Schlüsselwörter
neoadjuvant - kombinierte Chemoimmuntherapie - multimodal - interdiszipliniäres Tumorboard
- Chirurgie - Regressionsgrading
Keywords
neoadjuvant - combined chemo immunotherapy - multimodal - interdisciplinary tumor
board - surgery - regression gradient
Einleitung
Bei etwa 20−25% der Erwachsenen, bei denen ein NSCLC diagnostiziert wird, besteht
die
Option auf eine potenziell kurative, chirurgische Resektion des Tumors [1]. In Anbetracht des hohen 5-Jahres-Rezidivrisikos, das nach alleiniger chirurgischer
Therapie je nach Stadium (I–III) etwa 21–55% betragen kann [2], werden prä- bzw. postoperative Therapiekonzepte benötigt, die das ereignisfreie
Überleben bzw. systemische Rezidivrisiko der Patienten verbessern. Einer Metanalyse
zufolge
zeigt sich eine Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensrate von lediglich ca. 5%, wenn
eine
konventionelle neoadjuvante Chemotherapie durchgeführt wird. Ferner wird die Zeitdauer
bis zum
lokoregionären Rezidiv verlängert, wenn auch nicht signifikant [3]. Gegenwärtig werden daher verschiedene kombinierte Ansätze im Rahmen eines
präoperativen bzw. perioperativen multimodalen Therapiekonzepts untersucht, die u.a.
auch den
Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren sowie zielgerichteten Substanzen vorsehen.
Das erste
zugelassene rein neoadjuvante Therapiekonzept basiert auf der randomisierten Phase-III-Studie
CheckMate 816, in der die Kombination von Nivolumab und Chemotherapie mit der präoperativen
alleinigen Standardchemotherapie in den Stadien IB, II und IIIA (7. Auflage der
Staging-Kriterien der American Joint Committee on Cancer [AJCC]) verglichen wurde
[4]. Die Rate für ein komplettes pathologisches Ansprechen (pCR) in den Stadien II–IIIA
und bei Patienten mit PD-L1-positiven Tumoren (PD-L1 ≥1%) war nach 3 Zyklen Chemoimmuntherapie
signifikant höher als nach platinbasierter Chemotherapie allein (32,1 vs. 2,3%;
95%-Konfidenzintervall [KI]: 19,0−40,7) [5]. Nach 41,4 Monaten betrug das mediane ereignisfreie Überleben (EFS) mit alleiniger
Chemotherapie 26,7 Monate und war unter der Chemoimmuntherapie noch nicht erreicht
(Hazard
Ratio [HR]: 0,49; 95%-KI: 0,29−0,83). Das mediane Gesamtüberleben (OS) war in beiden
Armen
noch nicht erreicht (HR: 0,43; 95%-KI: 0,22−0,83) und die 3-Jahres-Überlebensraten
waren mit
84% vs. 68% unter Chemoimmuntherapie signifikant gegenüber alleiniger Chemotherapie
erhöht
[5]. Basierend auf den Ergebnissen der CheckMate-816-Studie hat die Europäische Kommission
im Juni 2023 Nivolumab in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie für die neoadjuvante
Behandlung des resezierbaren NSCLC mit Tumorzell-PD-L1-Expression ≥1% bei Erwachsenen
mit
hohem Rezidivrisiko (Stadium II–III) zugelassen [6]. Seit März 2024 ist für Erwachsene mit hohem Rezidivrisiko (Stadium II–III) auch
das
erste perioperative Therapiekonzept für resezierbare NSCLC, basierend auf der
KEYNOTE-671-Studie, zugelassen [6]. In der Studie wurde in den Stadien II–IIIB (N2) (8. Auflage der Staging-Kriterien
der
American Joint Committee on Cancer [AJCC]) die neoadjuvante Kombination von Pembrolizumab
und
einer cisplatinbasierten Chemotherapie mit anschließender Pembrolizumab-Monotherapie
als
adjuvante Behandlung nach Resektion vs. neoadjuvanter Chemotherapie und adjuvanter
Placebogabe
untersucht [7]
[8]. Die Rate für ein pCR war in den Stadien II–III nach 4 Zyklen neoadjuvanter
Chemoimmuntherapie signifikant höher als nach platinbasierter Chemotherapie allein
(18,1 vs.
4,0%; 95%-KI: 10,1−18,7) [8]. Nach 36,6 Monaten betrug das mediane EFS unter alleiniger Chemotherapie 18,3 Monate
und 47,2 Monate unter der Chemoimmuntherapie (HR: 0,59; 95%-KI: 0,48−0,72). Das mediane
OS
unter alleiniger Chemotherapie lag bei 52,4 Monaten und war unter Chemoimmuntherapie
mit
anschließender adjuvanter Immuntherapie noch nicht erreicht (HR: 0,72; 95%-KI: 0,56−0,93).
Die
3-Jahres-Überlebensraten waren mit 71,3% vs. 64% unter Chemoimmuntherapie und adjuvanter
Immuntherapie signifikant gegenüber alleiniger Chemotherapie und adjuvanter Placebokontrolle
erhöht [7]. Im Zuge der Herausforderungen und neuen Fragestellungen, die sich in Bezug auf
neue
multimodale Therapiekonzepte in den frühen Stadien ergeben, wurden von einer
interdisziplinären Expertengruppe aus Deutschland Empfehlungen erarbeitet, die eine
frühzeitige Abstimmung zwischen den beteiligten Fachdisziplinen erleichtern sollen.
