Handchirurgie Scan 2025; 14(01): 38
DOI: 10.1055/a-2512-0038
Aktuell
Nervenkompressionssyndrome

Maße und Morphologie des Karpaltunnels

Carmo JD. et al.
Carpal Tunnel Anthropometrics Using Acrylic Casts: A Cadaveric Study With Implications for Carpal Tunnel Release.

HAND(N.Y.) 2024;
19: 924-930
 

    Um die chirurgische Karpaltunneldekompression so wenig invasiv wie möglich durchführen zu können, werden immer wieder neue Techniken und passende Instrumente entwickelt. Dafür sind gute Kenntnisse über die Anatomie und die Maße des Karpaltunnels erforderlich. In Portugal haben Forscher nun bei 14 Verstorbenen die Morphologie des Karpaltunnels genau untersucht.


    Dazu wurde der Karpaltunnel von allen innenliegenden Strukturen befreit und schließlich mit Acrylmasse ausgegossen. So entstand eine genaue Abbildung des Tunnels, die ausgemessen werden konnte.

    Mit nur einer Ausnahme glichen alle Karpaltunnel einem elliptischen Zylinder, wobei in zwei Fällen eine eher unregelmäßige, schräge elliptisch-zylindrische Form festgestellt wurde, bei der die Längsachse wie ein „C“ geformt war, gebogen sowohl in proximal-distaler als auch in lateral-medialer Richtung. Nur in einem Fall glich der Karpaltunnel einem gestutzten elliptischen Kegel, bei dem das distale Ende größer war als das proximale.

    Unter den Verstorbenen waren zwölf Männer und zwei Frauen (insgesamt 20 Hände). Die Männer waren zwischen 36 und 81 Jahre alt, zwischen 158 und 180 cm groß und hatten ein Gewicht zwischen 48 und 85 kg (BMI 18,08–31,99 kg/m²). Bei ihnen hatte der Karpaltunnel proximal (auf Höhe des Os pisiforme), mittig und distal (distale Grenze der Aponeurose zwischen Thenar- und Hypothenarmuskulatur) eine Breite von durchschnittlich 21,84 mm, 21,45 mm und 23,13 mm. Die Längenmaße lagen im Schnitt bei 26,97 mm, die Höhenmaße bei 10,69 mm proximal, 10,82 mm mittig und 11,48 mm distal.

    Bei den beiden 42 bzw. 70 Jahre alt gewordenen Frauen variierten Körperlänge und -gewicht zwischen 158 und 165 cm bzw. 52 und 65 kg (BMI 20,83 bzw. 23,88 kg/m²). Ihre Karpaltunnel hatten eine durchschnittliche Länge von 24,16 mm und proximal, mittig und distal eine Breite von durchschnittlich 19,36 mm, 20,44 mm, 20,97 mm. Die Höhenmaße lagen bei 9,02 mm, 9,85 mm und 9,34 mm.

    Querschnittsfläche und Volumen des Karpaltunnels variierten erheblich. Die niedrigsten Werte wurden bei einer der beiden Frauen gemessen (109,96 mm² bzw. 2817,7 mm³ gegenüber dem Gesamtkohortendurchschnitt von 167 mm² bzw. 4683,99 mm³), die höchsten Werte bei einem der Männer (232,01 mm² bzw. 5720,39 mm³). Die engste Stelle des Karpaltunnels fand sich in der Hälfte der Fälle am proximalen Ende und in vier Fällen am distalen Ende. Die übrigen Karpaltunnel wiesen Engstellen zwischen diesen beiden Punkten auf.

    Fazit

    Während bei den Längenmaßen kaum Unterschiede festgestellt werden konnten, variierten Querschnittsfläche und Volumen des Karpaltunnels deutlich. In besonders kleinen Tunneln können endoskopische Eingriffe problematisch werden, weshalb es sinnvoll sein kann, den Karpaltunnel vor der OP radiologisch auszumessen, gerade bei Frauen mit einer geringen Körpergröße. Auch die Lokalisation der engsten Stelle des Karpaltunnels war sehr unterschiedlich, was zeigt, dass der N. medianus letztlich überall komprimiert werden kann und die allgemeine Empfehlung zur vollständigen Durchtrennung des Retinakulums stützt.

    Stephanie Gräwert, Leipzig



    Publication History

    Article published online:
    17 March 2025

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