Schlüsselwörter
Cochlea-Implantat - Rehabilitation - AHB - Anschlussheilbehandlung - Anschlussrehabilitation
Einleitung
            Eine Rehabilitation im Anschluss an einen chirurgischen Eingriff ist in vielen medizinischen
               Bereichen ein essenzieller Bestandteil der Behandlung, um einen optimalen Versorgungserfolg
               zu erzielen. Eine Rehabilitation ist beispielsweise im Rahmen der Cochlea-Implantat
               (CI)-Versorgung vorgesehen, um das Sprachverstehen und die Lebensqualität im Alltag
               optimal zu verbessern [1]
               [2]
               [3].
            Es gibt eine Vielzahl von Rehabilitationsverfahren, die individuell durch die behandelnde
               Klinik eingeleitet werden können. Für einige medizinische Behandlungen ist es möglich,
               die Rehabilitation als Anschlussheilbehandlung (AHB) innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung
               des stationären Aufenthalts zu beginnen. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat
               hierzu einen Indikationskatalog für die AHB erstellt [4]. Dieser regelt, für welche medizinischen Eingriffe eine AHB durchgeführt werden
               kann und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Nicht für alle medizinischen
               Eingriffe ist eine AHB vorgesehen. Der AHB-Indikationskatalog wird regelmäßig überarbeitet
               und ggf. ergänzt.
            Im Folgenden sollen die Schritte des Verfahrens zur Aufnahme einer bisher nur als
               Heilverfahren möglichen Rehabilitationsmaßnahme in den AHB-Indikationskatalog am Beispiel
               der Hörrehabilitation nach CI-Operation (CI-Rehabilitation) erläutert werden.
            Die Versorgung von Patienten mit einer hochgradigen Schwerhörigkeit oder Taubheit
               mit einem CI ist in Deutschland mittlerweile ein standardisierter Prozess. Mit der
               2020 aktualisierten „Leitlinie Cochlea-Implantat-Versorgung“ (017–071; AWMF) [1] wurde die Grundlage für die Erstellung des „Weißbuchs Cochlea-Implantat-Versorgung
               Deutschland“ der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und
               Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC) [3] geschaffen. Beide Dokumente dienen als Basis für die Einführung des „Deutschen Cochlea-Implantat-Registers“
               (DCIR) [5]
               [6] und des Zertifizierungsprogramms zur „Cochlea-Implantat-versorgenden Einrichtung“
               (CIVE) [7].
            Die Entwicklung von qualitätsgesicherten Diagnose- und Therapiestandards umfasst auch
               die kontinuierliche Einbeziehung neuer Entwicklungen und Fortschritte. Dies schließt
               insbesondere auch Verfahrensänderungen ein, die sich aus Verbesserungen der Behandlungsabläufe
               ergeben. Ein Beispiel hierfür ist die Weiterentwicklung der chirurgischen Zugänge
               im Rahmen der CI-Operation. Durch die fortschreitende Minimierung des chirurgischen
               Zugangs und der daraus resultierenden Beschleunigung der postoperativen Heilungszeit
               ergeben sich potenzielle Veränderungen in den nachfolgenden Behandlungsschritten.
               Am Beispiel des CI ergibt sich aus der deutlich geringeren postoperativen Schwellung
               die Möglichkeit einer früheren Anpassung des CI-Prozessors und damit auch eines früheren
               Beginns der Basis- und Folgetherapie sowie der CI-Rehabilitation. Bisher war es gängige
               klinische Praxis, etwa 4–6 Wochen nach der CI-Operation mit der Basistherapie zu beginnen.
               Durch die Optimierung der Implantationstechnik ist es nun möglich, bereits wenige
               Tage nach dem chirurgischen Eingriff mit der Basistherapie zu beginnen. In vorangegangenen
               Studien konnten die Autoren daraus das Konzept des „early fitting“ (Frühanpassung)
               ableiten und auch bereits Langzeitdaten zu diesem Konzept publizieren [8]
               [9]
               [10].
            Im Hinblick auf die in der AWMF-Leitlinie und im CI-Weißbuch hinterlegten Prozessabläufe
               existieren derzeit keine präzisen zeitlichen Vorgaben in Bezug auf den Beginn der
               Basis- und Folgetherapie. Eine Veränderung des Zeitpunkts dieser Maßnahmen ist damit
               formal leitlinien- und Weißbuch-konform.
            Durch die frühzeitige Anpassung des CI-Prozessors, d. h. den Beginn der Basistherapie
               bereits wenige Tage nach der Implantation, ergibt sich die Möglichkeit, auch die Rehabilitation
               zu einem früheren Zeitpunkt zu beginnen und dadurch eine AHB formal überhaupt erst
               möglich zu machen. Bisher war eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nur als Heilverfahren
               möglich, die der Kostenzusage durch den zuständigen Kostenträger unterliegt und mit
               einem aufwendigen Genehmigungsverfahren verbunden ist. Die Beantragung einer stationären
               Rehabilitation war daher oft mit einem hohen administrativen Zeitaufwand sowohl für
               den Antragsteller als auch für den Kostenträger und zudem mit Unsicherheiten hinsichtlich
               des Bewilligungsergebnisses verbunden. Mit der Einführung der Frühanpassung (Beginn
               der Basistherapie in den ersten Tagen nach der Operation) eröffnete sich die Möglichkeit
               für die Folgetherapie, die nachfolgende Hörrehabilitation nicht als klassisches stationäres