Die in der
Expertenrunde diskutierten Fragen wurden von Bristol Myers Squibb in Kooperation mit
Experten
erarbeitet und spiegeln sich im Klinikalltag ergebene Fragestellungen wider. Die Fragen
wurden
im Voraus der Veranstaltung mit der Moderation abgestimmt und liegen im Interesse
von allen
Teilnehmern.
Allgemeine Anforderungen
Welche Bedeutung hat das interdisziplinäre Tumorboard?
Konsens: Alle Patienten mit Verdacht auf bzw. gesichertem Lungenkarzinom sollen unabhängig
von der Therapieintention in einem interdisziplinären thoraxonkologischen Tumorboard
vorgestellt werden. Hinsichtlich der fachdisziplinären Zusammensetzung ist die Beteiligung
der Pneumologie, Onkologie, Thoraxchirurgie, Radioonkologie, (Molekular-)Pathologie,
diagnostischen und interventionellen Radiologie/Nuklearmedizin zu fordern. Für eine
optimale interdisziplinäre Interpretation der Befunde wird auch eine pneumoonkologische
Schwerpunktexpertise der klinischen Fachdisziplinen vorausgesetzt. Dies ist aufgrund
der gebotenen Struktur- und Kompetenzmerkmale z.B. in zertifizierten Lungenkrebszentren
gegeben. Die fakultative Einbindung weiterer Fachdisziplinen wie der Neurochirurgie/(Tumor-)Orthopädie
und Palliativmedizin ist angezeigt. Eine personelle Kontinuität ist erstrebenswert.
Auch ist sicherzustellen, dass die vorgestellten Patienten mit Blick auf Komorbiditätsprofil,
Allgemeinzustand und funktionelle Reserven den Vorstellenden vertraut sind.
Hintergrund
Nach einem systematischen Review von Studien im Zeitraum 1995–2015 scheinen Patienten,
die in multidisziplinären Tumorboards besprochen werden, grundsätzlich ein akkurateres
und vollständigeres präoperatives Staging zu erhalten und eher von neoadjuvanten bzw.
adjuvanten Therapiestrategien zu profitieren als Patienten, die nicht im Tumorboard
vorgestellt wurden [9]. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte eine registerbasierte Netzwerkanalyse von Patienten
mit einem NSCLC im Stadium III, die in einem multidisziplinären Tumorboard besprochen
wurden [10]. Auch eine unizentrische Kohortenstudie aus Australien hat bei Patienten mit Lungenkarzinom
(n=1197; Zeitraum: 2006–2012) einen signifikanten Überlebensvorteil nachweisen können
[11]. Mit den erweiterten multimodalen bzw. perioperativen Behandlungsmöglichkeiten dürfte
der Stellenwert der interdisziplinären Entscheidungsfindung im Tumorboard insbesondere
für Patienten im Stadium II zunehmen, bei denen der N-Status präoperativ unklar ist
bzw. keine gesicherte N1-Situation vorliegt.
Die prätherapeutische Vorstellung in einem interdisziplinären Tumorboard wird auch
in der S3-Leitlinie zum Lungenkarzinom empfohlen, wonach jeder neu diagnostizierte
Patient mit Lungenkarzinom in einem thoraxonkologischen Tumorboard vorgestellt werden
soll [12]
[13].
Welche Patienten sind für die neoadjuvante Chemoimmuntherapie geeignet?
Konsens: Nach bisheriger Datenlage kommt die neoadjuvante Chemoimmuntherapie insbesondere
bei Patienten in Betracht, die nach den aktuellen Staging-Kriterien (8. Auflage der
AJCC) im präoperativen Staging ein Tumorstadium wie folgt aufweisen:
-
Stadium IIIA gemäß PET/CT und invasivem mediastinalen Staging (mittels Bronchoskopie
mit endobronchialem Ultraschall/Ösophagoskopie mit ösophagealem Ultraschall [EBUS/EUS],
ggf. Mediastinoskopie)
-
Stadium IIB (bei pathologisch gesichertem N1-Status mit Evaluation von LK-Station
10/11 mittels EBUS)
Auf Basis der aktuellen Evidenz kann die Indikation für die neoadjuvante Chemoimmuntherapie
individuell gestellt werden:
-
im Stadium IIA mit präoperativ gesichertem oder unklarem N0-Status (z.B., wenn eine
abschließende Beurteilung mittels EBUS/EUS bzw. feingeweblicher Sicherung prätherapeutisch
nicht möglich ist)
-
im Stadium IIB bei T3N0 (Tumorgröße >5 cm, aber ≤7 cm oder Infiltration von Thoraxwand,
N. phrenicus, parietalem Perikard oder zusätzlicher Tumorknoten im selben Lungenlappen
wie der Primärtumor)
-
im Stadium IIIB denkbar bei lokoregionär resektablem T-Deskriptor und N2-Situation
mit Single- bis BiLevel-Manifestation sowie funktionell hinreichender Reserve; Voraussetzung
ist ein strukturiertes Staging mit PET/CT und invasivem mediastinalem Staging. Definierende
Manifestationen für den T-Deskriptor können sein:
-
T3 (Tumorgröße >5 cm, aber ≤7 cm oder Infiltration von Thoraxwand, N. phrenicus, parietalem
Perikard oder zusätzlicher Tumorknoten im selben Lungenlappen wie der Primärtumor)
-
T4 (z.B. Tumorgröße >7 cm oder einem Karinabefall oder zusätzlicher Tumorknoten in
einem anderen ipsilateralen Lappen wie der Primärtumor)
Im Stadium II und III (gemäß UICC 8) besteht eine zugelassene neoadjuvante und eine
perioperative Therapieoption. Neben einer pathologisch gesicherten N1-Erkrankung spricht
eine Tumorgröße >4 cm (ab T2bN0) unabhängig vom Lymphknotenbefall eher zugunsten der
Neoadjuvanz. Bei der individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung sollten zudem vorbestehende
Komorbiditäten, Nebenwirkungsrisiken und kardiopulmonale Reserve Berücksichtigung
finden ([Abb. 1]).
