität bei der Wahl der
Versorgungsstruktur zur Durchführung eines komplexen gynäkologischen Eingriffs/einer
Hysterektomie berücksichtigt werden.
|
Empfehlung 6
Wahl des operativen Vorgehens
|
Minimalinvasive Operationen, endoskopisch oder vaginal, zeigen bessere perioperative
Ergebnisse im Hinblick auf Schmerz, perioperative Komplikationen wie Wundinfektion
oder Thrombose und raschere Rekonvaleszenz im Vergleich zur Laparotomie. Daher sind
sie für die Durchführung einer kurzstationären oder ambulanten gynäkologischen Operation
besonders geeignet.
Zur kurzstationären oder ambulanten Durchführung eines komplexen gynäkologischen Eingriffs/einer
Hysterektomie soll ein minimalinvasives (laparoskopisch, robotisch assistiert) oder
vaginales Vorgehen zur Anwendung kommen [13]
[14]
[15].
|
Empfehlung 7
Operatives Risiko
|
Wesentliche chirurgische Kriterien für die Entscheidung zwischen einer ambulanten
versus stationären Eingriffsplanung eines komplexen gynäkologischen Eingriffs/einer
Hysterektomie sind die Organgröße, das Nachblutungsrisiko, der Z. n. Voroperationen
und die erwartete OP-Dauer [11].
|
Empfehlung 8
Beurteilung durch Operateur
|
Die chirurgische Eignung für eine kurzstationäre bzw. ambulante Durchführung eines
komplexen gynäkologischen Eingriffs/einer Hysterektomie soll durch den Operateur beurteilt
werden.
|
Empfehlung 9
Netzwerk
|
Zur Durchführung ambulanter Operationen sollen Strukturen in enger Abstimmung mit
für die potenziell erforderliche stationäre Weiterbehandlung qualifizierten Kliniken
etabliert werden. Dieses Netzwerk soll die klinischen und organisatorischen Voraussetzungen
erfüllen, die eine sichere Durchführung ambulanter/kurzstationärer komplexer Eingriffe
ermöglichen.
In jedes ambulante Netzwerk soll eine Klinik eingebunden sein, welche für die Beherrschung
auch komplexer Komplikationen qualifiziert ist. Entsprechende organisatorische, institutionelle
und ggfls. vertragliche Regelungen zwischen der die ambulante Leistung erbringenden
Institution und der Klinik sollen existieren.
Die perioperative und postoperative Versorgung nach kurzstationären oder ambulanten
Eingriffen soll unter der Verantwortung und nach Maßgabe der Netzwerk-Klinik erfolgen.
|
Empfehlung 10
Generelle Voraussetzungen zur ambulanten Durchführung
|
Zur kurzstationären oder ambulanten Durchführung minimalinvasiver gynäkologischer
Eingriffe sollen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
-
präoperative Patientenedukation und Optimierung
-
eine multimodale und narkotikasparende Narkose
-
Prophylaxe von Übelkeit, Wundinfektionen und Thrombosen
-
Beibehaltung der Euvolämie
-
frühzeitige Mobilisierung
-
gut ausgebaute ambulante Betreuungsstrukturen, z. B.
-
ärztliche Nachbetreuung postoperativ (Besprechung der intraoperativen Befunde, Histologie,
postoperativen Beschwerden, Konsequenzen der Ergebnisse – evtl. telemedizinisch),
durch oder in enger Abstimmung mit dem primären Leistungserbringer
-
Betreuung vor Ort (Wohnort der Patientin) mindestens durch qualifiziertes Krankenpflegepersonal
(examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin – postoperativ zumindest Pflegevisiten)
inkl. geregelter adäquater Schmerztherapie
-
geregelte Versorgungswege bei Komplikationen, die ggfls. eine stationäre Versorgung
benötigen
[5]
[16]
|
Empfehlung 11
Zeitrahmen ambulanter Operationen
|
Eingriffe mit einer OP-Dauer > 90 min sind für eine ambulante Durchführung nicht geeignet.
Das Ende der Operation sollte nicht nach 16 Uhr liegen, um eine adäquate postoperative
Überwachung sowie Entlassung bis spätestens 22 Uhr zur ermöglichen. Einige Kriterien
können erst intraoperativ beurteilt werden.