               Heilverfahren, sondern als AHB zu konzipieren. Eine AHB ist definiert als eine Rehabilitationsmaßnahme,
               die unmittelbar oder zumindest in einem sehr engen zeitlichen und damit ursächlichen
               Zusammenhang mit einer stationären Krankenhausbehandlung steht. Dabei ist ein Zeitraum
               von maximal 14 Tagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus bis zum Beginn der Rehabilitationsmaßnahme
               obligatorisch. Eine AHB kann grundsätzlich stationär oder ganztägig ambulant in einer
               von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) dafür zugelassenen Rehabilitationseinrichtung
               durchgeführt werden [4]. Anforderungen an eine AHB-Rehaeinrichtung finden sich im Anforderungsprofil für
               stationäre Einrichtungen zur medizinischen Rehabilitation mit Zulassung zum AHB-Verfahren
               der DRV [11].
            Um die prinzipielle Machbarkeit einer vorgezogenen Folgetherapie zu überprüfen, wurde
               2019 in Zusammenarbeit mit der MEDIAN Kaiserberg-Klinik Bad Nauheim, der DRV Bund
               und DRV Hessen, der Knappschaft Bahn/See sowie der Deutschen Angestellten-Krankenkasse
               (DAK) eine Pilotstudie initiiert. Patienten, die in der Klinik für Hals-, Nasen- und
               Ohrenheilkunde der Universitätsmedizin Frankfurt mit einem CI versorgt wurden und
               dort eine Frühanpassung erhalten hatten, wurden innerhalb von 14 Tagen nach Entlassung
               aus der stationären Therapie einer weiterführenden Behandlung im Rahmen der stationären
               CI-Rehabilitation in der Kaiserberg-Klinik in Bad Nauheim zugeführt. Dieser Ablauf
               sollte modellhaft den Prozess einer AHB simulieren. Insgesamt wurden 75 Patienten
               in die Studie eingeschlossen. 54 Patienten wurden innerhalb von 14 Tagen, analog zu
               einer AHB, zur stationären Rehabilitation aufgenommen. Die übrigen Patienten wurden
               als Kontrollgruppe nach Durchlaufen des bisher üblichen Antragsverfahrens und hierdurch
               bedingter zeitlicher Verzögerung einer stationären Rehabilitation zugeführt. Die hierzu
               erhobenen Daten wurden inzwischen ebenfalls publiziert [12].
            Aufgrund der oben beschriebenen Vorarbeiten erfolgte im September 2024 die Aufnahme
               der CI-Rehabilitation in den bundesweit gültigen AHB-Katalog. Durch diese Aufnahme
               ist es den HNO-Kliniken nun möglich, über den Sozialdienst der klinischen Einrichtung
               innerhalb von 2 Wochen nach der Implantation eine stationäre AHB einzuleiten. Die
               Aufnahme in den AHB-Katalog wird in Zukunft zu einer erheblichen Verbesserung der
               Verfahrensabläufe durch eine entsprechende Entbürokratisierung des Antragsverfahrens
               führen. Darüber hinaus wird eine Rechtssicherheit für die betroffenen Patienten erreicht,
               da nach Aufnahme in den AHB-Katalog sowohl bei gesetzlich als auch bei privat Versicherten
               – vorbehaltlich der gegebenen medizinischen Voraussetzungen – nur noch die sozialversicherungsrechtlichen
               Voraussetzungen geprüft werden. Ein individueller Antrag auf Kostenübernahme muss
               damit nicht mehr gestellt werden. Die Aufnahme der CI-Rehabilitation in den AHB-Katalog
               stellt somit einen echten Meilenstein in der Folgetherapie zur Verbesserung der Prozessabläufe
               für alle zukünftig mit einem CI versorgten Patienten in Deutschland dar. Im Rahmen
               der vorliegenden Arbeit sollen die dafür notwendigen Vorarbeiten und der formale Ablauf
               dargestellt werden, da diese modellhaft auch auf andere Bereiche der HNO-Heilkunde
               übertragen werden können.
         Definition einer Anschlussheilbehandlung
         Definition einer Anschlussheilbehandlung
            Bei einer AHB handelt es sich um eine Rehabilitationsmaßnahme, die unmittelbar oder
               in einem engen medizinischen und zeitlichen Zusammenhang an eine stationäre Krankenhausbehandlung
               eingeleitet wird. Dabei ist ein Zeitraum von maximal 14 Tagen nach der Krankenhausentlassung
               bis zum Beginn der Rehabilitationsmaßnahme einzuhalten. Eine AHB kann stationär oder
               ganztägig ambulant an einer hierfür geeigneten Rehabilitationseinrichtung durchgeführt
               werden [4]. Über den AHB-Indikationskatalog der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ist definiert,
               an welche medizinischen Behandlungen eine Rehabilitation als AHB angeschlossen werden
               kann und welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen.
            Vor Einleitung einer AHB muss der behandelnde Arzt in der Klinik die Eignung des Patienten
               für eine AHB prüfen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, dann erfolgt die Antragstellung
               über den Sozialdienst der Klinik (AHB-Antrag, Formular G0250) [4]. Wichtig ist auch eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Rehaklinik, am besten
               noch vor der Operation, damit dort zeitgerecht ein Platz reserviert werden kann.
         Etablierung einer AHB am Beispiel der CI-Versorgung
         Etablierung einer AHB am Beispiel der CI-Versorgung
            Im Folgenden sollen die Schritte und Vorarbeiten dargestellt werden, die zur Aufnahme
               der CI-Rehabilitationsmaßnahme in den AHB-Indikationskatalog geführt haben.
            Prozess der CI-Versorgung
            
