Diabetologie und Stoffwechsel 2025; 20(01): 45-46
DOI: 10.1055/a-2493-0919
Editorial

Vorwort zur Übersetzung der KDIGO-Leitlinie Diabetes und CKD

Thomas Ebert
1   Universitätsklinikum Leipzig, Medizinische Klinik III – Klinik und Poliklinik für Endokrinologie, Nephrologie, Rheumatologie, Leipzig, Deutschland
,
Martina Guthoff
2   Universitätsklinikum Tübingen, Department Innere Medizin, Abteilung IV – Diabetologie, Endokrinologie, Nephrologie, Tübingen, Deutschland
,
Ludwig Merker
3   Diabetologie im MVZ am Park Ville d’Eu, Haan, Deutschland
,
Peter R. Mertens
4   Universitätsklinik Magdeburg, Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie, Magdeburg, Deutschland
,
Gabriele Schott
5   Helios Marien Klinik Duisburg, Innere Medizin, Nephro- und Diabetologie, Duisburg, Deutschland
,
Christoph Wanner
6   Universitätsklinikum Würzburg, Zentrum Innere Medizin, Medizinische Klinik und Poliklinik I Würzburg, Deutschland
› Author Affiliations
 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der vorliegenden Ausgabe von „Diabetologie und Stoffwechsel“ können wir Ihnen die deutsche Übersetzung der KDIGO 2022 Clinical Practice Guideline for Diabetes Management in Chronic Kidney Disease [1] präsentieren. Die erste Fassung der Leitlinie ist 2020 [2] erschienen, die Leitlinie des Jahres 2022 ist somit eine aktualisierte Version. In gemeinsamer Abstimmung und Kooperation haben die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) die Veröffentlichung dieser Übersetzung erarbeitet, da beide Fachgesellschaften die KDIGO-Empfehlungen übereinstimmend begrüßen und in Ergänzung zu bestehenden Leitlinien für die Versorgung von Menschen mit Diabetes und Nierenkrankheit sehr geeignet halten. Dankenswerterweise hat Frau Maren Brammer, Referentin für Leitlinien und Fortbildung der DDG, die erste Übersetzung der Leitlinie ins Deutsche auf den Weg gebracht, die weitere Durchsicht erfolgte aus dem Team (in alphabetischer Reihenfolge) bestehend aus Herrn Prof. Dr. Thomas Ebert, Herrn Dr. Ludwig Merker, Herrn Prof. Dr. Peter, R. Mertens, Frau Dr. Gabriele Schott und Herrn Prof. Dr. Christoph Wanner. Hierbei wurde versucht, den Wortlaut der Leitlinie im Deutschen beizubehalten, jedoch zur Verbesserung des Leseflusses den Satzbau und die Satzlänge anzupassen. Somit wird Ihnen erstmalig eine deutschsprachige Quelle dieser wichtigen Leitlinie an die Hand gegeben. Großer Dank gilt Kidney Disease/Improving Global Outcome (KDIGO) und dem Elsevier-Verlag für die Freigabe der Rechte zur Übersetzung und Veröffentlichung der Leitlinie in unseren jeweiligen Publikationen.


Ein zentrales Update der aktualisierten Leitlinie betrifft die ausgesprochene Empfehlung zum Einsatz von SGLT2-Inhibitoren (Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitoren) und GLP-1-Rezeptor-Agonisten (Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptor-Agonisten) bei Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenkrankheit (CKD). Diese Empfehlungen unterstreichen den Paradigmen- Wandel in der nephrologischen und diabetologischen Therapie, weg von rein blutzuckersenkenden Strategien hin zu einem Ansatz, der kardiovaskuläre und renale Endpunkte in den Vordergrund stellt. Zudem werden erstmals nichtsteroidale Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten für die Behandlung von Menschen mit Typ-2- Diabetes und CKD sowie einer signifikanten Albuminurie empfohlen.