Bei der Planung komplexer gynäkologischer Eingriffe/organentfernender Therapieverfahren
einer Hysterektomie/eines komplexen Eingriffs soll grundsätzlich auch die Möglichkeit
einer stationären Weiterbehandlung gegeben sein [5]
[6]
[7].
|
Empfehlung 12
Kriterien zur ambulanten Weiterversorgung
|
Bei Entlassung am OP-Tag sollen alle folgenden Kriterien erfüllt sein:
Chirurgische Kriterien:
Patientenkriterien:
-
Blutdruck, Puls und Atemfrequenz normal
-
Sauerstoffsättigung > 92%
-
afebril
-
wach und angemessen orientiert
-
ausreichende Schmerzkontrolle mit oraler Medikation (Schmerzintensität VAS ≤ 4/10)
-
minimale Übelkeit, kein Erbrechen
-
selbstständiges Gehen möglich
-
Spontanmiktion oder Dauerkatheter in situ
[16]
|
Empfehlung 13
Kriterien zur stationären Weiterversorgung
|
Eine stationäre Versorgung nach minimalinvasiven gynäkologischen Operationen soll
in allen Fällen erfolgen, in denen die oben für die Entlassung am OP-Tag genannten
Kriterien nicht erfüllt sind und/oder die eines oder mehrere der folgenden Kriterien
aufweisen:
Patientenkriterien:
-
soziodemografische Daten: schlechtes soziales Netzwerk, keine telefonisch erreichbare
Bezugsperson, die die Versorgung in den ersten 24 Stunden gewährleisten kann
-
Entfernung zwischen Klinik und Patientenwohnort > 50 km
-
Alter ≥ 70 Jahre
-
eingeschränktes Verständnis
-
eingeschränkte Mobilität (z. B. ECOG ≥ 2)
Medizinische Kriterien:
-
ASA ≥ 3
-
Narkosekomplikation in der Vorgeschichte
-
Schlafapnoe
-
schlecht kontrolliertes Asthma oder COPD
-
therapeutische Antikoagulation
-
Vorgeschichte von Arrhythmie, CHF, Schrittmacher/AICD, oder Hypertonie mit
-
Typ I Diabetes oder schlecht eingestellter Typ 2 Diabetes (Blutzucker präoperativ
> 180 mg/dl)
-
signifikante Nierenerkrankung (GFR < 30 ml/min, Dialyse)
-
Leberzirrhose
-
täglicher Alkoholkonsum > 2 Drinks
[16]
|
Abb. 1
Notwendige Elemente der Patientenversorgung bei komplexen gynäkologischen Eingriffen.
Im Rahmen der Erstellung der S3-Leitlinie „benigne Uteruserkrankungen“ wird ein Kapitel
die Versorgungsstrukturen betreffen, die für die Behandlung benigner Erkrankungen
des Uterus nötig sind. Wegen des derzeit intensiven Drucks, ambulante Leistungen im
operativen Bereich auszubauen, halten die Autoren es für geboten, nicht die Fertigstellung
der Leitlinie abzuwarten, sondern die wesentlichen Aspekte in dieser Form vorab zu
publizieren. Wichtig ist der Hinweis, dass die entsprechenden Empfehlungen nicht im
Rahmen der Leitlinienerstellung abgestimmt sind, sondern bisher nur die aus der Sichtung
und Bewertung der vorhandenen Literatur resultierende Expertenmeinung der Autoren
darstellt.
Organerhaltende Operationen
Die organerhaltenden Operationen sind heterogen. Hierzu zählen neben den hysteroskopischen
Eingriffen auch die Endometrioseresektion, die Myomenukleation sowie in Abhängigkeit
des operativen Verfahrens die Beckenbodenrekonstruktion. Diese Eingriffe zeichnen
sich durch eine breite Streuung des Schwierigkeitsgrads aus und fallen damit in vielen
Fällen unter die Definition „komplexer gynäkologischer Eingriff“ ([Abb. 2]). Die Entscheidung zur ambulanten versus stationären Leistungserbringung richtet
sich nach dem Gesamtassessment der medizinischen, chirurgischen und sozialen Kontextfaktoren
sowie der Komplexität des Eingriffs.
Abb. 2
Komplexe gynäkologische Eingriffe.
Organentfernende Therapieverfahren
Unter den organentfernenden Therapieverfahren sind alle Verfahren der Hysterektomie
zusammengefasst. Die Hysterektomie ist eine Operation mittleren bis hohen Schwierigkeitsgrads.