            Das CI ist eine etablierte Behandlungsmethode für hochgradig schwerhörige bzw. gehörlose
               Patienten [13]. Um ein einheitliches Vorgehen für die CI-Versorgung sicherzustellen, wurde der
               Versorgungsprozess in Form einer Leitlinie beschrieben [1]
               [3]. Ziel ist es hierbei, bundesweit ein einheitlich hohes Qualitätsniveau für alle
               mit CI versorgten Patienten zu erreichen.
            
            Der CI-Versorgungsprozess gemäß der Leitlinie „CI-Versorgung“ [1]
               [3] wurde bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben [14]. Nach der Indikationsstellung erfolgt die CI-Operation, gefolgt von der Basistherapie.
               Diese umfasst die Erstaktivierung des CI-Prozessors sowie die Einleitung audiologischer,
               hör- und sprachtherapeutischer Maßnahmen und medizinischer Kontrollen. Ziel der anschließenden
               Folgetherapie ist die vollumfängliche Nutzung des Implantatsystems. Sie beinhaltet
               ebenfalls audiologische, hör- und sprachtherapeutische Maßnahmen sowie medizinische
               Kontrollen. Nach Abschluss der Folgetherapie erfolgt eine lebenslange Nachsorge, um
               die bestmögliche Nutzung der CI-Versorgung dauerhaft zu gewährleisten. Die technische
               Nachsorge kann durch die CI-versorgende Einrichtung an kooperierende Einrichtungen
               delegiert werden. Laut der 2020 aktualisierten CI-Leitlinie wird eine Rehabilitationsmaßnahme
               empfohlen, die Teil der Basis- oder Folgetherapie sein kann [3].
            
            Rehabilitation im Rahmen einer CI-Versorgung
            
            Gemäß der Leitlinie „CI-Versorgung“ [3] ist die Durchführung einer CI-Rehabilitation Teil des Standardvorgehens. Der hör-
               und sprachtherapeutische Anteil der Folgetherapie kann unter HNO-ärztlicher Leitung
               an der CI-versorgenden Einrichtung (HNO-Klinik) oder auch an einer kooperierenden
               Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Das Ziel einer Rehabilitationsmaßnahme bei Erwachsenen
               ist neben der vollumfänglichen Nutzung des CI besonders auch die berufliche und gesellschaftliche
               Inklusion auf Grundlage der mit dem CI verbesserten lautsprachlichen Kommunikation
               [3].
            
            In einer vorausgegangenen Arbeit von Zeh & Baumann (2015) [15] wurde der Effekt einer stationären Rehabilitationsmaßnahme quantitativ untersucht.
               Hierzu wurden retrospektiv audiometrische Daten standardisierter Hörtests von 1355
               CI-Trägern ausgewertet. Die Daten wurden bei Aufnahme und Entlassung der 3–5-wöchigen
               stationären Hörtherapie verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass Patienten infolge
               der Rehabilitationsmaßnahme im Durchschnitt eine Verbesserung ihres Sprachverstehens
               um 20 Prozentpunkte erreichten. Dieser Effekt war unabhängig vom Alter der Patienten.
               Die Studienergebnisse konnten zeigen, dass alle Patienten auch unabhängig von der
               Dauer der Taubheit oder der CI-Nutzungsdauer von einer stationären Rehabilitationsmaßnahme
               profitierten. Die (stationäre) CI-Rehabilitation ist somit ein wissenschaftlich validierter
               Teil der CI-Versorgung, der wesentlich zur optimalen Nutzung des CI-Systems beiträgt.
               Derzeit gibt es allerdings kein einheitliches Konzept zur Struktur der Rehabilitation
               nach einer CI-Versorgung, sodass die Rehabilitation stationär, ambulant, teilstationär
               oder in Blockwochen erfolgt. Wissenschaftliche Daten mit größeren Patientenkohorten
               liegen in Deutschland derzeit allerdings nur für die stationären Rehabilitationsmaßnahmen
               nach CI-Versorgung vor. Über andere Rehabilitationskonzepte, z. B. über die vielerorts
               durchgeführten Rehamaßnahmen im Rahmen von mehreren kurzen Blöcken, liegen keine vergleichbaren
               Daten zur Effizienz vor.
            
            Bisher musste eine stationäre Rehabilitation als Heilverfahren durchgeführt werden,
               und dafür war ein individueller Antrag (Formular G100) beim Kostenträger notwendig.
               Je nach Bundesland und Fachkenntnis des Sachbearbeiters variierte die Ablehnungsrate,
               besonders bei erwachsenen Patienten, erheblich. Häufig waren Widersprüche, Gutachten
               oder sogar Gerichtsverfahren nötig, um eine Genehmigung zu erhalten. Dies führte zu
               langen Wartezeiten und hohem Aufwand für die Patienten [16].
            Voraussetzungen für die Etablierung einer CI-AHB
         Voraussetzungen für die Etablierung einer CI-AHB
            Damit die CI-Rehabilitation in den AHB-Katalog aufgenommen werden konnte, mussten
               zunächst die notwendigen Voraussetzungen zur Durchführung einer Frührehabilitation
               geschaffen werden. Dazu wurden Versorgungsprozesse und -strukturen angepasst bzw.
               neu etabliert.
            Frühe Anpassung des CI-Prozessors als Voraussetzung für die Durchführung einer CI-Rehabilitation
               als AHB
            
            Bislang wurde die Basistherapie, die die Erstaktivierung des CI-Systems einschließt,
               ca. 4–6 Wochen nach der CI-Operation durchgeführt, um zu gewährleisten, dass der Einheilungsprozess
               des Implantats und die Wundheilung abgeschlossen sind [17]
               [18]. Somit konnte die Rehabilitation bisher nicht innerhalb von 2 Wochen nach dem stationären
               Aufenthalt zur Operation begonnen werden. Dies ist jedoch unabdingbare Voraussetzung
               für die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme als AHB.
            
