Liebe Leserinnen und Leser,
mit großer Freude präsentieren wir Ihnen dieses Themenheft zur Plastischen Chirurgie
an Rumpf- und Thoraxwand im Zentralblatt für Chirurgie. Jörg Kalff hatte als Herausgeber dieser Zeitschrift die Idee, ein interdisziplinäres
Heft zu diesem Thema für die Zeitschrift zusammenzustellen. Die Rekonstruktion der
weiblichen Brust bei Mammakarzinom sollte dabei bewusst ausgespart bleiben und der
Fokus auf die Defektdeckung gesetzt werden. Immerhin 10 Beiträge, davon 8 Originalarbeiten
und 2 Übersichtsarbeiten, konnten aus 5 Universitätskliniken und einer berufsgenossenschaftlichen
Klinik so für Sie gewonnen werden.
Plastische Chirurgie ist eines der 10 gleichrangigen Fächer der Chirurgie, wie sie
auch in der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie so vertreten sind. Die Anwendung
von rekonstruktiver Mikrochirurgie erlaubt, ausgedehnte Defekte der Rumpf- und Thoraxwand
in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der Viszeral- und Thoraxchirurgie zu
ersetzen. Dies ermöglicht radikale Débridements und Tumorresektionen, die sonst nicht
möglich wären. Komplexe Defekte nach Trauma oder Tumor können unter Erhalt der Lebensqualität
für den Patienten behandelt und die Anatomie funktionell und auch ästhetisch wiederhergestellt
werden.
Plastisch-chirurgische Rekonstruktionen dieser Art sind nur an Krankenhäusern möglich,
die auch die dafür notwendige Infrastruktur vorweisen können. Neben der apparativen
Ausstattung mit einer zeitgemäßen Hardware in Bezug auf Operationsmikroskop, Mikroinstrumente
und Zugriff auf Operationssäle benötigt man auch eine Mannschaft an erfahrenen Mikrochirurgen.
Für eine kompetente interdisziplinäre Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist daher zumindest
eine eigenständige Abteilung für Plastische Chirurgie zu fordern. Ein einzelner Oberarzt
genügt dafür nicht. Leider gibt es selbst an den 35 Universitätskliniken nur in etwa
einem Drittel die dafür nötige Infrastruktur. Zu oft kann der heutige medizinische
Standard der Plastischen Chirurgie daher den Patienten nicht angeboten werden oder
aber führt dies zu erheblichen Zeitverlusten, bis die Patienten in einer entsprechend
ausgestatteten Klinik für Plastische Chirurgie versorgt werden können. Wie in der
Extremitätenchirurgie, wo mit dem
Konzept der „Orthoplastischen Chirurgie“ ein Übergriff für enge interdisziplinäre
Zusammenarbeit zwischen Plastischer Chirurgie und Orthopädie/Unfallchirurgie zum Extremitätenerhalt
gefunden wurde [1], ist es auch an der Rumpf- und Thoraxwand ebenso sinnvoll, interdisziplinäre Kooperationen
zu etablieren und zu leben. Das formulierte Ziel sollte sein, eine dem aktuellen Stand
der Medizin angepasste Infrastruktur im Sinne einer zeitnahen, möglichst sofortigen
Rekonstruktion bereitzustellen und damit die Kompetenz von Kliniken der Maximalversorgung
zu schärfen.
In diesem Sinne soll Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dieses Heft einen Überblick
über die aktuellen Möglichkeiten der Plastischen Chirurgie an Rumpf- und Thoraxwand
geben und somit das Bewusstsein schärfen, die Plastische Chirurgie bei notwendigen
komplexen Rekonstruktionen bei der Operationsplanung frühzeitig miteinzubeziehen.
Wir danken allen Autoren und Gutachtern für ihren Beitrag zum Gelingen dieses Themenheftes
und wünschen viel Freude beim Lesen und Umsetzen.
Riccardo Giunta und Jörg Kalff
München und Bonn im Oktober 2025