Bislang werden Hysterektomien in Deutschland nahezu ausschließlich stationär durchgeführt.
Dies dient der Schmerzbehandlung sowie der Überwachung möglicher peri- und postoperativer
Komplikationen wie erhöhter Blutverlust, Nachblutung, Harnverhalt und verzögerte Defäkation.
In anderen Ländern werden Hysterektomien und andere komplexe gynäkologische Eingriffe
unter bestimmten Voraussetzungen auch kurzstationär (Entlassung innerhalb von 24 h)
oder ambulant (Entlassung am selben Tag) durchgeführt [8].
Empfehlung 1
Die Entscheidung über die ambulante oder stationäre Erbringung der operativen Leistung
soll durch den behandelnden Arzt/die behandelnde Ärztin erfolgen, nicht durch einen
externen Kontrollmechanismus [3].
Empfehlung 2
Die Vergütung der ambulant erbrachten operativen Leistung soll ausreichend und kostendeckend
sein und sich zunächst an der Vergütung für die stationäre Leistungserbringung inklusive
aller perioperativ erforderlichen Maßnahmen (abzüglich der Hotelkosten) orientieren
[3].
Empfehlung 3
Für organerhaltende nichtkomplexe operative Maßnahmen bei benignen Erkrankungen des
Uterus sollte, sofern medizinisch und organisatorisch vertretbar und aus Patientinnensicht
möglich, der ambulanten Versorgung der Vorzug gegeben werden [5].
Empfehlung 4
Systematische Reviews haben definiert, welche Patientinnen für kurzstationäre bzw.
ambulante gynäkologische Eingriffe in Frage kommen. Patientinnen mit multiplen Komorbiditäten
sind für die kurzstationäre bzw. ambulante Leistungserbringung nicht geeignet. Im
Regelfall sollte eine Einschätzung nach ASA 1 oder ASA 2 vorliegen. Ein multidisziplinärer
Ansatz mit konsentierten Protokollen für die Patientenbeurteilung, inklusive Ein-
und Ausschlusskriterien für die kurzstationäre bzw. ambulante Leistungserbringung,
ist erforderlich.
Patientinnen mit multiplen Komorbiditäten, ASA 3 oder ASA 4, älter als 70 Jahre, fehlendem
sozialen Netzwerk, sollen nicht ambulant operiert werden [11]
[12].
Empfehlung 5
Die Wahrung der Patientinnensicherheit soll als oberste Priorität bei der Wahl der
Versorgungsstruktur zur Durchführung eines gynäkologischen Eingriffs berücksichtigt
werden.
Empfehlung 6
Minimalinvasive Operationen, endoskopisch oder vaginal, zeigen bessere perioperative
Ergebnisse im Hinblick auf Schmerz, perioperative Komplikationen wie Wundinfektion
oder Thrombose und raschere Rekonvaleszenz im Vergleich zur Laparotomie. Daher sind
sie für die Durchführung einer kurzstationären oder ambulanten gynäkologischen Operation
besonders geeignet.
Zur kurzstationären oder ambulanten Durchführung eines komplexen gynäkologischen Eingriffs/einer
Hysterektomie soll ein minimalinvasives (laparoskopisch, robotisch assistiert) oder
vaginales Vorgehen zur Anwendung kommen [13]
[14]
[15].
Empfehlung 7
Wesentliche chirurgische Kriterien für die Entscheidung zwischen einer ambulanten
versus stationären Eingriffsplanung eines gynäkologischen Eingriffs sind die Organgröße,
das Nachblutungsrisiko, der Z. n. Voroperationen und die erwartete OP-Dauer [11].
Empfehlung 8
Die chirurgische Eignung für eine kurzstationäre bzw. ambulante Durchführung eines
gynäkologischen Eingriffs soll durch den Operateur beurteilt werden.
Empfehlung 9
Zur Durchführung ambulanter Operationen sollen Strukturen in enger Abstimmung mit
für die potenziell erforderliche stationäre Weiterbehandlung qualifizierten Kliniken
etabliert werden. Dieses Netzwerk soll die klinischen und organisatorischen Voraussetzungen
erfüllen, die eine sichere Durchführung ambulanter/kurzstationärer komplexer Eingriffe
ermöglichen.