            Durch Verbesserungen der Operationstechniken (z. B. Small-Incision-Technik [19]) konnten die operativen Zugänge verkleinert werden, was wiederum zu einer Reduktion
               der postoperativen Schwellung führte. Durch kleinere und damit schneller verheilende
               Wunden wurde erst die deutlich frühere Aktivierung des CI-Prozessors, schon bereits
               wenige Tage nach der CI-Operation, ermöglicht.
            
            Die grundsätzliche Machbarkeit einer Frühaktivierung des CI-Prozessors und deren Sicherheit
               wurden bereits im Rahmen von früheren Untersuchungen belegt [8]
               [9]
               [10]. Es konnte damit gezeigt werden, dass die Wartezeit zwischen CI-Operation und Erstaktivierung
               des CI-Prozessors durch die frühe Anpassung innerhalb von 3 Tagen (Median) nach OP
               im Vergleich zur Aktivierung nach der Standardeinheilungszeit (28 Tage, Median) deutlich
               verkürzt werden konnte. Es wurden keine Wundheilungsstörungen oder schweren Komplikationen
               beobachtet. Es konnte gezeigt werden, dass die Frühanpassung keinen medizinischen
               oder hörtherapeutischen Nachteil für Patienten bietet, aber im Gegenteil einen früheren
               Beginn der CI-Rehabilitation ermöglicht.
            
            Es ist allerdings notwendig, dass die Erstaktivierung des CI-Systems als Teil der
               Basistherapie in der CI-versorgenden Einrichtung (HNO-Klinik) durchgeführt wird. Nicht
               jeder Patient ist automatisch geeignet für eine frühe Aktivierung des CI-Prozessors.
               Vor Erstaktivierung sind eine medizinische Beurteilung (u. a. ausreichende Wundheilung)
               sowie eine audiologische Prüfung der Machbarkeit (u. a. ausreichende Kopplung zwischen
               CI-Prozessor und Implantat) daher zwingend notwendig.
            
            Die frühe Aktivierung des CI-Systems wenige Tage nach der Operation ermöglicht den
               Übergang von der Basistherapie (Erstanpassungsphase) zur Folgetherapie innerhalb von
               2 Wochen nach dem stationären Aufenthalt zur CI-Operation. Dadurch kann auch der Beginn
               der CI-Rehabilitation bereits innerhalb von 2 Wochen nach Entlassung aus dem stationären
               Aufenthalt erreicht werden. Die frühe Aktivierung des CI-Systems legt somit den Grundstein
               zur Durchführung einer CI-Rehabilitation als eine Anschlussrehabilitation (AHB).
            
            Untersuchung der Machbarkeit einer CI-Rehabilitation als AHB
            
            Im nächsten Schritt wurden die Machbarkeit und Sicherheit einer CI-Frührehabilitation
               als AHB in einem Pilotprojekt [12] untersucht. Ermöglicht wurde dies durch eine Kooperation zwischen der HNO-Universitätsklinik
               Frankfurt, der MEDIAN Kaiserberg-Klinik Bad Nauheim und verschiedenen Kostenträgern
               (Deutsche Rentenversicherung [DRV] Bund, DRV Hessen, Knappschaft Bahn/See, Deutsche
               Angestellten-Krankenkasse [DAK]). Durch eine wesentliche Vereinfachung des Beantragungsprozesses
               für eine CI-Rehabilitation konnte die Wartezeit für die Aufnahme in die Rehaeinrichtung
               deutlich verkürzt werden.
            
            Im Rahmen der Studie wurde gezeigt, dass die Wartezeit auf den Rehabilitationsbeginn
               durch die sehr früh eingeleitete Rehabilitationsmaßnahme auf im Mittel 14 Tage (Min.
               8/Max. 23 Tage) verkürzt werden konnte, während die Patienten nach dem bisherigen
               Beantragungsverfahren im Mittel 106 Tage (Min. 35/Max. 520 Tage) auf den Beginn der
               Rehabilitation warten mussten. In [Abb. 1] sind die CI-Basistherapie und der Rehabilitationsprozess für beide Studiengruppen
               schematisch dargestellt.
            
             Abb. 1 Schematische Darstellung der CI-Basistherapie und des Rehabilitationsprozesses. Oben:
                  Stationäre Frührehabilitation im Anschluss an die Erstanpassungsphase (Interventionsgruppe).
                  Unten: Stationäre Rehabilitation nach Standardbeantragungsprozedere (Kontrollgruppe).
                  Abb. 1 Schematische Darstellung der CI-Basistherapie und des Rehabilitationsprozesses. Oben:
                  Stationäre Frührehabilitation im Anschluss an die Erstanpassungsphase (Interventionsgruppe).
                  Unten: Stationäre Rehabilitation nach Standardbeantragungsprozedere (Kontrollgruppe).
            
            
            
            92,6 % der Patienten konnten die sehr frühe CI-Rehabilitation innerhalb von 14 Tagen
               antreten. Diese Patienten haben die Rehabilitationsmaßnahme im Durchschnitt 7 Wochen
               nach der CI-Operation abgeschlossen. Der Rehabilitationsaufwand war dabei vergleichbar
               zum bisherigen Rehabilitationsverfahren. Weiterhin konnte eine vergleichbare Entwicklung
               des Sprachverstehens nach sehr frühem Rehabilitationsbeginn und nach Standardprozedere
               gezeigt werden.
            
            Mit der Pilotstudie zum Konzept einer stationären CI-Frührehabilitation konnte gezeigt
               werden, dass diese als Anschlussrehabilitation (AHB) machbar und sicher ist. Der entscheidende
               Vorteil dieses Rehabilitationskonzepts ist, dass es eine deutliche Verkürzung der
               Wartezeit auf den Rehabilitationsbeginn ermöglicht. Dies führt zu einer zeitnahen
               Verbesserung des Sprachverstehens und zu einer früheren Wiedereingliederung in Arbeit
               und Alltag des Patienten.
            Einführung der CI-Rehabilitation als AHB
         Einführung der CI-Rehabilitation als AHB
            Im September 2024 wurde nach Prüfung der Ergebnisse der Pilotstudie durch den Medizinischen
               Dienst die CI-Rehabilitation in den Indikationskatalog der AHB aufgenommen [4]. Dadurch kann das Genehmigungsverfahren jetzt deutlich vereinfacht und beschleunigt
               werden.
            Voraussetzung für die Durchführung einer AHB ist eine Prüfung der Eignung des CI-Patienten
               für ein solches Rehabilitationsverfahren durch den behandelnden Arzt. Die wesentliche
               Grundlage hierfür ist die HNO-fachärztliche Beurteilung der Operationswunde, des Implantatlagers
               in Bezug auf die postoperative Schwellung der Kopfhaut sowie des Vorliegens von Komplikationen,
               wie z. B. neurootologischen Beeinträchtigungen (Schwindel, Tinnitus oder Verlust des
               Restgehörs), Hirnnervenfunktionsstörungen (Fazialisparese) oder anderen kraniozervikalen
               Funktionsstörungen. Weitergehend ist auch die kognitive und psychosoziale Rehabilitationsfähigkeit
               zu überprüfen. Diese „Freigabe“ zur Rehabilitation erfolgt durch den CI-spezialisierten
               HNO-Facharzt der CIVE im Rahmen der CI-Basistherapie. Diese für die Gewährleistung
               der Versorgungsqualität relevante und nicht delegierbare Aufgabe der CIVE ist bereits
               seit 2020 Inhalt der geltenden CI-Leitlinie der AWMF [1]. Weiterhin muss vor Beginn der AHB-Maßnahme die Erstanpassung des CI-Prozessors
               als Teil der Basistherapie in der CIVE erfolgt sein [4].
            Die CI-Frührehabilitation als AHB kann als Schnell- beziehungsweise Direkteinleitungsverfahren
               über den Sozialdienst der implantierenden Klinik beantragt werden. Dies erfolgt während
               des stationären Aufenthalts nach CI-OP. Übersendet werden der AHB-Antrag (Formular
               G0250) und der ärztliche Teil des Befundberichts (Formular G0260).
            Der Sozialdienst wählt auch die Rehabilitationsklinik aus, in der die AHB durchgeführt
               werden soll. Damit dort zeitgerecht ein Platz innerhalb der 14 Tage reserviert werden
               kann, sollte bereits vor der Implantation, am besten bei Festlegung des OP-Termins,
               mit den Patienten besprochen werden, ob eine AHB gewünscht wird. Wenn dies der Fall
               ist, sollte die Rehaklinik unmittelbar informiert werden, damit gewährleistet werden
               kann, dass innerhalb von 14 Tagen nach Entlassung auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung
               steht.
            Der entscheidende Vorteil der Durchführung der CI-Rehabilitation als AHB unmittelbar
               nach erfolgter Basistherapie ist die deutliche Verkürzung der Wartezeit zwischen CI-OP
               und Rehabilitationsmaßname. Dies ermöglicht Patienten eine deutlich frühere Verbesserung
               ihres Hörvermögens und ihres Sprachverstehens. Neben diesen offensichtlichen Vorteilen
               für Patienten ist auch der positive gesundheitsökonomische Effekt zu berücksichtigen.
               Die frühere Hörverbesserung durch die zeitnahe AHB ermöglicht ebenfalls eine frühere
               Wiedereingliederung in eine berufliche Tätigkeit. Zudem ist das Beantragungsverfahren
               bzw. die Einleitung einer CI-Rehabilitation als AHB durch das Direkteinleitungsverfahren
               im Vergleich zum bisherigen Beantragungsprozess administrativ deutlich einfacher.
               Hierdurch werden zeitliche Ressourcen und damit Kosten bei allen Beteiligten eingespart.
            Die Aufnahme der CI-Rehabilitation in den AHB-Katalog zielt nicht darauf ab, die bisherigen
               Rehabilitationskonzepte zu ersetzen, sondern diese zu ergänzen. Dieses Konzept ermöglicht
               zwar prinzipiell jedem Patienten eine frühe CI-Rehabilitation in Abhängigkeit von
               individuellen Voraussetzungen, es gilt aber zu beachten, dass nicht jeder Patient
               für eine AHB geeignet ist. Beispielsweise kann es infolge der CI-Operation zu ausgeprägten
               postoperativen Schwellungen kommen, die eine technische Anpassung des CI-Prozessors
               stark beeinträchtigen oder sogar die Integrität des Implantats und die Gesundheit
               des Patienten gefährden (z. B. Hautnekrose, Infektion oder Gefahr des Implantatverlusts).
               In einigen Fällen kann es durchaus mehrere Wochen dauern, bis die Schwellung ausreichend
               abgeklungen ist, bevor der CI-Prozessor aktiviert und angepasst werden kann. Die individuelle
               Eignung eines Patienten für eine CI-AHB muss daher zwingend durch den HNO-Arzt der
               CIVE im Rahmen der Basistherapie (Erstanpassung) geprüft werden. Die Erstaktivierung
               des CI-Systems und die Beurteilung zur Einleitung der geeigneten Rehabilitationsmaßnahme
               sind zentraler Anteil der Basistherapie und daher eine nicht delegierbare Aufgabe
               der CIVE.
         Ausblick
            Die Umsetzung einer CI-Rehabilitation als AHB erfordert eine Reihe struktureller Voraussetzungen.
               Zum einen muss die Rehabilitationseinrichtung dem Anforderungsprofil der DRV genügen
               und eine CI-Rehabilitation als stationäres oder ganztägig ambulantes Konzept anbieten
               können. Zum anderen muss eine entsprechende Zulassung der DRV zur Durchführung der
               Rehabilitation als AHB gemäß des Anforderungsprofils vorliegen [11]. Des Weiteren sind sowohl Anpassungen im Prozess der Einleitung der Rehabilitationsmaßnahme
               seitens der CIVE notwendig (z. B. Kontaktaufnahme mit der Rehaklinik und Vormerkung
               eines Aufnahmetermins bereits vor der OP, Einschalten des Sozialdienstes der Klinik
               während des stationären Aufenthaltes zum Ausfüllen des AHB-Formulars) als auch in
               den Rehabilitationseinrichtungen. Hierzu müssen beispielsweise sehr kurzfristig Rehabilitationsplätze
               für geeignete Patienten von der Rehaeinrichtung zur Verfügung gestellt werden können.
            Bislang existiert eine Kostensicherung für die Durchführung einer AHB nur für Versicherte,
               bei denen die DRV Kostenträger für die Rehamaßnahme ist. In der Regel schließen sich
               aber die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und Unfallversicherungen sowie die Beihilfestellen
               dem AHB-Katalog der DRV an. In Einzelfällen (wenn z. B. unklar ist, wer Kostenträger
               ist) kann eine Rücksprache mit dem Kostenträger aber sinnvoll sein.
            Ein besonderer Vorteil ist die AHB für privat Krankenversicherte: Stationäre Rehamaßnahmen,
               die nicht im AHB-Katalog der DRV gelistet sind, werden von privaten Krankenversicherungen
               (PKV) oft als „Sanatoriumsbehandlung“ bewertet, und die Kostenübernahme wird abgelehnt.
               Wenn die Rehamaßnahme aber im AHB-Katalog gelistet ist, wird die Rehamaßnahme als
               „Krankenhausbehandlung“ angesehen, und die PKV übernimmt i. d. R. die Kosten. Ausnahmen
               können hier aufgrund von individuellen Vertragsgestaltungen (z. B. Ausschlussklauseln)
               für einige PKV-Versicherte bestehen.
            Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels ist damit eine CI-Rehabilitation als AHB
               für alle Patienten gesichert, bei denen die DRV Kostenträger ist. Bei anderen Kostenträgern
               ist die Kostenübernahme der AHB zwar formal noch nicht gesichert, aber eine Ablehnung
               ist i. d. R. nicht zu erwarten, da es als Konsens gilt, dass der AHB-Indikationskatalog
               von allen Rehaträgern übernommen wird.
            Die Strukturveränderung befindet sich damit aktuell in einer Übergangsphase, bis die
               notwendigen organisatorischen und strukturellen Prozesse bei allen im Prozess Beteiligten,
               d. h. insbesondere den Kostenträgern, vollständig angepasst sind. Dies wird die unabdingbare
               Voraussetzung dafür sein, dass die Vorteile des AHB-Verfahrens tatsächlich allen Patienten,
               unabhängig vom individuellen Kostenträger, zugutekommen.
            Perspektivisch sollte die Aufnahme der CI-Rehabilitation in den Katalog der AHB, und
               damit das Konzept einer frühen CI-Rehabilitation, auch Eingang in die zukünftige Überarbeitung
               der CI-Leitlinie und des CI-Weißbuchs finden. Zudem sollte in weiterführenden Studien
               eine wissenschaftliche Auswertung der psychosozialen und ökonomischen Effekte erfolgen,
               wie beispielsweise Auswirkungen auf die Lebensqualität oder die Berufsfähigkeit.
            Das Konzept der AHB könnte zukünftig auch auf andere Bereiche der HNO, wie Rehabilitationsmaßnahmen
               nach Hörsturz oder Schwindel, Anwendung finden. Hierzu sind, wie in diesem Beitrag
               gezeigt, allerdings umfangreiche wissenschaftliche Vorarbeiten erforderlich.
            Durch die Aufnahme der CI-Rehabilitation in den AHB-Katalog ergeben sich für neu mit
               einem CI versorgte Patienten oder für Patienten nach einer Revisionsoperation erhebliche
               Vorteile. Bei gegebener medizinischer und audiologischer Indikation wird durch die
               Kombination mit einer Frühanpassung eine erhebliche Beschleunigung des Versorgungsprozesses
               erreicht. Dies bedingt eine Vereinfachung der erforderlichen administrativen Abläufe.
               In Summe stellt die Aufnahme der CI-Rehabilitation in den AHB-Katalog daher sowohl
               für die Kostenträger, die CI-versorgenden Einrichtungen (HNO-Kliniken), die Rehabilitationseinrichtungen,
               aber besonders für die Patienten eine erhebliche Verbesserung der mit einer CI-Versorgung
               einhergehenden Prozesse dar.
         Zusammenfassung
            
               
               - 
                  
                  CI-Rehabilitation als AHB seit 09/2024 nach jeder CI-Operation möglich. 
- 
                  
                  Voraussetzung: 
                     
                     - 
                        
                        CI-Rehabilitation kann innerhalb von 14 Tagen nach stationärem Klinikaufenthalt begonnen
                           werden, 
- 
                        
                        (frühe) Anpassung des CI-Prozessors ist erfolgt und 
- 
                        
                        Eignung des Patienten zur AHB ärztlicherseits (CIVE) bestätigt. 
 
- 
                  
                  Eine AHB wird über den Sozialdienst der CIVE eingeleitet. 
- 
                  
                  Die Rehaeinrichtung muss über Organisationsstrukturen verfügen, die eine CI-Rehabilitation
                     als AHB ermöglichen: