Zeitschrift für Phytotherapie 2025; 46(01): 11-17
DOI: 10.1055/a-2502-9526
Forschung

Waldtherapie zur Behandlung chronischer muskuloskelettaler Schmerzen

Eine Pilotstudie
Anika Schubert
1   Interdisziplinäre Schmerztherapie Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik, EUFH am Campus Rostock
,
Gabriele Röhrig-Herzog
2   Interdisziplinäre Schmerztherapie, Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik EUFH am Campus Köln
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die Pilotstudie im Rahmen einer Masterarbeit untersuchte die Wirksamkeit einer 4-stündigen Waldtherapie auf die Schmerzwahrnehmung bei Patient*innen mit chronischen muskuloskelettalen Schmerzen. Die Ergebnisse zeigen signifikante Verbesserungen bei der Schmerzstärke sowie bei psychischen Parametern wie Depression, Angst und Stress.


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Abstract

This master's thesis analysed the effectiveness of a 4-hour pilot study of forest therapy on the perception of pain in patients with chronic musculoskeletal pain. According to the results, there were significant improvements with regard to pain intensity as well as psychological parameters such as depression, anxiety and stress.


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Hintergrund

Die Behandlung von chronischen Schmerzen im muskuloskelettalen Bereich stellt eine komplexe medizinische Herausforderung dar, die weit über rein biologische Ansätze hinausgeht [1] [2]. Es ist von großer Bedeutung, in der Therapie chronischer Schmerzen die Interaktionen zwischen biologischen Prozessen, psychologischen Faktoren und sozialen Kontexten zu berücksichtigen [3], da chronische Schmerzen das Leben der Betroffenen in vielfältiger Weise beeinträchtigen können.

Ein vielversprechender neuer Ansatz in der Behandlung chronischer Schmerzen ist die Waldtherapie, die das biopsychosoziale Modell umfassend einbezieht [4] ([Abb. 1]). Diese Behandlungsmethode hat ihren Ursprung in Japan, wo „shinrin yoku“ (übersetzt „Waldbaden“ oder „Eintauchen in die Waldatmosphäre“) seit dem frühen 20. Jahrhundert in der Gesundheitsförderung angewandt wird.

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Abb. 1 Weniger Schmerzen, mehr Wohlbefinden – eine erste deutsche Studie gibt Hinweise darauf, dass Waldbaden Patient*innen, die unter chronischen Schmerzen leiden, helfen könnte. Symbolbild. © U.J. Alexander/stock.adobe.com – Stock photo. Posed by models

Im Zentrum der Waldtherapie steht die intensive Sinneswahrnehmung im Wald, insbesondere des spezifischen Waldklimas, gepaart mit Achtsamkeits-, Bewegungs- und Entspannungsübungen. Visuell bietet der Wald eine Vielfalt an Farben wie das Braun der Erde oder grüne Pflanzentöne und zudem das Spiel von Licht und Schatten. Auditiv dämpft der Wald störende Geräusche wie Verkehrslärm und bietet stattdessen natürliche Klänge wie Vogelgesang oder das Rauschen von Blättern im Wind. Der Geruchssinn wird durch die vielfältigen Noten des Waldes stimuliert, von Holz und Erde bis hin zu den erfrischenden Düften unterschiedlicher Baumarten. Geschmacklich können je nach Saison und Umgebung wilde Kräuter oder Beeren im Wald probiert werden. Taktil-kinästhetisch fördert der Wald sowohl durch das Berühren von Holz und Blättern als auch durch die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten die Oberflächen- und Tiefensensibilität sowie die propriozeptive Wahrnehmung. Das Waldklima schließlich bietet angenehme Temperaturen, Schutz vor Umweltbelastungen und eine gute Luftqualität durch die Absorption von Schadstoffen.

Effekte des Waldbadens

Studien aus verschiedenen Ländern haben bereits positive Effekte der Waldtherapie auf die Gesundheit und das Wohlbefinden gezeigt [4]. Diese Therapieform stärkt das Immunsystem, fördert das Herz-Kreislauf-System und kann Entzündungsprozesse reduzieren [5] [6] [7]. Zudem wirkt sie angstlösend, stressreduzierend und stimmungsaufhellend [8] [9] [10]. Auch eine Verbesserung der Schlafqualität und eine Verringerung der Schmerzwahrnehmung bei chronischen Schmerzen wurden identifiziert [11] [12] [13].

Es ist jedoch zu beachten, dass die Wirkmechanismen der Waldtherapie durch klimatische und geografische Unterschiede variieren können. Asiatische Studien sind nicht ohne Weiteres auf europäische Bedingungen übertragbar, da sich das Waldklima sowie die Pflanzenvegetation und damit potenzielle Wirkungsmechanismen unterscheiden [14] [15]. [Abb. 2] fasst die Wirkmechanismen der Waldtherapie zusammen.

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Abb. 2 Wirkmechanismen der Waldtherapie.

Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen zur Anwendung der Waldtherapie im deutschsprachigen Raum speziell in der Schmerztherapie. Vor diesem Hintergrund zielt die vorliegende Pilotstudie darauf ab, die Effektivität der Waldtherapie auf die Schmerzwahrnehmung bei chronischen muskuloskelettalen Schmerzen zu untersuchen. Diese Studie soll Erkenntnisse darüber liefern, ob und inwieweit die Waldtherapie als ergänzende Behandlungsmethode für Patient*innen mit chronischen Schmerzen in Deutschland geeignet sein könnte.


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Methodik

In dieser Pilotstudie wurde eine einmalige 4-stündige Intervention in Form einer Waldtherapie mit einem Pre-/Post-Testdesign ohne Kontrollgruppe durchgeführt. Es standen den Teilnehmenden 2 Termine zur Teilnahme an der Waldtherapie zur Auswahl. Vor der Intervention erfolgte eine Pre-Testung mit dem Teil zur Schmerzanamnese des Deutschen Schmerzfragebogens (Version 2019). Unmittelbar nach der Waldtherapie wurde der Post-Test in Form des Verlaufsbogens des Deutschen Schmerzfragebogens durchgeführt, der auch subjektive Selbsteinschätzungen der Behandlung umfasste. Beide Testungen erfassten dieselben Aspekte zur Schmerzwahrnehmung, um mögliche Veränderungen zu identifizieren und die Wirksamkeit der Behandlung zu überprüfen.

Für die Studie wurde ein quantitatives Forschungsdesign gewählt, bei dem die Teilnehmenden schriftliche Fragebögen ausfüllten. Das Assessment erfasste verschiedene Aspekte wie Schmerzstärke, Schmerzlokalisation sowie Auswirkungen auf den Alltag und das Wohlbefinden.

Die Inklusionskriterien umfassten:

  • Gehfähigkeit

  • Diagnose chronischer Schmerz im muskuloskelettalen Bereich

  • Mindestalter von 18 Jahren

  • eine schriftliche Einverständniserklärung zur Teilnahme

    Ausschlusskriterien waren:

  • die Nutzung von Hilfsmitteln

  • akute Sturzgefährdung

  • diagnostizierte Einschränkungen der Sinnesorgane

  • bestimmte psychiatrische Erkrankungen

Die Teilnahme an der Studie war freiwillig und ein Widerruf war jederzeit ohne Angabe von Gründen möglich. Eine Datenschutzerklärung wurde ausgehändigt und dieser wurde durch Unterschrift auf der Teilnahmebestätigung zugestimmt. Die Teilnehmenden mussten ohne Hilfsmittel gehen können, um das Verletzungs- und Sturzrisiko während des Aufenthalts im Wald zu minimieren. Einschränkungen der Sinnesorgane wurden ausgeschlossen, da die Waldtherapie auf der bewussten Wahrnehmung mit allen Sinnen beruht. Psychiatrische Erkrankungen wie Psychosen oder Demenz wurden ausgeschlossen, während eine Depression als häufige Komorbidität bei chronischen Schmerzen nicht als Ausschlusskriterium galt.

Die Schmerzstärke wurde auf einer numerischen Skala von 0 (kein Schmerz) bis 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz) erfasst.

Die Fragen des Screenings für depressive und ängstliche Störungen sind jeweils einem Item zu Depression, Angst und Stress zugeordnet. Für jedes Item wird ein Punktwert ermittelt, indem die Skalenwerte addiert werden.

Die Auswertung erfolgte streng deskriptiv, insbesondere ohne Nullhypothese oder Korrekturen für multiples Testen. Angegeben sind Mediane plus/minus Standardabweichungen. Testungen wurden mit dem beidseitigem Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest für unverbundene Stichproben vorgenommen, das Signifikanzniveau auf p<0,05 festgelegt, ferner zur Bestimmung von Effektstärken der Pearson-Korrelationskoeffizient (r) zwischen Pre- und Post-Test berechnet.

Die Rekrutierung der Teilnehmenden erfolgte über eine Gemeinschaftspraxis für spezielle Schmerztherapie. In persönlichen Gesprächen mit den Ärzt*innen und durch Informationsflyer wurden potenzielle Teilnehmende über die Studie informiert. Interessierte konnten die Studienleiterin telefonisch oder per E-Mail kontaktieren, um weitere Informationen zu erhalten und ihre Teilnahme zu bestätigen.

Als Treffpunkt wurde ein Waldparkplatz der Dresdner Heide gewählt, der gut mit dem Auto und auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen war. Hierbei handelt es sich um einen Mischwald (vorrangig Fichte und Eiche), der als Forstwald genutzt wird. Im östlichen Teil der Dresdner Heide sind vorwiegend Kiefern und Eichen anzutreffen, im Norden dominieren hingegen Buchen und Eichen. Im Osten und Südosten erstrecken sich Fichtenwälder. Ergänzt wird der Baumbestand durch Arten wie Linden, Ulmen, Weiden, Erlen und Hainbuchen [20].

Das Waldtherapieprogramm wurde speziell für diese Studie entwickelt, da es nur begrenzt Informationen zur Anwendung der Waldtherapie bei chronischen Schmerzen gibt. In Zusammenarbeit mit einer Waldtherapeutin wurde ein auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden abgestimmtes Programm erstellt, das keine Vorerfahrungen voraussetzte. Es umfasste leichte Bewegungs- und Lockerungsübungen sowie Qi-Gong-Übungen. Die Strecke von etwa 3,5 km verfügte über ausreichend Rastplätze. Vier Sitzpausen wurden festgelegt, um Überlastungen zu vermeiden. Hierbei wurde auf genügend Sitzmöglichkeiten für alle Teilnehmenden geachtet. Die Pausen zwischen den Übungen konnten flexibel genutzt werden, entweder für einen Austausch mit den anderen Gruppenmitgliedern oder für eine ruhige, gesprächsfreie Erholung. Die Übungen konnten an die individuelle Schmerzintensität und -lokalisation angepasst werden.

Das Hauptziel der waldtherapeutischen Intervention bestand darin, den Teilnehmenden Impulse zu geben und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie Achtsamkeits- und Bewegungsübungen selbstständig bei einem Besuch in der Natur durchführen können. Alle Übungen konnten freiwillig und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten ausgeführt werden, wobei Anpassungsmöglichkeiten angeboten wurden.


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Ergebnisse

Von insgesamt 21 Patient*innen nahmen 10 am 1. Termin der Waldtherapie (Donnerstag im Herbst vormittags) und 11 am 2. Termin (Samstag im Herbst nachmittags) teil. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden betrug im Median 64 Jahre, mit einer Altersspanne von 35–83 Jahren. 81% der Teilnehmenden waren weiblich und 19% männlich. 61,9% waren im Ruhestand und 38,1% berufstätig. Am häufigsten wurde die Rückenregion als Schmerzlokalisation genannt (38,1%), gefolgt von beidseitigen Schulterschmerzen (14,8%).

Die Ergebnisse zeigen eine Reduktion der Schmerzstärke von 4 auf 3 (p=0,017) und eine Effektstärke von 0,62, was auf einen mittleren bis hohen Effekt hinweist. Das Minimum im Pre-Test beträgt 0, das Maximum 7, mit einer Standardabweichung von 1,90. Im Post-Test bleibt das Minimum bei 0 und das Maximum bei 7, während die Standardabweichung auf 2,16 ansteigt.

Die psychischen Faktoren Depression, Angst und Stress besserten sich ebenfalls signifikant:

  • Der Median der Depression verringerte sich von 3 auf 2 (p=0,001) mit einer Effektstärke von 0,69.

  • Der Median der Angst verringerte sich von 2 auf 1 (p=0,002) mit einer Effektstärke von 0,65.

  • Der Median von Stress verringerte sich von 7 auf 2 (p=0,0005) mit einer Effektstärke von 0,76.

Das allgemeine Wohlbefinden wurde anhand eines 7 Fragen umfassenden Fragebogens ermittelt. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Verbesserung des Wohlbefindens, wobei der Median von 19 im Pre-Test auf 27 im Post-Test anstieg (p=0,002). Die Effektstärke von 0,67 deutet auf einen mittleren Effekt hin. [Abb. 3] fasst die erhobenen Ergebnisse zusammen.

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Abb. 3 Zusammenfassung der Ergebnisse zwischen Pre- und Post-Test der Variablen aktuelle Schmerzstärke, Angst, Depression, Stress und Wohlbefinden.

In der Selbsteinschätzung beurteilten die Proband*innen ihre Schmerzreduktion mit 0–50%, bei einem Median von 17,5%. Die subjektive Bewertung des Behandlungserfolgs ergab, dass 9 Proband*innen die Therapie als „sehr gut“, 8 als „gut“ und 3 als „zufriedenstellend“ bewerteten.

Die Waldtherapie führte in diesem Kollektiv zu signifikanten Verbesserungen der Schmerzstärke, der psychischen Faktoren sowie des allgemeinen Wohlbefindens.

Merke

Auch Schmerzfolgestörungen wie Stress, Angst oder Depressivität können durch Waldbaden gelindert werden.


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Diskussion

Primäres Ziel der vorliegenden Studie war es, den Effekt der Waldtherapie auf die Schmerzintensität durch eine prä- und postinterventionelle Befragung zu untersuchen, objektiviert durch den Deutschen Schmerzfragebogen. Die Ergebnisse weisen auf eine signifikante postinterventionelle Reduktion der Schmerzintensität im Vergleich zur präinterventionellen Schmerzintensität hin sowie auf eine signifikante postinterventionelle Reduktion von Stress und Angst.

Vergleichbare Untersuchungen in europäischen Wäldern und Kollektiven gibt es bisher kaum. Eine ungarische Studie konnte im Zusammenhang mit der Waldtherapie eine jahreszeitlich variierende Aktivierung des Immunsystems sowie eine postinterventionelle Reduktion des systolischen Blutdrucks nachweisen [16]. Diese Erkenntnisse stützen Ergebnisse aus 2 chinesischen Studien, die eine mit Waldbaden assoziierte Symptomverbesserung von älteren Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz zeigten [17] [18]. Hingegen konnten keine weiteren Untersuchungen aus Deutschland zur Effektivität von Waldtherapie im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen in der gesichteten Literatur gefunden werden.

Die Ergebnisse zeigen vielversprechende Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit der Waldtherapie im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen. Aufgrund der bekannten, gewöhnlich multidimensionalen Folgestörungen chronischer Schmerzen mit Stress, Angst und Depressivität werden ganzheitliche Therapieansätze wie die Waldtherapie für die weitere Schmerztherapieforschung auch in Deutschland interessant.

Insgesamt ist die Datenlage zur Effektivität von Waldbaden auf chronische Schmerzen auch international noch relativ dünn. Einer koreanischen Studie zufolge kann Waldbaden in Kombination mit Dehnungsübungen den schmerztherapeutischen Effekt sogar noch verstärken [14]. Ein direkter Vergleich der bisher vorliegenden Studien zum Thema Waldbaden wird jedoch durch die unterschiedlichen Waldbedingungen erschwert und lässt die Frage nach waldassoziierten therapeutischen Effektoren vorerst unbeantwortet. US-amerikanischen Forschern zufolge kann auch eine virtuelle Waldtherapie gesundheitsfördernde Effekte haben, sowohl hinsichtlich akutem als auch chronischem Schmerz [19]. Die aktuelle Datenlage lässt noch keine generelle Empfehlung von Waldtherapie bei der Behandlung chronischer Schmerzen zu. Dennoch sind die bisher verfügbaren Studienergebnisse, einschließlich die der vorliegenden Untersuchung, vielversprechend und ermutigen zu weiterführender Forschung.

Limitationen

Die wichtigste Limitation ist eine fehlende Kontrollgruppe.

Die Rekrutierung der Proband*innen erfolgte in einer Arztpraxis durch Flyerauslage, weswegen eine Stichprobenverzerrung möglich wurde, da Patient*innen mit besonderer Erwartungshaltung sowie hohem Interesse an alternativen Therapiemethoden selektiert wurden.

Die Diversität der Studienteilnehmer*innen stellt eine potenzielle Störvariable dar. Die Proband*innen waren im Alter zwischen 35 und 83 Jahren, einige berufstätig und andere bereits im Ruhestand. Ältere Teilnehmende könnten aufgrund altersbedingter Veränderungen und potenzieller Vorerkrankungen häufiger mit spezifischen gesundheitlichen Beschwerden und Symptomen konfrontiert sein als jüngere Teilnehmende. Aufgrund dieser breiten Streuung wurde ein Waldtherapieprogramm entwickelt, das auf die Bedürfnisse aller Teilnehmenden angepasst ist, sowohl die der jüngeren als auch die der älteren. Es sollte eine bestmögliche therapeutische Wirkung sicherstellen. Trotz dieser Anpassungen besteht das Risiko einer Unterforderung jüngerer und einer Überforderung älterer Teilnehmenden, was die Ergebnisse potenziell verzerrt. Aufgrund der geringen Teilnehmendenzahl war eine Differenzierung zwischen den Altersstufen nicht sinnvoll.

Ein weiterer Aspekt ist der Zeitpunkt der Datenerhebung, da nur kurzfristige Auswirkungen unmittelbar vor und nach der Intervention erfasst wurden. Langzeitfolgen und die langfristige Wirkung der Waldtherapie auf die Schmerzwahrnehmung wurden nicht untersucht. Es ist unklar, ob die Intervention Verhaltensänderungen bewirkte oder ob die erlernten Übungen privat weiter angewendet wurden.

Im Verlauf der Studienumsetzung traten Interaktionen mit anderen Therapieansätzen auf, die zu einer Verzerrung geführt haben könnten. Zum Beispiel erhielten die Proband*innen neben der Intervention bspw. eine begleitende medikamentöse Behandlung, was die Aussagekraft zur Wirksamkeit der Waldtherapie verzerren kann. Es bleibt unklar, ob die positiven Auswirkungen auf die Schmerzwahrnehmung bei Patient*innen mit Schmerzproblemen ausschließlich auf die Waldtherapie zurückzuführen sind oder ob die Effekte durch begleitende Therapien hervorgerufen wurden.

Fazit

Die Studie liefert Hinweise auf die Wirksamkeit der Waldtherapie in Deutschland bei chronischen muskuloskelettalen Schmerzen. Eine unmittelbare Vergleichbarkeit mit internationalen Studien wird durch die unterschiedlichen Waldbedingungen erschwert. Grundsätzlich scheint diesen Ergebnissen zufolge Waldtherapie jedoch einen symptomreduzierenden Effekt zu haben, sowohl auf die Schmerzintensität als auch auf die schmerzassoziierten Folgestörungen wie Angst, Stress und Depressivität. Die Ergebnisse ermutigen zu weiterführender Forschung im Bereich der Waldtherapie als kostengünstige Begleitbehandlung bei chronischen Schmerzen.

Hinweis

Zweitveröffentlichung aus zkm – Zeitschrift für Komplementärmedizin 2024; 16(05): 56–60. DOI: 10.1055/a-2398-7583. Mit freundlicher Genehmigung.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Gabriele Röhrig-Herzog, MPH
Hochschule für Gesundheit, Pädagogik und Soziales EUFH
Konrad-Adenauer-Straße 25
50996 Köln
Deutschland   

Publication History

Article published online:
27 February 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

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Abb. 1 Weniger Schmerzen, mehr Wohlbefinden – eine erste deutsche Studie gibt Hinweise darauf, dass Waldbaden Patient*innen, die unter chronischen Schmerzen leiden, helfen könnte. Symbolbild. © U.J. Alexander/stock.adobe.com – Stock photo. Posed by models
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Abb. 2 Wirkmechanismen der Waldtherapie.
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Abb. 3 Zusammenfassung der Ergebnisse zwischen Pre- und Post-Test der Variablen aktuelle Schmerzstärke, Angst, Depression, Stress und Wohlbefinden.