In jedes ambulante Netzwerk soll eine Klinik eingebunden sein, welche für die Beherrschung
auch komplexer Komplikationen qualifiziert ist. Entsprechende organisatorische, institutionelle
und ggfls. vertragliche Regelungen zwischen der die ambulante Leistung erbringenden
Institution und der Klinik sollen existieren.
Die perioperative und postoperative Versorgung nach kurzstationären oder ambulanten
Eingriffen soll unter der Verantwortung und nach Maßgabe der Netzwerk-Klinik erfolgen.
Empfehlung 10
Zur kurzstationären oder ambulanten Durchführung minimalinvasiver gynäkologischer
Eingriffe sollen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
-
präoperative Patientenedukation und Optimierung
-
eine multimodale und narkotikasparende Narkose
-
Prophylaxe von Übelkeit, Wundinfektionen und Thrombosen
-
Beibehaltung der Euvolämie
-
frühzeitige Mobilisierung
-
gut ausgebaute ambulante Betreuungsstrukturen, z. B.
-
ärztliche Nachbetreuung postoperativ (Besprechung der intraoperativen Befunde, Histologie,
postoperativen Beschwerden, Konsequenzen der Ergebnisse – evtl. telemedizinisch),
durch oder in enger Abstimmung mit dem primären Leistungserbringer
-
Betreuung vor Ort (Wohnort der Patientin) mindestens durch qualifiziertes Krankenpflegepersonal
(examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin – postoperativ zumindest Pflegevisiten)
inkl. geregelter adäquater Schmerztherapie
-
geregelte Versorgungswege bei Komplikationen, die ggfls. eine stationäre Versorgung
benötigen
[5]
[16].
Empfehlung 11
Eingriffe mit einer OP-Dauer > 90 min sind für eine ambulante Durchführung nicht geeignet.
Das Ende der Operation sollte nicht nach 16 Uhr liegen, um eine adäquate postoperative
Überwachung sowie Entlassung bis spätestens 22 Uhr zur ermöglichen. Einige Kriterien
können erst intraoperativ beurteilt werden.
Bei der Planung komplexer gynäkologischer Eingriffe/organentfernender Therapieverfahren
soll grundsätzlich auch die Möglichkeit einer stationären Weiterbehandlung gegeben
sein [5]
[6]
[7].
Empfehlung 12
Bei Entlassung am OP-Tag sollen alle folgenden Kriterien erfüllt sein:
Chirurgische Kriterien:
Patientenkriterien:
-
Blutdruck, Puls und Atemfrequenz normal
-
Sauerstoffsättigung > 92%
-
afebril
-
wach und angemessen orientiert
-
ausreichende Schmerzkontrolle mit oraler Medikation (Schmerzintensität VAS ≤ 4/10)
-
minimale Übelkeit, kein Erbrechen
-
selbstständiges Gehen möglich
-
Spontanmiktion oder Dauerkatheter in situ
[16].
Empfehlung 13
Eine stationäre Versorgung nach minimalinvasiven gynäkologischen Operationen soll
in allen Fällen erfolgen, in denen die oben für die Entlassung am OP-Tag genannten
Kriterien nicht erfüllt sind und/oder die eines oder mehrere der folgenden Kriterien
aufweisen:
Patientenkriterien:
-
soziodemografische Daten: schlechtes soziales Netzwerk, keine telefonisch erreichbare
Bezugsperson, die die Versorgung in den ersten 24 Stunden gewährleisten kann
-
Entfernung zwischen Klinik und Patientenwohnort > 50 km
-
Alter ≥ 70 Jahre
-
eingeschränktes Verständnis
-
eingeschränkte Mobilität (z. B. ECOG ≥ 2)
Medizinische Kriterien:
-
ASA ≥ 3
-
Narkosekomplikation in der Vorgeschichte
-
Schlafapnoe
-
schlecht kontrolliertes Asthma oder COPD
-
therapeutische Antikoagulation
-
Vorgeschichte von Arrhythmie, CHF, Schrittmacher/AICD, oder Hypertonie mit
-
Typ-I-Diabetes oder schlecht eingestelltem Typ-2-Diabetes (Blutzucker präoperativ
> 180 mg/dl)
-
signifikanter Nierenerkrankung (GFR < 30 ml/min, Dialyse)
-
Leberzirrhose
-
täglichem Alkoholkonsum > 2 Drinks
[16].