Gefäßmedizin Scan - Zeitschrift für Angiologie, Gefäßchirurgie, diagnostische und interventionelle Radiologie 2025; 12(01): 24-25
DOI: 10.1055/a-2400-8764
Aktuell
Extremitätenarterien

Gefäßbypass der unteren Extremität bei CLTI und chronischer Niereninsuffizienz

Meyer P. et al.
Long-Term Outcome of Lower Extremity Bypass Surgery in Patients with Chronic Kidney Disease and Critical Limb Ischemia in Germany.

Ann Vasc Surg 2024;
108: 365-374
DOI: 10.1016/j.avsg.2024.06.014
 

Bei Patienten mit chronischer kritischer Extremitätenischämie (chronic limb-threatening ischemia, CLTI) besteht oftmals eine begleitende chronische oder sogar eine terminale Niereninsuffizienz (glomeruläre Filtrationsrate < 15 ml/min und 1,73 m2). Diese Nierenfunktionsstörung verschlechtert die Langzeit-Outcomes, wenn an der unteren Extremität wegen der CLTI ein Bypass gelegt werden muss.


Bislang wurde die Höhe des Bypasses (Anschluss an Arterien oberhalb des Knies, unterhalb des Knies oder krurale/pedale Arterien) bei der Diskussion kaum berücksichtigt. Eine Arbeitsgruppe aus Deutschland hat nun versucht, die verschiedenen Zusammenhänge aufzuklären.

Dazu nutzten Philipp Meyer und seine Kollegen Daten von mehr als 22 000 Patienten (64,2 % Männer), die bei der AOK versichert waren. Bei allen war zwischen 2010 und 2015 wegen einer peripher arteriellen Erkrankung Stadium III bzw. IV nach Fontaine (Ruheschmerz bzw. Ulkus/Gangrän) der unteren Extremität ein offener chirurgischer Bypass erfolgt. Die Wissenschaftler teilten die Patienten zunächst in Abhängigkeit von ihrer Nierenerkrankung in 3 Gruppen ein:

  • Stadium 1 und 2 (leichte renale Funktionsstörung, n = 18271)

  • Stadium 3 (moderate Funktionsstörung n = 2483) und

  • Stadium 4 und 5 (schwere Funktionsstörung, n = 1879)

Über eine durchschnittliche Nachbeobachtungszeit von 55 Monaten verglichen die Forscher diese 3 Gruppen im Hinblick auf perioperative Komplikationen und postoperative (Langzeit-)Ergebnisse.

Die Auswertung ergab, abhängig vom Grad der Nierenfunktionseinschränkung, eine 60-Tage-Sterblickeit von

  • 7,2 % bei einer leichten Einschränkung (Stadium 1 und 2)

  • 12,4 % bei einer moderaten Einschränkung (Gruppe 3) und

  • 19,8 % bei einer schweren Einschränkung

Sowohl das Fontaine-Stadium als auch das Ausmaß der Nierenfunktionsstörung wiesen einen signifikanten Einfluss auf die Rate von Major-Amputationen (oberhalb des Sprunggelenks) auf. Sie wurden notwendig bei

  • 6 % der Patienten mit einer renalen Störung Grad 1 oder 2 vs.

  • 9,3 % bei Patienten mit renaler Funktionsstörungen Grad 4 oder 5

Für das Fontaine-Stadium galt eine Major-Amputations-Rate von

  • 2,9 % bei einem Stadium III und

  • 7,6 % bei einem Stadium IV

Dabei korrelierte die perioperative Amputationsrate signifikant mit einem Fontaine-Stadium IV, einem Bypass unterhalb des Knies bzw. krural/pedal, einer Nierenfunktionsstörung Grad 4 oder 5 und dem Vorhandensein eines Diabetes mellitus Typ 2. Ähnliche Verhältnisse galten für Minor-Amputationen (unterhalb des Sprunggelenks).

Ein MACE (major adverse cardiovascular event, definiert als Myokardinfarkt, Schlaganfall, Tod) trat auf bei

  • 9,7 % der Patienten mit einer leichten Nierenfunktionsstörung

  • 15,1 % der Patienten mit moderater Nierenfunktionsstörung und

  • 23,6 % der Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung

Die Langzeitüberlebensraten laut Kaplan-Meier-Analyse betrugen hochgerechnet über 9 Jahre

  • 31,7 % bei Nierenfunktionsstörung Grad 1 oder 2

  • 14,3 % bei Nierenfunktionsstörung Grad 3 und

  • 10,1 % bei Nierenfunktionsstörung Grad 4 oder 5

Darüber hinaus lagen diese Raten unabhängig von der Nierenfunktion und dem Bypass-Level bei einer Fontaine-Stadium III signifikant höher (vs. ein Stadium IV).

Die 9-Jahres-MACE-Rate betrug

  • 75,9 % bei Nierenfunktionsstörung Grad 1 oder 2

  • 89,4 % bei Nierenfunktionsstörung Grad 3 und

  • 94,4 % bei Nierenfunktionsstörung Grad 4 oder 5

In der multivariaten Cox-Regressionsanalyse errechneten sich als signifikant und unabhängig mit dem Überleben verbunden

  • der Grad der Nierenfunktionsstörung (Hazard Ratio [HR] 1,85 bei Stadium 4 oder 5 vs. Stadium 1 oder 2)

  • ein Fontaine-Stadium IV (HR 1,64 vs. Stadium III)

  • ein Bypass mit Anschluss an Arterien unterhalb des Kniegelenks, krurale oder pedale Arterien (HR 1,02 vs. Anschluss an Arterien oberhalb des Knies)

Dazu kamen zahlreiche Begleiterkrankungen die das Sterberisiko erhöhten, etwa eine COPD oder eine Herzinsuffizienz, ein erhöhter Blutdruck verbesserte dagegen die Überlebenswahrscheinlichkeit signifikant, wenn auch geringfügig (HR 0,92).

Fazit

Bei Patienten mit einer CLTI bei peripher arterieller Erkrankung beeinflussen sowohl die Nierenfunktion als auch das Fontaine-Stadium (III oder IV) langfristig Komplikationsraten (MACE) und Überlebensraten, fassen die Autoren zusammen. Einschränkend gilt, dass diese Daten nur bei AOK-Patienten erhoben wurden, die aber immerhin gut ein Drittel der deutschen Patienten ausmachen.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
25. Februar 2025

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