Eine weitere Neuerung betrifft die Fokussierung auf individualisierte Behandlungsansätze. Die Leitlinie betont den Wert einer präzisen Risiko-Stratifizierung, um die Therapie möglichst maßgeschneidert auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten[1] anzupassen. Dies betrifft insbesondere das Blutdruckmanagement, bei dem zielgerichtete Empfehlungen unter Berücksichtigung des Albuminurie-Status formuliert wurden.

Die vorgenannten Inhalte finden sich außerdem in den Praxisempfehlungen der DDG zur Nephropathie bei Diabetes [3] wieder. Diese stimmen in allen wesentlichen Empfehlungen mit der vorliegenden KDIGO-Guideline überein. Für diese jährlich überarbeiteten und auf die deutschen Verhältnisse angepassten Praxisempfehlungen stellt die KDIGO-Guideline zudem eine sinnvolle Referenz dar.

Zeitgleich möchten wir auf die aktualisierte S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes [4] hinweisen, die durch einen aufwendigen Prozess erstellt und von allen Fachgesellschaften konsentiert wurde. Mit der Publikation am 15.05.2023 ist sie öffentlich zugänglich und stellt einen wichtigen Fundus dar. Die vielen Facetten der optimierten Diabetes-Therapie werden auch in dieser Leitlinie übersichtlich erfasst. Die stärkere Berücksichtigung der partizipativen Entscheidungsfindung und Teilhabe in allen relevanten Lebensbereichen sowie von Lifestyle-Interventionen nehmen, wie auch in der KDIGO-Leitlinie, zentrale Teile ein. Die Bedeutung von Ernährung, Gewichtsmanagement und Bewegung wird als unverzichtbarer Bestandteil der ganzheitlichen Behandlung hervorgehoben und erfordert eine intensivere Patientenaufklärung und -mitarbeit. Gerade in der Schulung der Patienten wird ein wichtiger und effektiver Ansatz gesehen, die erforderliche Compliance und Adhärenz zu erreichen. Hierbei wird klar, dass es sich um zeitintensive Patienten handelt, bei denen die Aufklärung und Anpassung der Ziele gemeinsam erarbeitet werden sollte.

Die kürzlich publizierten vorteilhaften renalen Outcome-Daten für den GLP-1-Rezeptor- Agonisten Semaglutid in der FLOW-Studie [5] konnten noch nicht in die aktuelle Leitlinie einfließen. Nichtsdestotrotz sollten auch die Ergebnisse der FLOW-Studie bei der Therapieauswahl beachtet werden.

In der vorliegenden Übersetzung der KDIGO-Leitlinie wird einmal mehr sichtbar, dass für Menschen mit Typ-1-Diabetes und CKD bislang keine der zielgerichteten Therapien und oralen Antidiabetika zugelassen sind. Daher ist hier einzig die glukosesenkende Therapie mit Insulin sowie die Kontrolle von begleitenden Risikofaktoren möglich. Aus Sicht der Verfasser ist zu hoffen, dass u. a. durch aktuell laufende Studien auch eine Evidenz für neue Behandlungsansätze bei Menschen mit anderen Diabetes-Typen und CKD generiert wird und die erzielten Fortschritte in der Behandlung wiederum schnell in Leitlinien einfließen können. Im Zusammenhang damit strebt das Team an, auch die KDIGO-Leitlinie zu chronischer Nierenkrankheit aus dem Jahr 2024 in einer deutschen Übersetzung zu veröffentlichen.

Wir hoffen, dass Ihnen die Lektüre der übersetzten Leitlinie viel Freude bereiten wird und Ihnen der Text in der täglichen Praxis als wertvoller Begleiter dienen kann.

Prof. Dr. Thomas Ebert, Prof. Dr. Martina Guthoff, Dr. Ludwig Merker, Prof. Dr. Peter R. Mertens, Dr. Gabriele Schott und Prof. Dr. Christoph Wanner


Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Sowohl im Vorwort als auch in der Übersetzung wird das generische Maskulinum verwendet. Dies dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich jeweils gleichermaßen auf alle Geschlechter.



Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christoph Wanner
Universitätsklinikum Würzburg
Zentrum Innere Medizin
Medizinische Klinik und Poliklinik I
97080 Würzburg
Deutschland

Publication History

Article published online:
27 January 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany