Kombinierte Effekte der Behandlung mit CGRP-Antagonisten auf Migräneaktivität und
Übergewicht?
*** Peterlin BL, Bond DS, Ailani J, et al. Weight loss with atogepant during the preventive
treatment of
migraine: A pooled analysis. Cephalalgia 2024; 44(12): 3331024241299753. doi: 10.1177/03331024241299753
Hintergrund
Es besteht eine wechselseitige Beziehung zwischen Übergewicht und Migräneaktivität,
wobei neben
metabolischen Effekten auch Medikamentennebenwirkungen ein Rolle spielen können. Atogepant
ist eine neue
prophylaktische Medikation, die in klinischen Studien mit einer Gewichtsreduktion
assoziiert wurde [1]. Die hier dargestellte Studie untersucht das Ausmaß und den Verlauf
der Gewichtsveränderungen unter der Behandlung mit Atogepant.
Ergebnisse
Die Untersuchung umfasste fünf klinische Studien, darunter placebo-kontrollierte Studien
mit kürzerem
Untersuchungszeitraum sowie Langzeitsicherheitsstudien. Bei Patienten mit episodischer
Migräne zeigte
Atogepant 60 mg einmal täglich nach 12 Wochen eine mittlere Gewichtsabnahme von −1,02
%, verglichen mit
einer Gewichtszunahme von +0,49 % in der Placebo-Gruppe. Für chronische Migräne betrug
die
Gewichtsreduktion −1,50 % in der Atogepant-Gruppe gegenüber +0,10 % bei Placebo. Bereits
nach zwei Wochen
waren signifikante Gewichtsveränderungen messbar. Der Anteil der Patienten, die eine
klinisch
signifikante Gewichtsabnahme von ≥7 % erreichten, lag bei 4,9 % (episodische Migräne)
und 5,8 %
(chronische Migräne), während dies in der Placebogruppe 2,8 % bzw. 2,0 % erreichten.
In den Langzeitstudien setzte sich der Trend fort. Nach 40 Wochen betrug die Gewichtsabnahme
bei 60 mg
Atogepant −2,38 %, nach 52 Wochen stabilisierte sie sich bei −1,71 %. Der Anteil der
Patienten, die eine
klinisch signifikante Gewichtsabnahme von ≥7 % erreichten, lag in den Langzeitstudien
bei 24,0 % in der
Atogepant-Gruppe gegenüber 14,7 % in der Standardtherapie-Gruppe.
Die Gewichtsveränderungen waren dosis- und zeitabhängig und traten unabhängig von
Nebenwirkungen wie
Appetitlosigkeit oder Übelkeit auf. Übergewichtige und adipöse Teilnehmer zeigten
größere
Gewichtsverluste.
Diskussion
Atogepant ist in der Migräneprophylaxe wirksam, und wurde in den untersuchten Studien
mit einer moderaten
Gewichtsabnahme assoziiert. Besonders bemerkenswert ist die frühe und dosisabhängige
Gewichtsreduktion,
die sich sowohl in kurzfristigen als auch in Langzeitstudien konsistent zeigte. Diese
Wirkung könnte
insbesondere für übergewichtige und adipöse Migränepatienten klinisch relevant sein,
da ein Zusammenhang
zwischen Adipositas und Krankheitsaktivität in Studien gezeigt werden konnte. Interessanterweise
konnte
ein anti-adipöser Effekt von monoklonalen Antikörpern gegen Alpha-CGRP im Tiermodell
gezeigt werden [2], sodass dies möglicherweise kein exklusiver Effekt von Atogepant ist,
sondern für CGRP-basierte Therapien generell zutrifft. Dies bleibt zu untersuchen
Die zugrunde liegenden Mechanismen der Gewichtsabnahme sind derzeit nicht vollständig
verstanden. Es wird
vermutet, dass die Modulation von CGRP und dessen Einfluss auf den Energiestoffwechsel
eine Rolle
spielt.
Sebastian Strauß und Robert Fleischmann, Greifswald
INFORMATION
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Exzellente Arbeit, die bahnbrechende Neuerungen beinhaltet oder eine ausgezeichnete
Übersicht bietet
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Gute experimentelle oder klinische Studie
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Gute Studie mit allerdings etwas geringerem Innovationscharakter
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Studie von geringerem klinischen oder experimentellen Interesse und leichteren
methodischen Mängeln
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Studie oder Übersicht mit deutlichen methodischen oder inhaltlichen Mängeln
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Die Kopfschmerz-News werden betreut von der Jungen DMKG, vertreten durch Dr. Robert
Fleischmann, Greifswald, Dr. Katharina Kamm, München (Bereich Trigemino-autonomer
Kopfschmerz & Clusterkopfschmerz), Dr. Laura Zaranek, Dresden (Bereich Kopfschmerz
bei
Kindern und Jugendlichen) und Dr. Thomas Dresler, Tübingen (Bereich Psychologie und
Kopfschmerz).
Ansprechpartner ist Dr. Robert Fleischmann, Klinik und Poliklinik für Neurologie,
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