Abb. 1 Mögliche Entscheidungskriterien: Expertenkonsens zur Indikationsstellung einer neoadjuvanten
Chemoimmuntherapie (mod. nach A. Tufman).
Hintergrund
Zu den Einschlusskriterien der zulassungsrelevanten Studie CheckMate 816 für die
Neoadjuvanz gehörten ein resektables, histologisch bestätigtes NSCLC im Stadium IB
(Tumorgröße ≥4 cm), II oder IIIA (gemäß 7. Auflage der Staging-Kriterien der AJCC/Union
for International Cancer Control [UICC]) sowie eine nach RECIST-Kriterien (Version
1.1)
messbare Tumorerkrankung bei einem ECOG-Performance-Status von 0 oder 1. Ausgeschlossen
wurden Patienten mit nicht-resektablem oder metastasiertem NSCLC, bekannten
EGFR-Mutationen oder ALK-Translokationen [4]. Vor der Randomisierung wurden die Patienten nach Tumor-PD-L1-Status, Stadium und
Geschlecht stratifiziert. Eine nach Lymphknotenstatus stratifizierende EFS- oder
OS-Analyse in präspezifizierten Subgruppen ist bislang nicht verfügbar. Gleichwohl
wurde
der pCR-Vorteil zugunsten der Chemoimmuntherapie für alle Schlüsselsubgruppen berichtet
(inklusive Stadien, PD-L1-Expression) [4]. Im 3-Jahres-Update (explorative Analyse) zeichnete sich im Stadium II–IIIA nach
UICC 7 sowohl für PD-L1-positiv (PD-L1 ≥1%) als auch PD-L1-negativ getestete Patienten
(PD-L1 <1%) ein klinischer Nutzen zugunsten der Kombination in der Neoadjuvanz vs.
alleiniger Chemotherapie ab. Der Vorteil zugunsten der kombinierten Chemoimmuntherapie
vs.
Chemotherapie allein fiel bei Patienten mit PD-L1-positiv getesteten Tumoren größer
aus
als bei PD-L1-negativen Patienten. Die pCR-Rate betrug mit Nivolumab + Chemotherapie
32,1
vs. 2,3% bzw. die EFS-Rate 71 vs. 47% und OS-Rate 84 vs. 68% nach 3 Jahren [5].
Gemäß der kürzlich aktualisierten S3-Leitlinie sollte bei resektablen Tumoren im
Stadium II und PD-L1-Expression ≥1% (ohne EGFR- und ALK-Alteration) und Empfehlung
einer
Induktionstherapie eine kombinierte Immunchemotherapie angeboten werden. Eine kombinierte
Immunchemotherapie kann zudem bei resektablen Tumoren mit
einer PD-L1-Expression ≥1% im Stadium IIIA3 bzw. im Stadium IIIB (nur T3N2) im Rahmen
einer Induktion angeboten werden [12]. Bei der Nutzen-Risiko-Abwägung einer kombinierten Chemoimmuntherapie sind im
Hinblick auf mögliche therapieassoziierte Risiken vorbestehende Komorbiditäten und
Risikofaktoren (Niereninsuffizienz und Cisplatin, aktive Autoimmunerkrankung und
Immuntherapie) prätherapeutisch abzuklären. Das Lebensalter der Patienten stellt kein
Ausschlusskriterium für neoadjuvante Therapiekonzepte dar, wesentlicher ist die
prätherapeutische Fitness: Die Erhebung der kardiopulmonalen Reserve und Funktion
bezüglich Zusatztherapien bzw. Operabilität ist zur Einschätzung therapieassoziierter
bzw.
perioperativer Risiken, der längerfristigen Überlebensprognose und zu erwartenden
Lebensqualität, für alle Patienten im Vorfeld der Therapieintervention obligat [14].
Unter Berücksichtigung der noch begrenzten Datenlage hat die Expertengruppe praxistaugliche
Empfehlungen formuliert, die sich an der aktuell gültigen Klassifikation der Tumorstadien
(8. Auflage) orientieren. Insbesondere für Grenzfälle wird die Bedeutung der Tumorgröße
(>4 cm) oder Lymphknotenbeteiligung (pathologisch gesicherte N1-Erkrankung) zugunsten
der Neoadjuvanz hervorgehoben. Grundsätzlich ist der N-Status des primären Lungenkarzinoms
sowohl klinisch als auch prognostisch relevant (N0/1 vs. N2/3) [12]. Eine zentrale Tumorlokalisation bei vorhandener technischer Operabilität spricht
ebenfalls für ein neoadjuvantes Konzept, wenn sich die Aussicht auf eine parenchymsparende
Manschettenresektion erhöht.
Welche Informationen werden im interdisziplinären Tumorboard benötigt?
Konsens: Eine Besprechung ist bei erfolgtem kompletten Staging (sofern möglich mit PET/CT
oder PET/MRT sowie auch MRT Schädel), vorliegender funktioneller Diagnostik und –
idealerweise – histologischer Sicherung möglich. Fernmetastasen müssen bildgebend
für eine Diskussion im Rahmen vorliegender Zulassungen ausgeschlossen sein. Ein erster
Hinweis auf Befall der mediastinalen LK wird durch die PET-Bildgebung angezeigt und
sollte im nächsten Schritt durch eine feingewebliche Sicherung (mittels EBUS/EUS,
ggf. Mediastinoskopie) bestätigt werden.
Da die Auswahl der geeigneten Entnahmetechnik (z.B. Bronchoskopie, Mediastinoskopie,
transthorakale Nadelbiopsie, EBUS-/EUS-gesteuerte transbronchiale Nadelaspiration)
von multiplen Faktoren abhängig ist, sollte die Methodik nach Möglichkeit im Tumorboard
individuell besprochen und in Abhängigkeit von den diagnostischen Erfordernissen entschieden
werden (z.B. reiner Tumornachweis vs. Notwendigkeit einer umfassenden molekularpathologischen
Analyse).
Dabei ist eine ausreichende Qualität der Gewebeproben bei akzeptablem Risiko für den
Patienten anzustreben. Für eine optimale Befundung ist die Pathologie auf genaue Angaben
zur Entnahmestelle, den Zugang zur bildgebenden Befundung sowie relevante Begleitbefunde
(z.B. komorbide Malignome, thorakale Begleiterkrankungen) angewiesen. Zeitlich sollen
zwischen der pathologischen Sicherung der Diagnose und Therapieentscheidung nicht
mehr als 2−3 Wochen liegen. Insbesondere darf das Zeitfenster für die chirurgische
Resektion nicht verpasst werden.
Hintergrund
Die Methodenwahl zur Biopsieentnahme des Primarius ist von multiplen Faktoren
abhängig, wie Zugänglichkeit des Tumors, Allgemeinzustand des Patienten,
Komplikationsrisiken, Ausstattung und technische Voraussetzungen vor Ort. Grundsätzlich
sollte bei der Auswahl der Entnahmestelle auf einen ausreichend hohen Tumoranteil
und eine
potenziell maximale Gewebeausbeute geachtet werden, um eine suffiziente pathologische
Analyse, die immunhistochemische Untersuchung prädiktiver Marker und ggf. auch die
Sequenzierung zu ermöglichen [15]
[16]. I.d.R. stehen nach transbronchialer Biopsie 4−6 Biopsate zur Verfügung; bei
zentralen endobronchialen Läsionen haben sich 5 Biopsieproben als zumeist ausreichend
erwiesen. Abhängig von der Entnahmetechnik sind aber auch mehr bzw. weniger Proben
realisierbar (z.B. bei raumgreifender transbronchialer Kryobiopsie) [17]. Für eine optimale pathologische Befundung sollten relevante Befunde zu thorakalen
Begleiterkrankungen (z.B. akut entzündliche Prozesse wie eine floride Tuberkulose
oder
eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis) und begleitenden Tumorerkrankungen
zur
Verfügung gestellt werden (einschließlich des Zugangs zur bildgebenden Befundung und
ggf.
histologischen [Vor-]Befunden). Weiterhin sollte der Pathologie die genaue Lokalisation
der Entnahmestelle mitgeteilt werden.
Ein Zeitraum von 2−3 Wochen für die Bereitstellung der erforderlichen Informationen
bis zur Therapieentscheidung in der interdisziplinären Tumorkonferenz erscheint realistisch.
Auch wenn die Gewebebiopsie für eine akkurate histopathologische Diagnostik als Goldstandard
gilt, kann sie prinzipiell auch an zytologischen Präparaten erfolgen, sofern kein
Zugang zu Tumorgewebe besteht. Die Diagnostik mithilfe von zirkulierender DNA (ctDNA)
findet erst jetzt breiteren Eingang in die Routinediagnostik.
Spezifische Anforderungen an die Pathologie
Spezifische Anforderungen an die Pathologie
Welche Biomarker sollen untersucht werden?
Konsens: Die prätherapeutische Erhebung der
Tumorzell-PD-L1-Expression beim resektablen NSCLC ist aufgrund der Implikationen für
die
neoadjuvante Therapieentscheidung obligat. Eine erweiterte molekularpathologische
Diagnostik
des resektablen NSCLC im prätherapeutischen Setting ist derzeit optional, sollte aber
in
Leitlinien verankert werden und möglichst im Rahmen eines umfassenden NGS-(Next generation
sequencing-)Panels umgesetzt werden (insbesondere wenn für aktivierende EGFR-Mutationen
und
ALK-Genfusion spezifische Therapieansätze zur Verfügung stehen). Sowohl für die
immunhistochemische Untersuchung auf PD-L1 als auch die molekularpathologische Analyse
ist
eine qualitätsgesicherte, gewebesparende und umfassende Methodik sicherzustellen.
Als
Turn-around-Zeit (Zeitdauer zwischen Probeneingang und Befundmitteilung) für die
molekularpathologische Analyse ist ein Zeitraum von 10 Werktagen anzustreben.
Hintergrund
Postoperativ bestehen heute ergänzend zu einer seit Jahren verfügbaren adjuvanten
Chemotherapie auch zielgerichtete (z.B. mit Osimertinib bei Vorliegen einer aktivierenden
EGFR-Mutation) bzw. immuntherapeutische Ansätze (Atezolizumab, Pembrolizumab) für
die adjuvante Situation zur Verfügung [12]. Überdies wurden Daten zu einer adjuvanten Therapie mit dem ALK-Inhibitor Alectinib
auf dem ESMO 2023 vorgestellt [18]. Daher wird die Untersuchung auf PD-L1-Expression in Gewebeproben beim NSCLC in
frühen Stadien nach vollständiger Resektion sowie bei therapeutisch relevantem Ergebnis
auch die anschließende Testung auf EGFR-Mutationen und ALK-Fusionen in der nationalen
S3-Leitlinie zum Lungenkarzinom bereits empfohlen. Die Empfehlungen zur prätherapeutischen
indikationsrelevanten Biomarkertestung für eine neoadjuvante Chemoimmuntherapie beim
operablen NSCLC wurden noch nicht aktualisiert. Es wird hervorgehoben, dass im Zuge
der gegenwärtigen Studiendynamik zu neuen, zielgerichteten Therapieansätzen auch die
Bedeutung der präoperativen molekularen Untersuchung zunehmen wird, um anhand von
prä- und posttherapeutischen Gewebeentnahmen molekulare Gewebeprofile und möglicherweise
auch spezifische molekulare Veränderungen zu detektieren [12].
Da die Therapieselektion auf der Basis molekularer und immunhistochemischer Biomarker
das Patientenüberleben verbessern kann und laufend neue potenziell therapierelevante
Mutationen identifiziert werden, ist die molekulare Testung in umfassenden Panels
beim
NSCLC bereits bei Diagnosestellung sinnvoll – auch im Hinblick auf einen möglichst
gewebesparenden pathologischen Aufarbeitungsalgorithmus. Die neoadjuvante Therapie
kann
unter Umständen dazu führen, dass das Tumorresektat nicht genügend kernhaltige Tumorzellen
enthält und für eine suffiziente Biomarkertestung nicht mehr ausreichend gut geeignet
ist.
Gleichzeitig tragen technologische Fortschritte zur Maximierung der bioptischen
Gewebeausbeute bei, während umfassende Paneluntersuchungen zunehmend kosteneffektiver
durchgeführt werden können. Gesundheitsökonomische Analysen aus den USA und Kanada
weisen
bereits darauf hin, dass sich durch eine frühzeitige, umfassend durchgeführte
Upfront-Identifizierung von genomischen Alterationen mittels NGS-Methoden mehr an
Zeit und
Kosten beim NSCLC einsparen lässt als durch sukzessive Einzel(-gen-)untersuchungen
und die
Patienten von einem frühzeitigeren Therapiestart profitieren [19]
[20]. Um Verzögerungen der Therapieplanung durch prolongierte Turn-around-Zeiten
entgegenzuwirken, sollten standardisierte Algorithmen und Zeitvorgaben für das
diagnostische Prozedere intern abgestimmt und implementiert werden.
Wie sollte der PD-L1-Status beurteilt werden?
Konsens: Der PD-L1-Status soll mit einem analytisch validierten Test erhoben werden. Dabei
sollen im PD-L1-Befundbericht alle etablierten Scores zur Bestimmung der PD-L1-Expression
aufgeführt werden (Tumor Proportion Score [TPS], Combined Positive Score [CPS], Immune
Cells [IC]) – insbesondere im Hinblick auf den zukünftigen qualifizierten Medikamenteneinsatz.
Kontinuierliche Maßnahmen zur externen Qualitätssicherung der Testdurchführung werden
vorausgesetzt. Für die histopathologische Diagnostik ist eine Turn-around-Zeit von
≤4 Tagen anzustreben.
Hintergrund
Der immunhistochemische Nachweis der PD-L1-Expression beim NSCLC stellt das derzeit
am besten etablierte und am häufigsten evaluierte Testverfahren dar, um die Behandlung
mit gegen PD-1 oder PD-L1-gerichteten Immuncheckpoint-Inhibitoren zu planen. Für die
therapeutische Indikationsstellung im Bereich der Neoadjuvanz ist bisher nur die PD-L1-Bestimmung
für die Behandlung mit Nivolumab in Kombination mit Chemotherapie obligat.
Durch eine erhebliche Dynamik bei den Neuzulassungen von Therapieverfahren ist eine
beständige Anpassung der diagnostischen Standards erforderlich. Die qualitätsgesicherte
Durchführung der PD-L1-Testung (u.a. Präanalytik, Gewebeauswahl und -aufarbeitung,
Auswahl des Färbeprotokolls) muss – wie auch bei der molekularpathologischen Analyse
des Tumorgewebes – durch Maßnahmen wie z.B. die regelmäßige Teilnahme an Ringversuchen
und die Akkreditierung durch die nationale Akkreditierungsbehörde (Deutsche Akkreditierungsstelle,
DAKKS) sichergestellt werden [12]. In Deutschland ist die Durchführung einer obligaten immunhistochemischen Diagnostik
nicht an bestimmte, z.B. studienassoziierte diagnostische Antikörperklone gebunden.
Es besteht keine Notwendigkeit, einen studienassoziierten Antikörperklon auch im klinischen
Alltag zu verwenden [21]. Die Auswahl richtet sich vielmehr individuell nach den an den pathologischen Instituten/Laboren
bereits etablierten Antikörperklonen. Deutsche bzw. internationale Studien konnten
eine grundsätzliche Vergleichbarkeit zwischen den Antikörpern SP263, 28–8 und 22C3
nachweisen [22]
[23]
[24].
Perioperative Anforderungen
Perioperative Anforderungen
Worauf kommt es nach neoadjuvanter Therapie für die Chirurgie an?
Konsens: Alle Patienten mit NSCLC im resektablen Stadium sollen vor und nach der neoadjuvanten
Therapie im interdisziplinären Tumorboard besprochen und auch in der Thoraxchirurgie
vorgestellt werden (für Follow-up und Monitoring). Bei gegebener funktioneller, medizinischer
und technischer Operabilität soll eine Drop-out-Rate von weniger als 5% vor Operation
angestrebt werden.
Bei zentral gelegenen Tumoren und bei gegebener Operabilität trägt die neoadjuvante
Behandlung dazu bei, ein möglichst parenchymsparendes Vorgehen umsetzen und z.B. eine
Pneumonektomie vermeiden zu können. Mitunter kann die neoadjuvante Behandlung im
Zusammenhang mit dem immunvermittelten Ansprechen (peri-)tumorale Veränderungen induzieren,
die chirurgisch herausfordernd sein können.
Im Rahmen der kurativen R0-Resektion soll eine systematische Lymphknotendissektion
[25] angestrebt werden, was ein genaues pathologisches Staging ermöglicht. Sie erfolgt
bei jeder anatomischen Resektion und unabhängig vom thoraxchirurgischen Zugangsweg
als standardisierte Kompartimentdissektion ([Tab. 1]).
Tab. 1 Systematische Lymphknoten-(LK-)Dissektion: relevante LK-Stationen
(Expertenkonsens).
Tumor
|
mediastinale LK-Stationen (unabhängig von der Zugangsart)
|
grundsätzliche Anmerkungen
|
2 = paratracheal, oben; 4 = paratracheal, unten; 5 = aortopulmonales Fenster (subaortal);
6 = paraaortal (Bereich Aorta ascendens bzw. N. phrenicus); 7 = subkarinal; 8 = subkarinal
paraösophageal; 9 = Ligamentum pulmonale. Level 1–4: obere mediastinale LK, Level 5–6: aortale LK, Level 7–9: untere mediastinale LK
|
rechtsseitig
|
2, 4, 7, 8, 9
|
-
Eine Kompartimentdissektion (ipsilaterale En-bloc-Resektion: mindestens 3 LK-Stationen
werden disseziert) wird bei jeder anatomischen Resektion angestrebt.
-
Bei der systematischen LK-Dissektion handelt es sich nicht um ein systematisches LK-Sampling (= Entfernung einzelner LK aus vordefinierten LK-Stationen).
|
linksseitig
|
5, 6, 7, 8, 9
|
Hintergrund
Die chirurgische Resektionstherapie stellt die wichtigste Therapiemodalität des
operablen NSCLC mit kurativem Anspruch dar. Ziel ist der Erhalt von möglichst viel
gesundem Lungenparenchym: Sowohl die anatomische Segmentresektion, Lobektomie oder
die
Manschettenresektion sollen so parenchymsparend wie möglich durchgeführt werden [12]. Bei der Abwägung der chirurgischen Intervention sind neben den Eigenschaften des
Tumors patientenbezogene Faktoren wie Alter, Komorbiditäten, Lungenfunktion, der
Allgemeinzustand sowie patienteneigene Präferenzen zu berücksichtigen.
Ziel einer Lymphknotenentfernung ist die Verbesserung der Prognose, indem der N-Status
genau ermittelt wird und die postoperative Behandlung stadienadaptiert erfolgen kann
[13]. Im klinischen Alltag wird die Lymphadenektomie häufig uneinheitlich durchgeführt
bzw. individuell unterschiedlich bezeichnet. Wie in der aktuellen S3-Leitlinie empfohlen,
sollte die systematische Lymphknotendissektion bei Patienten, die einer kurativen
Resektion zugeführt werden, chirurgischer Standard sein. Angestrebt wird dabei eine
Kompartimentdissektion, d.h. eine komplette Entfernung des Lymphknotenkompartiments.
Die Anzahl der befallenen Lymphknoten bzw. das Verhältnis aus positiven zu entfernten
Lymphknoten gilt als wichtiger Prognosefaktor des Überlebens [12].
Ähnlich wie die neoadjuvante Chemoimmuntherapie, können perioperative Behandlungskonzepte
(neoadjuvante Chemoimmuntherapie + adjuvante Immuncheckpoint-Inhibitor-Monotherapie)
dazu beitragen, die pCR-/MPR-Raten sowie EFS-Raten gegenüber einer neoadjuvanten Chemotherapie
signifikant zu verbessern, wie verschiedene Phase-III-Studien zeigen (u.a. die AEGEAN-,
KEYNOTE-671- und Checkmate-77T-Studie) [8]
[26]
[27].
Durch die Integration neoadjuvanter Behandlungskonzepte nimmt die perioperative Komplexität
der chirurgischen Versorgung zu und das Risiko z.B. für eine Verzögerung des Operationszeitpunkts,
eine vorzeitige Progression der Erkrankung sowie ein vorzeitiges Drop-out könnte sich
erhöhen [28]. Zu berücksichtigen ist zudem das potenziell zeitverzögerte Einsetzen immunvermittelter
Nebenwirkungen auch im postoperativen Verlauf.
Wie sollte das histopathologische Regressionsgrading erfolgen?
Konsens: Das Ausmaß der therapieinduzierten Tumorregression
nach neoadjuvanter Therapie soll gemäß dem durch die International Association for
the Study
of Lung Cancer (IASLC) 2021 aktualisierten – initial von Junker entwickelten –
Regressionsgrading angegeben werden. Die histopathologische Aufarbeitung des
Resektionspräparats erfolgt an einer repräsentativen, vollständigen Tumorlamelle.
Die
Ausdehnung des vitalen Tumorgewebes, der Tumornekrosen sowie reaktiven Veränderungen
des
Tumorstromas im Tumorbett soll standardisiert in 10%-Schritten beurteilt werden ([Tab. 2]).
Tab. 2 Empfehlungen zum Regressionsgrading nach neoadjuvanter Therapie (mod. nach [29]
[30]).
|
Empfehlungen zum Regressionsgrading nach neoadjuvanter Therapie
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Welches Regressionsgrading verwenden?
|
-
histopathologisches Regressionsgrading nach Junker (2014), aktualisiert nach Travis
et al. (2020)
-
Regressionsgrad schrittweise angeben (10%)
-
Anteil von vitalem Resttumor („x%“), Tumornekrose („y%“), Stroma („z%“) werden anhand
der Schnittpräparate mikroskopisch geschätzt und ergeben in Summe das Tumorbett (x+y+z
= 100%)
|
Wie das Tumorbett definieren?
|
-
Tumorbett im Bereich des ehemaligen Tumors makroskopisch identifizieren und beschreiben
-
Schnittfläche dazu fotografisch dokumentieren (in der größten Ausdehnung und möglichst
einschließlich angrenzender Strukturen)
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Welche Informationen werden zur Beurteilung der Lymphknoten* benötigt?
*alle LK (≤2 cm) werden eigebettet und histologisch untersucht
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Lokalisation und Anzahl der befallenen Lymphknoten
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Penetration der LK-Kapsel (ja/nein)
-
Gefäß- und Lymphgefäßinvasion (ja/nein)
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Hintergrund
Gemäß der S3-Leitlinie zum Lungenkarzinom sollte nach neoadjuvanter Behandlung eine
mikroskopische Erhebung der therapieinduzierten Tumorregression am Resektat erfolgen
[12]. Wie vom multidisziplinären Komitee der IASLC vorgeschlagen [29], lässt sich im Grundsatz das Regressionsgrading nach Junker derzeit weiterhin für
den neoadjuvanten Therapieansatz heranziehen [30]. Dabei hat sich der Grenzwert von 10% oder weniger für die anteilsmäßige Beschreibung
von vitalem Resttumor bewährt und als praktikabel für den klinischen Alltag erwiesen
(z.B. verbessertes Überleben nach neoadjuvanter Chemotherapie bei Regressionsgrad
IIb nach Junker) [29]. Ergänzende Kriterien zur Beurteilung des histopathologischen Ansprechens (Tumorbett
und Lymphknoten) nach neoadjuvanter Therapie und Resektion des Tumors, wie die pCR
oder MPR (pathologische Komplettremission bzw. ausgeprägte Remission), sind ebenfalls
an das Regressionsgrading nach Junker angelehnt (0% vitaler Resttumoranteil für eine
pCR entsprechend Regressionsgrad RG III bzw. ≤10% für eine MPR entsprechend RG IIb).
Künftig wird für die Praxis vorgeschlagen, das Reporting zum Regressionsgrading inkrementell
in 10%-Schritten anzugeben; eine ggf. gewünschte „Reklassifizierung“ zum Regressionsgrading
nach Junker bleibt damit unkompliziert möglich. Als Bezugspunkt dient das Tumorbett,
das sich anteilig aus vitalem Resttumor, Nekrose und Stroma zusammensetzt und auf
100% summiert. Der Terminus „Tumorbett“ bezieht sich nach IASLC-Definition auf denjenigen
Bereich, in dem der Primärtumor vor der Behandlung vermutet wurde ([Tab. 2]). Bis zu einer Größe ≤3 cm werden alle Tumore vollständig eingebettet [29]. Zur Beurteilung histopathologischer Reaktionen im neoadjuvanten Therapieumfeld
besteht weiterhin Bedarf für Studien.
Bei der Beurteilung der Lymphknotenmetastasen kann in gleicher Weise verfahren werden
wie beim Primärtumor. Als zusätzliche Risikoparameter sollten im Rahmen der systematischen
Lymphknotendissektion standardmäßig Faktoren wie Kapseldurchbruch, Anzahl/Lokalisation
und Gefäß-/Lymphgefäßinvasion dokumentiert werden ([Tab. 2]). Als zunehmend relevantes morphologisches Risikokriterium für eine erhöhte Invasivität
oder Rezidivwahrscheinlichkeit sei an dieser Stelle auch auf das Konzept eines STAS
(spread through air spaces) hingewiesen, bei dem jenseits der Tumorgrenzen eine intraalveoläre,
aerogene Tumoraussaat beschrieben wird [31].
Zusammenfassung – Konsensbasiertes Statement
Zusammenfassung – Konsensbasiertes Statement
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Bei Verdacht auf bzw. gesichertem Lungenkarzinom sollen alle Patienten unabhängig
von der Therapieintention in einem interdisziplinären thoraxonkologischen Tumorboard
vorgestellt werden. Für eine optimale interdisziplinäre Interpretation der Befunde
wird auch eine pneumoonkologische Schwerpunktexpertise der klinischen Fachdisziplinen
vorausgesetzt.
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Laut Zulassung ist die prätherapeutische Erhebung der Tumorzell-PD-L1-Expression beim
resektablen NSCLC für eine neoadjuvante Therapie mit Nivolumab in Kombination mit
Chemotherapie festgeschrieben. Jedoch sollte auch eine erweiterte molekularpathologische
Diagnostik des resektablen NSCLC im prätherapeutischen Setting in den Leitlinien verankert
werden und möglichst im Rahmen eines umfassenden NGS-Panels durchgeführt werden. Als
Turn-around-Zeit sollte ein Zeitraum von 10 Werktagen angestrebt werden. Der PD-L1-Status
sollte mit einem analytisch validierten Test erhoben werden und dabei im
PD-L1-Befundbericht alle etablierten Scores zur Bestimmung der PD-L1-Expression aufgeführt
werden (mit Blick auf den zukünftigen qualifizierten Medikamenteneinsatz). Für die
histopathologische Diagnostik ist eine Turn-around-Zeit von ≤4 Tagen anzustreben.
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Ein interdisziplinäres Tumorboard ist sowohl vor als auch nach der neoadjuvanten Therapie
für alle Patienten mit NSCLC im resektablen Stadium anzustreben und die Patienten
sollten auch in der Thoraxchirurgie vorgestellt werden (für Follow-up und Monitoring).
Bei gegebener funktioneller, medizinischer und technischer Operabilität soll eine
Drop-out-Rate von weniger als 5% vor Operation angestrebt werden.
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Das Ausmaß der therapieinduzierten Tumorregression nach neoadjuvanter Therapie soll
gemäß dem durch die International Association for the Study of Lung Cancer (IASLC)
2021
aktualisierten – initial von Junker entwickelten – Regressionsgrading angegeben werden.
Die histopathologische Aufarbeitung des Resektionspräparats erfolgt an einer
repräsentativen, vollständigen Tumorlamelle. Die Ausdehnung des vitalen Tumorgewebes,
der
Tumornekrosen sowie reaktiven Veränderungen des Tumorstromas im Tumorbett soll
standardisiert in 10%-Schritten beurteilt werden ([Tab. 2]).
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Im Rahmen der kurativen R0-Resektion soll eine systematische Lymphknotendissektion
[25] angestrebt werden, was ein genaues pathologisches Staging ermöglicht. Sie erfolgt
bei jeder anatomischen Resektion und unabhängig vom thoraxchirurgischen Zugangsweg
als standardisierte Kompartimentdissektion.
Anmerkungen
In der gesamten Ausarbeitung wird aus Lesbarkeitsgründen das generische Maskulinum
verwendet. Gemeint sind selbstverständlich alle Geschlechter gleichermaßen.
Der Expertenkonsensus gibt den nach unserem besten Wissen zum Zeitpunkt der Abfassung
bekannten Erkenntnisstand wieder (Stand: 30.04.2024).
Förderung
BMS war am Manuskript wie folgt beteiligt: Unterstützung bei der Konzeptualisierung;
Bereitstellung von Mitteln für die Manuskripterstellung. BMS hatte weder Einfluss
auf den Inhalt des Manuskripts, noch erhielten die Autoren eine finanzielle Vergütung
für die Erstellung dieses Manuskripts. Die in diesem Manuskript genannten Empfehlungen
stellen den Konsens der Autoren dar und spiegeln deren Meinungen und langjährige Erfahrung
auf diesem Gebiet wider. Redaktionelle Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts
leistete komm.passion GmbH.